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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1913
- Strukturtyp
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- 1913-10-29
- Erscheinungsdatum
- 29.10.1913
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- Deutsch
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^ 252. 29. Oktober 1913. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. b. Dlschn. Buchhandel. 11455 deutscher Hochschullehrer« zahlreiche in Ostasien und Amerika wirkende deutsche Universitätslehrer vereinigen, die sich dem Auf ruf Prof. vr. F. Solgers (Universität Peking) anschlossen, es möge das Wahrzeichen der deutschen Schrift kräftig geschützt wer den, denn: »Gerade durch ihre eigene Schrift machen deutsche Bücher hier Eindruck. Die Eigenart deutschen Geschmacks nützt uns hier draußen außerordentlich, und darin spielt die deutsche Schrift eine besonders große Rolle.« Es ist auffallend, wie viele Gelehrte deutscher Abstammung und Gesinnung sich fort gesetzt auch in Nordamerika in diesem Sinne vernehmen lassen. Auch für die Masse der Deutschamerikaner bedeutet die heimische Schrift bekanntlich eines der wichtigsten, oft das letzte Bindemittel der heimischen Kultur. Über die praktische Seite der Frage, über die reine Zeiter sparnis im Unterricht durch Fortfall der Frakturschrift will ich mich nicht weiter verbreiten. Im allgemeinen scheint es mir unsin nig, von dem chinesischen Schüler, der viertausend eigene Zeichen lernen muß, anzunehmen, er werde vor dem Studium der deut schen Sprache des neuen Frakturalphabeks wegen zurückschrecken.*) Voir meinen amerikanischen Kollegen vermoch- tenübrigensdie,welch «behaupteten,dieschreck- liche deutsche Sch rift sei ihnen zu sch wer, auch in Antiqua nicht einen Satz zu enträtseln. Die an deren, welche unserer Sprache mächtig waren, versicherten mir alle, daß sie das Deutsche lie ber in Fraktur läsen. In der oben erwähnten Hochschule hatte ich den Bestimmun gen gemäß den deutschen Sprachunterricht in englischer Sprache zu erteilen. Solange ich im Unterricht an die Anti qua gebunden war, konnte ich eine Sicherheit im Lesen nicht erzielen. Wenn ich Vokabeln oder schriftliche Arbeiten mit doppeltem Text gab, entstand eine ba bylonische Sprachverwirrung. Bei Wörtern wie dank, ma8t, mau und Vas wußte Niemand mehr, ob er sie deutsch oder englisch aussprechen sollte. Sobald ich für das Deutsche die Fraktur ein- *) Clemens Hering, Lehrer an der Deutschen Medizinschule in Shanghai, schreibt in der »Ostasiatischen Lehrerzeituug« 1911, Heft 4, nach einem Bericht über Gustav Ruprechts Lescergebnisse im Auslande mit fremdsprachlichen Texten in deutscher Schrift bei Personen, die kein Deutsch kannten: »Einen entsprechenden Versuch machte ich selbst. Weil an Lehr büchern, die für die hiesigen Verhältnisse völlig geeignet sind, leider Mangel ist, so hektographieren wir an unserer Medizinschule den Unterrichtsstoff in Physik, Chemie, Erdkunde, Geschichte und Gram matik. An unserer Schule wird nur die Lateinschrift gebraucht. Ohne ein Wort zu sage», schrieb ich nun eine Seite in deutscher Schrift. Die Schüler fangen an zu lesen. Bald geht ein Kichern los, das bei einigen zu ausgesprochener Heiterkeit führt. Vielleicht glaubten sie, ich hätte unbewußt ausnahmsweise meine nationale Schrift an gewendet. Aber auf Schwierigkeiten stieß auch ich nicht. Alle Schüler lasen die deutschen Buchstaben, natürlich nicht so glatt wie die gewohnten (da es deutsche Schreib schrift war), aber sie kamen doch durch. Die Schüler, die vorher die Kadettenschule in Nanking, wo das Deutsche in Fraktur gelehrt wird, besucht hatten, erklärten einstimmig, Deutsch sei leichter in deutscher Schrift zu lesen! Von den Schülern, die bisher nie die deutsche Buchstabenschrift gelesen hatten, erklärten nur zwei von zehn sie für schwerer als dle Antiqua. Einige äußerten den Wunsch, die deutsche Schrift zu lernen. . . . Formenfreudig sind ohne Zweifel die Chinesen. Und sie, die mit solcher Liebe ihre eigne Schrift schreibe» lernen, sollten nicht willig und spielend (wie die europäischen Kinder) die Kenntnis beider Schriftarten sich an eignen?« In ähnlicher Welse hat sich für Japan Herr Professor Emil Hallier vom Seminar für fremde Sprachen in Tokio geäußert: »Die Japaner stehen ganz auf dem Standpunkt: wer Deutsch lernt, der lernt natürlich die deutschen Buchstaben, besonders da sie den lateinischen so ähnlich und daher so leicht zu lernen sind, hundertmal leichter als unsere chinesischen«. — Ein Japaner, der Lehrer am Kadettenkorps in Tokio Professor Minami, hat sich brieflich ausführlich ebenso ge äußert. Seinesgleichen sei die Verwendung deutscher Schrift eine Selbstverständlichkeit, den Schülern ein Vergnügen. — Auch Herr Prof. Or. R. von Koeber von der kaiserlichen Universität Tokio be legt diese Beobachtung mit seinen langjährigen Erfahrungen. geführt hatte — es kostete mich ganze zwei Unterrichtsstunden —, hörte diese Unsicherheit von selbst auf. Über die Zeitungen sprach ich schon. Unsere deutschen Blät ter in Ostasien, welche übrigens sonst der Sprachenfrage volles Ver ständnis entgegenbringen, erscheinen durchweg im Antiquadruck. Es ist überhaupt in China unmöglich, ein deutsches Buch, selbst bei deutschen Verlagsanstalten, in Fraktur gedruckt zu bekom men. Dazu muß man sich nach Japan wenden. Hierbei will ich erwähnen, daß die kleinen deutsch-japanischen Wörterbücher bei unseren Schülern besonders beliebt waren. Die Schüler pflegten zu sagen: »Von den Erklärungen können wir ja nur die Hälfte verstehen (weil das Chinesische gemischt mit der japani schen Kana gegeben war). Aber das Deutsche ist besser.« (Sie meinten damit den Frakturdruck.) Ich bin überzeugt, daß wir die erdrückende Überlegenheit der englischen Sprache in China gegen über der unsrigen zum großen Teil dadurch verschuldet haben, daß wir nicht von Anfang an unsere nationale Eigenart, ich meine die Fraktur, in Schrift und Presse mehr herausgekehrt haben. So hat man uns einfach übersehen. Dazu noch ein letz tes Beispiel: Mein amerikanischer Kollege gab mir einst die englischen Aufsätze seiner Schüler zu lesen. Thema: Warum ler nen wir die englische Sprache? In den Aufsätzen war durchweg folgender Gedankengang ausgeführt: »Englisch bedeutet für Europa dasselbe, was Chinesisch für Ostasien bedeutet. Wenn wir nach der Fremdenstadt in Hankau kommen, so bemerken wir, daß die verschiedenen Nationen sich nicht nur im Verkehr mit uns, sondern auch untereinander der englischen Sprache bedienen. Die allgemeine Verkehrs- und Amtssprache ist das Englische. Dasselbe ist in Europa der Fall. Ob wir nach Paris oder Berlin kommen, überall herrscht die englische Schrift und Sprache.« Nach dem Inhalt der Aufsätze zu entnehmen, mutzten die Schüler der Meinung sein, daß in Deutschland nicht nur die Handelssprache das Englische sei, sondern daß auch auf den deutschen Hochschulen so wie in China in englischer Sprache vorgetragen werde. Wahr scheinlich hatten sie auch von dem Stengelschen Antrag gehört. Mein amerikanischer Kollege hat, wie ich ihn kenne, keine Richtig stellung dieser Ausführungen für nötig gehalten. Versteht man jetzt, daß durch die Einführung der Antiqua, die drüben einmal als englische Schrift gilt, das Ansehen der deutschen Sprache in China eine schwere Schädigung erleiden muß? Kann die deutsche Sprache in China eine solche Schädi gung vertragen? — Nein. Die deutsche Sprache hat im chinesi schen Unterrichtswesen einen sehr schweren Stand. Die durch die Verbindung des schwierigen chinesischen Sprachstudiums mit dem fremden Wissen bedingte Überlastung des Schülers zwingt die Unterrichtsverwaltung immer wieder zu Vereinfachungen des Lehrplanes; der deutsche Unterricht wird sich auf dem Lehrplan nur dann halten, wenn er die Chinesen von seiner Notwendig keit überzeugt. Darum darf auch nicht der leiseste Schatten auf die Selbständigkeit der Sprache fallen. (Hier sei eingeschoben, was der Verfasser noch hinsichtlich der Nutz anwendung seiner Beobachtungen auf den Buchhandel bei Erteilung seiner Abdruckserlaubnis schreibt:) »Ich habe mir drüben das Studium der Lehrbücherfrage besonders angelegen sein lassen, und die Buchhandlungen vieler großen Städte besucht, wie: Schanghai, Peking, Hankau, Wu tschang, Kaifeng,Tschangscha,Kanton,Kueilin,Nantschang Tscheng- tu u. a. m. Ich bin der Überzeugung, daß in den dort überall bestehenden Schulbücherläden (z. B. von der Oowinoroial Uroos) deutsche Bücher sich sehr wohl ihren Platz erobern würden, wenn sie sich alssolchekennzeichnen,d. h. wenn sie mit einem Titel in Frakturdruck sich unter der Menge der englischen Bücher hervorheben. — Ein einziges (natürlich äußerlich auch gut aus gestattetes) deutsches Buch im Schaufenster mag unter Umstän den den Anlaß geben, daß in einer oder der anderen Privatschule der Stadt — die öffentlichen Anstalten sind ja in ihren Lehr plänen mehr gebunden — deutscher Sprachunterricht eingefllhrt und so gut wie eben möglich durchgeführt wird. Und damit ist immer schon viel gewonnen. Ich kenne solche Beispiele. Er scheint das Buch in der sogenannten ,englischen' Schrift, so wird es wahrscheinlich unter der Masse der gleichartigen Bücher ver schwinden und keine Beachtung finden.« t49l*
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