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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.01.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1914-01-10
- Erscheinungsdatum
- 10.01.1914
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- Deutsch
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P 7, 10. Januar IS 14. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Wer hat nicht alles in diesem Mindcnschen Freundschaftstempel gastliche Aufnahme gefunden! Überall besaß ja dieser »Freundschafts pfleger«, wie ich ihn einmal zu seiner besonderen Freude in Glückwunsch- versen nannte und wie er sich dann oft selbst bezeichnet^ Menschen, die ihm in treuer Liebe anhingen, in Rußland, wo er in jungen Jahren geschäftlich tätig war, in Böhmen, wo er oftmals den Sommer zuge bracht, und überall, wo er sonst nur einmal geweilt: überall säte und erntete er Freundschaft. Und seine Freunde konnten es wohl leiden, wenn er sie unaufhörlich neckte, ihre kleinen Schwächen harmlos be spöttelte, übte er, der in seinem Hause ein patriarchalisches Regiment führte, doch auch seine Neck- und Spottlust an sich selbst und an den Seinen, die er, der treueste Gatte und sorglichste Vater, so zärtlich liebte. Als er einst die Tochter Theodor Lobes, des berühmten Bühnen künstlers, heimgeführt, mit seiner jnngcn Gattin Gesellschaften besuchte und die Gastgeber es niemals unterließen, die bildschöne junge Frau als »geborene Lobe« vorzustellen, um auf ihre Herkunft bedeutsam hinzuweisen, gab dies seiner Spottlust Stoff, und wohl bis zu seinem Tode rief er seine Gattin selten anders als »geborene Lobe«. Sein patriarchalisches Regiment erstreckte sich auf seine geschäft lichen Angestellten und seine Dienstboten. Mit jenen stand er noch lange im Verkehr, nachdem sic aus dem Geschäfte ausgetreten waren. So fand sich, als man ihn bestattete, ein ehemaliger Gehilfe ein, der weit her gereist war, um seinem einstigen Prinzipal die letzte Ehre zu geben; zwei Jahrzehnte sind verflossen, seitdem er im Mindcnschen Geschäft gewirkt, er ist längst in anderer Geschäftsbranche als selbständiger Kaufmann tätig, und keine geschäftlichen Interessen verbanden ihn noch mit dem Hause Minden, aber die freundschaftlichen Beziehungen bestanden fort und erstreckten sich selbst auf die Söhne Mindens, die im Hause des ehemaligen Angestellten ihres Vaters oft auf Reisen Einkehr hielten. Ganz eigenartig war der Verkehr Mindens mit den Dienstboten des Hauses, die ihn meist wie einen Vater verehrten und die, wenn sie sich brav hielten, von ihm zur Belohnung — geduzt wurden. Sie empfan den es sicherlich als Strafe und erkannten sofort, daß ihr Herr ans sie ärgerlich war und sie etwas versehen haben mußten, wenn er sie mit »Sie« anrief. Sie blieben auch meist lange im Hause, und manche hat von dort aus geheiratet. Da nichtsdestoweniger zeitweilig ein größerer Wechsel stattfinden mußte und Minden sich nicht an die Veränderung der Namen gewöhnen könnte, so beschloß der originelle Mann, sie sämtlich, wie wohl eines der lange im Hause gewesenen Mädchen geheißen, fortan zu nennen. So wurde seitdem vom Hausherrn jedes Mädchen »Julie« genannt; zur Unterscheidung hieß dann wohl eine die »große Julie« oder ähnlich. Einmal nun wurde Minden auf der Straße freundlich von einer Frau angesprochen, die sich freute, ihn zu sehen, um ihm ihr Kind, das sie ans dem Arme trug, zeigen zu können. Minden erkannte die Frau nicht gleich, er sann nach, wer sie sein könnte und kam dann zu dem Schluß: »Entweder sind Sie die Frau X oder Du bist eine frühere Julie von Mindens!« Und sie war ein ehemaliges Dienstmädchen des Hauses und war glückstrahlend über diese seltsame Anrede. Heinrich Minden war in jeder Beziehung ein Eigener, der ganz nach seiner Fasson selig werden wollte und auf keinerlei Richtung hin sich einschmören ließ, nicht im Geschäftsleben, nicht in der Politik, nicht in der Religion. In den meisten politischen Ansichten völlig Demokrat, war er doch ein großer Verehrer Bismarcks und ein guter Monarchist. Es freute ihn, daß sich in seinem Autoren-Verzeichnis Namen von recht hochgeborenen Herrschaften — selbst eine Tante der deutschen Kaiserin, die Prinzessin Amalie zu Schleswig-Holstein, ist mit einem Roman vertreten — zusammenfanden mit Vertretern der äußersten politischen Linken, dem Sozialdemokraten Wilhelm Blos und anderen. So war ihm auch zum Verlegen alles recht, was er für gut hielt; es brauchte nicht das Erfolgreichste zu sein, nicht das, was alle Welt begehren würde, aber es mußte nach seiner Überzeugung ethischen Wert besitzen. So war er, der mit den Übersetzungen Zolas in Deutsch land der modernen Richtung in der Literatur die Bahn gebrochen, doch keineswegs zu bewegen gewesen, jenen seinen Verlag zur Verfügung zu stellen, die sich nur deshalb modern dünkten, weil ihre Romane von Ehebrüchen, unehelichen Kindern und Zweideutigkeiten fabelten. »Klar und wahr« war der Wahlspruch, den er sich für das Wappen seines Geschäfts gewählt hatte, und er hatte einst einen sehr erfolg reichen Autor seines Verlages sofort fallen lassen — seine Werke finden sich nicht mehr in seinem Verlagsverzeichnis —, als er ihn bei einer gröblichen Unwahrheit ertappte, die jener ihm geschrieben um eines materiellen Vorteils halber. Für alle aber, die Minden in sein Herz geschlossen, konnte er sich geschäftlich und persönlich ins Zeug legen, und wo er eine In telligenz witterte, sei es beim Arbeiter, sei es bei einem Kaufmann, beim Künstler oder Aristokraten, da war ihm der Mensch interessant, da suchte er aus ihm herauszuholen, was nur in ihm steckte. So ist mancher durch ihn wohl erst eigentlich Schriftsteller geworden, indem er ihn dazu veranlaßte, zu sagen und zu schreiben, was ihn beschäf tigte in seinem Innern. Merkwürdigerweise aber und leider, leider hat er selbst sich nie an den Schreibtisch gesetzt, um zu erzählen, was er erlebte. Nur Aphorismen, die er fein zu schleifen wußte, hat er gelegentlich veröffentlicht. Daß seine Lebenserinnerungen ein inter essantes Werk geworden wären, ist zweifellos. Die merkwürdigsten Menschen, die durch seine Zeit gegangen, waren ihm persönlich oder brieflich nahe getreten; Fürsten, Minister, Hochstapler, Menschen, die im Zuchthaus geschmachtet, und allerlei andere Persönlichkeiten, die sich von der Alltäglichkeit abhoben, hatten ihm Verlagsosferten gemacht. Die Originale fühlen es wohl, wo sie Verständnis für ihre Menschlich keit finden. Und manch' Werk, das unter einem ganz harmlos klin genden Autornamen in seinem Verlage erschien, würde vielleicht Sen sation erregt haben, wenn man den eigentlichen Namen des Autors genannt und wenn Minden nicht Scheu vor Sensationen gehabt hätte. Als er vor einigen Jahren mit seiner Gattin das Fest der silbernen Hochzeit feierte, scharte sich um das Jubelpaar außer der Familie, der viele bedeutende Persönlichkeiten angehören, ein großer Kreis von Berühmtheiten, die zu den intimsten Freunden des Hauses gehörten. Einer der fröhlichsten damals war Felix Schweighofer, mit dem Minden freundnachbarlich täglich zusammenzukommen pflegte. Sein nach einem Jahr darauf erfolgter Tod hat auch Minden, der, obwohl noch im kräftigsten Mannesalter stehend, doch schon an ver schiedenen Alterserscheinungen litt, wohl schwerer mitgenommen, als er's äußerlich zeigen mochte. Noch hatte Minden die Freude, den ältesten Sohn und seine einzige Tochter zu vermählen, und es tat ihm beson ders wohl, daß der Sohn, der ihm schon seit einigen Jahren eine tüch tige Stütze im Geschäft gewesen, ihm als seine Braut die Tochter eines Landsmannes zuführte, eines aus Ostpreußen gebürtigen Sanitäts rats vr. Wiebe, der nicht nur als Arzt, sondern auch in literarischen Kreisen Dresdens hoch geschätzt wird. Im Kreise der so erweiterten, ihm persönlich ungemein sympathischen Familie feierte er noch das Weihnachtsfest, um dann mitten im Wcihnachtsfrieden sanft und kampflos am Vormittag des zweiten Weihnachtstages einzuschlafen. Am Dienstag vor Neujahr fand im Krematorium zu Tolkewitz bei Dresden die Feuerbestattung statt; der Geistliche, der seine Kinder kon firmiert und sie später getraut, rief ihm ergreifende Worte nach. Zahlreiche Verwandte und Freunde hatten trotz verschneiter Bahn gleise die Fahrt unternommen, um dem Freundschaftspsleger Heinrich Minden die letzte Ehre zu erweisen. Kleine Mitteilungen. Naturwissenschaftliche Vorträge. — Im Hörsaal der »Urania« in Berlin werden in den nächsten Monaten folgende gemeinverständliche naturwissenschaftliche Vorträge und Vortragsreihen abgehalten wer den: Professor vr B. Donath: »Sichtbare und unsichtbare Strahlen«, eine gemeinverständliche Darstellung der hauptsächlichsten Ergebnisse älte rer und neuerer Strahlenforschung. Der Kursus umfaßt 11 Experi mentalvorträge und beginnt am Sonnabend, den 10. Januar. vr. Wil helm Berndt: »Die Abstammung des Menschen und seine Stellung in der Reihe der Lebewesen«, Zyklus von 10 Vorträgen mit Lichtbildern, beginnend Mittwoch, den 14. Januar; Professor vr. Lindner: »Ein führung in die heimatliche Kleinlebewelt«, 5 Vorträge mit Demon strationen und Lichtbildern, beginnend Dienstag, den 13. Januar; vr. Herm. Elias: »Ausgewählte Abschnitte aus dem Gebiet der Luftfahrt«. 6 Vorträge mit Lichtbildern und Vorführungen, beginnend am Mon tag, den 19. Januar; Professor vr. P. Schwahn: »Das Werden der Welten«, 5 Vorträge aus der Entwicklungslehre des Weltalls, be ginnend Donnerstag, den 22. Januar; vr. A. Piotrowski: »Uber Er scheinungen des Seelenlebens«, 5 Vorträge mit Lichtbildern, beginnend Donnerstag, den 26. Februar; Konstruktionsingcnieur A. Keßner: »Die mechanische Technologie der Metalle«, 5 Vorträge mit Licht bildern und Demonstrationen, beginnend Montag, den 2. März. Außer dem wird auf der Sternwarte in der Jnvalidenstraße vr. H. Kritzinger über »Unser Sonnensystem« (5 Vorträge mit Lichtbildern) sprechen. In der Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbemuseums in Berlin ist eine Auswahl amerikanischerDrucke aus den eigenen Beständen der Bibliothek zu einer interessanten Sammlung vereinigt worden. Dem Charakter der Sammlung entsprechend, handelt es sich ausschließlich um Qualitätsarbeiten, der prächtigen Ausstattung nach wohl meistens Liebhaberdrucke (leider sind die Preise nicht beige fügt!). Das, was uns bei dem Worte »amerikanische Presse« in erster Linie vorschwebt, das Packende, Reklamchafte für unfern Geschmack häufig auch etwas Kindliche, fehlt hier vollständig. Cha rakteristisch ist auch der stark akademische Einschlag. Die Hauptans- steller haben ihre Drucker ausschließlich in Universitätsstädten. Han- 51
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