Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.10.1880
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- 1880-10-25
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- 25.10.1880
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44SS Nichtamtlicher Theil. 248, 25. Oktober. daß die berufensten Fachmänner sich nicht über eine allgemein ein- zufiihrendeRechtschreibung haben einigen können, und die Regierung verfügt infolge dessen eine Schreibweise, von der sie erst erwartet und wünscht, sie möge durch das Medium der Schule in weitere Kreise des Volkes dringen, welche diesen bisher noch fremd ist; sie macht also einen Versuch. Ist die Basis dieses Versuchs richtig, dann muß er gelingen; ist sie aber unrichtig, dann wird, oder viel mehr dann ist bereits in ausgeprägtester Form herbeigeführt, was die Verordnung selbst als unerträglich bezeichnet, nämlich eine Trennung der Orthographie der Schule und der der ge bildeten Kreise außerhalb derselben. Die Verordnung bestätigt, daß die von dem verstorbenen Pro fessor von Raumer dargelegten Grundsätze eine in stetiger Zunahme begriffene Anerkennung gewonnen haben; sie sagt dann weiter, daß auf Grund der Raumer'schen Abhandlungen und der von ihm für die Conferenz ausgearbeiteten Vorlage und unter Berücksichtigung der seitdem stattgehabten weiteren Erörterungen des Gegenstandes, das Regelbuch rc. ausgearbeitet sei. Eine Vergleichung des Regel buches mit dem von den Berliner Gymnasial- und Realschullehrern herausgegebenen Wörterverzeichniß, welches mit der Raumer'schen Vorlage eng zusammenhängt, ergibt aber mannigfache und wesent liche Abweichungen, und gerade diese Abweichungen scheinen es zu sein, gegen welche der allgemeine Widerspruch gerichtet ist. Würde die Regierung jener Sanders-Breitkops'schen Bewegung gegenüber es bei der Erklärung belassen haben, sie begünstige jene Bestrebungen nicht, sondern sie wünsche und empfehle (aber nicht befehle) in den Schulbüchern die Anwendung der Raumer'schen Orthographie, wie sie etwa in dem Wörterverzeichniß der Berliner Lehrer ihren Ausdruck gefunden, so hätte sie jener Bewegung dadurch allein dieSpitze abgebrochen; kein Verleger würde sein Unternehmen durch eigensinnige Befolgung der Sanders'schen Orthograpbie von vorn herein zu einem aussichtslosen gemacht haben. Damit wäre sie auch weder auf Widerspruch gestoßen, noch würde eine Umwäl zung nöthig geworden sein, wie sie jetzt begonnen hat und noch lange nicht abgeschlossen ist, da dieser Schreibweise die Qualifikation als einer Fixirung des jetzigen Sprachgebrauchs viel mehr innezuwohnen scheint. Die große Beunruhigung, welche der Buchhandel durch jene Verordnung erfahren hat, liegt also ebensowohl in der Unsicherheit des Ausganges des angebahnten Versuches, als in der Art und Weise, wie derselbe ins Leben gerufen ist. In der That kann die Zuversicht zur Stabilität nicht gewinnen durch jene bekannten Vor gänge, infolge deren die fast unglaubliche Inkongruenz besteht, daß den Lehrern verboten ist, in derjenigen Schreibweise mit derselben Behörde zu verkehren, welche diese Schreibweise angeordnet hat und deren Anwendung in den Schulen aufrecht erhält. Man wird säst zu der Frage gezwungen: wenn das möglich ist, was ist da noch möglich? Der Buchhandel kann, meines Erachtens, nach alle dem vor läufig nicht von der Ueberzeugung durchdrungen sein, daß die vor geschriebene Rechtschreibung Aussicht hat, sür längere Zeit unver ändert Gemeingut der Nation zu werden, und darum hält er die ungeheuren Opfer, welche von ihm gefordert werden und zum Theil schon geleistet sind, fürnichtim richtigen Verhältniß stehend zur Größe des wahrscheinlichen Nutzens, den die Verordnung stiftet. Aber gerade über die Größe dieser Opfer herrschen in außer-buchhänd- lerischen Kreisen durchaus unrichtige Vorstellungen. Die Technik der Buchherstellung ist wenig bekannt, insbeson dere mangelt die Kenntniß der Druckverfahren; man übersieht meistens, daß die billigen Preise der Schulbücher nur möglich sind durch den Druck großer Auflagen von Stereotypplatten. Die Herstellungsweise dieser Platten und die Grenzen der Möglichkeit von Korrekturen in denselben entziehen sich natürlich noch mehr der Kenntniß des Publikums. Nun sind aber gerade diese Grenzen sehr eng gezogen. Die Korrekturen inStereotypplatten sind einmal schwierig und zeitraubend, daher sehr theuer, dann aber verringern sie auch die Halt- und Brauchbarkeit der Platten, und es wird sehr bald die Grenze erreicht, bei der die Anbringung von Korrekturen in Platten überhaupt noch vortheilhaft ist. Wird daher mehr als eine sehr beschränkte Zahl von Korrekturen erforderlich, so ist eine völlig neue Herstellung der Platte und damit zuvor des Lettern - satzes geboten. Hr. Dünger ist nun der Ansicht, die Abweichungen der neuen Rechtschreibung seien in Wirklichkeit gar nicht bedeutend. Mag man über die theoretische Größe der Abweichung verschiedener Meinung sein, das aber ist Thatsache, daß die numerische Anzahl der Korrekturen sehr groß ist, größer offenbar, als Hr. Dünger glaubt, so groß, daß in der Regel die neue Herstellung von Satz und Platten unabweisbar wird. Hr. Dünger würde sich leicht da von überzeugen können, wenn er sich einmal das zweifelhafte Ver gnügen machen wollte, einige Bogen eines Lese- oder Rechenbuches gewissenhaft durchzucorrigiren. Die fast durchgängig erforderliche Neuherstellung von Satz und Stereotypplatten zu fast sämmtlichcn Schulbüchern ist nun allein schon ein gewaltiger Kapitalverlust. Dabei hat es keineswegs sein Bewenden. Hr. Dünger nennt es höchst wunderliche Vorstellungen von der Tragweite der Abweichungen der neuen Schreibweise gegenüber dem bisherigen Sprachgebrauchs wenn ein Reichstagredner aus- rust: Bibel und Gesangbücher müssen vernichtet werden, und ein Autor in Lindau's „Gegenwart" bekundet, die Werke von Lessing, Schiller, Goethe sind nun wirkliche Spirituspräparate geworden. Man braucht im klebrigen die Art der Kritik dieses Autors nicht zu billigen, aber er hat leider Recht. Wie denkt sich denn Hr. Dünger den dauernden Fortgebrauch von Bibeln, Klassikern und Wörterbüchern, deren Schreib weise eine andere — also falsche — ist, als die in der Schule ge lehrte? Was er im Eingänge seines Aufsatzes über die Schädigung gesagt hat, welche die Inkongruenz der Schulbücher-Orthographie nothwendig Hervorbringen muß, die sogar ihren Einfluß aus die Schulzucht ausdehnen soll, — hat denn das keine Anwendung in Bezug aus jene in der Schule benutzten Klassiker und Bibeln? Empört sich das lebhafte Gerechtigkeitsgefühl der Jugend nicht auch dagegen, daß der Lehrer als Fehler anstreicht, was der Schüler in der Bibel sieht, dem Buche, welches ihm als das vornehmste an das Herz gelegt wird? Glaubt Hr. Dünger wirklich, daß den nach 1880 in die Schule tretenden Schülern der Gebrauch von Wörter büchern ermöglicht ist, welche eine ganz andere alphabetische Ord nung besitzen, als sie nach der Folge der ihnen geläufigen Schreib weise sein muß, — ohne ihnen zugleich auch die bisher gebräuchliche Orthographie zu lehren; daß der Knabe, der das Wort Thier nur in der Form „Tier" kennt, im Wörterbuche unter Th aufschlagen wird? Soll der Inhalt der Januar-Verordnung wirklich in Fleisch und Blut übergehen, soll nicht eintreten, was die Verordnung un erträglich nennt, nämlich die Abtrennung einer Schulorthographie, dann ist es nothwendige und unerbittliche Konsequenz, daß auch jene Bücher in einem vcrhältnißmäßig kurzen Zeiträume deren Schreibweise annehmen, und die wohlwollendste Nachsicht der Re gierung kann daran nichts ändern. Nun entzieht es sich vorläufig jeder Berechnung, wie große Capitalien in Satz, Platten und Borräthen von Bibel-Ausgaben, Classikern und Wörterbüchern angelegt sind; die Verluste, welche hier drohen, sind unter allen Umständen ganz enorme, sie sind
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