Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.06.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-06-11
- Erscheinungsdatum
- 11.06.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19130611
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191306114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19130611
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1913
- Monat1913-06
- Tag1913-06-11
- Monat1913-06
- Jahr1913
-
6234
-
6235
-
6236
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
6234 Börsenblatt >. d. Dlschn. Buchhandel. Redaltioneller Teil. pß 132, 11. Juni 1913. seelisch-belebende Wort durch mehr oder weniger Pantomimil zu verdrängen sucht. Indifferent dagegen halte ich, sogar mehr nach der günstigen Seite neigend, dar Bestreben der Filmkunst, epische Stoffe, auch wenn sie bereits einem größeren Publikum durch Lektüre bekannt sind, in ihren Bereich zu ziehen. Der Roman und die Novelle sind ja schon an und für sich wegen des breiteren Raumes, der ihnen zur Verfügung steht, neben der seelischen Analyse hervorragend auf das Bildmäßige angewiesen, und es sind gerade die Künstler, die sich in diesem Genre durch das Vermögen, weithin leuchtende, unvergeßliche Bilder aus toten Buchstaben zu malen, von den farblosen Handwerkern unterscheiden. Hier kann es manchmal der Film sogar zur Unter stützung der Phantasie bringen, und da femer dem Text eines Buchs nicht ein Jota durch eine Schattenaufführung an der Wand geraubt werden kann, so vermag ich mich den Abwehr« maßregeln gegen derartige epische Vorführungen des Films nicht anzuschlicßen. Georg Engel. Erfindungen und die mit ihnen verbundenen Kultur bewegungen lassen sich nicht unterdrücken, höchstens beeinflussen. Darum ist es das beste, wenn die gute Literatur, für die der Kinematograph in seiner jetzigen Erscheinung zweifellos die größte Veräußerlichung, also Verpöbelung be deutet, sich der Bewegung annimmt und dabei wenigstens in der Diagonale des Kräfteparallelogramms auf das Kino einen kleinen Druck ausllben kann. Denn aus ihrer inneren geraden Entwick lung ist die gute Literatur uns doch schon herausgerissen worden und nicht erst durch den Kinematographen, auch durch andere Massenblender, Reizmittelerzeuger und Nassenverderbcr auf den Gebieten der einzelnen Künste. Im allgemeinen, kann man sagen, steht der Filmwert eines Werkes im umgekehrten Verhältnis zu seinem literarischen Wert. Nur bei dramatischen Werken kann die innere Handlung eine so starke äußere Projizieren, oder der Geist sich einen so starken Körper bauen, daß ein gutes Drama auch im Kino noch ver ständlich und erträglich bleibt. Auch ist es möglich, daß ein eigens für den Kinematographen erdachtes Werk in Ausnutzung der besonderen Filmmittel in dichterisch-phantastischer, also immerhin literarisch sehr einseitiger Weise neue Werte bringt. Romane, die sich zur Verfilmung eignen, sind dagegen meist schon ihrer Anlage nach in Erzählungssorm gebrachte Sensa tionsstücke, die der Film nur auf der großen Tantiementreppe ihrer eigentlichen Bestimmung zuführt, nachdem sie sich auf der Liefe rantentreppe in die Literatur eingeschlichen haben. Damit ist schon gesagt, daß die Verfilmung einem Autor immer materiellen Vorteil bringt. Aber auch der Buchhändler kann dabei nur gewinnen, denn jeder äußere Erfolg eines Autors kommt dem buchhändlerischen Vertrieb seiner Werke zugute. Und sollte der Absatz eines einzelnen Romans auch ein mal, was ich mir kaum denken kann, unter der kinemato« graphischen Verwertung zu leiden haben, so werden dafür sämt liche nichtversilmten Werke desselben Autors durch die Reklame, welche das Kino für ihren Vater macht, buchhändlerisch nur ge winnen. Soviel über das Kino und die Literatur. Auf anderen Gebieten habe ich dem Kinematographen schon außerordentlich lehr- und genußreiche Stunden verdankt. vr. Ferdinand Freiherr von Hornstein. Ich bin der Ansicht, daß »die Verfilmung von Romanen zum Zwecke der kinematographischen Darstellung« dem Buche selbst in jeder Hinsicht nur Schaden bringen kann. Es mag ab und zu die Ausnahuie geben, daß ein sehr gebildeter Kinobesucher denkt, hinter den Bildern könnte noch etwas stecken, wert, im Buch ge druckt zu sein. Aber kaum je wird der Film den Weg zu einein Buch führen, das mehr als eine spannende Handlung ist, das eine Dichtung bedeutet. Die Masse der Kinobesucher wird nicht zum Buch greifen. Sie sieht die Sensation des raschen Eindrucks, die Hetze überhasteter Vorgänge, sie braucht kein Buch, sie ist jetzt auf das Bild erzogen. Ein Buch aber i st kein Bild. Ein Roman bedeutet nicht die Aufhäufung äußerlich darzustellender Vorgänge. Literatur im Film mutz ein Unding sein, denn die Literatur eines Volkes ist der Niederschlag oder die Zukunft seiner geistigen, sozialen und Herzenskultur. Eine Dichtung zeigt die Beziehungen der Men schen zueinander, und wo Kultur herrscht, besteht diese weder in Zufallsverwicklungen, Intrigen, Humoresken, Mord- und Detek tivaffären noch sonstigen Filmvorwänden. Der Schriftsteller, der eine silmdramatische Begabung besitzt, soll Filmstücke schreiben, eigens für den Film erfundene Dinge, die auf dem Gebiete der Pantomime liegen oder Umweltdinge vermitteln. Nicht aber soll er die Synthese seiner inneren Kultur, das Buch, im Film entwerten lassen. Es wäre zu wünschen, daß Autor und Verleger das Buch als solches vor dem Film schützen, denn die Verfilmung von Romanen kann nur mithelfen, die Freude am Buch zu verkümmern. Sophie Hoech st etter. Ich verkenne keineswegs die Gefahren, denen sich ein Ro man durch die Verfilmung aussetzt, bin aber weit entfernt, sie zu überschätzen. Der Verständige wird sich in den meisten Fäl len unschwer aus einer Filmserie das Originalwerk einiger- maßen rekonstruieren können, dem primitiven Zuschauer wird der Film ebenso viel, wenn nicht mehr offenbaren, als es die Lektüre des Buches getan haben würde. Was aber die wirt schaftliche Seite anbetrifft, so sehe ich im Kino einen so mäch tigen Faktor der Propaganda, daß die Verfilmung eines Ro mans für Autor und Verleger nur von Vorteil sein dürfte. Bernhard Kellermann. Ich halte es für unkünstlerisch, Werke, die nicht für das Kino geschrieben sind, für das Kino umzuarbeiten. Es ist in meinen Augen künstlerisch ein ebensolcher Nonsens, Romane zu verfilmen, als Filme zum Roman umzuarbeiten. Ich glaube daran, daß mit dem Kinematographen künstlerische (aber keine literarischen) Wirkungen zu erzielen sind — nur fehlt es vorerst noch an Männern, die die eigenartige Technik des Films beherr schen und die, wenn ich mich so ausdrücken darf, »angeborenes Filmtalent« besitzen. Ich glaube nicht, daß die kinematographische Vorführung eines Romaninhalts dem Buchabsatz des Romans förderlich ist. Sie trägt aber Wohl dazu bei, den Namen des Autors bekannter zu machen, und ist also eine Reklame für spätere Werke des Autors. Niemand hat das Recht, einem Autor einen Vorwurf daraus zu machen, wenn er einen Roman zum Film verarbeiten läßt: die künstlerische Seite der Angelegenheit hat er mit seinem Ge wissen auszumachen — und was die materielle Seite an betrifft, so wird kein vernünftiger Mensch einem Schriftsteller ver wehren wollen, auf anständige Weise Geld zu verdienen. Karl Ettlinger. Eine Entwicklung wie die des Kinematographen ist zu mäch tig, als daß sic gehindert werden könnte; daran vermögen Um fragen und Meinungsäußerungen nichts zu ändern. Für heilsam freilich halte ich das Umsichgreifen der Lichtspieltheater nicht; es bezeichnet nur einen weiteren Schritt auf dem Wege der das ganze Zeitalter mehr und mehr beherrschenden Technik und Ma schine, deren Leistungen an sich bewundernswert, durch ihr Ein dringen auf das Gebiet der Literatur jedoch weder dieser noch auch dem Buchhandel zum Vorteil gereichen werden. vr. Julius Rodenberg. Ich halte den Kino bei richtiger Leitung für einen der wich tigsten Kulturförderer unserer Zeit; er ist die Volksschule der Er wachsenen. Literatur und Buchhandel sollten kein Mittel unver sucht lassen, ihn in den Dienst ihrer Interessen zu stellen. Max Geißler. Meine grundsätzliche Stellungnahme zu der Kinotheater- Frage habe ich in zwei Artikeln der von mir geleiteten Zeit schrift »Bühne und Welt« (Jahrgang XIV, Nr. 15 und Jahr gang XV, Nr. 5) bekanntgegeben, und gestatte mir, darauf zu verweisen. Was Ihre Spezialfragc: die Verfilmung von Ro-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht