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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.12.1926
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- 1926-12-11
- Erscheinungsdatum
- 11.12.1926
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288, 11, Dezember 1926. Redaktioneller Teil. ist aber nur ein Teil der Ausbildung. Jeder Buchhändler niützie eine gründliche Kenntnis des Schrifttums haben. Er müßte — bas meine ich nicht von jedem Buch, wahrhaftig nicht — die Strömungen und Richtungen, und zwar insbesondere das Wesentliche und Wichtige innerhalb unseres Schrifttums kennen. Dies aber setzt voraus eine Einführung in das Ver ständnis der geistigen Kräfte unserer Zeit. Dies ist nötig, wenn er überhaupt feinen Berus in ein richtiges Verhältnis zu dem Volksganzen bringen will. Es ist z. B. ganz offenkundig, daß in der Gegenwart der geistige, politische und wirtschaftliche Inhalt dessen, was wir »Voll« nennen, eine innere Wandlung erfährt, der sich niemand entziehen kann. Während bisher der Begriff »Volk» sozusagen in sich selbst ruhte und stark an dem Gegensatz zu anderen Völkern orientiert war, tritt heute die »Völkerfamilie», nicht etwa nur die »europäische», mehr und mehr als Wirklichkeit in unser gesamtes Leben ein. Dies zeigt sich nicht nur politisch (Locarno, Völkerbund) und wirtschaftlich (in internationalen Ab machungen aller Art); es zeigt sich auch kulturell: der Andrang — das wissen die Buchhändler selbst am besten — ausländischer Literatur auf unserem Büchermarkt, die internationale Zusammen arbeit der Kirchen, die übernationale Jugendarbeit, internationale, politische, pädagogische und wissenschaftliche Kongresse, dies alles wirkt sich im Schrifttum aus, dessen geistig-wirtschaftlicher Expo nent der Buchhändler ist. Was für Vorgänge liegen dieser Entwick lung zugrunde? Es ist offenbar, daß hier andere Kräfte wirksam sind als vor dem Kriege. Es ist die Auswirkung tiefgreifender Wandlungen: das Gesicht der Welt ändert sich. Die räumlichen Entfernungen sind unter dem Einfluß von Auto, Flugzeug, draht loser Telegraphie, Radio usw. kleiner geworden als vor hundert Jahren. Der Lebensantrieb aber hat sich geweitet. In der Tat: Volk als Glied der Völkerfamilie; der große Gedanke »Mensch heit» und der Gedanke der Schicksalsverbundenheit der Völker wird Wirklichkeit. Es ist nicht mehr so, daß man beruhigt sein Gläschen trinken kann, »wenn hinten weit in der Türkei die Völker aus- einanderschlagen«. Keine Rede davon, daß dadurch die Bedeutung von »Volk» kleiner würde oder daß die natur- und schicksals- gcgebcnen Unterschiede verschwänden: aber das Problem »Volk» ge winnt einen neuen, tieferen Sinn. Volk als Glied der Menschheit, berufen zum Dienst am Ganzen mit den ihm eigenen Kräften, Volk als Brüder unter Brüdern: der Blickpunkt ist ihm in die Höhe ge rückt. Und je stärker die Beziehungen der Völker untereinander werden, um so treuer müssen wir das Eigengut unseres Volkes wahren, nicht um uns abzuschließen, sondern um des Dienstes willen an den anderen und für die anderen. Es ist ganz klar, daß hier der Buchhandel eine große Aufgabe hat, zu groß, wenn sie aus ihm allein läge, aber zu wichtig, als daß er daran vorüber gehen dürfte, wenn anders er die Mitverantwortung für unser Volk tragen will. Innerhalb dieses großen Rahmens und solcher grundsätzlichen Betrachtung muß viel Einzelarbeit getrieben werden: Wie er langt der Buchhändler ein begründetes Urteil über die wichtigen Erscheinungen des Schrifttums? Ich brauche ja nichts zu sagen über die weithin geübte Praxis der Buchbesprechung, der Wasch zettel und der Buchanpreisung. Ist die Höhe des Rabattsatzcs der wichtigste Antrieb für die Stärke des buchhändlerischen Interesses? Ist es die Sensation? Damit kann er viel Geld verdienen,' auch heute noch. Wo ist in allen diesen Fällen die durch die Verant wortung gezogene Grenze? Ich weiß, daß ich hier an schwierige Fragen rühre, Fragen, die wirklich nicht mit einem Satz abzutun sind, Fragen, die auch mit der wirtschaftlichen Existenz zusammen- hängen; sie müssen aber in diesem Zusammenhänge gestellt werden, wenn anders wir die uns gestellte Frage ernst nehmen. Hier ist noch ein Wort anzufügen. Ich führte zu Anfang aus, daß jeder Berus seine besonderen Berussgefahren habe. Ge statten Sie mir, daß ich dazu auch ein Wort sage, ich meine es wirklich nicht als bloße Kritik. Die Berufsgefahr des Buchhänd lers ist die »Buchtitelbildung«. Man weiß alles, weil eben der Beruf das mit sich bringt, man hat aber keinen tieferen Einblick in die Sache selbst. Andere Berufe haben genau so ihre Gefahren, die nicht minder groß sind: beim Politiker ist es die Phrase, beim Pfarrer die Heuchelei, beim Lehrer das Allesbesserwisser!, die »Leitsadenbildung», beim Beamten der Formalismus usw. Jeder Beruf muß seine Gefahr erkennen und sie bekämpfen. Darum auch Kampf gegen die bloße Buchtitelbildung! Sie gefährdet die Persönlichkeit und schwächt die volkserzieherische -Kraft des Berufs. Zu der Schrifttums- und Buchkunde kommt die Käuserkunde. Hierin ist «ine gute Lehre die beste Schule und ein Chef, der seinem jüngeren Mitarbeiter Anleitung gibt, der beste Lehrer. Psycho logie des Kausens und Verkaufens! Käufertypcn -und deren Be handlung. Die verschiedenen Arten der Beratung. Wann und warum der Käufer wieder und nicht wieder kommt. Die Käufer und die verschiedenen Gebiete des Schrifttums. Diese Fragen hängen eng zusammen mit den wirtschaftlichen Berussfragen. Sie beziehen sich aber nicht nur auf die Verhält nisse auf dem Büchermarkt. Diese Verhältnisse sind ja wiederum vielmehr eine Teilerscheinung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens. Es ist für den Buchhändler, Verleger und Sortimenter, überaus wichtig, die wirtschaftliche Lage zu kennen, besonders wenn sie wie jetzt «in wesentlicher Beitrag zum Verständnis der gegenwärtigen Lage des Buchhandels ist. Lassen Sie mich das mit einem Wort erläutern. Bis zum Ende des Krieges war der Mittelstand die eigentlich Bücher kaufende Schicht. Bessere Schul bildung, »besserer» Beruf, befriedigendes Einkommen und geord nete Vermögensverhältnisse bildeten zusammen mit einer starken Familientradition einen guten Boden für das Wachstum geistiger Bedürfnisse, die sich in -der Liebe zu Büchern äußerte. Die un geheure geistige und wirtschaftliche Umwälzung hat gerade in dieser Schicht zu verhängnisvollen Veränderungen geführt. Die Wirt schaftskraft des Mittelstandes ist zum großen Teil zerstört, das Vermögen ist dahin, das Einkommen kaum zum Leben aus reichend. Statt zu 10 Büchern reicht es kaum mehr zu einem; auch die heutige seelische Verfassung dieser Kreise ist dem Buch nicht günstig. Wo ist die Käuferschicht, die an die Stelle dieses versinkenden Mittelstandes tritt oder ihn ergänzt und erweitert? Wir hören viel vom aufstrebenden Proletariat. Dies ist in mehrfacher Hin sicht auch richtig. Aber das Verhältnis zum Buch ist hier nicht dasselbe wie beim Mittelstand, kann es auch nicht sein. Es fehlen die Voraussetzungen geistiger und wirtschaftlicher Art. Außer dem hat eine Truppe, die im Kampfe steht, andere Interessen. Dazu kommen aber noch andere Entwicklungen, die zu kennen für das Verständnis der Lage von Wichtigkeit sind. Die geistig lebendige Jugend vor 25 Jahren hat hinter den Büchern gesessen und hat studiert. Dieselbe Jugend treibt heute Sport und wan dert. Die Jugendbewegung ist hierfür der deutlichste Beweis. Diese Jugend, und es ist darin der beste Teil unseres jungen Volkes, liest nicht entfernt soviel Bücher wie wir in unserer Jugend und liest andere Bücher. Und der Sport — so wichtig -für die Ge sundheit und die Entfaltung vieler wertvollen Kräfte des jungen Menschen! Aber welche Verheerung richtet seine übertriebene Pflege auf vielen Gebieten -des geistigen und seelischen Lebens an! Wie ertötet er auch das Interesse sür das Schrifttum, für Politik und anderes! So wirken -wirtschaftliche, geistige und andere Strömungen gestaltend und umgestaltend ein auf die Struktur unseres Volks lebens. Und diese Strukturveränderungen wiederum sind ent scheidend für Ertrag und Erfolg des Buchhandels. Sie sind ent scheidend auch für dis ganze Frage der Werbung, der -Reklame. Gestatten Sie mir hierzu einige allgemeine Bemerkungen über die heutige Reklame. Gewiß, es ist wichtig, die technischen Möglich keiten der modernen Werbung zu kennen. Aber wie verkehrt — auch wirtschaftlich — ist eine Werbung, die die oben anged-eutcten Tatsachen nicht beachtet! Keine Frage -der Gegenwart beleuchtet so grell das völlige Versagen der isolierten Betrachtung der Dinge wie die aus dem Zusammenhang gerissene Behandlung der Re klamefrage. Art und Stärke der Werbung ist aus allen Gebieten des Wirtschaftslebens ein deutliches Anzeichen nicht nur für die wachsende äußere, sondern noch mehr .für die innere Not der Wirt schaft im ganzen und im einzelnen. Und dann die Wirtschaftlich keit der Werbung! Es ist schon so: die heutige Art und der Um fang der Reklame (das deutsche Wort reicht -hier nimmer aus) ist I4K3
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