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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.12.1913
- Strukturtyp
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- 1913-12-19
- Erscheinungsdatum
- 19.12.1913
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 294, 19. Dezember 1913. und stets Gültige zu bestimmen, aus dem ungewissen Hörensagen das Feste zu gewinnen und zu überliefern. Die Absicht, die man vermuten könnte, die Absicht, das Wirk liche zu verschönern und zu idealisieren, wie man es fälschlich nennt, ist nicht vorhanden. Ich weis; mich frei von einer »idealen« Vorstellung vom Verleger. Ihm zu schmeicheln, liegt mir nicht im Sinn; im Gegenteil: man wird an Beispielen, die ich anführe, Tatsachen erkennen und die Meinung darüber. Wie allenthalben ist auch die erste Grundlage des verlegcrischen Erfolges die Erkenntnis der allgemeinen Aufgabe des ganzen Standes und die Selbsterkenntnis, die eigene, besondere Beru fung zu erwählen. Mit anderen Worten: er erkennt die eigenen Grenzen und die Unmöglichkeit, alle Teile der Aufgabe zu lösen, so erwählt er sich einen besonderen, dem er dient. Um mich ver ständlich zu machen, scheue ich nicht das unschöne Wort: er spe zialisiert sich. Das erscheint mir als die erste Grundlage des verlegerischen Erfolges; ich setze freilich die unumgänglichen Kenntnisse des Betriebs, ja des Handwerks voraus. Ein Verleger, der den Buch handel nicht kennt, der also die Möglichkeiten des Absatzes nicht übersehen kann, ist ein Stüinper; und kennt der Verleger die Technik des Buchdrucks nicht, ja ich meine: weist er bei den glück licherweise so gestiegenen Anforderungen des Bllcherkäufers nach handwerklicher Sauberkeit und Güte die Gegebenheiten der Tech nik nicht aufs beste zu verwerten, so daß das Buch schön wird, empfindet er nicht schon in der Kenntnis des Manuskripts die beste Form der äußeren Gestaltung, was der Literat oft vernach lässigt und worin ihn, wenn er es doch tut, der Verleger bei weitem übertrifft, — so ist er ein Stümper und sollte wegen der Schwierigkeiten dem Beruf als Verleger, als Diener am Geiste der Menschheit in weitem Umkreis aus dem Wege gehen. So setze ich das Erfordernis der Spezialisierung als die erste Grundlage des verlegerischen Erfolges. Jedes Sondergebiet unserer geistigen Welt hat sich zu einem fast unübersehbaren Reich ausgestaltet. In jedem gibt es noch entgegenstehcnde und parallele Richtungen. Wie könnte ein Ver leger, der diese Disziplinen und Lehren schließlich soweit beherr schen muß, daß er mit ihnen vertraut ist und ihren Wert begreift, allen Lehren oder allen Richtungen einer Disziplin dienen? Er kann es nicht; er setzt sich zu sich selbst in Widerspruch; er schädigt sich, bringt sich um allen Erfolg; denn von ihm wird die Recht fertigung verlangt; an ihm bleibt der Tadel haften, nicht an den bezahlten Ratgebern, weit weniger auch am Verfasser, dem schließ lich auch der »roheste« Beurteiler nicht den guten Glauben und Willen aösprechen kann. Wo nähme ein Verleger das urteilende Vermögen her gegenüber der Universalität des menschlichen Wis sens und Geistes! Der Verleger muß besser als jeder andere Kaufmann den Wert seiner Ware kennen. Ein Großkaufmann braucht nicht jede Sorte seines Tabaks, seines Kaffees aus eigenem Urteil zu be werten; er redet sich im schlimmsten Fall auf die Verschieden heit des Geschmacks heraus. Diese Ausrede gilt nicht in geistigen Dingen, gilt hier nie und nimmer. Ein Verleger, der sich ihrer be- dient, hat ohne Bedingung feinen Beruf verfehlt. Die Güte seiner Ware gründet sich nicht auf den Geschmack, sondern auf Gehalt. Darüber brauche ich mich hier nicht näher auszusprechen; ich ver weise auf das »Traktat über Kritik«. Es ist unverständlich, daß ein Verleger es fertigbringt, Tag um Tag ein Buch auf den Markt zu bringen und jedes mit eignem Namen zu empfehlen, ohne daß er schamrot wird. Es ist eine lächerliche Betätigung, wenn einer heute das Werk eines Dichters und morgen das eines Schmierfinken mit gleicher Wärme anpreist. Man beschönige solche argen Verstöße gegen den Geist nicht mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit des Großbetriebs, man ver wechsle doch nicht das Durcheinander eines Jahrmarkts mit der Ordnung des Warenhauses, das den Ehrgeiz hat, vielerlei Gleichwertiges um billigen Preis zu bieten, und man verzichte endlich auf alle diese Vergleiche, die darum hinken, weil das Buch weder Verbrauchs- noch Luxusgegenstand ist. Eine solche verlegerische Betätigung ist nichts andres als der törichte Versuch, die frühere, fast überwundene Leistunq des Sor timenters im Verlag nachzuahmen; das wahllose Durcheinander, das ewig unveränderliche Fcilbieten ist beim Bücherkäufer und -Verläufer ein überwundener Standpunkt. Der Sortimenter ist kein Trödler, kein »Ramscher«. Im Grunde unterscheidet nichts einen solchen Allerweltsvcr- leger vom Zuschutzverleger; und auch darin gleichen sie sich, daß sic keine ihrer einzelnen Taten mit denkendem Urteil ehrlich recht- fertigen können. Diese Ziellosigkeit, diese richtungslose Geschäftigkeit wider spricht der Bestimmung des Verlegers. So gewinnt man kein Ansehen, und noch weniger: Einfluß. Vor solchen Jrrtümern schützt allein die klare Differenzierung, die beabsichtigte, gerecht fertigte Richtung. Es kam vor und es hat sich in neuerer Zeit der Fall zu ver- schiedenen Malen wiederholt, daß die geistige Richtung gegeben war, und der Verleger sich hinzufand. Das ist das Beispiel einer objektiven Grundlage des berlegerischen Erfolges. Die Literatur und die Wissenschaften haben nicht nur ihre Strömun gen ; sie haben ihre Moden. In der Welt des Geistes haben auch sie Dauer. Der Verleger geht einen gleichsam sicheren Weg. Ihm obliegt es, aus der Mode eine Strömung, aus der Richtung eine Bewegung zu machen und beide zur Anerkennung zu bringen; er ist, weil die Vereinigung schaffender Geister unter dem Zwang von Paragraphen naturgemäß mißlingt, der ordnende Mittelpunkt; er ist Vereinsstatut mit allen Paragraphen; er ist Förderer und Wächter des Prinzips, er ist die Organisation; seine geschäftliche Tätigkeit ist nur die unaufhörliche Arbeit für die weitere Orga nisierung des leitenden Gedankens. Man erkennt, wieviel subjektive Grundlagen er besitzen muß, um eine in den Zeitläuften gegebene so zu gestalten, daß der ver legerische Erfolg Tatsache wird. Die neueren Fälle der Gestaltung einer derartigen objektiven Grundlage sind nicht so erfolgreich, wie das große Beispiel aus der Zeit der letzten bürgerlichen Literaturrevolution. Das wird daran liegen, daß die jüngern Verleger das große Ziel nicht er kennen und in die Irre gehen, indem sie selbst produzieren. Den einen verführt die Eitelkeit, den andern das schlechte Bei spiel, diesen die gefährliche Unkenntnis seiner Begrenzung, jenen leichtsinniges Lob und böser Rat. Alle aber sind Verführte und Irrende; denn es ist nun ohne Zweifel, daß die Organisierung eines Stückes geistiger Welt alle Kräfte eines Menschen fordert, seine ganze Arbeit, seine ganze Seele, wenn der Erfolg gewon nen werden soll. Man halte doch auch das Urteil der Gesamtheit nicht für falsch und bilde sich nicht ein, stark zu sein, da man doch nur ihr berechtigtes Mißtrauen erweckt. Oder: ist es etwa nicht berechtigt gegenüber jedem noch so bescheidenen Lob auf die Verse eines Ver legers? — Und wer hat den tönenden Waschzettel geschrieben? Oder den Text des äußeren Streifens? Ein wichtiges Bedenken kommt noch hinzu. Neue Moden, neue Richtungen werden bekänrpft. Das liegt so in der mensch lichen Natur. Sie gewinnen Anhänger und Gegner. Harte Worte fallen. Die Richtung wird vernichtet, wird auf dem Papier aus gerottet; die Schassenden werden gehöhnt, belacht, verlästert. Wer hätte davon nichts erfahren? — Doch so sehr diese Urteile die Richtung verdammen, die Tätigkeit des Verlegers wird von allen verschont, feine Tat bleibt unangetastet, ist von Dauer, und wäre die Richtung auch nur Mode oder eine geringfügige, kurze Epi sode in den Erscheinungen der geistigen Welt, so hätte die ver legerische Leistung sich nicht nur fortwirkendes Gedächtnis er worben, sondern auch Erfolg, und alle Urteile, die nicht ein ein zelnes Werk als ein gegebenes innerhalb einer Richtung, sondern die Richtung selbst treffen, berühren ihn nicht. — Wie aber, so fern der Verleger selbst zu den Verdammten gehört? Dann zer stört er als Autor seine Leistung als Verleger, sogar wenn sein Buch neben den guten der gleichen Richtung genannt zu wer den verdient, und in noch höherem Grade, wenn dies nicht ge schieht. Beide Male wird der Anschein unreinlicher Selbstsucht erweckt. Wenn aber die Selbstlosigkeit des Verlegers nicht frag los ist, dann erstickt jedes Ansehen und jeder Einfluß im Keime. Es ist darum dem Literaten nicht mehr gleichgültig, welcher
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