Umschlag zu Nr. 90. Leipzig. Montag den 21 1913. 80. Jahrgang. — ^8 V8 W V U V V W W W Z8 M üt einer tiefen Ergriffenheit lesen wir in alten Briefen. Auf schon bekannte Dinge fällt ein ganz neues Licht, und die Geheimnisse der ver blaßten Zeilen lassen erkennen, daß und wie der Schreiber oder die Schreiberin in Macht und Glück, in Not und Elend vor allein ein Mensch gewesen. Ungewapxnct, vertrauend offenbart sich das Herz. Wir fühlen das Unmittelbare des fremden Lebens, und am reinsten und stärksten fühlen wir es da, wo der Mensch am höchsten hofft und am tiefsten fürchtet: im Briefe der Liebe. Da ist Begehren und Er fülle» und Entsagen, zartes Spiel und bitterer Ernst. Aber Unschuld und Schuld bedeuten nun nicht mehr viel, und über die „wahre Liebe" erhebt sich die Wahrheit der Liebe, die alle umfaßt und verklärt. In einer großen Umarmung treten die Gestalten der Toten aus den Briefen ihrer Liebe. Sie ver wischen die Zeit, sie fragen nicht, was von ihnen noch übrig ist im Gedächtnis der Lebenden. Sie wissen nur, daß auch diese lieben müssen, wie sie lieben Mußten, und leiden sollen, was sic gelitten haben. Die Bücher der Rose: Neunzehnter Band. Mitte Mai: Erstes bis fünfzigstes Tausend. Briefe der Liebe aus deutscher Vergangenheit. :: :: Wilhelm Langewiesche-Brandt.