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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.07.1913
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- 1913-07-22
- Erscheinungsdatum
- 22.07.1913
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7450 Börsenblatt s. d. Dtfchn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 167, 22. Juli 1913. Schöpfung nennen, mag sie noch so gewandt und mit viel Fleiß vorbereitet sein. Seine Kunst ist eine entwickelte Fertigkeit wie die des Seiltanzens, des Violinspiels, des Schlittschuhlaufens. Denn zwischen dem Bilde, das der Maler hervorbringt, und dem, das der Photograph erzeugt, ist ein durchgreifender grundsätz licher Unterschied: das künstlerische ist subjektiv, das photogra- phische objektiv, denn der Photograph verhält sich im entschei denden Augenblick völlig passiv; sobald er den Lichtverschluß von dem Objektiv entfernt, wird er untätig und hat keinen Einfluß mehr auf die Entstehung des Bildes; was er ausführt, ist ein physikalisch-chemisches Experiment. Der Maler dagegen ist im entscheidenden Moment durchaus aktiv, schöpferisch. Es mag ge wiß häufig Vorkommen, daß ein Virtuose der Photographie Wir kungen hervorbringt, die künstlerischen ähneln. Das ist aber ganz analog wie in der Musik, wenn mechanische Instrumente von vollendeter Konstruktion die Täuschung Hervorbringen können, als handle es sich um unmittelbare künstlerische Tätigkeit. Der jenige Photograph aber, der eine objektiv gewonnene Platte durch Eingriffe mit Pinsel und Stift retouchierend ändert, ver fährt nicht anders als der Maler, der das Bild eines Kollegen mit Pinsel oder Stift übergeht und so den ursprünglichen Geist heraustreibt, um den seinigen an die Stelle zu setzen. Insofern der Photograph das leidenschaftslose, chemisch-physikalische Bild, das noch kein Gehirn passiert hat, abändert, indem er wegnimmt und zufetzt, um einen angenehmeren Eindruck hervorzurufen, ver hält er sich wie ein Weinhändler, der das säuerliche Naturprodukt schmackhafter zu machen sucht, weil es von Haus zu wenig Sonnenschein mitbekommen hatte. Der prinzipielle Unterschied zwischen der Tätigkeit des schaf fenden Künstlers und des arbeitenden Photographen ist hiernach Wohl klar. Der eine bringt Kunstbilder, der andere Naturbilder hervor. Der Künstler, mag er nun malen, dichten oder kompo nieren, darf in jedem seiner Werke eines seiner Geisteskinder er blicken, seine Urheberschaft ist eine Vaterschaft. Der Photograph dagegen ist im besten Falle nur dem Rassenzüchter oder dem Gärtner, der besondere Blumen hervorbringt, zu vergleichen. Der Vater der erzeugten Photographie ist nämlich immer das Licht, die Mutter die photographische Kamera. Der Photograph über nimmt nur die Rolle des Schadchens. Das Herstellen von Photographien, d. h. von Naturbildern, beruht auf optischen und chemischen Vorgängen, es kann dabei eine größere oder geringere Sorgfalt, Umsicht, Erfahrung ange wendet werden; allein es ist durchaus unter denselben Gesichts punkten zu betrachten wie das Herstellen von künstlichem Indigo, künstlichem Kautschuk, künstlichen Rubinen. Das Verfahren mag noch so künstlich sein: die Erzeugnisse wird man nie Kunstwerke nennen oder ihnen einen Schutz angedeihen lassen, wie nian ihn für die Werke der Maler, Dichter und Musiker zu fordern be rechtigt ist. Was der Photograph zunächst schafft, wenn er sein Ge werbe ausübt, ist das Negativ, die Matrize, wie es im österrei chischen Gesetz heißt. Dies ist unmittelbar nicht verwendbar; es dient erst dazu, das eigentliche Produkt, die Positivkopie her vorzubringen. Das Negativ ist also ein Mittel zur Hervor bringung der Photographien, ebenso wie die Gußform ein Mittel ist, plastische Gegenstände zu lviederholen. Diesen plastischen Erzeugnissen wird man, wenn das Originalmodell von der Hand eines Künstlers, eines Bildners stammt, den Charakter des Kunst werks nicht absprechen; Wohl aber dann, wenn es sich um einen Abguß nach der Natur, z. B. einer Eidechse handelt, oder wenn eine Totenmaske vervielfältigt wird. Ähnlich ist das Verhältnis zwischen der Photographie und der Zeichnung. Es gibt nun auch Fälle, wo der Photograph nicht erst ein Negativ, sondern gleich ein Positiv durch Umkehrung herstellt. Neuerdings ist es durch die geistreiche Konstruktion der Autochrom platte der Gebrüder Lumiöre möglich, die volle farbige Erschei nung des photographischen Bildes, das die Kamera auf der Matt scheibe erzeugt, festzuhalten: aber gerade diese großartige Er findung zeugt dafür, daß die Photographie ein Verfahren ist, Naturselbstdrucke hervorzubringen. Denn die Natur ist es selbst, die das photographische Bild entwirft; es kommt nur daraus an, das Bild nicht zu zerstören, sondern es so herauszupräpa rieren, wie der Geologe eine Versteinerung auslöst. Ein wenig hat an der modernen Klarheit, Reinheit und Schärfe des photo graphischen Bildes auch der Optiker Anteil, der komplizierte Lin sen herstellt und den Lichtstrahlen mit mathematischer Berech nung die rechten Wege weist. Von seinem Anteil an der Schön heit des Bildes spricht aber selten jemand. Wir glauben hiermit den prinzipiellen Unterschied zwischen der bildenden Kunst und der Photographie ausreichend gekenn zeichnet zu haben. Für den Photographen arbeitet ein mechani sches, seelenloses Organ, während das Auge des Künstlers eine beseelte Kamera ist, die ihn aber bestenfalls in seiner Tätigkeit nur unterstützt. Der Künstler gibt seinem Werke eine Seele mit, die noch nach Hunderten von Jahren zum Beschauer spricht; der Photograph aber, insoweit er dies tut oder zu tun wünscht, ent fernt sich von dem Wesen der Photographie. Sonach wird nun der Photographie eine andere Art des Schutzes gebühren, als der bildenden Kunst. Daß die Schutz frist eines mechanisch entstandenen Bildes an den Zeitpunkt der Einwirkung des Lichtes auf die lichtempfindlichen Stoffe ge bunden sein müsse, haben die meisten Gesetzgebungen anerkannt. Nur weist die Schußfrist selbst ganz erhebliche Unterschiede auf. Das Minimum ist fünf Jahre (Ungarn), dann folgt zehn Jahre (Deutschland, Österreich, Rußland) nach Erscheinen oder nach Entstehung der kopierfähigen Platte (Negativ), und das Maxi mum ist 80 Jahre nach dem Tode des Urhebers, wenn man von der »ewigen Schutzdauer«, wie sie in Mexiko proklamiert wurde, absieht. Die Veränderung der deutschen und dänischen Gesetzgebung, die oben erwähnte Diskussion in Rußland scheinen zu beweise», daß die Schutzfrist von fünf Jahren all gemein als zu kurz angesehen wird. In dem Kommissionsbericht Nr. 448 des Deutschen Reichstags vom 16. Mai 1906 hat man die von der Negierung vorgeschlagenen 15 Jahre auf 10 Jahre vermindert. Zur Begründung der Regierungsvorlage wurde gesagt, daß man »auf der einen Seite angesichts der Leistungen der deutschen photographischen Unternehmungen nicht leugnen könne, daß sehr schutzwerte Werke der Photographie vorhanden seien, deren großes Verdienst es vor allem sei, daß sie fremde Kunstwerke der Allgemeinheit in würdiger und künstlerischer Form zugänglich machen; auf der andern Seite dürfe freilich auch kein Monopol geschaffen werden, das dem allgemeinen Kunstgenüsse, dessen Hebung eine so wichtige Kulturausgabe sei, zuwiderlaufe. Die Regierung habe sich in dem Gesetz aus den mittleren Standpunkt gestellt. Da der Musterschutz und der Patentschutz für 15 Jahre in maximo gälten, so habe man auch hier diese Frist zugrunde gelegt. Dazu komme, daß auf der letzten Konferenz des Berner Verbandes allgemein der Wunsch ausgesprochen wurde, daß der internationale Schutz der Photo graphien auf 15 Jahre festgestellt werde«. Des weiteren ist nach dem erwähnten Kommisstonsbericht von mehreren Seiten gel tend gemacht worden, daß eine Frist von 15 Jahren eher zu groß als zu klein sei, eine Gleichstellung mit der bildenden Kunst erscheine als eine Degradation derselben. In Österreich habe man eine Schutzfrist von zehn Jahren, und diese hätte sich dort als völlig genügend gezeigt. Man hat sich in Deutschland denn auch mit dem zehnjährigen Schutz begnügt. Der Antrag, die schutzbedürftigen »künstlerischen« Werke der Photographie,' die erhaben über dem handwerksmäßigen Ab klatsch stünden, zu bevorzugen, wurde damit widerlegt, daß doch auch sllr Photographien, die künstlerische Zwecke verfolgen, eine längere Schutzfrist nicht am Platze sei. Bemerkenswert seien in der Praxis diejenigen Fälle, in denen Galeriedirektionen nur gewissen Unternehmern die Erlaubnis gewährten, photographische Aufnahmen zu machen, dadurch werde geradezu ein Monopol geschaffen. Einer derartigen Monopolisierung der Kunst müsse unter allen Umständen entgegengetreten werden. Daß diese Monopole und deren Ausbeutung wirklich Vor kommen, mögen einige Beispiele dartun. Im Palazzo Lance- lotti in Rom befindet sich die Statue eines Diskuswerfers, die in der Archäologie und in der Geschichte der Plastik eine ge wisse Rolle spielt; es gab lange Zeit keine photographische Dar stellung davon, weil der Besitzer keine solche gestattete. Eines Tages wurde eine solche heimlich in kleinem Maßstabe gemacht,
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