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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.06.1881
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1881-06-27
- Erscheinungsdatum
- 27.06.1881
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theit. 2^. Huni. 3?12 nissen durch gleichzeitige Erschwerung ihres Empfanges und harte Besteuerung derselben. Schlimm genug, daß dies dem russischen Publicum auferlegt wird; was aber geht's uns an, uns, diesseit der russischen Grenze? Vielleicht denken die Herren Buchhändler hierüber doch anders. Man berechne, welche Bedeutung eine solche Besteuerung für den gesammten europäischen, zumeist aber für den deutschen Buchhandel hat. Rußland importirt massenhaft Preßartikel, zumal aus Deutschland, und exportirt dahin so viel wie gar keine. Jener riesige Import würde fortan zu Gunsten Rußlands hochbesteuert, also stark geschädigt werden. Mehr noch, der Buchhandel mit Ruß land besteht großentheils in Commissionshandel. Es gehen weit mehr Werke über die Grenze, als jenseit derselben gekauft werden. Die Zahl der zurückkehrenden ist sehr groß. Die Censur gibt bei Rücksendungen der „Krebse" nichts heraus; denn nicht in ihren Beutel ist das Geld für die nun einmal verbrauchte Steuerwarte geflossen. Der russische Buchhändler muß sich also fortan mehr und inehr auf feste Bestellungen beschränken und überdies auch noch seine Waare bedeutend theurer verkaufen. Der Bücherconsum muß, namentlich in einem Lande, wie Rußland, wo das Bedürfniß nach Literatur überhaupt nicht sehr groß ist, sich auf das Aeußerste be schränken. Die geistige Absperrung Rußlands wird sich nicht bloß in Rußland fühlbar machen, sondern auch auf den literarischen Markt einen bedeutenden Rückschlag üben. In der Kundgebung des CensurcomitLs ist freilich nur von „Päckchen" die Rede, und nicht von Kreuzbandsendungen. Dennoch glaube ich keinen Unterschied zwischen beiden machen zu können. Es wird sich der Erlaß ganz sicher auf beide beziehen oder doch sehr bald auf beide ausgedehnt werden, wie ja auch die Censur erst eine Zeit lang nach Einrichtung der Kreuzbandsendungen auf diese, die bisher das Recht der Briefe gehabt hatten, ausgedehnt wurde. Es scheint nämlich widersinnig, daß die Censur durch Belastung der größeren Sendungen, also der Päckchen, und durch Freilassung der Kreuzbandsendungen dieses letztere Verkehrsmittel vermehren und begünstigen wolle. Der Kreuzbandverkehr steht vielmehr seit jeher in schlechtem Ansehen bei der Censurverwaltung. Er hat in ihren Augen von vornherein etwas Agitatorisches. Auch ist er den Be amten der localen Censurcomitss um der größeren Eile und größeren Verantwortlichkeit willen, die seine Durchsicht fordert, sehr unbequem. Endlich wäre eine Freigebung der Kreuzbandsen dungen nur eine andere Art der Beeinträchtigung des buchhändler ischen Betriebs. Es dürfte schon ein sehr bündereiches Werk sein, dessen Versendung nach Rußland dem Empfänger mehr als 1 Rubel 20 Kop. Transportkosten verursachte. Dann erst würde die buch händlerische Massensendung mit dem Kreuzband concurriren können. Für die Büchersendungen zur Ansicht aber käme ein Privileg der Kreuzbandsendungen gar nicht in Betracht. Zu diesem Zweck ist diese Art der Expedition im Großen viel zu theuer. So bliebe also für den Buchhandel der Effect der Maßregel derselbe: Beschränkung und Bedrückung. Ein Anderes wäre es, wenn für den allgemeinen Geschäftsbetrieb ein Unterschied zwischen Büchern und anderen Preß- erzeugnissen gemacht werden könnte. Dies läßt aber die Postcon vention nicht zu. Ich glaube sonnt nicht zu irren, wenn ich an nehme, daß die Preßverfügung sich trotz des Ausdrucks „Päckchen" (das russische Originalwort könnte höchstens entscheidend sein, und mir ist nur die Uebersetzung der livländischen Gouvernements zeitung bekannt geworden) auf alle Preßerzeugnisse, welche au die Censur gelangen, bezieht. Die hier nur berührte Frage ist also auch eine ganz entschie dene Beeinträchtigung eines mächtigen deutschen Gewerbes, das wohl nicht verfehlen wird, durch seine Repräsentanten die nöthigen Aufklärungen Über jene lakonische Kundgebung des Riga'schen Comitbs für die auswärtige Censur zu verlangen. Möglich, daß sich dann herausstellt, es sei keine ganz neue Maßregel, sondern nur wieder hervorgeholt aus dem Schutt alter, abgelegter, weil für unausführbar erachteter Restrictionsmittel. Dergleichen kommt in Rußland vor, und auf dem Gebiete der Censur sind be reits alle denkbaren Combinationen zur Unterdrückung des geistigen Verkehrs probirt worden. Wenn dem so ist, um so schlimmer für die Neougodoffs von heute, daß sie den barbarischen Versuch noch einmal machen. Denn barbarisch ist er im höchsten Grade. Nehmen wir ein Beispiel seiner Wirkung. Man kann nicht sagen, daß der Buch handel in Rußland blühe. Die Zahl der Buchhandlungen ist ver- hältnißmäßig gering. Sie beschränkt sich auf die Residenzen, die Universitäten und eine kleine Reihe größerer Städte. Jeder Buch händler hat einen bedeutenden Rayon, in welchem er Absatz für seine Waare hofft. Zu den Schwierigkeiten und Verlusten, die ihm die Censur bereitet, kommen Erschwerungen durch Versendung der Bücher auf weiten Strecken, durch ungesunde Creditverhältnisse, durch unzuverlässige Kunden. Der Buchhändler spinnt — wenn es nicht gerade in den Residenzen ist — in Rußland keine Seide. Sehen wir zu, welche neuen Lasten nach dem Wortlaut der obigen „Maßregel" ihm zugemuthet werden. Eine Sendung Bücher trifft für ihn ein, das ComitS macht ihm Mittheilung davon: Zeitverlust. Er reicht sein schriftliches Gesuch um Aus fertigung ein und klebt die 60 Kopekenmarke darauf: Zeitverlust, rechtswidrige Prätension einer Behörde, Geldausgabe. Er erhält den Bescheid, daß er sein Eigenthum empfangen dürfe: unberech tigte Wichtigthuerei. Er sendet seine Commis mit der Voll macht und der 60 Kopekenmarke: Zeitverlust, Geldausgabe. Und hierzu noch die oben erwähnte Mehrbelastung der Beamten und die daraus entspringenden Zeitverluste für Alle. Nehmen wir an, daß ein Buchhändler von den verschiedenen Verlegern und Geschäftsfreunden zusammen 2000 Sendungen im Jahr empfängt, so hat er nicht weniger als 2400 Rubel für die Stempelmarken der Eingaben zu zahlen. Werden für jede Sendung besondere Vollmachten verlangt, was unwahrscheinlich, aber nach der Fassung jener Anzeige des Riga'schen Comitös nicht unmöglich ist, so steigert sich die Summe auf das Doppelte. Und diese Erhöh ung der Betriebskosten gleichzeitig mit der bezweckten Verringerung des Umsatzes! So angewandt, wird diese scheinbar so unbedeutende Maßregel für Rußland der Untergang des größeren Theils aller Buchhändler und eine Centralisirung des Buchhandels in einigen wenigen großen Lagern der Residenzen, wie sie schon Kaiser Niko laus einmal beabsichtigt, aber nicht durchgeführt hat, für das Aus land aber die Umwandlung eines großen und bedürfnißreichen Absatzgebiets in eine faule und unergiebige Kundschaft. Das Interesse der Autoren ist durch die Beschränkung des Leserkreises gleichfalls geschädigt. Doch viel schlimmer noch steht die Sache für die gelehrten und gemeinnützigen Anstalten und Ver eine, die mit ausländischen Gesellschaften im Austausch ihrer lite rarischen Arbeiten stehen. Einige von jenen, wie die Universitäten, mehrere historische und alterthumsforschende Gesellschaften sind von der Censirung der ihnen zugehenden Jahrbücher, Berichte u. s. w. dispensirt. Die Mehrzahl hat dieses Vorrecht nicht. Nehmen wir an — hier halte ich mich an ein mir bekanntes Beispiel — ein solcher wissenschaftlicher Verein von Privaten stehe im Austausch mit 60 verwandten Vereinen des Auslandes. Die neue Steuer würde ihm dann jährlich 720 Rubel kosten. Derartige Vereine pflegen in Rußland aber nicht reich an Mitgliedern und arm an reichen Mitgliedern zu sein. Eine solche Ausgabe überstiege ihre Kräfte, zumal auch die anderweitige Ergänzung der Bibliothek ver- theuert wäre. Das Resultat der Maßregel ist also für die Gesell-
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