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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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^ 97, 29. April 1913. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtfchn. Buchhanvel. 4571 (Fori>cgnng zu Seile 453ii.i müsse er einen sehr hohen Standpunkt einnehmen. (Heiterkeit.) Ich sagte ihm darauf, daß leider die Höhe meiner Lebensversicherung in schreiendem Mißverhältnis stünde zu der Höhe, zu der wir uns hinauf geschwungen hätten, und bat um einen kleinen Gleitslug, da ich den Wunsch hätte, irgendwo sesten Fuß zu fasse». Daraufhin entschloß sich denn der Vorsitzende zum Niedergang. Ich war froh, daß cs mit mir abwärts ging. Nach einiger Zeit bat er mich, an, Steuer an der linken Seite zu ziehen, ui» einem großen Windstoß von der Seite ent gegenzuwirken. Auf meine Krage, was das bedeute, sagte er: Wir kommen jetzt gerade an Berlin vorbei. lGrotze Heiterkeit.) Wir richteten darauf unser» Flug nach Süden, und ich sah nach einiger Zeit, wie einen riesigen Spargel, den Leipziger Rathaustnrm aus der Erde wachsen. Kurz daraus landeten wir denn auch, dank der Geschicklichkeit meines Führers, und zwar auf einem hohe» Hause, das mir zwar etwas bekannt vorkam, aber doch nicht als die Geschäftsstelle des Bnchhändlerhauses. Während ich mich noch so umsehe, begegnet mir einer unserer Herren aus der Geschäftsstelle. Es war der Herr Runge, der die Eigentümlichkeit hat, mit jedem Aktenstück aus vertrautem Fuß zu stehen, und den ich im Verdacht habe, daß er über die Vorgänge im Buchhandel manchmal besser Bescheid weiß, als der Vorstand des Börsenvereins. Das Haus, das wir als Zielpunkt genommen hatten, erwies sich- aber nicht als das Buchhändlerhaus, sondern als das benachbarte Jakobs-Hospital, sHeiterkeit) worüber ich meine Verwunderung aus sprach. Ich wurde aber sehr bald von dem herbeieilenden Herrn Runge belehrt, daß dies eine neue Errungenschaft des Börsenvereins sei. sHeiterkeit.) Er sagte mir, daß er augenblicklich Verbandzeug bringe, um den kranken Buchhändlern, die hier untergebracht werden, bcizustehen. Im Vorderhaus, sagte er, liegen allein 4M Sortimenter. Von einer solchen Epidemie hatte ich noch keine Vorstellung; ich fragte, was diesen unglücklichen Sortimentern fehle. Er erwiderte: Sie haben ja alle das Rabattslcber. Nun habe ich ja in meiner Jugend in manches medizinische Buch hineingcsehen, aber diese Krankheit war mir nicht bekannt. Ich erkundigte mich also, was das für eine Art Fieber sei. Er sagte: Das wissen Sic doch ganz gut, das ist eine Art kaltes Fieber. Bei 25»/» bekommen die Herren den Schüttelfrost; bei 8ll»/» fange» sie an langsam aufzutauen, bei 35°/» ist sozusagen das Normale erreicht, bei 4V°/» werden sie vergnügt und bei 45»/» fangen sic an zu phantasieren. Ich sagte darauf zu dem Herrn Runge: So viel verstehe ich doch auch noch von der Medizin, daß kein Fieber über 43°/» hinaus steigt; da sagte er: Na, davon wecß ich nischt; im Buchhandel is viel möglich, das Fieber kennt überhaupt keene Grenzen. Um mich nun näher zu informieren, erkundigte ich mich nach der Thera pie, wie dieses Fieber am beste» zu heilen sei. Darauf wurde mir die Auskunft, das sei eine lange und schwierige Geschichte. Zuerst hätte man cs mit Sympathieknrcn versucht, die hätten aber leider nicht angeschlagen; dann hätte inan die Sache durch Besprechen beseitigen wollen. (Große Heiterkeit.) Das Besprechen sei eine mittelalterliche Kur, die namentlich von älteren Damen in vorgerückten Jahre» ge braucht werde. Schließlich sagte er: Das Beste ist die Scrumbehand- lung, aber die Schwierigkeit ist, das Serum zu beschaffen, denn wir brauchen Blut dazu. Ja, sagte er, wenn die Herren, die vollblütig sind, sich dazu hcrgcbcn würden, von ihren Blutkörperchen etwas zu opfern, so wäre das sehr leicht zu machen, aber jeder will sein Blut für sich behalten oder es höchstens fürs Vaterland hergebcn. Das Rabattsicber wurde bezeichnet als eine Art perniziöser Anä mie, eine Art von Blutarmut, die nur zu beseitigen sei durch reichliche Zufuhr, und bas Serum sei deswegen sehr schwer zu bekommen, weil cs in der Hauptsache aus Verlegerblut bereitet würde. Ich fragte daraus, ob er nicht auch Verleger in dem Krankensaal habe; darauf sagte er: Ja, eine ganze Baracke voll. Aus die Frage, warum die in der Baracke liegen, erwiderte er: Wegen der An steckung. Ich frage: Was haben die den» für eine Krankheit? Ja, das ist doch die Baracke für Berlegerschleubcrei. Ich sagte daraus: Ist denn die ansteckend? Ja, sagte er, dagegen ist ja Scharlach der reine Waisenknabe. (Heiterkeit.) Darauf fragte ich, was er »och für Doktoren in diesem Hospital habe. Da sagte er: Natürlich die Kom missionäre, das sind doch die Chirurgen, die machen da ihren guten Schnitt. (Heiterkeit.) Manchmal kommt cs freilich auch vor, daß einer sich ins eigene Fletsch schneidet; aber Sie müssen doch bestätige», daß wir so viele Krebsschäden haben, darum mutz immer operiert werden, und meist machen das die Kommissionäre. Ich fragte noch, ob das ganze Jahr über operiert wird, da sagte er: Nein, nur in den Monaten ohne r. (Heiterkeit.) Nachdem wir uns hierüber ausgiebig unterhalten hatten und ich mich von dem langen Fluge erschöpft nach Stärkung umsah, sagte mir Herr Runge, ich brauchte nicht weit zu gehen, der Börscnvcret» hätte bereits eine Brauerei angelegt. Ich fragte, wie man denn zu einem solchen Unternehmen käme? Ja, sagte er, seit es mit der Bücherei so gut gegangen ist, wird alles mögliche gemacht. Wenn Sie sich nach rückwärts begeben, so werden Sie dort die Brauerei bereit finden, Ihnen als einem Lrtsvorstandsmitglied das Bier zu verschenken. Ich kam insolgedessen, nach dem Hintergrund strebend, in einen Keller raum, wo mich ein mir bekannter Herr mit einem Glas Bier versah. Ich sagte: Sie sind doch von der Börsenblattredaktion? Ja, sagte er, mich hat der Ausschuß hier eingestellt. Was brauen Sie denn für Bier? Ach, sagte er, neuerdings brauen wir Thomasbräu, früher hatten wir Eberlbräu, das hat den Leuten nicht so gilt geschmeckt. Jetzt aber hat der Brauausjchuß ein wachsames Auge darauf, daß das Bier nicht so stark wird; anfangs wirkte das zu sehr berauschend, außerdem ivar es vielen Leuten zu bitter. Der Hopsen hat doch die Eigentümlichkeit, ebenso wie die Wahrheit, bitter zu sein, daher darf man nicht allzuviel ins Bier tun, man mutz mehr Malz nehmen, was ja der wohlwollenden Gesinnung entspricht. (Heiterkeit.) Ich sage, nachdem ich das Glas geleert hatte: Hören Sie, Sie müssen aber viel verdienen, bei Ihnen ist ja das meiste Schaum. Ja, sagte er, Schaum bringt das meiste Geld; das andere, was Sie unten finden, ist das Bier, davon wird nur wenig gegeben. Sie müssen bedenken, wir braue» es ja nur für Kranke. Ich wollte nun das Glas ergreifen, um aus das Wohl des Börsenvereins zu trinken, da ging es mir aber wie dem Manne, der etwas Warmes zu essen bestellt und darüber anfivacht. Ich war also nicht mehr in der Lage, auf das Wohl der neuen Äste des Börsenvereins ein Glas zu leeren. Ich möchte das nun heute nachholen. Ich erinnere daran, daß vor 25 Jahren dieses Haus eingeweiht wurde in Gegenwart S. M. des Königs Albert. Ich hatte damals die Ehre, die Funktionen des Herrn Linne- mann und des Herrn Merseburger anszuführen; einerseits kümmerte ich mich um das Essen, andererseits hatte ich Tasellieder gedichtet, und wir hatten die hohe Ehre, im Gutenberg-Kellcr ein Frühstück ein- zunehmen, bei welcher Gelegenheit der 1. und 2. Vorsteher des Börsen- Vereins neben S. M. dem König Albert saßen. Dieser denkwürdige Mo ment jährt sich heute zum 25. Male, und ich denke, wir sind in diesem Vierteljahrhundert ein gutes Stück vorwärtsgekommen. Meine Her ren, es liegt nicht nur daran, daß wir von allen Seiten die freund liche Unterstützung gefunden haben, sondern daß es der Börsenveretns- vorstand verstanden hat, die Neibnngsslächen zwischen Grossisten und Einzelhändler» zu vermindern, daß das gute Einvernehmen zwischen Verlag und Sortiment sich immer hat herbeiführen lassen. Daß das oftmals schwer war, wissen wir, und das haben wir ja in diesen Tagen wieder erfahren. Ich hoffe aber, daß die heutige Hauptver sammlung wieder dieses Resultat zeitigt: Daß der einheitliche Geist, der durch den Buchhandel geht, immer zu neuem Leben aufgefrischt wird durch die Wirksamkeit des Börsenvcreins und seiner einzelnen Organe, und daß dasjenige, was in der Verlegerversammlung ge wünscht wurde, nämlich bas Gegeniiberstehen eines strammen Ver- lcgcrvcreins und eines ebenso strammen Sortimentervereins, dem Bnchhandel in der Zukunft nicht beschicken sein möge, baß es viel mehr immer gelingen möge, die Herren hier unter ein Dach und unter einen Geist zu bringen. Daraus möchte ich mein Glas leeren. (Lebhafter anhaltender Beifall.) Als letzter Redner trat ein Herr auf, der, nach seiner Gewandung — drachenbestickter roter Jacke mit gelbem Besatz — zu schließen, direkt aus China zu kommen schien. Man hatte ihn indes zu oft an dieser Stelle gesehen, um in ihm nicht einen alten Bekannten,nämlich Herrn Otto Petters-Heidelberg, wiederzuerkennen, dem alle Verwandlungskünste zu Gebote stehen, wenn es gilt, ein gutes Wort für die Notleidenden und Bedrängten im Buchhandel einzulegen. Wer gäbe nicht gern und willig, wenn Otto Petters mahnend an unsere Herzen klopft, und wer bewunderte nicht im stillen den Mann, der so selbstlos sein schönstes Vergnügen darin findet, immer neue Varianten zu ersinnen, um bei jeder sich bietenden Gelegenheit so fröhliche Geber um sich zu versammeln, daß sich jeder durch ihn beschenkt fühlt! Auch diesmal fand er Ohr und Herz der Versammlung, als er in seiner Verkleidung auf der Rednertribüne erschien und getreu seiner Mission also anhub: Hinan, hinan, zum sprosscnreichc» Spiegel, Hinan zu flüssigem Dolch, der bunte Schatten teilt, Hinan zum grinsend matten Flügel, Bis ihr das Ziel Thcrmopiilac erreicht! Diese Worte werden Euch, Ihr Europäer und Buchknechte, unver ständlich sein; sie sind mir auch stets unverständlich geblieben, denn sie sind chinesisch empfunden. Ich trete unter Euch als Gesandter von Li Hung Tschang, dem Präsidenten der neuen Republik. Er sagte zu mir: Du bist ein Mensch,
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