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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.04.1913
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- 1913-04-21
- Erscheinungsdatum
- 21.04.1913
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Redaktioneller Teil. .1/ 90, 21. Aprii 1913. Zur Rechtswirksamkeit unbeschränkter Verlags verträge. Von Justizrat Or. Fuld in Mainz. In dein in einem bekannten Verlagsprozeß ergangenen Ur teile vom 27. März 1912, ansführlich zum Abdruck gelangt in den Entscheidungen in Zivilsachen Bd. 79 S. 157 u. s., hat sich das Reichsgericht zu gunsten der Rechtswirksamkeit eines Verlagsvertrags ausgesprochen, durch den sich der Urheber verpflichtet hatte, für alle Zeiten das Vorrecht in bezug auf den Erwerb des Verlagsrechts an seinen künftigen Kompositionen seinem Verleger anzubieten. Der Einwand, der in dem Rechts streit seitens des Urhebers gemacht wurde, das; eine solche Ab machung gegen die guten Sitten verstoße und dieserhalb nichtig sei, wurde von dem Reichsgericht abgelehnt. Das Urteil ist in Urheber- und Koinponistenkrcisen Gegenstand einer ziemlich lebhaften und ziemlich abfälligen Kritik gewesen, man hat be hauptet, das Reichsgericht habe damit die dauernde Bindung der Urheber und Komponisten gegenüber einem bestimmten Ver leger gebilligt und im Widerspruch mit seiner sonstigen grund sätzlichen Stellungnahme in solchen Fragen auch die Zulässigkeit weitestgehender Einschränkung der Freiheit beruflicher Betäti gung anerkannt. Diese Beharchtung ist nicht berechtigt; aus dem Urteil ergibt sich mit Nichten, daß das Reichsgericht einen Ver trag, durch den sich der Urheber verpflichtet, seine gesamte künftige Produktion nur bei seinem bisherigen Verleger in Verlag zu geben, unter allen Umständen als rechtswirksam betrachten würde. Aus de» Gründen des Reichsgerichts sei zunächst fol gendes mitgeteilt. »An und für sich kann nichts Unsittliches darin gefunden werden, wenn ein Komponist, der sein Werk einem Verleger gegen Entgelt in Verlag gibt, dabei die Verpflichtung übernimmt, seine etwaigen künftigen Kom positionen jeweils zuerst diesem Verleger anzubieten, vor ausgesetzt, daß dadurch weder die freie Schaffenskraft des Urhebers beeinträchtigt, noch die Konkurrenz anderer Be werber ausgeschlossen ist. Bei der hier in Frage stehenden Vorrechtseinräumung ist weder das eine noch das andere der Fall. Daß die freie und individuelle Entwicklung seines künstle rischen Schaffens durch die Bestimmung irgendwie behindert werde, vermag der Kläger selbst nicht zu behaupten. Der vor gelegte Briefwechsel ergibt aber auch, daß der Wettbewerb ande rer Verleger beim Erwerbe der Werke des Klägers durch sein Abkommen mit dem Beklagten nicht hintangehalten wurde. Es steht dem Kläger auch frei, sich um solchen Wettbewerb zu be mühen, und er ist nur für den Fall verpflichtet, dem Beklagten den Vorzug zu gebe», das; ihm dieser die gleichen Vorteile bietet wie ein etwaiger Mitbewerber. Berücksichtigt man, daß das Verhältnis zwischen Urheber und Verleger der Natur der Sache nach in vielen Fälle» kein rein geschäftliches, sondern zugleich ein persönliches ist, daß es sich häufig zu einem Vertrauens verhältnis entwickelt, das auf der Gemeinsamkeit der Interessen beruht, so kann nichts diesem Verhältnis Widersprechendes, nichts Unsittliches und auch nichts gegen die öffentliche Ordnung Ver stoßendes darin gefunden werden, wenn die Beteiligten bestrebt sind, durch vertragliche Bindung ihr Verhältnis zu einem dauern de» zu gestalten.« Das Reichsgericht betont weiter, daß die Unsittlichkeit um so weniger angenommen werden könne, als ja zweifellos auch ein solches Vertragsverhältnis aus wichtigen Gründen gelöst werden könne; es verweist in dieser Beziehung auf tz 626 B.G.B. über die Kündigung von Dienstverträgen aus wichtigen Gründen und erinnert an die von ihm wiederholt aus gesprochene Mißbilligung von Bestimmungen in Verlagsver- trägen, durch die die Kündigung in jedem Falle nnsgeschlossen wurde. Wie hieraus ersichtlich, sind die vorhin erwähnten Be denke» i» Urheber- und Komponistenkreiscn keineswegs begründet. Zunächst handelte es sich gar nicht um die für die Lebensdauer des Komponisten eingcgangene Verpflichtung, seine sämtlichen in Zukunft zu verfassenden Werke nur bei dem ersten Verleger in Verlag zu geben. Vielmehr war Gegenstand der Abmachung die Einräumung eines Vorzugsrechts, das wirtschaftlich eine ähnliche Bedeutung wie ein Vorkaufsrecht hatte. Der Verleger hatte aus die spätereir Werke nicht schlechthin, sondern nur dann Anspruch, wenn er dem Urheber die gleichen Vorteile für den Erwerb bot, wie ein anderer Verleger. Man kann die dem Ver leger zustehenden Befugnisse mit Entlehnung eines auf einem ganz anderen Gebiete vielfach gebrauchten und dort auch einge bürgerten Ausdrucks als eine Art von Meistbegünstigung des ersten Verlegers bezeichnen. Die Zusicherung eines Meistbc- gllnstiguiigsrcchts hat aber ebensowenig einen unsittlichen Cha- rakter, wie die Einräumung eines vertraglichen Vorkaufsrechts; es ist bekannt, daß solche Rechte aus dem ganzen Gebiete des Verkehrs, sowohl des mit beweglichen als auch mit unbcweg- lichen Sachen Vorkommen, auch in Ansehung des Verkehrs mit gewerblichen Schutzrechtcn beginnen sie sich einzubürgern; es ist nicht ersichtlich, daß ihre Anwendung aus dem Gebiete der geistigen und künstlerischen Schutzrechte ohne weiteres und schlechthin einen Verstoß gegen die guten Sitten darstellen sollte. Sinn wird behauptet, die Eigenart literarischer oder künstle rischer Produktion müsse berücksichtigt werden, es bestehe in dieser Hinsicht ein Unterschied zwischen der Geistestätigkeit einerseits, der gewerblichen Betätigung anderseits. Selbstverständlich mutz dieser Eigenart in ausgiebigem Matze Rechnung getragen werden, und es ist unbedingt daran festzuhalten, daß durch ein Abkommen die guten Sitten verletzt werden, das zu einer Beschränkung der geistigen und künstlerischen Schaffenskraft führt. Allein dies hat auch das Reichsgericht sehr stark unterstrichen und in den Gründen bemerkt, eine solche Einschränkung sei von dem Kläger selbst nicht behauptet worden. Fälle, in denen die Bindung des Urhebers mit einer Einschränkung seiner Schaffens kraft verbunden ist, sind möglich, und sie kommen auch vor, aller dings nicht oft; sie kommen in der Regel schon um deswillen nicht oft vor, weil doch der Verleger an der Betätigung und nicht an der Einschränkung der Schaffenskraft des Urhebers interessiert ist. Es besteht insoweit keine Jnteressen-Gegnerschaft zwischen Verleger und Urheber, sondern vielmehr volle Interessengemein schaft. Der Verleger will die Entwicklung und Betätigung der Schaffenskraft, lediglich mit Rücksicht hierauf vereinbart er die Bindung; würde er überhaupt mit der weiteren Betätigung und Entfaltung der Schaffenskraft nicht rechnen, so hätte ja der ganze Abschluß der Abmachung mit der Bindung für ihn keinen Wert. Auch die nur mittelbare Beschränkung der Schaffenskraft — zu der Schaffenskraft gehört auch die Schaffensfreudigkeit — würde es rechtfertigen, den Vertrag als einen sittenwidrigen zu erachten; ist aber dieselbe vollständig gewahrt und andererseits auch dem Urheber nicht das Recht genommen, mit der Konkurrenz in Ver bindung zu treten, so kann auch unter dem Gesichtspunkte schar fer Auffassung des Begriffs der guten Sitte nicht zugegeben wer den, daß in dem Vertrag über die Einräumung eines Vorzugs rechts bezüglich der spätereir Werke etwas Unsittliches zu erblicken Wäre. Wie würde nun die rechtliche Beurteilung sein, ivenn der Ur heber sich zur Übertragung seiner sämtlichen künftigen Werke, also nicht bloß zu der Einräumung eines Vorzugsrechts in bezug auf den Erwerb des Verlagsrechts verpflichtet? An und für sich ist auch dieser Vertrag keineswegs ein sittenwidriger, ob wohl bei demselben die Möglichkeit fortsällt, andere Verleger zu interessieren, andererseits kann er unter Umständen unter den Begriff des Sittenwidrigen fallen. Rehmen wir den Fall, daß der Vertrag auch für alle späteren Schöpfungen schon die Vergütung fcslsetzte, und zwar die gleiche wie für das Erstlingswerk; dies könnte nur als eine die guten Sitten verletzende Abmachung be trachtet werden. Es ist doch selbstverständlich, daß für das voll endete Kunstwerk des von der Welt angestaunten Meisters eine andere Vergütung gewährt werden mutz, als für das Erstlings werk des noch unbekannten, in heißem Streben sich Bemühenden, mit dessen Verlagsübernahme der Verleger vielfach ein Risiko in finanziell-geschäftlicher Hinsicht eingeht. Kein Richter würde zögern, hier den K 138 des B. G.-B. in Anwendung zu bringen. Da aber Verträge so auszulegen sind, wie Treu »nd Glauben dies erheischen, so würde auch nnter diesem Gesichtspunkte der Urheber sich in dem gedachten Falle dem Versuch des Verlegers entziehen < Fortsetzung aus Seite 4247.>
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