Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.06.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-06-14
- Erscheinungsdatum
- 14.06.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19130614
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191306143
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19130614
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1913
- Monat1913-06
- Tag1913-06-14
- Monat1913-06
- Jahr1913
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
8322 BörsE-tl f. d, Dtlchn. Dilchh-ndel. Redaktioneller Teil. ^ 135, 14. Juni 1S13. zur Orientierung immer wieder auf die bekannten Lehrmittelkata loge, die mir ein weiteres Aufzählen ersparen. In den Modellen zur klassischen Lektüre ist in letzter Zeit eine besonders gute Nach frage gewesen, speziell auch vom Auslande, die eigentlich nicht verständlich ist, wenn man das immer weitere Zurückdrängen der humanistischen Schulen auf Kosten der Realanstalten berücksich tigt. Der erfreuliche Umstand, daß der Geschichtsunterricht mehr und mehr nach Seite der Kulturgeschichte hin vertieft werden soll, macht sich auch in seinen Lehrmitteln, besonders den Bildern be merkbar. Man legt heute weniger Wert darauf, dem Kinde grau sige Schlachtenbilder vorzuführen, sondern man zeigt ihm im Bilde, wie seine Vorfahren gewohnt, wie sie sich gekleidet und was sie getan haben. Dadurch wird es die Gegenwart besser verstehen und schätzen lernen. Gustav A. Nietzsche!. Kino und Buchhandel. (Fortsetzung zu Nr. 127, 128, 12S, 130 u. 132.) Die Verfilmung von Romanen ist in ihrer unmittelbaren Wirkung, auch soweit sich diese aus das Lesen erstreckt, meiner Ansicht nach für die literarische Volkserziehung im großen ganzen wertlos. Selbst wenn der Kinobesucher den Roman nach her liest, ist er bereits so einseitig stofflich interessiert, ist seine Aufmerksamkeit so sehr auf alle Sensationsmöglichkeiten und auf banale Rührseligkeit eingestellt, daß der Roman auf den also »vorbereiteten« Leser in der Regel die Wirkung eines — meist wohl allerdings ungefährlichen — Schundromans ausüben wird. Und zwar scheint mir diese Regel nicht nur für Romane zu gelten, welche selbst schon Phantasiewerte enthalten, die nicht völlig dichterisch geläutert sind, wie etwa »tzuo vackis« von Sien- kiewtcz oder die Romane von Ebers. Auch Scotts »Quentin Durward«, Hauffs »Lichtenstein«, Kellers »Romeo und Julie auf dem Lande«, Dauthendeys »Raubmenschen«, I. V. Jensens »Exotische Novellen«, Bandes »Schimannsgarn« — um nur ein paar beliebig herausgegriffene Beispiele zu geben — würden den allermeisten Lesern, die ihre Handlung im Kino kennen ge lernt haben, von ihren dichterischen Werten so gut wie nichts offenbaren. Der durchschnittliche Kinobesucher wird also durch verfilmte Romane vielleicht den »Weg zum Buch« finden, nicht aber den »Weg zur Literatur«. (Der umgekehrte Fall, daß der Kinobesucher verfilmte Romane steht, die er bereits aus dem Buch kennt, scheint mir für die literarische Volkserziehung belanglos, da aus solche Leser, die von den dichterischen Werten des Buches berührt worden sind, der Film abstoßend wirken wird, während er an den »Sensationslesern« geschmacklich nichts verderben kann.) Eine andere Frage ist die, wie sich der Buchhandel ver halten soll zu der Verfilmung von Romanen, die ja nicht auf zuhalten sein wird. Für ihn liegt hier zweifellos eine große geschäftliche Aussicht. Es ist mir gar nicht fraglich, daß bei geschickter Anknüpfung an die Programme der Kinotheater — ins besondere in Gestalt von Buchanpreisungen auf der Kinoschau fläche selbst — der Buchhandel von vielen Romanen große Men gen an Kinobesucher absetzen kann. Und es ist auch im Interesse der Volksbildung nur zu wünschen, daß der gesamte Buchhandel in raschem, ge meinsamem Vorgehen diese schöne Ver kaufs- gelegenheit Planmäßig ausbeute, nicht nur um der wenigen Ausnahmen von der obigen Regel willen, sondern vor allem auch, weil die Bücher, die so in Familienbesitz wan dern, ja nicht bloß von den für ihren Kunstwert verblendeten Kinobesuchern gelesen werden, sondern auch von unvoreingenom menen Lesern. Möchten es wenigstens überwiegend wertvolle Erzählungen sein, die so in deutsche Bürgerhäuser ausgestreut werden, damit doch wenigstens etliches auf guten Boden falle und hundertfältige Frucht trage! vr. Erwin Ackerknecht. Was den Wert eines Romans ausmacht, nämlich seine Lebensdarstellung und seine Gedankenwelt, entzieht sich völlig der Verfilmung. Zu ihr kann lediglich sein Gerippe, die äußere Handlung benutzt werden. Der Roman wird also um so ge eigneter zur Verfilmung, je weniger in ihm das bedeutet, was lieferen Wert hat; am allergeeignetsten ist der Schundroman. Gute Romane werden, wenn überhaupt im Kino vor geführt, wirkungslos bleiben müssen; die Vorführung kann also ihrem Absatz nur schaden, nie nützen. Wohl aber kann der Absatz schlechter Romane durch das Kino gefördert werden; um so mehr, je schlechter sie sind. Und die Aussicht auf Verfilmung mag auch noch zur Vermehrung und zur Verschlechterung dieser Sorte von Romanen beitragen. Wem also der deutsche Roman als ein Bildungsmittel ersten Ranges hochsteht, der muß wünschen, daß Kino und Roman unverworren bleiben. vr. Martin Sch tan, Universitätsprofessor. Für Romane, deren Schwerpunkt einzig in einer robusten Handlung liegt, mag die kinematographische Vorführung von Vorteil sein und ihnen möglicherweise Leser, die sich an einem sensationellen Stoff genügen lassen, zuführen. Für jene andere Spezies aber, die tiefer schürft, deren Reiz im feingeschliffenen Wort besteht, in der künstlerischen Notwendigkeit aller Gescheh nisse, in ihrer psychologischen Vertiefung und Wahrhaftigkeit — halte ich die Verfilmung für einen Gewaltakt von beispielloser Roheit. Hände weg vom Kunstwerk! Marthe Renate Fischer. Ehre dem Film, wo ihm Ehre gebührt! Für den wissen schaftlichen Anschauungsunterricht ist der Film bereits unent behrlich geworden. Alle Dichtung aber steht und fällt mit dem Wort. Das lebendige Wort kann nicht durch Bewegung und Farbe ersetzt werden. Wenn nun trotzdem einige Dichter ihre Werke der Verfilmung preisgeben, so tun sie es sicher nur ge zwungenermaßen und schweren Herzens. Gott Apollo mag mit ihnen rechten. Wir Menschen indes sollen ihnen unsere Teilnahme nicht versagen. Man behebe die Notlage dieser Ärmsten durch einen ausgiebigen Ehrensold. Im übrigen glaube ich, daß der Film weder die Kunst noch das Theater und den Buchhandel (soweit diese beiden der Kunst dienen) dauernd und ernstlich zu schädigen vermag. Als die Photographie aufkam, befürchtete man den Untergang der Ma lerei. Wird heute nicht mehr gemalt? Hat der »Lichtbildner« den Maler etwa verdrängt? Es gibt kein Ersatzmittel, kein fabrikmäßig herstellbares Surrogat für die Kunst. Und das Kunstbedürfnis ist den Menschen eingeboren. Königsbrun-Schau p. Der Kinematograph dient der bloßen Schaulust und weckt sie. Er wird voraussichtlich den Absatz einzelner Werke der Literatur, solcher mit viel und bewegter Handlung, begünstigen. Die fei neren und tieferen Schriftwerke werden darunter leiden. Eine Veredelung des Geschmacks bewirkt das Kino jedenfalls nicht, Wohl aber die geistige Verflachung, um nicht zu sagen Ver simpelung. Seinem Wesen nach ist das Kino m. E. kaum mehr, als der in erneuerter, modernisierter Gestalt wieder in Erscheinung ge tretene Geist des Hanswursts. Konrad Eitel. Ich glaube, daß Oberflächlichkeit und Sensationsgier durch die Verfilmung von Romanen zum Zwecke kinematographischer Aufnahmen geradezu gezüchtet werden. So wertvoll die Verdoll- kommung solcher Aufnahmen für wissenschaftliche Zwecke, für Naturdarstellungen ist, so schädigend halte ich die Roman-Ver filmung für den guten Geschmack, für künstlerische Heranbildung der Volksseele. Ich vermute, dem Buchhandel erwächst eher Schaden, als Nutzen. Franziska Mann. Irgendeine Kultur- oder künstlerische Bedeutung kann ich der Verfilmung von Romanen nicht zusprechen. Es ist ein Unter nehmen Halbgebildeter für Ungebildete. Mit Vorliebe werden Romane sensationellen oder, wie man sagt, dramatischen Inhalts gewählt. Was solchen Romanen doch bisweilen ein gewisses Niveau gibt, der Vortrag, der Dialog, der Stil, die Ideen usw., l Fortsetzung aus Seite 8371.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder