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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.05.1913
- Strukturtyp
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- 1913-05-02
- Erscheinungsdatum
- 02.05.1913
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- Deutsch
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4622 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. .Ir 99, 2. Mai 1913. innere Gefahren und äußere Verantwortung in sich schließe, ganz abgesehen von dem Widerstande, der zweiffellos von den in ihrer Freiheit bedrohten Verlegern zu erwarten war. Herr Ernst Challier-Gießcn äußert sich zu dieser Frage in einem Artikel »Musikalische Schundliteratur« (Bbl. 1912, Nr. 18> sehr richtig folgendermaßen: »Ganz abgesehen davon, daß sich kein honetter Komponist oder ernster Verleger in solcher Weise bevormunden lassen kann, steht dem die nicht von der Hand zu weisende Un stimmigkeit — um keinen schärferen Ausdruck zu wählen — entgegen. Wir haben in jeder Kunst bestimmte Richtungen und Strömungen, während diese Kommission nur eine allein davon vertritt und daher unbedingt einseitig urteilen mutz oder keine friedliche, fruchtbare Arbeit leisten kann, wenn darin Rich tungen aller Schattierungen vertreten sind.« Ähnliche Gründe müssen auch hier geltend gemacht werden. Selbst ange nommen, daß die Zensoren des Dürerbundes den redlichsten Willen haben, mit ihrer Arbeit dem Allgemeinwohl zu dienen, so ist ihnen doch nicht ohne weiteres die Fähigkeit zuzusprechen, die Übersicht über das mehrere Tausende von Erscheinungen um fassende Gebiet zu erlangen und in jedem einzelnen Falle frei von jeder Unparteilichkeit oder Sonderrichtung ihr Urteil zu fällen. Vielmehr ist zu erwarten, daß über ihnen der Geist der Unternehmungen des Herrn Avenarius schweben wird, der die zu leistende Kulturarbeit in eine bestimmte Schablone Preßt, wie es auch bisher der Kunstwart und der Dürerbund getan haben. Dem Volke wird also ein Ausschnitt seiner Literatur, Kunst und Musik geboten, nicht wie er den Neigungen und der Selbständig keit des Einzelnen entspricht, sondern wie es dem Willen einer Persönlichkeit gefällt, die den Stempel ihres eigenen Wesens unverkennbar ihren Unternehmungen ausdrückt und die außer halb des eigenen Weges liegende Arbeit der anderen nur duldet. Wir wollen die Verdienste des Kunstworts und des Dürerbundes nicht schmälern. Man kann auch nach der Fa?on des Herrn Avenarius in Kultursragen selig werden, wenn man nicht bor zieht, mit demselben Rechte wie andere seinen eigenen Weg zu gehen und sich seinen literarischen, künstlerischen und sonstigen Geschmack selbst zu bilden. Der deutsche Verleger wird es Herrn Avenarius und seinen Räten auch gern überlassen, diejenigen Er scheinungen anderer Verleger neben dem eigenen großen Verlag zu empfehlen und zu verbreiten, die sie empfehlen und verbreiten wollen. Aber wenn der Verleger vermeiden will, ganz in Abhängigkeit von diesen Leu ten zu gelangen, so mutz er sich aufs schärfste gegen die geplante Abstempelung wenden, die seine Erzeugnisse einer Zensur unterwirft, die zu dem Stärksten gehört, was jemals dem Buchhandel seitens der an den Volksbildungs- bestrebungen interessierten Kreise und Unter nehmungen geboten worden ist. Es wird ihm ein fach sein vornehmstes Recht der Selbstbestimmung geraubt und seine Fähigkeit, im Dienste der Volksbildung zu wirken, ver neint. Nicht besser ergeht es dem Sortimenter, der die Stafse- leien des Dürerbundes in seinem Laden aufstellen soll. Sein Amt als Berater seiner Kundschaft wird ausgeschaltet, seine Fähigkeit, das Wertvolle und Bleibende selbst aus der Fülle der Erscheinungen auszusondern und zu empfehlen, soll er an die Auf sichtsstelle des Dürerbundes abtreten. Für ihn liegen die Dinge aber noch schlimmer als für den Verleger. Nicht allein daß man ihm die Aufstellung der Staffeleien zumutet, er soll auch ruhig zusehen, wie der Dürerbund Tausende von ihm bzw. der Firma Bettenhausen abhängige Verkaufsstellen im Reiche einrichtet, die zwar dem ortsansässigen Buchhändler, wo ein solcher vorhanden ist, in Regie gegeben werden sollen, aber doch ein Heer mehr oder minder selbständiger Richtfachleute als Verkäufer heran ziehen werden, namentlich au Plätzen, die zu klein für den Be trieb von Buchhandlungen sind und zur Interessensphäre der in der nächsten größeren Stadt wohnenden Buchhändler gehören. Wie die Erfahrung lehrt, werden diese Verkäufer sehr bald der ihnen auferlegten Unselbständigkeit müde. Sie lassen entweder wegen des geringen Verdienstes den Verkauf gänzlich fallen oder suchen sich andere, günstigere Bezugsquellen. Es werden also systematisch die irregulären Wiederverkäufer herangezüchtet, deren Existenz schon heute zu den schwersten Besorgnissen für den regu lären Buchhandel Anlaß gibt. Eine weitere Beschränkung für den Sortimenter liegt in der ihm auferlegten Verpflichtung, die mit dem Stempel versehenen Schriften aus Dresden von der Firma Bettenhausen, der Mittelstelle für Volksschriften, zu be ziehen. Die bisherige Freiheit, seinen Bedarf je nach Belieben vom Verleger direkt oder einer geeigneten Zwischenstelle zu decken, ist ihm also ebenfalls genommen, und ebenso soll der Verleger gezwungen werden, die vom Dürerbunde als seines Stempels würdig befundenen Schriften mit erhöhtem Rabatt an die Firma Bettenhausen, das »Barsortiment« für geprüfte und gestempelte Volksschriften, zu liefern. Diese wiederum hat sich verpflichtet, an den Dürerbund einen Teil ihres Gewinns abzuführen. A u f diese Weise sollen die Verleger dem Dürer bund tributpflichtig gemacht werden und Un ternehmungen unterstützen, die sich mit ihren eigenen zum Teil im schärfsten Konkurrenz kämpfe befinden. Angesichts des von der Firma Bettenhaufen gepflegten Spe zialbetriebs an den Bahnhöfen wird es wohl auf Erlangung von Standorten an diesen verkehrsreichsten Punkten in erster Linie ab gesehen sein. Wir glauben, an keinem Platze wird das Angebot derart durch die Nachfrage reguliert wie an den Bahnhöfen. Die soge nannte Reiselektüre ist in ihrer Art viel weniger ein Produkt der Verleger als ein solches des Publikums, das nicht gewillt ist, sich mit schweren Problemen auf der Reise zu befassen. Für den Vertrieb durch den Bahnhossbuchhandel kommen nur ganz be stimmte Erscheinungen in Frage, die sich von den Erzeugnissen des Dürerbundes und ähnlichen wesentlich unterscheiden. Es ist daher noch sehr die Frage, ob die Staffeleien und Automaten des Dürerbundes an den Bahnhöfen den erhofften Zuspruch fin den werden, wenn auch die beteiligten Unternehmer sich und an deren ein Bedürfnis dafür zu suggerieren versuchen. Wo kein Buchhändler am Bahnhof stationiert ist, sollen die Bahnhofswirte den Verkauf übernehmen. Auch andere Gastwirte hofft man zu gewinnen. Könnte man an den Bahnhöfen angesichts des Be darfs an Reiselektüre von irgendwelchen Einwendungen gegen die Bahnhofswirte trotz aller Bedenken absehen, so ist der Übergang der Staffeleien in das Gastwirtsgewerbe in seinem vollen Umfange aufs schärfste zu bekämpfen. Mit dem gleichen Rechte könnte der Buchhändler in seinem Laden einen Stand mit Schnaps und Bier und warmen Würstchen einrichten. Ob die Gastwirte dem Ansinnen des Dürerbundes sympathisch gegen überstehen werden, ist noch fraglich. Ihnen liegen philanthro pische Gedanken in weiter Ferne. Wenn sie an den Staffeleien des Dürerbundes nicht den gleichen Gewinn haben werden wie an den übrigen von ihnen geführten Artikeln, so werden der Dürerbund und die Firma Bettenhausen wenig Freude an diesen neuartigen Mitarbeitern erleben. Und wo die Freude fehlt, fehlt auch der Erfolg. Ebenso problematisch ist der beabsichtigte Ver kauf in Kasernen (Kantinen usw.) und Schulen. Der Soldat hat neben dem straffen Dienst, der die für die Lektüre verfügbare Zeit aus ein Minimum beschränkt, wenig Sinn für geistige Be schäftigung. Seine Erholung liegt gewöhnlich auf anderem Ge biete. Die Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Die Schule dient dem Unterricht und nicht der Unterhaltung. Alle Dinge, die die Gedanken des Schülers vom Zwecke der Schule ablenken können, wird der erfahrene Pädagoge von den Korridoren und Klassenzimmern fernhalten. Ein Buchhändlerstand in der Schule dürfte sich insofern ganz von selbst verbieten. Die Versuche, den Buchhandel auf diese Weise zu dezentra lisieren, bedeuten eine fruchtlose Zersplitterung. Die Verkaufs stellen des Rhein-Mainischen Verbands hatten unter der gleichen Kalamität zu leiden. Der natürlichen Entwicklung der Dinge entsprechend wird es schwer sein, die einzelnen individuell gedachten Verkaufsstellen unter den Hut einer geeig neten einheitlichen Organisation zu bringen und aus diese Weise dauernd zu erhalten. Auch dem Publikum wird in der erhofften Sympathie für das Unternehmen eine Belastungsprobe anferlegt, die leicht zu Enttäuschungen der beteiligten Unternehmer führen kann. «Fortsetzung aus Seite «W.l
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