Fertige Bücher. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 11279 ^ 249,- 25. Oktober 1913. VSIL Lerlin 18 ttarnenberZ 8lrä88e 14 : 8 Vkkl^08N^8 Zum Streitfall passarge Zrobenius (Auszug aus der letzten Nummer der „Deutschen Rolonlalzeitung'") Die drei großen westafrikanischen Reisen von Leo Frobenius (1904 bis 1906, 1907 bis 1909, 1910 bis 1912) sind entweder ganz oder zum größten Teil auf Kosten ethnographischer Museen durchgeführt worden. Die erste hat das Hamburger Museum allein getragen; zur zweiten haben Leipzig und Hamburg sehr erhebliche Summen beigesteuert; an der dritten hat sich neben jenen Museen auch das Königliche Museum für Völkerkunde zu Berlin beteiligt. Im ersten Teile seiner Kritik findet Herr Professor Passarge diese Beteiligung vollauf ver ständlich, in einem der Schlußsätze hingegen fragt er öffentlich an, ob Frobenius' Sammlungen nicht einen nur sehr beschränkten wissenschaftlichen Wert besitzen. Da die ihrem Werte nach angezweifelten Samm lungen sich in den Museen zu Hamburg, Leipzig und Berlin befinden, sind die Leiter dieser Institute der Lage der Dinge nach die berufensten Richter. Wie Hamburg und Leipzig über Frobenius denken, kommt am treffendsten in der Tatsache zum Ausdruck, daß beide Städte^,ach der Beendigung der einen Expedition keinen Augenblick gezögert haben, sich stets auch an der nächstfolgenden zu beteiligen. So findet auch das dicht vor der Ausreise stehende vierte große Unternehmen Hamburg und Leipzig von neuem an der Seite des bewährten Forschers. In den Augen Paffarges ist Frobenius nun bei seinen bisherigen Veröffentlichungen, gelinde gesagt, zu „großzügig" vorgegangen. Daran ist unstreitig etwas Wahres. Frobenius ist ein Stürmer, dem es nicht gegeben ist, sich in dem vorsichtigen Schrittmaß der zünftigen Völkerkunde fortzubewegen. Aber erinnern wir uns an dieser Stelle an die Situation in der zweiten Hälfte der 1890 er Jahre. Frobenius warf damals — in nicht viel anderer Weise als neuer dings seine Atlantis und die Lehre von den übrigen Beeinflussungen — das Schlagwort vom westafrikanischen Rulturkreis in die völkerkundliche Arena. Verblüffung hier, Entrüstung dort war die Wirkung von allen Seiten. Heute ist dieser Kultur- kreis längst gesichertes und allseitig anerkanntes Gemeingut der vergleichenden Völkerkunde, die von demselben Sünder inaugurierte Methode aber ist seit her von vielen Völkerkundlern angenommen worden und rühmt sich sogar, auf dem weiten Arbeitsfelde der Ethnologie die fortschrittlichste zu sein. Auch pasiarge hat den westafrikanischen Ruitur- kreis übernommen, sogar in der vorliegenden Besprechung operiert er mit ihm. Mildernd steht ihm dabei der Llmstand zur Seite, daß Frobenius den Begriff geschaffen hat, bevor er den heißen, für ihn angeblich so gefährlichen Boden Afrikas betrat. Aber sollte dieser Boden die wissenschaftlichen Quali täten des angefcindeten Ethnologen wirklich so sehr verschlechtert haben, daß seither kein gutes Haar mehr an ihm ist? Berlin, 7 Oktober 1913 Prof. Dr° G. Thilemus, Direktor des Äamburgischen Museums für Völkerkunde Prof. Dr. A. Wsule, Direktor des Museums für Völkerkunde zu Leipzig Rrsf. Dr. S. Ankermann, Kustos am Museum für Völkerkunde zuBerlin, mit der Leitung der Afrikanischen Abteilung beauftragt Dieses Urteil Maßgebender Persönlichkeiten - noch dazu in amtliche? und verant wortlicher Stellung - beseitigt alle etwa entstandenen Zweifel» Sem muestesWerk Unter den unsträflichen /lethiopen wird dadurch um so mehr Seachtung finden. 1471*