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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.06.1913
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- 1913-06-09
- Erscheinungsdatum
- 09.06.1913
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^ 130, 9. Juni 1913. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dlschrr. Buchhandel. 6159 l Fortsetzung zu Seite 6114.) Kino und Buchhandel. «Fortsetzung zu Nr. 127, 128 u- 129.) Es ist nicht leicht, eine Übersicht über die Verfilmung von Buchwerken zu gewinnen. Einigermaßen ist freilich ein Anhalts punkt gegeben durch die Dramatisierung von Romanen, Novellen usw., die ja längst zu den ständigen Einrichtungen gehört. Wenn man von dem einen auf das andere schließen darf, was freilich nur in einem gewissen Maße gilt, so kann ich in der Verfil mung von Buchwerken keine Schädigung dieser Literatur er blicken. Es wird auch hier in Betracht zu ziehen sein, daß die Kreise, für welche der Film zunächst und hauptsächlich in Frage kommt, im Durchschnitte gewiß nicht zu den regelmäßigen Lesern von Büchern gehören. Zumindest gehören sie selten in die Reihe der Käufer, und daraus kommt es Wohl im wesentlichen an! Ich glaube, auch da wird sich der Gang der Dinge nicht auf halten lassen, wie sich immer der Zwang stärker erwiesen hat, als alle dagegen gerichteten Bewegungen. So erst kürzlich in einer anderen Branche. Ich meine die Stellung der Schauspieler zur Kinodramatik und der Bühnenschriftsteller zur Filmdarstellung. Eine grundlegende Änderung in den Anschauungen ist be kanntlich innerhalb kurzer Zeit eingetreten. Was nun etwa die Absicht betrifft: die Verfilmung der Ideen von Buchwerten den Schriftstellern zu untersagen, so glaube ich, daß sich diese Maß regel nicht als wirksam erweisen wird. Die Filmfabriken sind heute imstande, bei weitem größere Honorare für die Film- dramen zu zahlen, als etwa ein Durchschnittsverleger. Nur die Ganzgroßen werden eine Ausnahme machen. Ein Schriftsteller von Ruf wird in der Zukunft von den Filmfabriken vielleicht ebenso gesucht werden wie von den Verlegern. Allerdings glaube ich hier eine Einschränkung machen zu sollen. Der lyrische oder rein epische Schriftsteller wird vielleicht oder wenigstens jetzt für die Filmdichtung nicht sehr in Frage kommen. Denn augen blicklich blüht die »Dramatik«. Die Zeiten werden sich wahr scheinlich auch hier ändern; vielleicht gewinnt die Humoreske oder das Lustspiel auf der Filmbühne einmal das Übergewicht. Dann wird die Epik mehr zu Worte kommen. Unter allen Um ständen nur jener Schriftsteller, der eine Eigenschaft aufweist, die das Kino unter allen Umständen braucht: — Handlung! Feld. Grüner. Das Thema ist zu weit und einstweilen noch unübersehbar, als daß man in knappen Worten eine Antwort aus die Frage geben könnte. Indessen sicht das eine Wohl fest, daß wir einer Kinematographen-Ära entgegengehen und wir uns damit — gern oder ungern — abzusinden haben. Es kommt also für den Schrift steller nicht daraus an, wie er sich persönlich zu dem »Kino« stellt, sondern Wie er das Beste für sich aus ihm machen kann, und da wird ihm schließlich gar nichts anderes übrig bleiben, als es, berufsmäßig oder gelegentlich, je nachdem, auch in seinen Dienst zu stellen. Nun ist es Tatsache, daß das Lesepublikum nach der Lek-- türe eines Romans, der es gefesselt hat und später, als Drama verarbeitet, auf der Bühne erscheint, ins Theater drängt, um die ihm liebgewordenen Personen, die bisher nur zu ihm gesprochen haben, auch leibhaftig vor sich agieren zu sehen. Wird es da umgekehrt nicht denselben Trieb fühlen, die Gedanken der Per sonen kennen zu lernen, zu hören, was sie zu sagen haben, die es im Kino stumm agieren sieht? — Ich bin der Ansicht, daß der intelligente Teil des Publikums sicherlich dies Bedürfnis em pfinden und sich mit der bloßen Anschauung nicht begnügen, also das betreffende Buch kaufen oder leihen wird — und mit diesem allein haben wir es doch zu tun. So wird durch den Kino viel leicht manches Buch populär, das es ohne ihn niemals geworden wäre, und seine Wirkung wird tiefer gehen und nachhaltiger sein, wenn es sowohl durch Lektüre, als auch durch Anschauung ver breitet wird, als die des nur gelesenen Werkes. Das bedeutet dann — notabene, wenn es sich um eine Arbeit mit sittlichen Qualitäten handelt — nicht nur einen materiellen, sondern auch einen ideellen Erfolg, der ein wenig mit der beklagenswerten Tatsache auszusöhnen vermag, daß der Kinematograph dem wirk lichen Theater so erfolgreich Konkurrenz macht. E. Krickcberg. Man ist auch an mich schon mit derartigen Anträgen in sehr zudringlicher Weife hcrangetrcten; ich habe aber darauf nicht reagiert. Die Verfilmung künstlerischer Romane ist eine unge heuerliche Roheit, und ich begreife nicht, daß Autoren dazu selber Hand bieten sollten. Die Meinung, dadurch würde die Aufmerk samkeit auf das Buch selbst in verstärktem Maße gelenkt, ist eine kindliche Illusion. Für mich besteht nicht der geringste Zweifel, daß das Publikum es sehr bequem finden wird, die vermeintliche »Hauptsache« eines Buches, das grobe Gerippe der Handlung, die Stellen mit starker äußerer Bewegung im Kino kennen zu ler nen, und sich hüten wird, hinterher auch noch das Buch zu lesen oder gar zu kaufen. Auf den Durchschnitt der Leser würden dann auch die Stimmungsbilder, Gespräche, Psychologischen Analysen, lyrischen Intermezzi usw. nur als Längen wirken. Das Kino theater muß sich seine besondere Kunst schaffen, die eine Neuge staltung der vergessenen alten Pantomime sein würde. Das lite rarische Kino ist eine geistige Nahrungsmittelfälschung. Karl Frhr. v. Perfall. Der Einfluß der Lichtspielbühne auf die Verbreitung ernsten Schrifttums ist meines Erachtens sehr bedenklich. Die bequeme Art der Stofsaufnahme lenkt die Hörer noch mehr als alles andere von dem stillen Genuß des Buches ab. Einen für den Film bearbeiteten Roman wird ein gebildeter Leser sich nicht ansehen; der minder gebildete aber wird nachher nicht daran denken, das Geschaute noch einmal auf den Seiten des Buches an sich vor übergehen zu lassen. Alle Bestrebungen, gute Dichtung und an ständige Unterhaltungsliteratur an die Stelle modischer Sensa tion und kunstfremden Schunds zu setzen, werden ohnehin durch den Mißbrauch des Lichtbildes beeinträchtigt — adeln nun noch ernsthafte Schriftsteller den Betrieb durch Hergabe ihrer Werke, so dürfen sie sich am wenigsten über Teilnahmlosigleit der Menge gegenüber diesen Büchern beklagen. Vielleicht kommt ein ganz Findiger auf den Gedanken, uns Lyrik auch im Kientopp vorzuführen: Goethe, wie er Wanderers Nachtlied dichtet, mit einem Spruchband darüber, oder Liliencrons Liebesgedicht mit Szenenbildern, Dehmels »Arbeitsmann« mit Frau und Kind und so weiter. Mir scheint, »es ist auf seinem Gipfel«, und der Ernst der Zeit wird hoffentlich bald einmal dem Sensationsunsug ein Ende machen, den auch unsere Städte recht hoch besteuern sollten. vr. Heinrich Spiero. Ich vermag mir nicht vorzustellen, daß die Verfasser besserer belletristischer Werke von ideellen oder wirtschaftlichen Gesichts punkten aus die Verfilmung ihrer Geisteserzcugnisse zum Zwecke der kinematographischen Darstellung für wünschenswert erachten können. Vom ideellen Standpunkt aus um deswillen nicht, weil durch die Verfilmung das Innerste und Wesentlichste ihres geistigen Schaffens, die eigenartige sprachliche Formgebung des Stoffes verloren geht, und vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus nicht, weil immerhin die Möglichkeit nicht ausgeschlossen ist, daß durch die kinematographische Darstellung der wesent lichsten Momente ihrer Dichtung ein nicht unerheblicher, wenn auch nicht gerade der beste Teil ihres Lesepublikums veranlaßt werden kann, von der Erwerbung ihrer Werke selbst Abstand zu nehmen. Daß das Publikum den Weg zum Buche durch das Kino findet, halte ich für ausgeschlossen, und deshalb kann ich auch nicht annehmen, daß ein Verleger, der auf den Ruf seiner Autoren und seines eigenen Verlags Wert legt, sich leicht dazu ent schließen wird, die Verfilmung seiner Verlagswerke als ange messene Reklame für die letzteren zu benutzen. vr. Paul Daude. Ich bin der Ansicht, daß der Kinematograph mit der Litera tur im eigentlichen Sinne gar nichts zu tun hat. Er könnte allenfalls zur Illustration schon bekannter Werke dienen, doch halte ich auch das gegenüber großen Dichtungen für eine Ver sündigung, da er die Phantasie lähmt und der Eindruck eines Kunstwerkes auf die bloße Schaulust reduziert wird. Will man aber gar den Kinematographen neben die Bllhnendarstellung eines Dramas oder die Lektüre eines Buches oder als Ersatz
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