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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.08.1925
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- 1925-08-18
- Erscheinungsdatum
- 18.08.1925
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>-r 192, 18. August 192S. Redaktioneller Teil. Börsenblatt t- o. Lychn. vuchhandeö 1ZZ85 Gäste ausgenommen, bas ganze Gesinde salso bet uns die Helferinnen! und die Familie, auch andere Gäste, die nicht Buchhändler sind <im September 1924 z. B. ein Geh. Bau- und Ministerialrat von umsas- sendcr Bildung und Lebenserfahrung, ein Hauptmann a. D. u. a.j, leben den Alltag und die Feierzeit mit, unter Umständen auch die Arbeit. Der Hausvater dieses Kreises leitet die Arbeiten. Man kann einige ernstliche Bedenken dagegen haben, die nicht von der Hand zu weisen sind. Einmal: das bedeutet eine ungeheure Be lastung filr den Letter. Ich glaube, wenn er robnst ist, wird er cs aushalten. Vielleicht ist es sogar gut, wenn er durch dies- Arbeit stark beansprucht wird, weil er dann an der eigenen Müdigkeitsgrenze spätestens merkt, daß er den Hörern nichts mehr zumuten darf! Das andere Bedenken wäre, cs gehöre eine so umfassende Bildung dazu, wenn ein Mensch solch einen Arbeitskreis leiten soll. Gewiß, ein Fachstmpel darf sich nicht daran wagen; auch dieses Bedenken überzeugt mich nicht, denn cs ist nicht des Leiters Ausgabe, Polyhistor zu sein, alles zu wissen und alles zu verstehen; sondern den Blick für das Wesentliche muß er haben. Es ist eine allmählich durchdringende Ansicht, daß ein Mensch, dem aus einem Gebiete der Blick für das wesentliche Leben einmal aufging, sich leicht und schnell aus anderen Gebieten zurechtfinden wird, weil er organisch denken und sehen lernte. Also braucht cs nicht Alleswisser und Allesversteher zu Leitern, son dern sachliche Menschen. Je mehr Wissen sie zur Verfügung haben, umso besser, aber gewisse Grenzen des Sachwissens sind kein aus schlaggebendes Hindernis. Man könnte auch sagen sund das wurde schon wiederholt vorge- fchlagen und erwogen): Zwei verschiedenartige Leiter sollen sich er gänzen, ein pädagogischer und-ein politischer Kops etwa, ein Philosoph und ein Praktiker, oder wie man die Begrifsspaare fassen will. Ich halte das siir sehr bedenklich, weil die Gefahr nicht leicht vermieden wird, baß das Ganze ein Rededuell zwischen den beiden »Neisercn« wird, dem die »Schüler« zuhören, ohne mitzukommen, da die beiden Leiter entweder Stenogramm reden als Wissende, die sich kennen und verstehen, oder aber aneinander vorbeireden, als sich Suchende und miteinander Ringende. Das ist ja ganz »interessant«, aber sür die allermeisten Jungbuchhändler mit ihren Kragen und Antwortmöglich keiten doch recht unfruchtbar. Wir haben Im Herbst die Probe aus das Excmpel machen können: die ersten vier Tage waren in sich geschlossen, lebhaft auch in Krage und Antwort, die Wcchsclrcdc belebt und verliest durch einen bekann ten Sortimenter und Verleger und einen außenstehenden Gast. Ich machte dann den Versuch, einem später gekommene» lebendigen und an regenden Verleger die Führung zu überlassen. Gewiß war das, was er brachte, mindestens so wertvoll, in vielem noch fruchtbarer, als was ich zu bieten hatte, aber doch wurde mir von Teilnehmern bestätigt, sie hätten den Wechsel in der Führung als Mangel empfunden. Eine einheitliche Leitung sei sür die Gesamtwirkung fruchtbarer"). Im übrigen sollte man auch da keine strengen Vorschriften er lassen: es müsse ein Rundgespräch und dürse kein Vortrag sein. Das hängt durchaus nicht nur vom Leiter ab, sondern von der Zusam mensetzung der Teilnehmer. Ich glaube, ans Grund meiner früheren »Wochen»-Erfahrungen sagen zu dürfen: zu einem wirklichen Rundge spräch, das mehr ist als eine Katechese, bei der, wie im Katechismus unterricht, die Antwort bereits in der Frage liegt und die Kunst des Fragens darin besteht, daß man »die Würmer richtig aus der Nase ziehen kann», gehört ein im Denken geschulter, in gemeinsamem Den ken und Wechselrcde geübter Kreis, mit dem wir in den seltensten Fällen rechnen können. Die gewandten Debatter sind gar nicht die Menschen, die ich mir sür die Woche wünsche. Sie zerreden zu leicht die tiessten Dinge oder reiten ihre Steckenpferde in hoher Schule dem staunenden Kreise der Neulinge vor. Am schönsten ist es, wenn der Vortragende so spricht, daß die Zuhörer immer ganz persönlich ange packt sind, daß der Vortrag wie ein Plaudern mit dem Einzelnen wirkt sich weiß, das ist eine große Kunst), sodaß er mitdenken kann. Dann wird er ganz von selbst überhaupt erst einmal auch »laut denken«; und das ist doch die beste und wertvollste Form von »Kragen«. Der Redner muß nur fähig sein, diese Fragen sofort mit zu verarbeiten, ohne den Faden zu verlieren und vom Hundertsten ins Tausendste zu komme». Ich weiß aus Erfahrung, daß diese Art zu arbeiten Redner wie Hörer sehr anstrengt, daß sie überlegene Beherrschung des Stoffes vom Redner sordert, also gründliche Vorbereitung, vielseitiges Wissen, das man immer bereit haben muß, und eine geduldige Beweglichkeit und Einsühlsamkeit, um den Hörern wirklich gerecht zu werden. Dann werden sie aber auch verspüren, daß ihnen hier mit Liebe und Brüder lichkeit, nicht mit »überragendem Wissen« und Großmut gebient wirb. ") Etwas ganz anderes ist es, wenn man das Stoffliche teilt: einen »Fachmann« für das »Geistige» und einen für das »Fachliche». So ist es auch in der Woche vom 12.—22. September. Börsenblatt f. den Deutschen Buchhandel. 92. Jahrgang. Damit stoßen wir auf bas ernste Bedenken: Es gäbe heute in Deutschland noch nicht viele Stätten, die einer derartigen Buchhändler- woche Heimat gebe», und nicht sehr viel Menschen, die solche Arbeit leisten können. Das erste stimmt in gewissem Maße, das zweite ist weniger schlimm. Es ist eine ganze Reihe von Menschen da, um dis geistige Gemeinschaft wachsen kann, wenn man ein Häuslein junge Menschen mit ihnen zusammen in eine heimische Bleibe setzt. Aber es ist doch bis jetzt so, daß die Nachfrage »ach solchen Gelegenheiten noch so gering ist, baß sie leicht befriedigt werben kann. Wen» Diedc- richs und ich jährlich je zwei Wochen veranstalten iwozu ich jedenfalls bereit und in der Lage bin), so können 89—7V Menschen untergebracht werden. Wir hatten beide noch nicht gegen Überangebot zu kämpfen! <Jch verkenne nicht, daß die Lage meines Hauses im äußersten Süd osten sehr hinderlich ist wegen der teuren Reise, aber andererseits zieht doch auch das Gebirge und der Königssee! Ich hosse schon 192S weiter nördlich in der Fränkischen Schweiz meine Dauerheimat be ziehen zu können, wo ich wirklich nicht mehr »aus der Welt bin»!) Am besten wird es sein, die Jungbuchhändler suchen sich selbst Bleibe und Leiter, und wo einer die seiner Sonderart am besten ent sprechende Welt gefunden hat, dahin schickt er seinesgleichen, indem er unmittelbar von Mensch zu Mensch und in den buchhändlerischen Kelch blättern wirbt. So wächst allmählich die Arbeit, und ich bin sicher, der Bedarf an geeigneten Leitern wird so ganz von selbst gedeckt wer den, Je weniger Bnchhänölcrwochcn künstlich »gemacht« werde», je weniger Uncrsahrene dilettantisch -auch so etwas ausziehen», um so besser sür die Sache; denn dann werben Rückschläge eher vermieden. Und die Widerstände, gegen welche die Idee anzukämpsen hat, sind bergehoch! Damit, daß man eine Reihe Vorträge ansetzt und Besich tigungen ermöglicht, ist noch keine Buchhändlerwoche geschaffen. I» den Großstädten wird von vornherein etwas ganz anderes daraus werden smehr Volksbtldungsvcranstaltung als Volkshochschule, um den oben gebrauchten Vergleich zu wiederholen), aber auch das erste Ist dringend nötig und wünschenswert. Man soll die beiden Veranstaltun gen nur nicht in Konkurrenz miteinander bringen oder gar gegen einander ausspielen. Jeder fördere unsere Jungbuchhändler in dem Rahmen und aus die Weise, die ihm gegeben sind, und verketzere nicht den anderen, der es anders macht, weil um seine Art herum die Sache eben s o und nicht anders wächst. So kann man auch keine Rezepte geben, wie man es »gemacht« hat. Ich weiß es auch nicht, woher das kommt, daß die Geschlossenheit des Kreises in ganz überraschend kurzer Zeit da ist. Man kann wohl fordern: es liege am Leiter, die Einzelnen zur Gemeinschaft zusammenzusügen. Aber ich glaube, je mehr der das will, umsoweniger glückt es. Man bars sicher sein: wenn ein Haus bereitet wird, um ein Dutzend oder mehr Jungbuchhändler sür eine Woche als Gäste aufzunehmen, dann sreuen sich alle, die im Haufe sind. Dann schaut man ein dntzendmal nach dem Himmel, ob das Land auch in Sonne die Ankömmlinge begrüßt, und man schmückt die Stuben noch einmal so festlich mit Blumen, damit die Gäste sich zuhause füh len. Das spüren irgendwie die Erwarteten, die die erste Mahlzeit, der erste Abend, das gemeinschaftliche Wohnen und die neue Umgebung von selbst aufschlteßt und zusammenfllgt. Wir haben bas nun viele, viele Male erprobt. Ich weiß wohl, warum ich solche Wochen im all gemeinen am Samstag beginne, und darauf dringe, daß die Teilnehmer im Laufe des Tages, nicht erst spät abends eintresfen: die erste Abend mahlzeit und das gesellige Beisammensein »stimmen die Instru mente«. Und der Sonntag ist noch kein eigentlicher Arbeitstag, son dern Feier und Fest, Spaziergang, abends Musik. Kunst. Dichtung. Man braucht da gar nichts »Besonderes» an Leistungen zu bieten. Wenn in der Familie das Volkslied, etwa gar Joedcs polyphone zwei stimmige Sätze, lebendig ist, wenn die Bilder unserer Meister zum »täglichen Brot» gehören, wen» die Bücher lebendige Freunde des Tageslaufes sind, dann spürt bas auch ein rechter Jungbuchhändler sofort als eine andere Lust und andere Belt, die überall so sein sollte und vielerorts auch so ist. Und darin liegt das ganze Geheimnis, wa rum und ob »Gemeinschaftsgeist» auskouimen kann. Ich lege auch großen Wert aus eine klare, geregelte Tagesein teilung. Wir singen etwa morgens vor dem Frühstück, um den Tisch sitzend. Deshalb soll jeder pünktlich zur festgesetzten Zeit zum Morgen mahle kommen. Dann lese ich etwas von Fichte — man kann auch einen anderen Denker oder Dichter zu Worte kommen lassen, in diesem Falle hatte cs seinen besonderen Anlaß ln der Arbeit der Tage, — und dann »erhebe» sie die Hände zum lecker bereitete» Mahle«. Junge, hat's aber dem geschmeckt! Wenn man dann von 119—11 stramm ge arbeitet hat, tut ein kleiner Spaziergang vor Tisch recht gut, Nach mittag ist frei zum Faulenzen, wenn man nicht gleich gemeinsam einen größeren Spaziergang macht. Von 4—6 Uhr wird wieder ge arbeitet, zumal wenn die ersten Tage der Woche trübe und regnerisch waren. Nach Tisch ist immer Feierabend: Geselligkeit, Plaudern, Singen, Dichtung, Kunst und Musik, Ganz zwanglos und anspruchs- ksgz
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