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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.06.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-06-11
- Erscheinungsdatum
- 11.06.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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6202 Börsenblatt f. d. Ttschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 132, 11. Juni 1913. Unternehmen verbundene Vermehrung sogenannter Auch buchhändler (Bahnhofswirte, Restaurateure uslv.) dem schwer um seine Existenz kämpfenden Sortimentsbuchhandel neue Schwierigkeiten schafft, ohne datz daraus dem Publi kum irgendwelche Vorteile erwachsen. 4. Der Vorstand des Börsenvereins betrachtet es als eine Ge fahr, daß das mit dem Dürerbund-Unternehmen angestrebte Monopol und die mit ihm verbundene Vermittlungsstelle den Preis der billigen Volksliteratur verteuern. Zusammenfassend kann der Vorstand des Börsenvereins mithin in den Versuchen, dem Dürerbund-Unternehmen Ein gang zu schaffen, nur eine Veranstaltung erblicken, die ge eignet ist, den deutschen Gesamtbuchhandel sowohl materiell als auch in seinem Ansehen schwer zu schädigen, ohne den Interessen des bücherkaufenden Publikums zu nützen, ganz ab gesehen davon, datz er das Untemehmen praktisch nicht für durchführbar hält. Der seit nunmehr fast einem Jahrhundert bestehende Börsen verein der Deutschen Buchhändler hat es von jeher als seine Aufgabe betrachtet, jene Grundsätze im deutschen Buchhandel wachzuhalten und zu Pflegen, die seinen Ruf als eine der zweck- mätzigslen Standcsorganisationen auch im Auslande begründet haben. Diese Stellung hat er sich nur dadurch erringen können, datz er sich nicht nur der wirtschaftlichen Interessen seiner Mit glieder angenommen hat, sondern jederzeit, im eigenen Hause wie in der Öffentlichkeit, auch für die ideellen Aufgaben des Buchhan dels eingetreten ist, als deren erste er die Verbreitung des guten Buches ansieht. Lange bevor Gesellschaften für Volksbildung und andere Vereine zum Zwecke der Verbreitung von Büchern außerhalb seines Kreises ins Leben gerufen waren, haben Unternehmen wie Reclams Universalbibliothek, Meyers Volksbücher, Hendels Bibliothek u. a. dem Bildungs- und Unterhaltungsbcdürfnis der großen unbemittelten Volksschichten Rechnung zu tragen gesucht, und Zahl und Umfang dieser auf die Initiative des Buchhandels zurückzufllhrenden billigen Bibliotheken sind heute in einer Weise gewachsen, die jeden Vergleich mit dem Wachstum der Bcvölke- rungsziffer und des Interesses des Publikums an den Schöpfun gen unserer Literatur aushält. Diese ungeheure Produktion auf dem Gebiete der Herstellung des billigen Buches durch den Ver lag wäre gar nicht möglich gewesen, wenn Hand in Hand damit nicht seine Verbreitung durch das Sortiment gegangen wäre. Auch ist die Tatsache, daß heute jeder in einer Buchhandlung für wenige Pfennige ein gutes Buch erhält, doch Wohl der beste Beweis dafür, daß es weder Verleger noch Sortimenter an der Erfüllung ihrer Aufgaben auch gegenüber dem minderbemittelten Publikum fehlen lassen und daß angesichts dieser von jedem leicht nachzuprüfenden Verhältnisse nur Unkenntnis oder Leicht fertigkeit von einer »geistigen Not des Volkes« reden tonnen. Verleger wie Sortimenter wissen, datz ihre Aufgabe nicht mit der Herstellung und Verbreitung des Buches erschöpft ist, sondern darin liegt, dem guten Buche den Vorrang vor dem Mittelgut oder der schlechten Literatur zu sichern, und längst wird auch darin, vom rein materiellen Standpunkt aus gesehen, das bessere Geschäft erblickt. Infolgedessen hat auch der Börsenverein der Deutschen Buchhändler jede sich ihm bietende Gelegenheit benutzt, um — sei es durch direkte Bekanntmachungen, sei es durch sein Organ, das »Börsenblatt für den Deutschen Buch handel«, — in diesem Sinne auf seine Mitglieder einzu wirken. So war auch der Börsenverein eine der ersten Körperschaften, die sich der Bewegung gegen die Schund- und Schmutzliteratur angeschlossen haben, obwohl die Schriften, gegen die sich dieser Kampf richtet, ihre Entstehung und Ver breitung außerhalb seines Kreises finden. Auch heute noch ist der Börsenverein, dessen erster Vorsteher als Mitbegründer und Vorstandsmitglied der »Zentralstelle für Bekämpfung der Schundliteratur« in ständiger Fühlung mit der Zentralstelle beim Landgericht I in Berlin und dem Lektor der Zentralstelle am dortigen Kgl. Polizeipräsidium steht, bemüht, allen auf eine Gesundung unserer literarischen Verhältnisse ge richteten Bestrebungen seine Hilfe zu leihen, ohne doch das Publi kum in unangebrachter Weise zu bevormunden. Nicht übersehen werden darf dabei die Schwierigkeit, daß dem Sortimentsbuch händler nur insoweit ein Recht auf Beeinflussung des Pu blikums zusteht, als sein Rat seitens desselben gewünscht wird. Auch stehen vielfach die Verschiedenheit der geistigen In teressen des Publikums, seine speziellen Wünsche und vorgefaßten Meinungen einer Beeinflussung entgegen, so daß es nicht in allen Fällen möglich oder auch nur wünschenswert ist, auf den Verkauf spezieller Werke hinzuwirken. Eine weitergehende Be vormundung, als sie darin liegt, daß der Sortimenter überall da für gute Literatur eintritt, wo das Publikum sich von ihm beraten lassen will, würde mit Recht als eine Anmaßung und ein mit der freien Entschließung des Käufers unverträglicher Zwang empfunden werden, zumal weder das, was als gute Literatur angesehen werden kann, sich begrifflich genau fixieren läßt, noch die Ablehnung eines gesetzlich nicht verbotenen Buches dem Publikum gegenüber begründet werden kann. Denn der Sortimenter, der sich nicht auf einen bestimmten Kreis litera rischer Werke beschränken kann, sondern das ganze weite Gebiet der Literatur zu bestellen und den Wünschen seiner Abnehmer Rech nung zu tragen hat, würde sich dann aus einem Ratgeber zu einem Bevormunder des Publikums entwickeln und sich damit desselben Fehlers schuldig machen, in den Di. Avenarius bei seinem neuen Unternehmen verfallen ist. Dieses Unternehmen läuft sowohl auf eine Bevormundung des Publikums, als auch des Buchhandels und der Schriftsteller- Welt hinaus, da hier der Anspruch erhoben wird, alle Volksschris« ten einer Zensur zu unterwerfen, deren materielles Zustande kommen gar nicht nachgeprüft werden kann. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob dem Buchhandel in dieser Zensurbehörde Sitz und Stimme eingeräumt wird oder nicht, da es an sich als eine mit der Freiheit der Kritik unvereinbare Zumutung ange sehen werden muß, daß ein ganzer Literaturzweig dem ein seitigen Urteile einer bestimmten Stelle unterworfen werden soll. Auch die besten Absichten müssen an rein menschlichen Unvollkom menheiten, von denen sich auch der Kritiker nicht freimachen kann, scheitern, und zwar um so eher, je einseitiger der Stand punkt ist, von dem aus an die Beurteilung herangetreten wird. Von dieser Unvollkommenheit wird man auch den »Kunstwort«, trotz der Betonung seinerObjektivität, nicht freisprechen können, da auch hier geschäftliche und persönliche Beziehungen des Heraus gebers und seiner Mitarbeiter die Kritik beeinflussen. Um den Nachweis darüber zu erbringen, bedarf es nur der Durchsicht der von Avenarius herausgegebenen kritischen Unternehmen: des »Kunstworts«, des »Literarischen Ratgebers« und des »Litera rischen Jahresberichts«, die vielfach Urteile enthalten, denen nicht nur die dort ungünstig besprochenen Autoren ihre Zu stimmung versagen werden, sondern auch der am geschäft lichen und literarischen Erfolg völlig unbeteiligte gebildete Leser. Zahlreich sind die Fälle, in denen der Kunstwart später selbst sein Urteil korrigiert hat, und noch zahleicher die, in denen es von anderen und der Zeit korrigiert worden ist. Da- nebenher aber gehen auch Einflüsse anderer Art wie sie im Laufe der Zeit aus Sympathien und Antipathien, aus freund lichen Beziehungen oder unfreundlichen Auseinandersetzun gen mit Autoren und Verlegern sich herausgebildet haben und nun aus die Kritik abfärben oder sich direkt darin spiegeln. Tritt dazu noch, wie bei dem Dürerbundunter nehmen, der Schutz der Anonymität, so ist diesen Einflüssen Tür und Tor geöffnet, ohne datz man dem Herausgeber, der diese kritischen Imponderabilien vielleicht selbst nicht einmal in allen Fällen nachprüfen kann, einen anderen Vorwurf als den der Unzulänglichkeit seiner kritischen Methode machen kann. Diese von Avenarius selbst als »Sachzwang« bezcichnete Art der Kritik mutz aber auch das persönliche Verantwortltchkeitsgesllhl des Kri tikers selbst herabmindern, da jeder einzelne sie seinen Mitkrittkern zuschieben kann, zumal er der Nennung seines Namens in der Öffentlichkeit enthoben und an dem Endergebnis nur mit einem Bruchteil persönlicher und moralischer Verantwortung beteiligt ist. Infolgedessen braucht er jene Rücksichten gar nicht zu nehmen, die dem Kritiker auferlegt sind, der mit seinem Namen für seine Überzeugung eintritt.
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