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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.12.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-12-19
- Erscheinungsdatum
- 19.12.1913
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- Deutsch
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Nr. 284. l innerhalb des Deutschen Reiches. «Nicytmitglieder im N Seile berechnet. — In dem illustrierten Teil: sür Mitglieder 4;3S M?rk" jä^hrl^ch.^N^ ^ ^ N^ch^ ^ UdMmöÄBörseMerÄrÄÄ'SMW'W'W Leipzig, Freilag den 19. Dezember 1913. 88. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Bonden Grundlagen des verlegerischen Erfolgs. Ein Versuch von Georg H e ch i. Daß ein Schriftsteller, ein Literat, oder besser: ein Nicht- Verleger sich bemüßigt fühlt, über den verlegerischen Erfolg nach zudenken, und versucht, darüber zu festen Grundlagen und Schlüs sen zu kommen, hat symptomatische Bedeutung. Der Literat (wie der Gelehrte) sieht eine feste Aufgabe vor sich. Beide haben den Beruf, eine gegebene Sache zu ergründen, zu gestalten und sie in der Wirkung zu erproben. Es gibt in allen Berufen eine genügende Zahl solcher Leute, die es sich be quem machen und mit dem längst Erworbenen genügen lassen; die Gelehrten, die nur schön zu reden wissen, die Literaten, die nur dem Bedürfnis schlecht und recht entsprechen, sind nicht einzig in ihrer Art. Doch von ihnen lohnt es sich nicht zu reden, und auf sie und ihr Werk kann man nicht Bezug nehmen, keinen bewegenden Ge danken darauf stützen; sie sind das Rohr, das bei jeder Be lastung bricht und noch die Hand des Vertrauenden verletzt, der sich an ihm hielt. Die Menge der literarischen Erscheinungen, die Verbürger lichung des literarischen Berufes, seine notwendige Umwand lung in eine Beschäftigung, die ihren Mann ernährt, bringt es mit sich, daß bereits der Schreibende selbst und nicht erst der Verleger die Frage stellt: ist mit diesem Werk Geld zu verdienen? Und aus diese Weise kommt er dazu, sich über den verlegerischen Erfolg Gedanken zu machen. Der Literat wird gleichsam Verleger. Genau genommen war er es immer schon, aber in einem anderen Sinne. Es ist unerläßlich, darüber ein Paar Worte zu sagen, denn sie führen zur Erkenntnis des verlcgerischen Zieles. Auferlegt als eine unausweichliche Verpflichtung, die der Berufung selbst entspringt, ist dem Schreibenden die Last, dem Ge schriebenen Wirkung zu verschaffen. Es ist ihm Verpflichtung, Gebot; es ist nicht Eitelkeit. Er will gelesen sein, damit das Ge schriebene Wirkung habe. Denn der Schreibende ist, um es kurz und nahezu ohne Einschränkung zu sagen: der Fortsetzer der Pro phetie; er ist der gegenwärtige Prophet; ihm eignet nicht nur eine tiefe, intuitive Erkenntnis der gegebenen Sachlage; er stei gert sie ins Bewußtsein, ergründet und beweist sie und sagt oft - auch darin ein Prophet die kommenden Dinge voraus. Will man Beispiele? Sie sind zahlreicher, als der Zeitungs enthusiast und der Romanleser denkt. Ich nenne einige. Moses Heß, der zu Unrecht vergessene »Sozialistenrabbi«, sagte im Jahre ! 1841 die deutschen Ereignisse des Jahres 1871 voraus. Viele gab es, die dem ersten jungtürkischen, vorwiegend militärischen! Regime das Ende borhersagten, das ersolgte. Viele gibt es,! ja ich höre fast keine andere Stimme, die dem österreichischen Staate das Verderben ansagen, und schon zeigt es sich in der Treulosigkeit der Beamten allzu deutlich, und es besteht kein Aus weg, außer daß ernst gemacht wird und alle Kräfte daran Mit wirken, das Weltproblem einer nationalen Kultursymbiose zu lösen. Das sagen die Hoffenden; deren sind wenige; die meisten aber hoffen nichts mehr. So ist der Schreibende Prophet, denn er hat nicht mehr die Möglichkeit, unter das Volk zu treten, wenn es bei seinen Festen ist, und zu ihm zu reden und es durch die Macht seiner Worte zur Umkehr zu bewegen; und hat es sich entgehen lassen, in der »Agora« zu erscheinen und zu sprechen. Dieses Amt, das ihm ge hörte, hat er sich von den Berufspolitikern nehmen lassen; doch wenn je unter diesen einer war, der die Worte nicht mißbrauchte und entstellte, der sie nicht um ihren Sinn brachte oder ihn mit einer hohlen Geste vortäuschte, — so war er ein Literat. Zuletzt aber kam die Zeitung, die Presse; sie ist eigentlich bestimmt, Nachrichten zu bringen; daß sie ein Parteiblatt wurde, hätte sie in ihrer Bestimmung nicht hindern können, wenn sie nicht zugleich ein kapitalistisches Unternehmen geworden wäre; so lag alles daran, den Verdienst zu steigern, Teilnahme über den engen Kreis der Parteimitglieder hinaus zu gewinnen: die bürgerliche Presse hörte auf, das Agitationsmittel zu sein (man mag darin eine Ursache für den Stillstand der bürgerlichen Parteibewcgung in Deutschland erkennen); die Zeitung verwischte die feste Forde rung der politischen Prinzipien; statt aus den Geschehnissen an schauliche Erkenntnis, Umkehr, eine Tat zu bewirken, war es ihr genug, mußte sie sich darauf beschränken, eine allgemeine, viel leicht fördernde Gesinnung zu erwecken; die Presse gab aber vor - und in den Ankündigungen geschieht es noch —, daß sie über alles den Leser unterrichtet; sie entfremdete ihn dem Buche, sie flüsterte ihm die Ausrede zu, daß er keine Zeit dazu habe, daß er sich mit dem Extrakt in einer Besprechung begnügen müsse, könne; sie gab alles zu wissen und zu tun vor und brachte sich um ihr Bestes, weil sie nie eingestand, daß sie nur Anregung, Hin weis geben könne, wolle. Der Tagesschriftsteller, der Journalist unterscheidet sich in diesem wichtigen Punkte vom Literaten, daß ihm die Wirkung des Geschriebenen gleichgültig ist. Das Schreiben ist ihm keine Tat; er bewirkt nichts. Der Literat aber handelt, indem er schreibt; er hat die suggestiven, die dichterischen Kräfte, in Hörern, Lesern Bewegungen empfindender und denkerischer Art, wie sie ihn selbst beherrschen, zu erwecken und die Tat zu erzeugen. Er ist eifervoll, hartnäckig, beständig und darum im Zeitungsbetrieb, wie er gegenwärtig ist, unmöglich. Der Journalist hat dem Literaten die letzte Möglichkeit ge nommen, unmittelbar und im gegebenen Augenblick des Tages auf die Masse zu wirken. Das letzte große Beispiel einer solchen Wirkung ist Carlhles »Brief über den deutsch-französischen Krieg«, der in den Times erschien und in jener kämpfenden Zeit den englischen Unmut über die Niederlage Frankreichs mit einem Schlage beseitigte. Man wird ermessen können, von welcher Be deutung das war. Es fehlt keineswegs in Deutschland gegenwärtig an solchen Männern; es fehlt keineswegs die Gelegenheit zu solchen Taten; doch die Möglichkeit ist dem Literalen genommen; er ist ja nicht der Tagesschreiber; er ist der Schreibende, der die Worte bildet und die Tat erzeugt; er ist für das Geschäft und den Betrieb der Zeitung ungeeignet, und statt der Wortbtldner reden die Wort verbraucher zum Volk; statt des suggestiven Antriebs zur Tat, statt des Urteils empfängt man eine Meinung, die ihren besten Rückhalt in der Gesinnung hat.
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