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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.11.1913
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- 1913-11-11
- Erscheinungsdatum
- 11.11.1913
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12082 Börsenblatt f. d, Dtschn. Buchbandeb. Redaktioneller Teil. 2W, 11. November 1913. so muß, da doch für ein Werk nicht zwei verschiedene Schutzfristen bestehen können, für die Schutzdauer die endgültige Erscheinungs form des Werkes maßgebend sein. Wenn also ein Urheber sich in späteren Auflagen oder Abdrucken zu seinem anonym oder Pseudo nym erschienenen Werke bekennt, so muß das zur Folge haben, daß das Werk nicht mehr als ein pseudonym oder anonym er schienenes Werk zu gelten hat. Nicht aber ist die künstliche Kon struktion berechtigt, daß nunmehr zwei Werke nebeneinander her laufen, nämlich das zuerst ohne Nennung des Urhebers erschie nene und das inhaltlich mit diesem vollständig übereinstimmende unter dem wahren Namen des Verfassers erschienene, für die eine verschiedene Schutzdauer besteht.« Diese Darlegungen Hilligs sind überzeugend, und mit Recht spricht er von »künstlicher Konstruktion« der gegenteiligen Mei nung. Die Gutachter, wie Köhler z. B., stützten ihre Äußerung auch mit vollem Recht auf die Einheitlichkeit des Schrift werks, die es dem gesunden Menschenverstand verbiete, juristisch aus einem Werk, das in mehreren Auflagen erschien, zwei ver schiedene Werke, mit verschiedenen Rechtsschutzfolgen, zu machen. Es heißt wirklich die Dinge auf den Kopf stellen, wenn man die Kontinuität eines und desselben Werkes in seinen verschiedenen Auflagen nicht anerkennen will. Das Dresdener Gericht hatte offenbar nicht den rechten Ein blick in die wirtschaftliche und tatsächliche Bedeutung des Begriffs der »Auflage« eines Buches. Ist die eine Auflage vergriffen und tritt eine neue an ihre Stelle, so existiert doch in der Regel und juristisch diealte Auflage nicht mehr. Das Werk ist von da ab völlig in der neuen Auflage enthalten, ist identisch mit der neuen Auflage und läßt keinen Raum mehf für ein recht lich bedeutsames Leben der alten Auflage, selbst wenn Exemplare davon tatsächlich noch in Bibliotheken oder in Privatbesitz sich befinden und antiquarisch verkauft oder gar später als seltene Ausgabe gesucht werden. Das Werk (in dem das Recht einzig angehenden idealen Sinne!) ist eine Einheit und kann daher kein verschiedenes rechtliches Leben nach alter Auflage und nach neuer Auflage haben. Man denke sich doch in der Praxis den Fall, der weltbekannte Verfasser des Struwwelpeter, dessen Buch in mehr als 300 Auf lagen verbreitet ist, käme nach der — sagen wir — 200. Auflage zum Rat von Leipzig und erklärte zur Eintragsrolle: Die ersten ü Auflagen des Buches sind auch von mir! Jeder, der nicht durch die formalistisch angelaufene Brille der alten Paragraphenjuris prudenz sieht, würde denMann,der so etwas tut oder für nötig hält, einfach auslachen, und weite Kreise des Volkes werden es nicht verstehen, daß es Juristen geben kann, die das fordern und andernfalls eine Lücke im Gesetz konstruieren, die sie nicht mit »gesundem Menschenverstand« ausfüllen, sondern durch die sie das offensichtliche Unrecht in das Rechts leben jagen! Es war dem Dresdener Urteil Vorbehalten, hier dem Unrecht den Weg zu weisen, weil es sich den modernen Regeln der Gesetzesauslegung noch nicht zugewendet hat. Wozu dient denn die Vorschrift der Eintragung in die Ein tragsrolle? Was ist der Zweck dieser Bestimmung? Ganz ein fach der, daß auch dem Anonymus und dem Pseudonymus die bessere Schutzfrist gewährt werden soll, wenn man seinen Todestag weiß! Lediglich um die Frist der 30 Jahre nach dem Tode des Verfassers obrigkeitlich feststellen zu können, ist die Eintragsrolle da. Aber doch nicht als Falle für die Autoren, die bei der ersten, zaghaften Veröffentlichung ihres Werkes ihren Namen nicht nannten, später aber vor aller Welt ihr Geisleskind anerkannten und es pflegten, erzogen, verbesser ten! . . . Den Schutz, den sie da beanspruchen, wollensiejagar nicht für die erste Fassung, sondern immer nur für die verbesserte letzte (wenn auch das erste Erschei nen u. U. für die Schutz frist bemessung maßgebend ist). Wie ich oben schon hervorhob, muß die durch eine neue Fassung, eine neue Auflage ersetzte alte Auflage als urheberrechtlich tot gelten, wenn man dem Recht des Urhebers wirklich gerecht werden will. Wir wissen doch alle, wie wertvoll die Verbesserungen, die dauernden Ausfeilungen eines Werkes sind, wie der Schöpfer eines Geistesprodukts mit ganzer Seele an diesem Erzeugnis hängt und seine reifere Kunst oder sein reiferes Wissen von Auflage zu Auflage in das Werk hineinträgt und, obschon er es in vielen Stücken völlig verändert, es doch immer alsdasgleiche, eben ideell als das b e st i m m t e W e r k ansieht. Diesen wichtigen, aus dem Recht der Vernunft, der Wirt schaft, der Psychologie und der Persönlichkeit geschöpften Rechts sätzen gegenüber vergleiche man, worauf sich das Dresdener Ge richt in seiner Urteilsbegründung stützt. Es erklärt u. a.: »Angesichts der positiven Vorschrift in 8 11 Abs. 3 des Gesetzes von 1870 ist im Gegenteil davon auszugehen, daß die Pseudonymität der ersten 6 Auflagen des Struwwelpeter trotz der Benennung des Verfassers in den späteren Auflagen niemals beseitigt ist (!) und daß deshalb urheberrechtlich an dem Unterschied zwischen der 1. bis 6. Auflage einerseits und der 7. bis 324. Auflage andererseits festgehalten werden mutz.« Das Urteil beruft sich dabei auf Autoren wie Dambach, Wäch ter, Scheele — deren Auffassung heute ohne Zweifel veraltet ist. Es wird von vornherein wundernehmen, daß durch spätere Na mennennung des Verfassers auf dem gleichen Werke die Pseudo- nymität für die früheren Auflagen nicht beseitigt sein soll, was beispielsweise im 8 31 des neuen Urhebergesetzes (von 1901) im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Sehen wir uns also den 8 11 Abs. 3 des Gesetzes von 1870 an (ohne zunächst zu prüfen, ob das alte Gesetz auf die in Rede stehenden Rechtsfälle noch anzuwenden ist). Es heißt dort: »Ein Schriftwerk, welches entweder unter einem andern als dem wahren Namen des Urhebers veröffentlicht oder bei welchem der Urheber gar nicht angegeben ist, wird dreißig Jahre lang, von der ersten Herausgabe an gerechnet, gegen Nach druck geschützt. (Abs. 4:) Wird innerhalb dreißig Jahre, von der ersten Herausgabe an gerechnet, der wahre Name des Urhebers von ihm selbst oder seinen hierzu legitimierten Rechtsnachfolgern zur Eintragung in die Eintragsrolle angemeldet, so wird dadurch die im 8 8 bestimmte längere Dauer des Schutzes (30 Jahre nach dem Tode des Verfassers) erworben«. In dieser »positiven Vorschrift« steht zunächst über die Schutzfrist eines anfangs pseudonym, später mit richtigem Ver fassernamen veröffentlichten Werke gar nichts, und es ist reine Auslegungsfrage, wie man diese »Lücke« aus- fllllen will, ob man, wie es das Dresdener Gericht tut, nun 6 eontrario oder, wie man ebensogut folgern kann, per unalossiain urteilen will, das heißt, ob man den nicht ausdrücklich geregel ten Fall unter die pseudonymen oder nicht Pseudonymen Werke rechnen will. Mit dieser »positiven Gesetzesvorschrift« für den vorliegenden Fall ist es also wirklich nicht weit her. Köhler nennt sogar die Auslegung, daß es sich da auch weiter um ein pseudonymes Werk handle, geradezu einen Verstoß gegen Treu und Glauben.*) Und Hillig betont sehr richtig: »Der Nachdruck enthält ja den wahren Namen des Verfassers, unterscheidet sich also auch nicht in dieser Hinsicht von dem zweifellos geschützten Werke. Das heißt einer gesetzlichen Bestimmung Gewalt antun.« Eine weitere Frage, die zunächst befremden wird, die aber, je mehr man sie überdenkt, um so wichtiger erscheint und ihrer Wichtigkeit wegen nicht unbeachtet bleiben soll, ist die, ob denn nicht der ganze Fall in gewissem Grade nach dem neuen Gesetz von 1901 zu beurteilen ist. Es handelt sich da um schwierige Fragen der Auslegung, um so schwieriger, weil Prinzipien über intertemporales Recht nur schwer aufzustellen sind. Cosack in seinem Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts sagt darüber u. a.: »Es ist jeder Teil des Tatbestandes ,atomistisch° nach dem Recht zu beurteilten, das gerade damals galt, als eben dieser Teil eintrat; soweit der Tatbestand eine solche Teilung nicht zuläßt, ist er sowohl nach altem wie nach neuem Recht zu beurteilen in der Art, daß ihm nur diejenigen Rechtswirkungen zuzusprechen sind, die sich übereinstimmend nach beiden Rechten ergeben.« Das hängt eng mit der oben besprochenen Frage der *) So ähnlich liegt es auch bei der noch von Manes (»Das Pseu donym nnd sein Recht«, Güttingen 1899) herangezogenen Streitfrage, ob das Werk einer Verfasserin, die stets unter ihrem Mädchennamen schrieb und nach ihrer Verheiratung unter gleichem Namen weiter schreibt, nicht von da an als pseudonym zu gelten hat. Auch dies halte ich für eine Überspannung des Formalitätsprinzips. Man kann doch nicht zweierlei Schutzfrist für dasselbe Werk haben.
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