^ 99, 2, Mai 1913, Fertige Bücher. L^LI!L>HQ Hier ist ein Meister! Professor Adolf Frey. Diese Erzählung ist von einer so überzeugenden Schönheit, daß sie von keinem Jeremias Gotthelf oder Rosegger, oder was für Superlative man sonst heranziehen will, über troffen wird. Je mehr ich von diesem Erzähler lese, um so größer wird mein Respekt vor seinem Können, seiner ruhigen Reife, seiner ganzen aufrechten Persönlichkeit. Das große Publikum scheint allerdings anderer Ansicht zu sein, es hat diesen Mann nicht gerade verwöhnt, und während Ernst Zahn in den höchsten Auflagen schwelgt, kann man die wenigen Werke des Züricher Gymnasialrektors noch immer in den Erstdrucken haben. Er selbst sieht nicht da nach aus, als ob er sich dieserhalb grämte, aber der Kritiker muß dem Publikum ins Ge wissen reden. Er muß ihm nachdrücklich sagen, daß es ein Unrecht ist, diesen schlichten und starken Gestalter zu vernachlässigen. Man soll ihn nur einmal lesen — dann schafft er sich schon ganz allein seine Gemeinde. Sie wird ja wohl nie besonders groß werden, denn das heutige Deutschland, das in Leben und Literatur so vielfach auf den bloßen Schein gestellt ist, hat für diese ruhigen, starken, mannhaften Persönlichkeiten wenig Sinn. Es zieht die sich künstlich erhitzenden, „stärkelnden" und weiblich-artistischen Talente bei weitem vor, und der Schweizer Literaturhciland heißt heut bekanntlich Carl Spitteler. Aber es gibt ja noch immer Leute, die da nicht mitmachen, und gerade ihnen empfehle ich Jakob Boßhart. Er blendet nicht durch aphoristische Feuerwerke, er bügelt nicht „auf Glanz", er ist gar nicht „genial", er gibt keinen Anlaß zu geistreichen Kritiken. Aber er hat in aller Ruhe und Stille ein paar Erzählungen fertig gebracht, von denen ich wünschte, daß ich sie geschrieben hätte. Carl Busse.