Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.05.1880
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- 1880-05-03
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- 03.05.1880
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1820 Nichtamtlicher Theil. 101, 3. Mai. größter Genauigkeit jede Variante angäben — aber ihm persönlich sei ein großes Leipziger Haus bekannt, das seine Ehre darein setze, auch die besten kritischen Ausgaben ohne Nutzen herauszngeben. Ihm als Leipziger Professor stehe der Leipziger Verleger am nächsten und deshalb würden es ihm die fremden Buchhändler gewiß nicht verübeln, wenn seinHoch ganz imSpeciellen dem Leip ziger Buchhandel gelte. Se. Excellenz, der Präsident des Reichsgerichts, Herr Wirk licher Geheimrath Simson begann seine Rede mit der Bitte, zu verzeihen, wenn er es unternehme, so schnell hinter seinen beiden Vorrednern auf der Tribüne zu erscheinen, zu denen er sich in dem Verhültniß des Aehrenlcsers zu den Schnittern fühle. Doch sei sein Wunsch gewiß natürlich, einige Worte des Dankes an die Ver sammlung zu richten, ehe sich die letztere in dem bekannten Stadium befinde, welches man mit dem Ausdruck „olamor sonsuum" bezeichne. Aus der Stellung eines bescheidenen und also stillen Gastes durch die Aufforderung des Herrn Vorsitzenden aufgeschreckt, wolle er nicht verfehlen, seinem Danke dafür Ausdruck zu geben — für seine Per son, wie für das Collegium, das zu vertreten er die Ehre habe — daß das Reichsgericht anfange, von unserer Corporation ebenso wie der Rath und die Stadtverordneten, und wie die Universität als eine berechtigte Eigenthümlichkeit Leipzigs angesehen zu werden. Das mache ihn wie seine Collegen sehr glücklich, die sich — zum großen Theil Männer in hohen Jahren — mit einer Schnelligkeit in Leipzig heimisch gefühlt hätten, welche sie selbst in Erstaunen setze. Wenn man die Häupter des deutschen und, wie er vernommen habe, selbst des ausländischen Buchhandels vor sich sehe, so sei der Gedanke an Bücher ein sehr naheliegender. Nun würden, so viel er urtheilen könne, bereits seit Jahrhunderten Bücher allerdings nicht mehr als die einzige Quelle von Wissen und Bildung betrachtet. Schon im 17. Jahrhundert habe auch der Gelehrte begonnen, sein Wissen aus den Dingen selbst zu schöpfen und in den Büchern nur Bilder einer Vergangenheit zu sehen, die körperlich nicht mehr fest gehalten werden könne. Auch sei das deutsche Volk nicht mehr in der Lage, ein Epigramm auf sich anzuwenden, welches vor etwa dreißig Jahren freilich Wahrheit enthalten habe, in welchem die Nation mit dem thatenlos in einer Ecke spinnenden Poeten ver glichen worden sei, und das etwa mit den Worten geendet habe: Wenn es etwas zu theilen geb', Das deutsche Volk komme stets zu svät. Seit den Leistungen von 1813—1815, deren Zeuge diese Stadt gewesen sei, noch mehr seit dem Ruhme von 1870/71 werde gewiß Niemand mehr dieses Epigramm anwenden. Trotzdem aber habe das deutsche Volk noch einen älteren und höheren Ruhm aufzu weisen, als die Thaten seiner Heere — das sei seine Literatur. Durch sie sei uns zuerst die Achtung des Auslandes zutheil ge worden, durch die Werke jener Reihe von Männern, in denen auch die Namen der beiden sächsischen Helden: Leibnitz und Lessing, vor allem aber Schiller und Goethe glänzen. Mögen die unblutigen Lor beeren dieses ewigen Erbes unserm Volke allezeit theuer sein, möge immerdar die deutsche Literatur in dem Forschen nach Wahrheit wie in den Schöpfungen der Phantasie nicht Zurückbleiben hinter der Höhe der Väter, möge sie fort und fort hegen und Pflegen Tiefe der Gedanken, Reinheit der Sitten, Gluth der Vaterlandsliebe. In diesem Sinne trinke er auf das Gedeihen der deutschen Literatur. Kurz nach der von der Versammlung in tiefstem Schweigen angchörten, dann aber mit lebhaftestem Beifall begrüßten Rede des berühmten Parlamentariers und Rechtsgelehrten, welche nach In halt und Form durchaus dem hohen Rufe entsprach, der den höchsten Richter des Deutschen Reiches zugleich als einen seiner vollendetsten Redner feiert, betrat noch Herr A. Bergsträßer die Tribüne, um in warmen, begeisterten Worten die Selbstverleugnung zu feiern, welche die Leipziger Collegen in der Cantate-Hauptversammlung durch die Annahme des neuen Statuts an den Tag gelegt hätten. Leipzig habe sich durch Darreichung des Ausgleichs ein neues Blatt in seinen Lorbeerkranz geflochten, es habe aufs neue bewiesen, daß es das Emporium des deutschen Buchhandels sei, und wenn gerade der Redner früher unter die „Bilderstürmer" gegen Leipzigs herr schende Macht gezählt worden sei, so werde nunmehr die Zukunft beweisen, daß die Befürchtung einer Verödung der Messe grundlos sei — im Gcgentheil, um so lebhafter werde sie besucht werden. Und nun spreche er nochmals im Namen all der auswärtigen Col legen, welche für die von ihnen als gut erkannte Sache gekämpft hätten, den herzlichsten Dank aus und trinke auf das Wohl des Leipziger Buchhandels, auf das Wohl der Stadt Leipzig. Die Stimmung der Versammlung war nun auf jener Höhe an gelangt, in welcher erfahrungsgemäß das Schicksal fernerer Trink sprüche sehr unsicher ist. Was aber sicherlich einer Rede ernster Natur nur schwer gelungen sein würde: die Aufmerksamkeit der Hörer ganz zu fesseln, das erreichte vollständig Herr Professor Woldemar Wenck durch einen humoristischen Trinkspruch in gebundener Rede, durch welche er die Hörer zur stürmischen Heiterkeit hinriß und die schon sehr fröhliche Stimmung auf den Gipfelpunkt brachte. Allen Hörern der lustigen Verse sowohl, als den auswärtigen Lesern des Börsen blattes wird es willkommen sein, daß wir durch die freundliche Be reitwilligkeit des Dichters, für welche hier gebührender Dank gesagt sein soll, in den Stand gesetzt sind, sie nachstehend authentisch wiederzugeben: Wer löst uns wohl stets mit dem rechten Avec Das berühmte Problem: Was ist Mittel? was Zweck? Was ist dienendes Glied in der Weltenmaschine? Was ist privilegirt, daß das Andre ihm diene? Sind Regierungen da, um der Völker zu Pflegen, Oder lebt nicht das Volk der Regierungen wegen? Soll der Künstler in uns die Begeisterung nähren, Oder diese dem Künstler die Nahrung gewähren? Ist der Zahnarzt vorhanden, den Zahn uns zu reißen, Nicht der Zahn, daß der Zahnarzt 'was habe zu beißen? Heut' aber bewegt mich, bei hiesigem Gelage, Als Cantate-Problem, die unsterbliche Frage: Ist das Buch da, damit es der Menschheit erklecke, Oder hat nicht die Menschheit die Bücher zum Zwecke? Zum Exemplo: Wenn Paris die Helena raubte, Wenn Ulysses als Schlaukopf sich Manches erlaubte, Wenn Achilles die Feinde zu Dutzenden streckte, Bis man schließlich an ihm auch die Ferse entdeckte — Nun, geschah das, um Stoff dem Homerus nur eben Zu einer Läitio Dauobnibr zu geben, Oder kam die Lckibio unter die Presse, Daß der Mensch den Achill und Ulyß nicht vergesse? Und wenn L'erxes ganz Asien mobilisirte, Und den Hellespont auf Pontönern passirte, Dann aber entwich, als, voll Vaterlandsgroll, Man auf griechisch ihm zurief: O Lerxe, paschol! — Nun, geschah dies dem einzigen Umstand zu Liebe, Daß Papa Herodot sein Geschichtsbüchlein schriebe, Oder schrieb Herodot, damit wir auf den Bänken Nun wüßten: beim X ist an Lerxes zu denken? Und wenn Bismarck durch Schwierigkeit und Conflicte, Was im Sinne ihm lag, in die Wirklichkeit drückte, Wenn er Kriege geleitet und Frieden gestiftet, Und bei Mokka und Bier manch Geheimniß gelüftet — Nun, übte er alle die Weisheit und Stärke, Nur zum Zweck von Hesekiel's und Anderer Werke, Oder haben Hesekiel und Andre geschrieben, Damit Bismarck's Verdienste nicht unbekannt blieben? — So mit Kopfschmerz geplagt von der Frage, der schweren, Ob das Buch, ob die Menschheit als Zweck zu verehren, Wodurch fühl' ich plötzlich den Kopfschmerz vergehn? Durch den Blick auf die Welt, die hier vor mir zu sehn! Denn nun, statt noch länger im Kreis mich zu drehn, Nun freu' ich mich, daraus Begeistrung zu schlürfen,
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