Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.08.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-08-09
- Erscheinungsdatum
- 09.08.1913
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19130809
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191308094
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19130809
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1913
- Monat1913-08
- Tag1913-08-09
- Monat1913-08
- Jahr1913
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. .83, 9. August 1913. zeugt von dem Geschick und der Sorgfalt der alte» Drucker, die aller dings noch keine Telegramme, keine Eilziige usw. kannten, und denen die Fertigstellung ihrer Arbeiten nicht nach Minuten vorgcschrieben war. — Von demselben Basler Drucker liegen noch zwei weitere Tafeln (230, 231) vor, die ebenfalls von seinem Geschick und seiner großen gra phischen Durchbildung durch die Schönheit und Korrektheit der Schrif ten sein großer gotischer Initial in Blau- und Notdrnck ziert Tafel 231) in überraschender Weise Kunde geben. Störend in den schönen Druckspiegeln der Inkunabeln ist indes bas häufige Vorkommen der für den späteren Eindruck oder das Einmalen roter und anderer Initialen sreigclassenc Raum, dessen Häufigkeit zu dem Schlüsse führt, daß die farbigen Initiale, Vignetten usw. vermut lich nur iu beschränkter Zahl ans Verlangen der Käufer eingedruckt oder cingemalt wurden, nicht sofort nach Vollendung des Schwarz drucks, man wollte sich nicht mit Herstellungskosten belasten, deren Wiedcrcingang nicht sicher war. Auf eine Einzelbeschrcibung der vielen prächtigen Blätter, die diese Doppellicferung enthält, kann im Hinblick auf den beschränkten Raum des Börsenblatts hier nicht eingcgangen werden. Ed sei des halb nur auf diejenigen Tafeln kurz verwiesen, die sich in graphisch technischer oder graphisch-geschichtlicher Hinsicht besonders anszeichnen. Tafel 228 enthält eine Darstellung von Mainz in altem Holzschnitt, die mit dem Aussehen des heutigen Mainz kaum eine Ähnlichkeit hat: der Zeichner hat mit reicher Phantasie in den Westen der Stadt ansehnliche Berge verseht. Die Abbildung ist dem 1496 von Johann Schönsperger in Augsburg gedruckten berühmten Buch der Chroniken und Geschichten von H. Schedcl entnommen. Von demselben Drucker: eine Seite der deut schen Bibel von 1490, in einer sehr kräftigen semigotischen Schrift von etwa Mittclkegel. Auf Tafel 234 erblickt man zwei deutsche und zwei lateinische Seiten des bekannten Narrcnschiffs von Sebastian Braut mit zwei Holzschnitten. Der deutsche Text ist durch schöne gotische Randleisten geziert, wie sie vor ca. 50 Fahren von kunstsinnigen englischen Druckern wieder ausgenommen wurden. Ans Tafel 236 von Wolfgang Schenck zu Erfurt von 1500 überrascht eine Oktavseite in Antigua, deren c zwar starken Anklang an die Gotik haben, heute aber auch in ganz ähnlicher Form in moderner Antigua angetroffen werden. Tafel 237 schmücken zwei merkwürdige Initiale, der eine (N) Christus am Kreuze, der andere (?) die Geburt Christi, dargestellt durch Verwendung der be treffenden Personen, Geschmacklosigkeiten, die nichtsdestoweniger noch im achtzehnten Jahrhundert in gleicher Weise zu einem ganzen Alpha bet in einem »Formatbuch« Nachahmung gefunden haben. 238 von einem ungenannten Drucker in Heidelberg bringt zwei der späteren Kanzlei sich nähernde Initiale mit nachfolgendem kurzen Text, augenscheinlich in Holz geschnitten, aber letzterer nicht von besonderer Kunst zeugend. Mit Tafel 239 beginnt eine Reihe von neun Kölner Drucken, Ulrich Zell, Johann Koclhoff (5 Bl.), Bartholomäus von Unkel und Heinrich Ouenkell (2 Bl.), deren Arbeiten, soweit das Drnckiahr angegeben ist, sämtlich aus der Zeit vou 1473 bis 1491 stammen. Diese Blattfolge bietet ein besonderes Interesse durch die Verschie denheit der Schriften der genannten Drucker. Eine Seite von Ulrich Zell trägt ganz den Antigua-Charakter und ist fast fett und etwas breit gehalten: doch bediente sich dieser alte Meister auch semigotischer Typen, und es ist auffällig, daß seine guten Schriften auf keinem Blatte der anderen Drucker Kölns wiederkehren, da es doch damals, wo die Drucker sich zum Teil ihre Schriften noch selbst schneiden und gießen mußten, sehr nahe gelegen hätte, sich gegenseitig durch Tausch oder Kauf von Schriften auszuhelfen, um die Geschäftskosten zu verringern. Aber die alten Meister waren stolz auf ihre Schriften, — sic waren ihr persön liches Gut. Ein besonders fleißiaer Drucker war Koclhoff. der, wie sein Schriftenrcichtum und dessen Mannigfaltigkeit beweist, eine fiir jene Zeit wohlmonticrte Druckerei besessen haben muß — Auch die Illustra tion pflegte er: Tafel 244 enthält Fabeln Asops in niederdeutschem Dialekt, die eine Seite gotisch umrahmt, wobei man es indes nicht so genau nahm mit einheitlichem Fortlaufcn der Nahmen und an Kopf und Fuß der Schmalseite des Formats Einsassungsstücke ohne jeden Anschluß stellte. Takel 246 rcvroduziert ein besonders prächtiges Blatt aus der nicdcrsächsischcn Bibel, gedruckt von Oucntell. Eine reiche Einfassung (mit sportlichem Sujet) umschließt den Text und drei Kopfvignetten: be sonders schön aber sind die Initialen in Not und Blau, bei den alten Druckern für Initialen sehr beliebte Farben. Der erste, ein I, ist in seiner feinen präzisen Drnckaussührung ein kleines Meisterstück. Tafel 249 druckte der berühmte Leipziger Konrad Kachelofen: eine Seite aus komprcsser Petit ist von sauberer Ausführung und korrektem Schriftschnitt: Tafel 251 aber zeigt uns die Kunst des ehemaligen Schönschrcibcrs und Oieschäftsteilhabers Fusts PeterSchöffer in trefflichen Typen und ebenso trefflichem Druck in Schwarz und Rot. Ihm folgt mit 6 Tafeln (253—258) ein anderer berühmter Meister, genannt der Drnckerkönig: Anton Koberger zu Nürnberg: Drucke von ihm sind reproduziert aus den Jahren 1477,81,83,86,88,91,93,94, 96 und 1500. Der Satz seiner Seiten ist sehr regelmäßig, seine Typen sind von gefälliger Form, eine Eigenheit derselben ist die zweierlei Gestalt des d, das im Anfang und am Ende der Worte die Zeichnung d, in der Mitte die des gewöhnlichen 6 hat; im übrigen bediente er sich auch der in seiner Zeit allgemein gebräuchlichen vielen Abkürzungen, und man begegnet auch auf seinen Tafeln der Art, Sätze ihrer Be deutung halber ans größerer Schrift in den gewöhnlichen Satz der Sei ten cinzuschieben oder mit sehr schmalen Satzspaltcn wie mit Einfassun gen zu umgeben: besonders bemerkenswert aber sind die aus mehreren Tafeln vorkommcndcn Marginalien, die wohl als ein Anzeichen dafür gelten können, daß die druckende Kunst anfing, sich der geschäftlichen Praxis zuzuneigen. Reutlingen, seinerzeit als Nachdruckcrncst arg verrufen, hat unter Michael Greyff, von welchem Drucke von 1479, 1480, 1483, 1489, 1494 reproduziert sind, eine glänzende Druckcrära gehabt: Jnterlincarsätzc auf Tafel 263 und drei weiteren Tafeln mit gefälligen Schriften weisen Greyff einen Platz an unter den namhaften Meistern aus der Jugend zeit der Erfindung Gntenbergs. Peter Drach in Speyer schuf ein merkwürdiges k^sseieulum tsm- porum (Tafel 264), das nicht weniger als siebzehn doppelte und drei fache, Worte umschließende Kreise anfweist, zwei kleinere noch beson ders umrahmt von laufendem Satz zwischen Doppellinien. Die Ta feln 265—269 reproduzieren ebenfalls Drachsche Drucke und sind be sonders bemerkenswert ihres Satzes halber, der auf zwei Tafeln durch schmale Spalten Satz in der Mitte umschließt, dessen Gleichmäßigkeit dadurch geschaffen wurde, daß man die Worte nicht nach Silbenteilung, sondern ganz beliebig brach, was allerdings die Schaffung eines gleich mäßigen Aussehens sehr erleichterte. DaS prächtige Blatt 269 wurde schon im Vorhergehenden näher gewürdigt. Straßbnrg, die Gcbnrtsstätte der druckenden Kunst, ist nur durch zwei Drucker vertreten: Tafel 270, Johann Grüninger, 1486, Schrift schmale. 1488, spätere breitere Semigotisch, mit einer unserem heu tigen Geschmack durchaus nicht entsprechenden Zwischcnrnbrik: Tafel 271, zwei Kopfleisten in kräftigem Holzschnitt (1496 und 1499): Schau spieler in gezierter theatralischer Stellung, neben ihnen Kulissen; die erste Seite in ziemlich plumper Antigua, die zweite in einer der Schwabachcr sich nähernden Semigotisch. Die letzten Tafeln der 10./11. Lieferung sind zwei wohlbekannten lllmcr Meistern: Johann Zainer und Conrad Dinckmut, gewidmet, von denen dem ersteren drei, dem letzteren eine zugcteilt sind. Tafel 272 enthält drei Kolumnen verschiedener Antigua: eine ziemlich magere, im Schnitt unruhige, eine kräftigere ans vielleicht Tertiakegel, und eine dritte auf etwa Cicerokegel. Tafel 274 trägt an der Spitze das Bild eines Königs, das Szepter in seiner linken Hand tragend, ans der Brust des Mantels das französische Lilienzeichen das Aussehen Sr. Majestät erinnert aber stark an Spielkartenbilder! Tafel 275 druckte, wie schon erwähnt, Conrad Dinckmut zu Ulm 1489. Sie beginnt mit einem schönen Holzschnitt der ans einem Thron sitzenden Gottesmutter mit dem Christuskinde ans dem Schoß: links kniet vor ihr ein Ritter mit seiner Gattin, rechts ein Mönch, alle drei mit großen Rosenkränzen in den Händen gleich der Gottesmutter: der Schnitt, obwohl in kräftigen Linien ausgeführt, ist doch im Bilde der Himmelskönigin von ungemeiner Zartheit und lieblichem Ausdruck. — Nicht recht harmonierend mit diesem frommen Bilde ist der Inhalt einer anderen Seite dieser Tafel, nach welchem »geplanter win« als ein un fehlbares Arcannm gegen alle möglichen Gebresten und Beschwerden sich bewähren soll. Die Schrift dieser Seite läßt übrigens bezüglich gleichmäßiger Schönheit zu wünschen übrig, und namentlich scheint es Dinckmut an zu ihr passenden runden ? gemangelt zu haben: er hat sich aber zu helfen gewußt und sic aus einem kleineren Schriftgrade ge nommen. Auffällig sind in den alten Drucken die vielen Abkürzungen, die nicht nur das Lesen den in jenen Tagen doch noch nicht über zähligen Schriftknndigen, dem Setzer aber das Ablegen sehr erschwert haben müssen, — und ferner sind auffällig die verschiedenen Arten der noch nicht allgemein angewandten Divise, die znm Teil in Doppel- strichclchcn. von links nach oben rechts steigend, oder auch nur in einem einfachen Strich, vom Tnpenfuß gleicherweise anfsteigend. bestanden: eine feste Regel, nach der bei ihrer Anwendung verfahren wurde, läßt sich aus dem vorliegenden Druck nicht fcststellen. Als den Satz und das Ablegen keineswegs erleichternd muß man ebenfalls die vielen Liaatnren betrachten, die nicht selten sich auch als das Satzbild der Seite störend erweisen, — die Einschränkung ihrer Zahl ist gleichbedeutend mit einem Fortschritt im Satz und auch im Guß. der hierdurch nicht unwesentlich vereinfacht worden ist. Nach dem so reichen und überaus wertvollen Inhalt dieser Doppel- liefernng darf man dem gesicherten Abschluß des für die Geschichte der Entwicklung der Gntenbergschen Kunst so wichtigen Werkes in Ruhe entgegensehen. Theod Goebel.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder