Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.06.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-06-30
- Erscheinungsdatum
- 30.06.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19130630
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191306303
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19130630
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1913
- Monat1913-06
- Tag1913-06-30
- Monat1913-06
- Jahr1913
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
6806 Börsenblatt f. b. Tischn. Dttchhnndil. Redaktioneller Teil. .1? 148, 30. Juni 1913. Wenn aber die Urheberrechtszentrale eine wichtige Aufgabe erfüllen will, so wird es neben der, die sie sich gestellt hat, die sein, gemeinschaftlich mit den Verlegern einmal die immer wieder zu Unzuträglichkeiten führenden gesetzlichen Bestimmungen und Unklarheiten zu prüfen und zu klären. Eine ziemlich auffallende Erscheinung der letzten Zeit ist es, daß sich unsere modernen Dichter und Lyriker mit den Angelegen heiten der bildenden Kunst beschäftigen. Wenn nun auch absolut kein Grund vorliegt, ihnen das berühmte Wort zuzurufen von dem Schuster, der bei seinem Leisten bleiben soll, denn das könnten diese sonst schließlich auch den poetischen und dramen schreibenden Kunsthändlern empfehlen — und ich wette, daß es solche gibt —, so muten ihre Ausführungen in diesen Dingen doch ziemlich naiv an. So schlägt Hermann Bahr im »B. T.« allen Ernstes ein Leihmuseum vor, bei dein man sich, wie in der Leihbibliothek Bücher, Bilder leihen kann. Wenn ich mich recht entsinne, ist die ganze Idee nicht einmal ein Original gedanke Bahrs, und ich glaube sogar, das Leihmuseum besteht schon, nur tritt es nicht unter diesem Titel an die Öffentlichkeit. Es gibt bestimmte Gemäldehandlungen, vielleicht auch Kunst sortimenter, die große Hotels, Restaurants und Klubräume, Lese hallen gegen Leihgebühr mit Bildern ausstatten und diese in ge wissen Intervallen auswechseln. Ob die ganze Einrichtung für den Kunsthandel sehr rentabel ist, dürfte zu bezweifeln sein, und die Erfahrungen, die mir zu Gebote stehen, sind keineswegs ver lockend, dieses Lcihgeschäft auszudehnen. Da Hermann Bahr aber ein ganzes Feuilleton darüber schreibt, wird man sich viel leicht von neuem für die Sache interessieren. Hoffentlich nicht mit dem Effekt, daß alle Welt nun die Bilder geliehen haben will und auf den Kauf verzichtet, übrigens, was Bahr da von der Gefangenschaft des Kunstwerks beim reichen Manne sagt und von den reinsten Stunden, die ihm der stille, ehrlich kunstge- nietzende Mensch anvertraut, mag ganz hübsch klingen. Im Prinzip werden die Künstler mit ihrem heute so praktisch ent wickelten Sinn die Gefangenschaft ihres Bildes für einen an ständigen Preis gewiß nicht bedauern oder als ein großes Un glück ansehen. Fast zur selben Zeit äußert sich der Dichter Wilhelm von Scholz über die Wirkungen von Reproduktionen und auch das, was er da sagt, ist gewiß gut gemeint. Aber letzten Endes gip feln seine Wünsche darin, den Gang der Welt aufzuhaltcn, d. h. nach seinem Sinn die Kunst am liebsten wieder wie ehedem vor drei«, vierhundert Jahren zu einer Sache der Reichen, Exklusiven zu machen, die ihre 1000 Kilometer-Fahrten im Schlafwagen oder Auto zurücklegen können, um daun die Kunst zu genießen. Ob jedoch nur diesen die Kunst tatsächlich etwas Hohes, Feierliches, Sel tenes ist, ob ihre Freude reiner und größer ist, als die eines einfachen Menschen an seinem bescheidenen Kunstdruck, das bleibt denn doch sehr dahingestellt. Ohne der un geheuren Popularisierung, der Verbilligung, dem Auf-den-Marktwerfen der Kunst das Wort reden zu wollen, geschweige diese zu propagieren, mutz man doch sagen, daß hiermit endlos viel Gutes getan wor den ist. Scholz meint, daß, während das Kunstwisscn, die äußerliche Kunsibildung durch unsere hochentwickelten Wie dergabeverfahren außerordentlich zunehmen, gleichzeitig unser innerstes Kunstgefühl verflacht. Hiermit hat er recht und unrecht zugleich. Denn so sehr man auch über Halbheit und Hohlheit und Verflachung des Kunstgefühls zetern mag, vordem, ehe die ge waltsame Popularisierung der Kunst einsetzte, war eben nichts da, rein gar nichts, so daß wir uns des Erreichten, und wenn es auch nichts Ganzes ist, ehrlich freuen sollten. Es ist der wirklichen guten Kunst, der alten wie der neuen, doch ein so großes Wir kungsgebiet innerhalb der Menschheit erschlossen worden wie nie zuvor, und wie nie zuvor ist sie in die bescheidensten Räume ein gedrungen, hat Entgegenkommen, Aufnahmebereitwilligkeit und Verständnis gesunden und ihre die Menschen beglückende Mission erfüllen können. Daß der Kunsthandel sich diese Erscheinung zunutze gemacht hat, war ebenso sein Recht wie seine Pflicht. Denn in ihm lag Ursache und Wirkung zugleich. Er hat dafür gesorgt, daß jedes bescheidene Ladenmädchen und jeder Arbeiter sich auf seine Art und nach seinem Geschmack sein Kunstbedürfnis erfüllen kann, und er hat, wenn man schon immer allein die Liebe zu den alten Meistern als das Letzte und Höchste Preisen will, auch hier durch die kolossale Verbilligung, die nicht einmal immer Verschlech terung bedeutete, seine gar nicht hoch genug anzuerkennenden Ver dienste. Von selbst ist das Kunstbedürfnis oder der Kunsthunger nicht gekommen. Wie die Sehnsucht nach Wohlstand und Luxus ein ganz selbstverständliches Produkt unserer Zeit ist, so ist es auch hier. Man mag keine leeren Wände mehr sehen, mag, Gott sei Tank, auch nicht mehr all das schlechte Zeug, das man uns früher vorgesetzt hat, und wenn man sieht, wie hoch in punkto Kunst heute schon die Anforderungen ganz einfacher Menschen sind, so darf man gewiß nicht sagen, daß all die Arbeit um sonst war. Daß das endlos weite Feld der Kunstbegeisterung und der Geschmacksveredelung noch immer fleißig weiter beackert wird, ist nur zu loben. Und zu begrüßen ist, daß auch die Eisenbahn verwaltungen nun endlich daran gehen, die Langeweile großer Strecken durch Kunstgenüsse, d. h. durch die Anbringung von Künstlersteinzeichnungen, zu durchbrechen. Ja, von dieser künst lerischen Ausschmückung der Eisenbahnwagen verspreche ich mir sogar sehr viel. Man saust durch die Landschaft hindurch, sieht blühende Felder und Blumen und Wiesen, sieht Wolkenbildungen von seltsamer Art und hat die schönste Gelegenheit, sofort ihren bildmäßig zu sammengerafften Eindruck nachzuprüfen. Das dürfte viel leicht wertvollere Früchte zeitigen, als wenn die Men schen in den Museen herumstehen und ohne Anleitung, ohne histo rischen Maßstab vergeblich nach den ihnen verkündeten Schön heiten suchen. Eine weitere hübsche Blüte der Kunsterziehungs- beslrebungen hat das Wirken des Vereins für Kunslpftege in Offenbach a. M. gezeitigt. Dieser hat der Jugend der Offen bacher Schulen die Frage gestellt: »Welches Bild im Städtischen Kunstinstitut zu Frankfurt a.M. gefällt mir am besten, und aus welchem Grunde?« Die besten Antworten werden mit zwanzig Preisen belohnt, die aus gerahmten Bildern, Originalen und Re produktionen bestehen. Diese Art, schon die Kinder zum Nach denken über die Kunst, zum Urteil und zur Begründung ihres Urteils anzuregeu, vor allem aber auch den Besuch der Samm lungen zu fördern, ist hoch anerkennenswert. Denn auf diese Weise wird wenigstens in der Heranwachsenden Jugend am ehe sten der Verflachung und Hohlheit cntgegengcarbeitet. Die Frage: welches Bild gefällt mir am besten, ist natürlich leicht zu beant worten. Sie wird ja auch unter Erwachsenen täglich tausendmal aufgeworfen und a tempo beantwortet. Aber den Grund des Ge fallens oder Nichtgefallens anzugeben, sind die Herrschaften meist nicht imstande, geben sich auch gar nicht die Mühe dazu, und hier dürste der eingeschlagenc Weg den Kindern gegenüber vielleicht auch von Segen für die Erwachsenen werden. Daß die materielle Wertsteigerung der Kunst schon ungeahnte Gipfel erklommen hat und noch immer lustig weiter emporklettert, hat man in den letzten Monaten wieder erfahren können. Es sind auf dem Kunstmarkte wieder kolossale Werte ge handelt worden, und mehr als einmal ist man versucht, zu glauben, daß von einer wirtschaftlichen Depression, von Geldmangel wirk lich nicht die Rede sein kann. Den Löwenanteil an den hohen Preisen heimst nach wie vor der selige Rembrandt ein, der, wenn er auch einst auf den Höhen der Menschheit wandelte und kein schlechtes Leben liebte, sich wohl im Grabe herumdrehen mag ob der Riesenrckordpreise, die man für ihn zahlt. Selbst für die be scheidensten Zeichnungen, die flüchtiger Laune und Eingebung entsprungen sind. Mit besonderem Stolz verkündet dies der be kannte Rembrandtforscher A. Bredius in der Kunstchronik, zählt die stattlichen Preise aus, die man erzielt hat, und begleitet das erste und größte Resultat von 22 500 Gulden für ein Selbst porträt im Atelier mit einem kräftigen Hurra, weil es ein Amster damer Sammler erworben hat. Aber auch sonst stand Rembrandt wieder an der Spitze, und derVerkauf eines Bildes von ihm um eine Million mag den Glauben manches Zeitgenossen in seinen Grund festen erschüttert haben. Eine große Auktion hat inzwischen auch bei Gutekunst in Stuttgart stattgefundcn, die wieder eine IFortsetzung aus Seite 68g5.l
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder