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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.06.1872
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1872-06-17
- Erscheinungsdatum
- 17.06.1872
- Sprache
- Deutsch
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zwischen Verleger und Schriftsteller gestaltet hat. lieber des Göt tinger Professors Haus ist nämlich wieder einmal der Klapperstorch dayergeflogcn, und dasMädchen, das er der Professorin in dieWiege legte, erscheint sehr geeignet, in die Reihe der Pathe» einzutretcn, welche dem alternden Junggesellen von befreundeten Buchhändlern und Gelehrten nach und nach zugeführt wurden. Und diese Pathe ist es dann, welche Herrn Reich imAngust l768 veranlaßt-, dasHaupt- buch der Firma aufzuschlagcn, wo er auf dem Soll mit stark abgc- schricbener Feder die Worte eintrug: „Für einige Kleinigkeiten sür seine Tochter 23 Thlr. 16 Gr." Daß aber ja auch der leiseste Zweifel über die Bedeutung des Postens verschwinde, ward der Be trag vor der Linie ausgeworscn und noch besonders mit dickem Un terstrich darauf hingewiescn, daß bas Geld „ zum Geschenke" ver wandt worden. Mit dem Ende des Jahres 1771 beginnen dann für uns die Heyne'schen Briefe. Etwa zum Weihuachtsfest bringt die fahrende Post von Göttingen nach Leipzig ein Packet und in diesem Packele neues längst ersehntes Mannscript zur Weltgeschichte. Außerdem liegt ein Brief bei, in dem Heyne weiteren Stoff für den Setzer mit Nächstem zu senden verspricht und ausführlich sich über den Stand des Unternehmens ausläßt. Da gibt es manchen Stoff zu Verdruß und weiterer Ueberlegung. Herr Professor Ritter entwickelt einen so vergeblichen und lästigen Fleiß, daß dem guten Heyne bei der Revision der Handschrift Ritter's beinahe die Geduld reißt, und es ergeht daher der Rath an den Leipziger Freund: „Geben Sie ihm nur eine kleine Warnung, daß er um des Himmels Willen bei der alten Geschichte der Gallier und der Deutschen nicht auch so weit herunter gehet als in der Spanischen Geschichte und daß er sich da mehr an den Guthrie hält; sonst werden wir vor n. 1800 nicht fertig." WennRitter'sWeitläufigkeitVerdrußbereitet, so ist es anderer seits recht unangenehm, daß Herr Professor Schröckh die Bearbeitung der Nordischen Geschichte abgelchnt. Doch sind die Gründe für diesen Absagebrief so wohl erwogen, daß der Göttinger dem Witten berger Kollegen seine Billigung nicht versagen kann. Was aber nun machen? So erfreulich und dankenswerth es erscheint, daß Herr Schröckh die Schweizerische mit der Holländischen Historie zusammen zu verbinden und die Ungarische Geschichte für sich zu geben geson nen ist, so bliebe die Frage wegen der Nordischen Historie ungelöst, Wenn nicht Heyne einen Ausweg wüßte: „Für die Nordische Ge schichte habe ich einen Lastträger hier aufgetrieben, den Herrn Pro fessor und jetzigen Proreclor Murray, der ein Schwede ist und seine Zeit größtcntheils damit zugebracht hat. Es ist kein Genie von Rang, aber das würde sich auch für die Arbeit bedanken; genug, die Geschicklichkeit und Kenntnisse, wie wir sie brauchen, hat er; er ist ei» ehrlicher Mann, ist mein guter Freund, läßt sich ein Wort sagen und nimmt Rath an, und, was Ihrem Werk nützlich ist, ist doch ein bekannter Gelehrter von Geltung." Man könnte also immerhin an- zeigcn: „die Nordische Geschichte, und zuerst die Dänische, Nor- Wcgiscbe und Schwedische Geschichte in einem Bande, werde von ihm ausgearbeitct." Und dann wegen Goldsmith' englischer Geschichte, die Reich gern in einer Uebersetzung seinem Verlage cinreihte! Der Leipziger könnte sic immerhin einstweilen in Arbeit geben, um sic als Fort setzung des Guthrie cinrücken zu lassen. „Die Schottische und Irische Geschichte kann zu seiner Zeit Herr Murray auch über nehmen." Mit einigem weiteren Geschäftlichen ist dann der Stoff für dies mal erschöpft und es gilt zum Schluß nur noch, namentlich der herz lichen Grüße zu gedenken, welche die Professorin dem Gatten zur Besorgung an Herrn Reich aufgctragcn hat. „Möchte es Ihnen doch nur balb so wohl gehen, als cs Ihnen unsere Herzen wünschen." Wenn, wie anzunehmen, auch Reich seine guten Wünsche zum Jahreswechsel den Gevattersleuten nach Göttingcn sandle, so muß leider gesagt sein, daß diese Wünsche nicht in Erfüllung gingen. Der plötzliche Tod des Kurators von Bchr setzen den Hofrath in eine Last von Sorgen und Arbeiten, viele gute Hoffnungen scheinen mit dem Verstorbenen Zu Grabe getragen. Und Heyne seufzt: „Ich verliehre für meinen Theil unendlich viel." Begreiflich, daß zur literarischen Thätigkeit eigentlich die Lust fehlt, aber es scheint doch geboten, sich wenigstens den Aerger vom Halse zu schaffen, den das weitschweifige Ritter'sche Mannscript Heynen bereitet, so oft er es ansicht. Er beeilt sich daher mit der Durchsicht, die fahrende Post besorgt dann das Weitere. „Schade um alle die Mühe und die Ge lehrsamkeit." Und in seiner stillen Entrüstung glaubt der Gevatter Hosrath nach Leipzig die frivole Aeußerung melden zu müssen, so einmal Herr Professor Ritter gethan: „HerrReich muß ja so Bücher zum Verlegen haben , was schadet es ihm, wenn aus einem, Theilc des Guthrie dreh werden." Doch bei allem Vergnügen darüber, daß dem Leipziger Freunde die Arbeit erleichtert wird, bleibt Hcyne's Stimmung etwas uovem- bermäßig trüb, da seine eigenen Verpflichtungen schwer auf ihm lasten. Wenn er nur nicht die türkische Geschichte noch auf dem Halse hätte! Die Sache liegt ganz außer der Sphäre seiner Studien, hat tausen derlei Mühseligkeiten und Schwierigkeiten, und doch läßt sich nicht darüber hinwischen, welches vor zehn Jahre» allenfalls noch gegangen wäre. „Was soll ich nun thun bey der wenigen Zeit die ich habe! Und doch weiß ich keine Seele zu der Arbeit. Des guten Reißkens Wisch hilft so viel als nichts, sie zu erleichtern." Es ist eine zweckmäßige Fügung des Geschicks, daß irgend ein Zufall die Fortsetzung des Briefes unterbricht, und, wie dann Heyne wieder zur Feder greift, haben sich die Wolken an seinem literarischen Himmel etwas verzogen. Für den Sommer hofft er das Manu- script liefern zu können, vorausgesetzt, daß ihn Gott gesund erhält. Uebrigens will der Hofrath seine Thätigkeit vorläufig wenigstens der Gattin verbergen; diese möchte sonst schelten, daß der Herr Ge vatter in Leipzig bei allen seinen guten Eigenschaften ihren Gatten so mit Arbeiten belastet. Die nächsten Monate bringen dann im Ganzen Erfreuliches. Die kleine Palhin Mariane, die infolge der Pocken monatelang daniederlag, ist auf dem Wege entschiedener Besserung, der Herr College Murray, an den Reich geschrieben, scheint mit den gemachten Vorichlägen einverstanden, auch Heyne's alter Freund, der Herr Professor Dieze, der die Bearbeitung der Spanischen Geschichte übernommen, gedenkt nun von sich hören zu lassen, sowie er Maiiu- script senden kann. Unangenehm bleibt es freilich, daß der weit spurige Ritter zu Dieze's gerechtem Entsetzen auf dessen Gebiet hin- überschweistc. Doch „die Spanische Geschichte selbst soll hoffentlich dabey gewinnen, daß zwey Gelehrte ihren schwersten und dunkelsten Theil bearbeiten". Käme zur Rittcr'schcn Arbeit eine Vorrede, so fände es Heyne jedenfalls nicht rathsam, „daß man im Voraus Ent schuldigungen mache» wollte, warum hier ein Stück von der Spani schen Geschichte erscheine. Wenn einmal Herrn Dieze's Theil erscheint, so berührt man in der Vorrede die Sache mit zwey Worten." Mit Behagen sieht dann Heyne am 30. März hinter dem Postwagen her, da er nun abermals einen Stoß Manuscript auf dem Weg nach Leipzig weiß. „Es ist freylich eine wahre Galeeren arbeit, wobey mir die einzige Zufriedenheit bleibt, daß ich ein groses Uebel und Schande von Ihnen und mir abwendc. Ich wundere mich gar nicht mehr, daß das Werk in England gar liegen geblieben ist, denn es übertrifft alles, was sich in der Art elendes Lenken läßt. Der Mensch, welchen die Buchhändler zu diesen Werken gebraucht habe», hat platterdings nichts von Orientalischer Litteratur, Historie und Geographie verstanden. Er mengt Osten und Westen durch einander. Ich armer Mensch muß mich also erst in die Sache selbst
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