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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.07.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-07-12
- Erscheinungsdatum
- 12.07.1913
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- Deutsch
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- Saxonica
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159, 12. Juli 1913. Redakttoneller Teil. Börsenblatt f. b. Dlschn. Buchhandel. 7227 tAoiitegung zu Leite 7I8Ü.t freigegcben wurde. Sonderbarerweise lut in solchen Fällen die Gesellschaft ebenso entrüstet wie die Presse, obwohl es sich hier um ein gegendieMenschheit selbst gerichtetes Attentat handelt; selbst dort sehen wir gleich Gefahr für die Preßfreiheit, wo es heißt, die Verbreitung von für die Jugend und für Halbgebildete fa brizierten Schmutzschriften zu verhindern. Und dabei vergißt so wohl die Presse, als auch die Gesellschaft selbst, daß die Preßfrei heit kein verkümmertes Gewächs, sondern eines der schönsten Werke der ganzen Menschheit ist, dem die Gewissenlosigkeit einiger Leute nichts anhaben kann und von derien für die Preßfreiheit auch nichts zu befürchten ist. Es ist ein gewöhnliches, gemeines Verbrechen, das mit der Freiheit der Presse nichts gemein hat, und es fehlt bis jetzt bloß die starke Hand, die diesen Parasiten der Menschheit, die unter dem Deckmantel der Preßfreiheit ihr wider liches Geschäft betreiben, endlich einmal die Hülle vom Leibe reißen sollte. Der ungarische Justizminister sagte sehr richtig im Jahre 1908 im ungarischen Parlament folgendes: »Pornographie ist keine Literatur, und diese unter den Schutz der Preßfreiheit zu stellen, wäre gleichbedeutend mit dem Verkennen der Freiheit der wahren Presse und des Wesens dieser in die Kloake gehören den Schriften«. Gesetze gibt es heute bereits in jedem Kulturstaat, und zwar in ziemlicher Anzahl, und eine ganze Bibliothek füllt bereits die Literatur, welche die Gefahren der Pornographie behandelt und die gesetzlichen Verfügungen gegen diese enthält. Diese Ver fügungen sind teils strenger, teils milder, haben aber den großen Fehler, daß sie nirgends vollstreckt werden können, — und bloß hierin besteht ihr Fehler. Meine geehrten Zuhörer werden es für natürlich finden, wenn ich, der ich als Verleger meine Worte in erster Reihe an die Verleger richte, es nicht versuche, sie durch all diese Para graphen hindurchzuführen — ich gestehe offen, ich wäre dazu auch nicht imstande —, die in den einzelnen Kulturstaaten gegen die unzüchtige Literatur seit Jahrzehnten kodifiziert wurden. Aber dies ist auch nicht nötig, ebenso wie es nicht notwendig ist, daß ich alle jene juristischen Standpunkte ansühre, die — pro und kontra — ihr Entstehen dem Jahrzehnte währenden Kampfe gegen die Pornographie verdanken. Dies kann besonders deshalb un terlassen werden, weil im Jahre 1910 ein wichtiges Ereignis vorfiel, das uns mit Recht und Vertrauen hoffen läßt, daß die Verteidigung nun einen radikalen Weg betritt und praktische Er gebnisse zur Folge haben wird. Aus Anregung der französischen Regierung wurde nämlich in der Zeit zwischen 10. April und 4. Mai 1910 betreffs der gesetzlichen Verfolgung der unzüchtigen Veröffentlichungen eine internationale Konferenz in Paris abgehalten. Diese Konferenz zeitigte eine internationale Vereinbarung. Ich veröffentliche sie hier nicht, weil die Leser des Börsenblattes sie gewiß schon kennen. Über die Bedeutung dieser internationalen Verein barung brauche ich mich Wohl auch nicht näher auszusprechen. Wir verspüren das Nahen einer günstigeren Strömung, einer gesünderen Tendenz, die, wenn sie auch nicht imstande sein wird, die von krankhaften Miasmen durchtränkte Luft vollständig zu reinigen, zumindest verhindern wird, daß diese tödlichen Gase noch mehr die Luft verpesten. Das Feigenblatt, das eine Unmenge von Greuel, Schmutz und Ehrlosigkeit verdeckte, wird in dem durch die internationale Konvention in Paris angeregten edlen mannhaften Kampfe scho nungslos, sozusagen mit grausamer Hand abgerissen werben. Dieser Feldzug aber, der von der Staatsmacht aus internationaler Basis gegen die unzüchtige Literatur eingeleitet worden ist, macht es sozusagen zur unumgänglichen Notwendigkeit, daß jedes ein zelne Mitglied der Menschheit dieses Bestreben fördere und daß wir diesen Kamps mit unserer ganzen Kraft und Fähigkeit er leichtern. Denn wenn wir auch bestimmt annehmcn können, daß die Staatsmacht die nötigen Mittel finden wird, um die Er zeuger und Verbreiter dieser Machwerke zu strafen und so ihre Ver breitung zu verhindern, so ist es doch gewiß, daß mit Hilfe der Ge sellschaft rascher das Ziel erreicht werden kann. Jeder Tag der Verzögerung ist ein Verlust. Ein doppelter Verlust für den Ver leger. Der Verleger muß den Kampf gegen die Pornographie im eigenen Interesse mit voller Energie aufnehmen. Es möge uns das Beispiel von Perthes vorschwcben. Der wirkliche Verleger widmet seine Kraft — obwohl er auch sein Geschäftsinteresse sich vor Augen hält — ausschließlich der Produktion und Verbreitung der anständigen Literatur. Er weiß es ganz gut, daß die porno graphische und Schundliteratur — auch wenn ihr schädlicher Einfluß nicht zur Geltung kommt — einer Unzahl von guten Büchern den Platz verlegt, zum Teil weil Pornographie und Schundliteratur leichter Käufer und Leser finden als die guten Bücher, zum Teil weil diese Art von Literatur den Geschmack des Lesers verdirbt und so sein Gefühl für die echte Literatur ab- stumpft. Die Staatsmacht wird die Invasion der Pornographie mit gesetzlichen Mitteln zurückdrängen, der Verleger und Buchhändler dagegen, da er weder Zensur, noch weniger aber Polizeidienste auszuüben hat, kann die Schundliteratur nur mit jenen Mitteln abwehren, die ihm zur Verfügung stehen. Ter größte Feind des unsittlichen Buches ist das gute Buch. Die Pflicht des Verlegers ist, die Wirkung der Schundliteratur durch gute und billige Bücher zu paralhsieren, anderseits muß er im Einvernehmen mit den zuständigen Faktoren der Schulen, Bibliotheken, mit den Leitern verschiedener kultureller Anstalten dahin wirken, daß immer mehr Bibliotheken errichtet werden mit den möglichst besten und wert vollsten Werken. Mit einem gewissen Stolzgefühl kann ich erwähnen, daß die ungarische Regierung hier mit gutem Beispiel vorangcht. Bei uns besteht nämlich ein Gesetz, laut welchem die Ein schreibgebühren in den Schulen zur Errichtung von Schulbiblio- theken respektive zu deren Bereicherung zu verwenden sind. Diese Vorbedingung ließ die »Provisorische Vereinigung ungarischer Verleger« entstehen, die sich bereits vor sieben Jahren mit dem Vorschlag an den Minister für Kultus wandte, daß die Ver leger bereit sind, in sämtlichen Staatsvolksschulen des Landes Bibliotheken zu errichten, deren Gegenwert das Ministerium nach träglich in jährlichen Raten zu tilgen hätte. So leistete der Staat sechs Jahre hindurch nachträgliche Abzahlungen für die bereits sieben Jahre bestehenden zirka 3000 derartigen Bibliotheken. Für die Erweiterung dieser Bibliotheken wird selbstverständlich Sorge getragen. Dieses Beispiel befolgten alsdann die einzelnen Kon fessionen und Gemeinden bei ihren Schulen. So bestellte zum Bei spiel die Hauptstadt Budapest allein 270 solche Bibliotheken, von denen es heute insgesamt bereits mehr als 6000 gibt. Die Zu sammenstellung dieser Schulbibliotheken besorgt eine ständige Kommission, die durch das Ministerium hierfür beordert wurde. Doch führe ich dies nicht bloß als Lob, sondern als Beispiel an, da ich es sicherlich nicht des Näheren zu erörtern brauche, was es im Leben der Jugend und für die Entwicklung des kulturellen Staates zu bedeuten hat, wenn in Gemeinschaft mit den Verlegern in dieser Weise der Staat selbst für die Lektüre der Kinderwelt und der Jugend Sorge wägt, auch brauche ich Wohl nicht näher zu erörtern, daß dieser friedliche, ohne Opfer und ohne Leidenschaften geführte Kampf zwar nur sehr langsam, aber doch unausbleiblich das heilsame Resultat zeitigen wird, daß in der Kindesseele Ekel gegen die Schund- und Schmutz literatur platzgreifen wird. Derartige Bibliothektypen besitzen wir jedoch nicht allein für das Kind, es bestehen auch solche für das Volk, die —dank der Munifizenz verschiedener Kulturinstitutionen — in absehbarer Zeit das ganze Land um spannen werden. Wohl überall und bei jeder Gelegenheit ist es der Verleger, der die Initiative ergreift; so ist der Verleger, in dem er sein eigenes Interesse wahrnimmt, zugleich wertvoller Mit arbeiter des Staates und der Gesellschaft im Kampfe gegen die Schundliteratur, da es unbestritten ist, daß jede neue Bibliothek, indem sie Kultur und Bildung verbreitet, eine feste Burg der Menschheit gegen die Pornographie und Schundliteratur ist. Sehr geehrte Zuhörer! Ich vermag es vor den hier er schienenen Kollegen, den Herrn Verlegern, nicht genug zu be tonen, daß der Kampf gegen die Schundliteratur am wirksamsten aus diesem Wege aufzunehmen ist. Es ist gewiß, daß wir mit der Ausgestaltung des Bibliothekswesens alle jene Auswüchse, die als Ergebnisse der unzüchtigen und Schundliteratur zu ent-
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