Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.01.1926
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Redaktioneller Teil. VSrsnrblatt f. d. Drschu. vuchhandct. X- 5. 7. Januar 1926. / die ihm selbst schmerzlich g«lj.ug sind. Das Buch ist ja nicht nur ein Erzeugnis des Geistes, es ^st zugleich Ware. Es m uß Ware sein und darf doch nicht nur Wc/re sein. Der Autor ist oft zu sehr in seinem Werk befangen, um dessen Wirkungsmöglichkciten richtig abzuschätzen. Da ist der Verleger für ihn Repräsentant des Publikums, sozusagen der erste Leser, durch den der Autor die Probe aufs Exempel machen kamv. Es ist für den Verleger oft nicht leicht, dem Autor zu helfen. Es gibt sehr grimmige und widerspenstige Autoren. Welche Geduld muhte Brockhaus mit dem jungen, noch ganz unbekannten Schopenhauer haben, was mußte er sich von ihm bieten lassen! -»Ich habe an diesem Autor einen wahren Kettenhund« stöhnte er. Erst nach vierzig Jahren be gann die Geduld sich zu lohnen. Natürlich gibt es nicht nur bös« Autoren, sondern auch böse Ver leger. Der Mannheimer Buchhändler Schwan hatte dem jungen, un erfahrenen Schiller die »Räuber« und »Kabale und Liebe« für ein paar Louisdor für alle Zeilen abgekauft, druckte jahrzehntelang immer neue Auflagen, und als der längst weltberühmte Dichter am Ertrag derselben teilnehmen wollte, wies er ihn schnöde ab. Wie hat der russische Verleger Stellowski Dostojewski zu bewuchern versucht, als dieser schon der berühmte Verfasser des »Raskolnikoff« war. Aus diese Weise unsterblich zu werden, ist selbst für einen hartgesottenen Verleger nicht angenehm. Ader auch abgesehen von solchen Bösewichtern will ich den Verleger nicht als den reinen Idealisten hinstellen, der sich mit Wonne für geistige Werte opfert. Es wäre schlimm, wenn er das täte. Sein Beruf ist ja gerade dadurch so schwer, daß er geistigen und materiellen Forderungen zugleich zu genügen hat. Ein Verleger, der bloß nach Liebhaberei verlegen wollte, ohne auf Wirtschaftlichkeit zu sehen, würde bald am Ende seiner Mittel sein und auch seinen Autoren einen schlechten Dienst leisten. Ein Hauptwert des Verlegers beruht gerade auf der zuverlässigen, unverdrossenen Fortführung seiner Tätigkeit; und diese ist ohne Rentabilität nicht denkbar. Viele Autoren brauchen Zeit, um sich voll zu entfalten, und der Fünfzig jährige sollte sein Buch demselben Verleger bringen können, dem er sein Erstlingswerk auvertraute. Dann wird sein Werk dem Publikum viel leichter als Einheit sichtbar. Nicht nur die Autoren, auch viele Bücher brauchen Zeit. Wohl dem Buche, dessen Verleger warten kann, bis seine Stund« gekommen. Der Verleger hat schon viel getan, wenn er einem unerprobtcn Autor, der zu ihm kommt, das Manuskript honoriert, die Truckkosten dafür aufweudct. das Buch aukündigt und vertreibt und ihm so zu der Wirkmrg verhilst, durch die es doch erst wahrhaft lebendig werden kann. Wenige Verleger aber werden sich damit begnügen. Sie werden von sich aus Autoren aufsuchen, sie werden zu erkennen suchen, was der einzelne Autor feiner Begabung nach zu leisten vermag, und ihm Gelegenheit geben, dies auch wirklich zu vollbringen. Der wahre Verleger wird auch Autoren, die sich sonst nicht zufammensinden wür den, zu umfassenden, einheitlichen Werken vereinigen. So kann der einzelne Verleger Kulturpolitik im Großen betreiben. Was bedeutete ein Cotta für die Zeit der Klassiker! Wie viele Dichter fanden bei ihm festen Halt! Man hat ihn mit Recht einen Fürsten unter den Buchhändlern genannt. Er war eine Art Treu händer der deutschen Nation. Cotta hat im' Laufe der Jahre an Goethe 270 000 Gulden ausgezahlt und man hat festgestellt, daß dies- einer Jahresrente von annähernd 30 000 Goldmark gleichkam. Und er hat nicht nur Goethe verlegt, der «ging« (der Westöstliche Divan war aber noch nach Jahrzehnten in der ersten Auslage zu haben), sondern auch Hölderlin, der nicht ging. Wie viel bedeutete es für die Geschichtswissenschaft, daß ein Fried rich Christoph Perthes ihr sein leidenschaftliches Interesse zuwandte! »Größere Fragen, andere und tiefere wie früher«, schrieb er nach den Freiheitskriegen, »werden au die Geschichte getan, und ein« Antwort darauf darf nicht ausbleibcu. Mein Beruf nun soll es werden, die Männer, welche solche Antwort geben können, suchen zu helfen, sie zu drängen und zu treiben, das. was sie können, auch wirklich zu tun, und ihnen in allen Dingen, die dem Buchhändler näher liegen wie dem Gelehrten, förderlich und behilflich zu sein.« So entstand die Euro päische Staatengeschichte, die noch heute, nach hundert Jahren, ein Stolz der deutschen Geschichtsschreibung ist. Es sei auch daran erinnert, was gerade hier in München die Ver leger der Fliegenden Blätter, der Jugend, des Simplicissimus für die Förderung und Entwicklung junger Talente und damit für die Kunst stadt München geleistet haben. Wie hätte ein Oberländer Generatio nen erheitern können, wenn nicht die Fliegenden Blätter — eine vom Verleger in jahrzehntelanger Arbeit ausgebaute Organisation — seine Zeichnungen in alle Welt getragen hätten. Was Cotta für die Zeit der Klassiker war, ist für die moderne Literatur etwa S. Fischer, für die jüngste Generation Kurt Wolfs. Mehr als die Allgemeinheit ahnt, kommt es ja darauf an, in welchem Verlag ein Buch erscheint. Das beste Buch in einem abseits stehenden 24 Verlag geht leicht verloren, weil da das Buch nicht nur sich, sondern erst auch noch den Verlag einsllhren müßte, während doch umgekehrt der Verlag dem Buche den Weg zu bereiten hat. So bleibt oft ein Autor auf Jahrzehnte im Hintergrund. Selbst die Wirkung eines Nietzsche war lange Zeit beeinträchtigt, weil er eigentlich nur einen Drucker, nicht aber einen Verleger hatte. In einem Verlag erschienen zu sein, der alsbald wieder von der Bildfläche verschwindet, kann für den Autor zur Katastrophe werden. Andererseits macht ein Verlag, der sich in langer Arbeit eine weithin sichtbare Stelle errungen hat. einen neuen Autor sofort seinem ganzen Kreise bekannt. Der Name des Verlags bürgt diesem Kreise für den Hlutor. Ein Typus des Verlegers als Kulturpolitiker ist ein Mann wie Eugen Diederichs. Hier spürt man die Triebkraft einer Persönlichkeit, die sich nicht wie so mancher andere darauf beschränkt, das bereits Vorhandene geschmackvoll neu zu drucken. Hier werden vielmehr dem Leben ständjg neue, unverbrauchte Stoffe zugeführt und der Kultur- bcsitz dadurch gestärkt und vermehrt Den ausgesprochenen Gegensatz dazu bildet etwa ein Verlag, dessen Leitgedanke es ist, dem Publikum genau das zu bieten, was es verlangt. Eine glänzend ausgebildete Organisation wird da in Bewegung gesetzt, nur um den Durchschnitt mit Durchschnitt zu versorgen, um das Publikum in all seiner Banali tät zu bestätigen und es möglichst noch mehr zu banalisieren. So wird der Verlag zur Industrie. Von der rein industriellen Einstellung droht dem Verlag und da mit der geistigen Kultur überhaupt aber eine große Gefahr. Ein Ver lag. der nur nach Massenauflagen trachtet, muß dahin streben, das Buch immer mehr zu typisieren. So entsteht über jedes Stoffgebiet ein Durchschnittsbuch zu einem Durchschnittspreis, das der Durch schnittsbuchhändler jedem Durchschnittsmenschen unbesehen in die Hand drückt. Neben diesem Massenbuch kann das feine, individuelle Buch nicht mehr aufkommen. Der Reichtum an solchen Büchern war aber gerade bisher ein Ruhmestitel des deutschen Verlagswesens. Gott verschone den Verlag vor Amerikanisierung! Der Verleger, der wahrhaft diesen Namen verdient, wird nie nur das machen, wonach voraussichtlich die größte Nachfrage ist. Er wird die Nachfrage vielmehr von sich aus auf die Dinge lenken, an deren Wert er glaubt. Er wird eine Nachfrage, die noch gar nicht vor handen ist, zu wecken suchen. Was wußte das breite Publikum von der Plastik des deutschen Mittelalters, von der Baukunst des deutschen Barock, bevor Langewiesche seine schöngedruckten, spottbilligen Bilder- Bänöe darüber machte. Das war «ine Tat! So wird der Verleger zum Erzieher. Kein Verleger wird auf einem Gebiete wahrhaft produktiv sein, auf dem er nicht selbst zuhause ist. Er erfüllt sich als Verleger mit seinen Büchern sozusagen seine eigenen geistigen Bedürfnisse. An diesem Punkte wird besonders deutlich, daß das Buch nicht bloß Ware, der Verleger nicht nur Kaufmann sein kann. Freilich bedeutet das Buch, für das die Nachfrage erst noch geweckt werden muß, fiir den Verleger ein erhöhtes Risiko. Mancher denkt wohl, wenn er ein Buch mit hohen Auflageziffern in der Hand hält, neiderfüllt: »Was mag der Verleger daran verdient haben!« Er tröste sich mit den Worten des alten Brockhaus: »Wir müssen beim Verlagsbuchhandcl durchaus die Chance haben, etwas Erkleckliches in einzelnen Fällen gewinnen zu können, da wir als Regel annehmen müssen, daß wir von zwanzig Unternehmungen bei zehn verlieren, bei fünf auf unsere Kosten kom men. bei vier ordentlich und bei einer tüchtig gewinnen. So hält eines das andere in der Balance«. Aber diese Balance kann niemand dem Verleger garantieren. Ohne Wagemut, ohne Optimismus ist ein Verleger undenkbar. Möge der eine oder der andere unter den vielen, die sich zu Weih nachten an einem schönen Buche erfreuen, auch der Arbeit des Ver legers gedenken, ohne die das Buch nicht da wäre. Möchten wir Ver leger in Zukunft noch mehr als bisher eingedenk sein, daß jedes über flüssige Buch einem notivendigen den Weg versperrt, und kmß es auch für uns vor allem darauf ankommt, das Wesentliche vom Unwesent lichen zu unterscheiden. Kleine bibliographische Verzeichnisse und Fortsetzungen aus verschiedenen Gebieten. (Vorhergehende Liste s. Bbl. 1925, Nr. 284.) k'iauenbuelrkancUunA, Ckarlottenburg. 8°. 12 Leiten. Eine Auswahl der für die Frauenwelt geeigneten Neuigkeiten, znrückgrcifcnd auf die Weihnachtsneuigkeiten des vorigen Jahres in systematischer Anordnung. Marie Lesscr, die Leiterin der Buchhand lung, bietet Gewähr für eine würdige und gediegene Auswahl.
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