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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.09.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-09-04
- Erscheinungsdatum
- 04.09.1913
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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^ 205, 4. September 1913. Redaktioneller Teil. gerade des Verlegers vorgezogen wird, der ihm die besten Liefer ungsbedingungen einrännlt. Die Pflege der idealen Guter wan delt sich so um zu einem sehr lukrativen Geschäft. Vom ideellen Standpunkt betrachtet ist es doch im höchsten Mage bedenklich, einer Persönlichkeit oder einer kleinen Gruppe von Persön lichkeiten die oberinstanzliche Entscheidung in Gcschmacksdingen ein- zuränmcn. Man sollte sich wahrlich hüten, ein Unfehlbarkeits-Dogma in Literatur-Dingen anfznstellen. Wir unsererseits müßten es ent schieden ablchnen, uns dem Urteil des Diirerbnndes zu unterwerfen, beziehungsweise es auch nur anzurnfen. DcrDiirerbund kann nach derLage der Dinge — schon weil er nur kleine Gestelle oder Automaten anfstellt und keine großen Läden cin- richtet - höchstens einige hundert Bände vertreiben. Sollen nur diese wenigen Werke als wirklich empfehlenswert gelten und die vielen anderen zehntausend Veröffentlichungen, die beste Kraft unserer Dichter und Gelehrten, das Resultat der Intelligenz und des Unternehmungs geistes unserer deutschen Verleger, als Schundliteratur gebrandmarkt werden? Nun zu den wenigen Büchern, die vielleicht Gnade vor den Angen der Allgewaltigen gefunden haben. Sollten wir, um den eventuellen Vorteil einer Empfehlung durch den Dürerbund zu ge nießen, damit einverstanden sein, daß nicht wir, sondern Herr Betten- hanscn die so gekennzeichneten Werke dem Sortiment wcitergibt, sollten wir wirklich die engen Beziehungen zwischen dem Sortiment und uns lösen, auf jede persönliche Fühlung mit unseren Geschäfts freunden verzichten, nicht mehr die so wertvollen Anregungen und Wünsche des Sortimentes hören, sondern Herrn Bettenhanscn als Vermittler zwischen das Sortiment und uns stellen? Wir würden diese Bahn niemals beschreiten, sondern eine Lieferung für solche Zwecke von vornherein ablehnen. Ans die großen Gefahren, die dem ganzen Stande des Sorti ments und Bahnhofsbnchhandels durch dieses Unternehmen des Diirerbnndes drohen, auf die Tatsache, daß sein Ansehen beim Publi kum herabgewürdigt werden muß, wenn seiner Empfehlung jeglicher Wert genommen, wenn er Zigarrenhändlcr und Bahnhofswirte neben sich als gleichwertige Faktoren für die Verbreitung guter Literatur anerkennen muß, auf diese schon von Berufeneren geschilderten Ge fahren näher einzugehen, erübrigt sich wohl.« »Ich habe seit vielen Fahren an dem Aufbau meines Verlages gearbeitet und habe ihm das Ansehen verschafft, das er jetzt in allen Kreisen, für die er berechnet ist, Schulen und Volksbibliotheken, ge nießt. Wenn ich ein neues Buch herausgebe, dann bin ich sicher, daß es auch in diesen Kreisen Fnteresse erweckt. Fch muß den Gedanken nun vollständig von der Hand weisen, daß ich meinen Verlag jetzt einer Zensur unterwerfe« und dafür noch eine Abgabe zahlen soll. Auch ist mir die Abstempelung der Bücher schon ans ästhetischen Gründen in höchstem Maße unsympathisch. Die für mich in Betracht kommenden Abnehmerkreise sind aber literarisch so gebildet, daß sie ein eigenes Urteil haben, wofür mir jeden Tag neue Beweise zugehcn. Bekanntlich bestehen in Deutschland für Fugend- und Volks schriften eine große Anzahl Lehrcrprüfnngsansschüsse. Da sind erstens die Vereinigten Hamburger mit 191 vertreten, dann kommt der Berliner Lchrervercin mit vielleicht 50, dann der Bayerische Lchrervcrein mit ebensoviel, dann die sämtlichen süddeutschen Städte, dann kommt der Schweizerische Lchrervercin mit einer ganzen Menge Ausschüsse und die österreichischen; es werden zirka 300 Aus schüsse sein. Feder Ansschuß besteht aus 8—10 Mitgliedern. Wenn ich nun an diese sämtlichen Ausschüsse Prüfnngseremplarc abge sandt habe und die Majorität dieser Ausschüsse auch das Buch ange nommen hat, dann sollte man doch glauben, daß diese Anerkennung ein Frcipaß wäre, aber keineswegs: jeder Kreislehrerverein hat wieder seinen eigenen Ausschuß, und viele Rektoren prüfen sogar häufig nochmal selbst. Tag für Tag bekommen wir Aufforderungen von Direktoren und Rektoren um Zusendung von Prüfnngserem- vlaren, und wenn wir dann darauf Hinweisen, daß die Bücher doch schon bereits in den Listen der vielen Prüfungsausschüsse verzeichnet seien, dann heißt es: .Das kümmert mich nicht, ich bestimme die An schaffung für unsere Bibliothek nach eigenem Ermessen*. Nun soll es also mit diesen Prüfungsausschüssen noch nicht genug sein, und der Dürerbnnd will noch seinen Stempel darauf sehen?« »Fch bin der Meinung, daß man als Verleger nicht scharf genug gegen diese Zensur protestieren kann und daß cs für den Verlag un abweisbar notwendig ist, einmütig znsammenzustchen und die Zumutung abznweisen, seine Publikationen knnstwartlich appro bieren* zu lassen: kein honetter Verleger wird sich einer solchen Be vormundung fügen können. Auch ist «-s weder verständig noch gerechtfertigt, die in schweren politischen Kämpfen errungene Preßfreiheit durch eine freiwillige Stellung unter eine private Zensur auch nur im Prinzip zu ge fährden: von privater zu staatlicher Zensur ist dann kein allzu großer Schritt mehr! Ober die Schaffung einer neuen Mittelstelle brauche ich mich nicht besonders auszulassen: ich würde es für verderblich halten, wenn ein neues Zwischenglied zwischen Verlag und Sortiment (bzw. Bahnhofsbuchhandel) sich einschiebt und den Nutzen verhindert, den ein Unternehmen bisher Verleger und Sortimenter gebracht hat: denn wenn daran noch Mittelstelle und Dürerbund teilhaben wollen, so ist das bei den ohnehin knapp und scharf kalkulierten billigen Büchern und bei dem hohen Rabatt, den Bettenhausen als Bahn Hofsbuchhändler gewöhnt ist, nur dadurch möglich, daß dem Sorti- incntcr (und Bahnhofsbnchhändler) der bisher direkt gewährte Na- batt beschnitten werden muß, und dann leiden natürlich auch das Unternehmen und der Verleger Not. Die vom Dürerbund geplante Ausdehnung des Vertriebes muß aber auch das Sortiment zum Kampf aufrufen. Unzählige Auchbuch händler werden dadurch gezüchtet und quasi amtlich .abgestempelt* werden, die Agitationstätigkeit der Herren Grossobuchhändler wird planmäßig in einer Weise ergänzt, die dem Gesamtbuchhandel nur zum Schaden gereichen kann. Was nützt dann dem Buchhandel der Kampf gegen die Anchbnchhändler, wenn durch einen Schritt des Dürerbundes Massen neuer Vertriebsstellen aus der Erde gestampft werden?« »Ter Verleger von Volkslitcratur erhält eine sehr anfechtbare Zensur für seine vorliegende Produktion und unterliegt Hemmungen in bezug auf seine zukünftige: er wird sich bei einer solchen Aus breitung des Dürerbnnb-Unternehmens, wie sie den Veranstaltern vorschwcbt (Machtfaktoren), bei jeder Neuherausgabe fragen müssen: wie stellt sich der Dürerbnnd zu deinen Absichten? Dabei ist be sonders zu beachten, daß die geplante Abstempelung jede Überzeu gungskraft und jeden Wert verliert durch die Verquickung materiel ler und volkserzieherischer Fnteressen, die hier eine eigentümliche Form annehmcn. (Znm Verkauf sind nur solche Unternehmungen zugelassen, .soweit das eben geschäftlich möglich ist*). Dadurch kann der groteske Fall eintreten, daß führende Unternehmungen billiger Volksliteratur, die als empfehlenswert in den Dürerbund blättern seit Fahren anfgeführt sind, von Herrn Bettenhausen vom Verkauf ausgeschlossen werden. Oder daß sie von den Verkanfs- tischen des Dürcrbundes wieder verschwinden müssen, weil eine ver änderte Kalkulation ein Weiterliefern an den Unternehmer zu den seitherigen Bedingungen unmöglich macht.« »Der Sortimentsbuchhandel kann sich schon aus Selbstachtung eine solche Zensur seitens des Dürerbunbes nicht gefallen lassen und würde sich außerdem durch Anerkennung dieser Bestimmungen der Möglichkeit berauben, sein Geschäft nach allen ihm gutdünkenden Seiten anszndchnen. Er würde sich also selber damit einen materiel len Schaden zufügen.« »Daß der Dürerbund mit der Abstempelung der von ihm als empfehlenswert ausgesuchten Volkslitcratur und mit dem geplanten Verkauf aus den Dürerbund-Staffeleien große praktische Erfolge er zielen wird, halte ich für ausgeschlossen. Einmal bin ich überzeugt, daß das deutsche Volk sich diese Bevormundung nicht gefallen lassen wird und daß Herr vr. Avenarius und seine Mitarbeiter in ihrer schulmeisterlichen Art die Auslese so wenig den Wünschen und Be dürfnissen der großen Menge werden anpassen können, daß die Dü rerbundwertmarken bald eher den einfachen Mann vom Bücher- kanfen abschrecken als dazu anregen werden, andererseits aber schätzt nach meinen Erfahrungen Herr vr. Avenarius die Absatzmöglichkeit für Bücher in den ganz kleinen Orten viel zn hoch ein, als daß er jemals darauf wird rechnen können, eine entsprechende Rentabilität seines Unternehmens zu erzielen. Und doch halte ich den ganzen Plan für außerordentlich schädlich, sowohl für den Verlag als für das Sortiment, weil er geeignet ist, das Ansehen des Buchhandels im deutschen Volke und bei allen Be Hörden zu untergraben, und weil er sich gegen unsere ganze Orga nisation wendet. Das widersinnige Märchen, das nun schon seit einer Reihe von Fahren von Vereinen, Verbänden und Stiftungen aller Art in Millionen volltönender Aufrufe und Eingaben kolportiert wird, daß der deutsche Buchhandel seiner kulturellen Aufgabe nicht ge wachsen sei und daß deshalb die Verbreitung von Volksbildung durch Schaffung guter billiger Bücher von Außenstehenden betrieben werden müsse, wird wieder neue Nahrung finden, und jeder Beamte und Lehrer, der sich als Volksfrennd fühlt, wird bestrebt sein, das gegen den Buchhändler, also gegen Geschäftsleute gerichtete Unter nehmen zn unterstützen. Und wie viele solcher befleckten und verdorbenen Bücher wird cs bald in den Staffelcicn der Wirtschaften geben, wenn die Gäste 1146*
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