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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1926
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- 1926-01-02
- Erscheinungsdatum
- 02.01.1926
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- Deutsch
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^ l, 2. Januar 1826. Redattioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Zweckvolles Lesen. non; ObieaZo: ^meriean h-ibrar^ ^880L.iatioll. Unter dieser Überschrift bringt »l'ds I^ovv kepublio« vom 26. August 1025 eine Rezension von C. E. Ayres, die mit einer neuen amerikanischen Unternehmung bekanntmacht. Obwohl aus rein amerikanischen Zusammenhängen heraus geschrieben, wird sie auch bei uns wohl ohne weiteres verständlich sein. Viele der darin ausge sprochenen Gevanken scheinen uns jedenfalls auch für Deutschland be achtlich zu sein. Zum mindesten lassen sich von hier aus weitere Ein blicke in die den Buchhandel betreffenden Zustände in Amerika ge winnen. Der Aufsatz lautet: »Wir wissen, das Lesen macht erst zum ganzen Menschen. Um diese erstrebenswerte Vollkommenheit zu erreichen, um durch das Lesen eine allgemeine oder gar universelle Bildung zu erlangen, zeigt kein Volk der Erde so gute Ansätze wie das unsrige. Das ist nicht der Tatsache zuzuschreiben, daß von Amerikanern regelmäßig und viel Bücher gekauft werden, im Gegenteil, unsere Verleger beklagen sich bitter darüber, das; die Zahl der Amerikaner, die ständig und aus giebig Bücher kaufen, erschreckend gering ist; kommen doch trotz unserer /oiclgerllhmten wirtschaftlichen Überlegenheit weniger Bücherkäufcr auf je 1000 Einwohner als in einem Halbdutzend europäischer Staaten. Dafür gibt es viele, aber nicht ausschlaggebende Gründe. Sie mögen wohl bei 500 bis 5000 zutresfen. Die Zahl derer, die wirklich lesen, beläuft sich jedoch auf Millionen. Diese erstaunliche Tatsache findet Lhre Erklärung in der starken Benutzung der öffentlichen Bücherei. In folge der guten Beziehungen zu den benachbarten neuenglischen Städten, die ihre aus England stammenden Erfahrungen im Büche- reiwescn auf ihre neue Heimat übertragen haben, und dank der Frei gebigkeit des großen Stahlkönigs, dem in den Städten und Dörfern jedes Staates ein Denkmal gesetzt ist, bildet das Lesen in der Bücherei einen wesentlichen Zug des amerikanischen Lebens. Jeder liest in der Bücherei. Im Osten von New Dort erhalten Sie braunäugigen dunkelhäutigen Jungen ihre hebräischen Klassiker aus einer fremdsprachlichen Abteilung der Stadtbüchcrei. Nach außer halb in die dünnbevölkerten Gegenden, wo die Männer Bauern sind und die Frauen vor Einsamkeit tiefsinnig werden, liefert die Stadt- bücherci Bücher, mit denen die Landbevölkerung über die langen Abende hinwcgkommt. Mit Ausnahme der Schulen gibt es kein so verschieden zusammengesetztes Publikum wie das der amerikanischen Bücherei. Es ist also ganz natürlich, wenn sich der Bibliothekar des halb für einen öffentlichen Beamten vom Range und der gleichen Stellung eines hohen Schulleiters hält und von den Angestellten der ^meriean b.ibrsry ^88veiation ein ähnliches Vcrantwortlicbkeitsge- fühl erwartet wird, wie es in dem amtlichen Schreiben der National kckueation ^88oeiation gefordert wird. Ihnen ist die Pflege des all gemeinen Geisteslebens anvertraut und sie sind dafür verantwortlich Von der Befriedigung des natürlichen Lesehungers gehen sie aus und versuchen, die Bibliotheksbenutzer allmählich dazu zu erziehen, mehr Bücher und bessere Bücher zu lesen. Neben den Neuerwerbungen wer den Bücher in einer Auswahl zur Schau gestellt, die sich auf die Jah reszeit oder bestimmte Länder, die im Vordergründe des Interesses stehen, beziehen. Die neuesten Romane mit ihren scharlachroten Um schlägen sind auf der einen Seite zusammengedrängt, um den Zei tungen mit den Nachrichten aus Grinell-Land oder Fez Platz zu machen, ferner führt eine sauber auf der Schreibmaschine geschriebene Liste die besten und neuesten Bücher über Reisen ins Polargebiet. Ozeanographie, über die Verwendung des Flugzeugs für den Handel. Marokko und seine Bewohner, die Berber — ein alter Volksstamm — und einen Atlas von Nordafrika auf. Gerade kürzlich — ein Ergebnis der XVorker8' LOueation ^88oeiation — hat Amerika die Notwendig keit der Erziehung der Erwachsenen erkannt. Die Bibliothekare ha be« daraus umgehend den einzig richtigen Schluß gezogen: Die Haupt stütze für die Erwachsenen-Erziehung ist die Bücherei. Unter diesem Gesickckspunkt müssen neue Studien der in der Bibliothek enthaltenen Bestände gemacht werden. So ist keackinA witk a ?urp086 entstanden. Bei diesen Schriften, von denen ein Dutzend geplant ist und drei bis jetzt erschienen sind, handelt es sich darum, dem Geist neue Nah rung zu geben. Jede enthält eine kurze Abhandlung und eine kleine Bücherkiste. Die Schriften sollen verteilt werden, die Bücher können von jeder Bücherei entliehen iverden: ,Wenn man nach dem in diesem Büchlein vorgeschlagencn Lese kursus arbeitet', sagt die amtliche Bemerkung des Herausgebers. ,so dürften sich gute umfassende Kenntnisse auf einem Gebiet einstellen. Äte denen eines Durchschnittsmenschen bedeutend überlegen sind. Wenn Sie aus diesem Gebiet weiterzuarbeiten wünschen, so wird der Biblio thekar Ihrer öffentlichen Bücherei gern weitere Vorschläge machen. Wenn Sie Ihr Wissen auf anderen Gebieten vertiefen wollen, so seien Sie hierdurch auf die anderen Lesckurse der Reihe .lieacilnA >vitlr a?urpo86' und auf Ihre öffentliche Bücherei verwiesen.' Die Abhandlungen und sogar die Bücherlisten. die unter diesem Schlagwort in der Absicht zusammengestellt sind, der ihren eigenen Weg gehenden, aber zu begrüßenden ,Sclbstlcrnerci' zu dienen, werden ohne Zweifel großes Aufsehen Hervorrufen; die drei bis jetzt ver öffentlichten bestimmt: Kellogs Abhandlung ist geschwätzig und an spruchslos. seine Liste kurzweilig und zum Lesen anregend. Im Gegen satz dazu ist Earltons Arbeit das Werk eines überzeugten und leiden schaftlichen Pedanten von jener Art, die außer dem größten Werk einer Generation ein anderes Werk nicht erwähnen mögen. Er kann Car- lyle nicht ohne eine eingehende Kritik seiner Weltanschauung nennen, oder Hardy, ohne vor seinem Pessimismus zu warnen, damit der Leser ja nicht unvorbereitet ist. wenn er erfährt, daß ,der Herrscher der Unsterblichen sein Leben beim Würfelspiel beendet hat'. Er ver tritt die Überzeugung, daß es allgemein von Vorteil wäre, wenn man wüßte, daß die Viktorianische Epoche alle anderen durch ihre glän zende Geschichtsschreibung und die Gründlichkeit und Wahrhaftigkeit ihrer Geschichtsforschung llbertreffe, wie die Werke von Carlyle, Mac- aulay, Hallam, Grote, Milman, Kinglake, Lecky, Finlay, Stubbs, Green. Gairdner. Creighton. Bryce. Fronde, Freeman. Gardner und Lingard beweisen, und meint, wenn wir aus der Beschäftigung mit den Meisterwerken der Vergangenheit gelernt haben, welcl>e Kennzeichen gute Literatur im allgemeinen haben soll, daß wir danach die Werke unserer Zeit richtig einschätzen könnten. Er schließt mit dem Geständ nis, daß nach seiner vollen Überzeugung die korbte das wert vollste Werk der schönen Literatur seit 30 Jahren ist. Sonst ist der Unterschied zwischen den einzelnen Schriften gering, denn da sie alle unter dem gleichen Gesichtspunkt geschrieben sind, müssen sie alle auch einander ähnlich sein und wirken dadurch auf den Leser langweilig. Es gibt eben einfach nicht eine solche Liste von Büchern, die erziehend wirken können, die sogar zu einer Bildung verhelfen, die über der eines Durchschnittsmenschen steht, und es nutzt nichts, wenn man eine solche Liste aufzustcllen versucht. Noosevelts Schweinsledcrbände blie ben liegen, und Eliots in Einzelheiten gehende Romane sind überall gelesen worden, noch mehr gekauft worden, und in noch größerem Maße hat die Werbung für sie eingesetzt. Aber sie haben nicht besonders den allgemeinen literarischen Geschmack gehoben. Solche Bücher wenden sich an diejenigen, die jede schöne Stunde auskostcn wollen. Sie er füllen ihren Zweck für ein paar Monate und wandern dann zum Antiquar, und an ihre Stelle tritt der Pelmanismus. Tie Zahl der jenigen. die den Koran oder die Werke von Erasmus lesen, bleibt eben so groß wie vorher. Um die Bildung bei den Erwachsenen zu fördern, muß man sic anleiten, dauernd und mit der Zeit immer bessere Bücher zu lesen. Das heißt aber nicht, daß sie täglich ein Minimum an geistigem Fleisch. Eisen und Wein zu sich nehmen sollen, sondern daß sie die Grenzge biete und auch die Dinge jenseits eines Gebietes beherrschen lernen, wie sie es selbst für notwendig erkannt haben. Wenn die Allgemein bildung eines Durchschnittsmenschen überflügelt wird, so ist das höch stens im Sinne von Pelman ein erstrebenswertes Ergebnis. Das wäre kein systematisches Lesen, sondern ein Lesen, das nur auf äußerliche Wirkung berechnet ist. In der Tat. dieses Streben, cs einem Gelehr ten glcichzutun. ist nur die Veranlassung, diesem oder jenem auf den Grund zu gehen, die Lust, etwas zu begreifen, was wir dumpf in un serem Unterbewußtsein fühlen, und am erstaunlichsten ist. wie selten unsere Schulen und Büchereien diese Lust in uns aufkommen lassen. Von diesem Standpunkt aus ist die sich halb entschuldigende Anführung von Wiggams ,IHuit ok tbs k'amily 'kroo' am meisten zu begrüßen. Es ist durchaus ein schlechtes Buch. Die Leser werden aber tatsächlich aufgewühlt. Bestimmt gehört es zu den Büchern, die das Lesen an derer Bücher über dasselbe Thema notwendig machen. Tenn die Listen, die unter Garantie Belehrung bringen, können nicht einen solchen Einfluß ausllben wie dies eben erwähnte Buch. Es ist immer sehr gut. sich mit der steigenden Tendenz des Marktes ver traut zu machen. Carlton führt aus: ,Das erste Viertel des zwanzigsten Jahrhun derts wird in der Literaturgeschichte Englands immer wegen der bei spiellos großen Zahl der Schriftsteller beachtenswert bleiben, die sich und ihre Gedanken in der „sbort 8tor^" und in dem Roman darzu stellen versuchten. Niemals zuvor ist die schöne Literatur in diesem Maße in den Vordergrund getreten, niemals zuvor haben gleichzeitig so viele Schriftsteller so viele Romane mit vollendeter Meisterschaft und aus bedeutsamer Notwendigkeit heraus geschaffen.' 7
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