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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.01.1926
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- 1926-01-30
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- 30.01.1926
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an fremde Geistcsart zu verlieren, sodaß von jeher abtrünnige Deutsche unsre schlimmsten Feinde gewesen sind sich nenne aus der schier endlosen Reihe hier nur Wetterls und Blumenthal). Das hat uns am spätesten zur nationalen Einigung kommen lassen, die kulturell noch nicht einmal vollendet war, als sie politisch durch den Ausgang des Weltkrieges schon wieder aufs schwerste und für unabsehbare Zeiten gefährdet wurde. Und in dieser Lage, in der Gefahr des Untergangs, sollten wir gleichgültig der Ver drängung unsrer deutschen Schrift zusehen, die ein so vorzüglicher Schutzwall ist, und uns einrcdcn lassen, cs gebe überhaupt keine deutsche Schrift, die Lateinschrist sei ebensogut eine deutsche Schrist? Jedes andere Volk würde zu stolz dazu sein, und wir sollen's auch sein, nicht aus hohlem Chauvinismus, sondern weil wir wissen sollen, ein wie hohes politisches und Kulturgut unsre nationale und dabei im besten Sinne wcltwcrbendc Schrist ist. Wir Deutsche können keine Stütze unsres Volkstums entbehren, am wenigsten eine für unsre Selbstbehauptung inmitten des Welschtums so be währte. Hätten wir sie nicht, sie müßte erfunden werden. Es gibt kein tresfenderes Wort als das Bismarck zugeschriebene: Wenn die Franzosen eine Nationalschrist hätten wie wir Deutschen, sie würden denjenigen, der für die internationale Schrift agitieren wollte, am nächsten Laternenpfahl aufknüpfen *). — Nun, wir sind keine Franzosen, und Bismarck steht über dem Verdacht, als hätte er uns französischen Chauvinismus gewünscht, aber er hat mehr fach gezeigt, wie tief er von der politischen Notwendigkeit des geschlossenen Festhaltcns an unserer Nationalschrift durch drungen war. Heute erst ist uns der bei unserer völkischen In stinktlosigkeit besonders nötige bündige Nachweis, daß wir, selbst rein geschichtlich betrachtet, mit bestem Gewissen von unsrer Na tionalschrift reden können, durch Forscher wie den verdienten Wolsenbütteler Bibliothekar Milchlack und den Kunsthistoriker Rudolf Kautzsch möglich geworden"). Die Verteidigung der Herrschaft der deutschen Schrift im deutschen Volk, ihren Unter drückern zum Trotz, wird damit zum Symbol unseres Kampfes gegen alle innere Zwietracht und für bodenständige Volksgemein schaft, ohne die es keine Gesundung und keine Zukunft für unser Vaterland gibt. Fraktur ist, wie die Probleme des Lebens, -die uns Deutsche tiefer auswühlen als andere, nicht rund und glatt wie die Latein schrift, sondern reich gegliedert und schließt sich gerade dadurch zu leichter erfaßbaren Wortbildern zusammen, deren sichere und leichtere Lesbarkeit alle wissenschaftlichen Untersuchungen bestätigt haben. Sie entspricht in ihrer heute vor 400 Jahren durch keinen Geringeren als Albrecht Dürer endgültig gesicherten genialen Druckschriftform der deutschen Geistesart. Die »klaren«, keine guten Wortbilder und Satzgliederungcn, sondern Zeilenbalken er gebenden Einzelbuchstabcn der Antiqua — »Klarheit« und leichte Lesbarkeit sind Gegensätze! — entsprechen dagegen romanischer und englischer Geistesart. Daß das skandinavische Geistesleben mehr zu dieser hin sich zu entwickeln begonnen hat, prägt sich im Übergang des Nordens zur Antiqua aus. Die Sorge dieser ger manischen Völkersplitter, der Übermacht deutscher Kultur gegenüber ihre volle Selbständigkeit nicht erringen zu können, also politische Gründe und Schwäche, haben ihren Abfall von der Fraktur be dingt, den Herr Professor vr. Dresdner unserm Volk als maß gebend hinstellt. Glaubt er etwa, mit Antiquadruck die allmähliche Hinwendung Skandinaviens zum westlichen Kulturkreis und die damit naturnotwendig kommende Minderung deutschen Bücherab satzes im Norden aufhallen oder gar abwenden zu können?*") Wer *) Den literarischen Beleg über diese Äußerung habe ich bisher nicht gesunde». **> Milchsack, Was Ist Fraktur? 2. Ausl. Braunschweig, E. Appel- Hans L Co. IMS. — Kautzsch, Die Entstehung der Frakturschrist. Mainz 1922, Beilage zum 20. Jahresbericht der Gutenbcrg-Gcscllschast und bisher bedauerlicherweise nicht in die Bibliographien gebracht. Soeben wird ein neues Zeugnis dieser Abwendung von uns bekannt. Die seinerzeit als internationales Organ in Stockholm ge gründeten »Geographischen Annalen» gestatten ihren schwedischen Mit arbeitern nicht mehr die bisher übliche Benutzung der deutschen Sprache, sondern »ur noch, sich der englischen oder französische» zu bedienen. Man versichert, das solle kein deutschfeindlicher Akt sein, deutschen Mitarbeitern bleibe ja die Benutzung der deutschen Sprache 128 die Erzeugnisse deutscher Wissenschaft nicht um ihres inneren Wer tes willen kauft, der wird sie noch viel weniger um eines inter nationalen Kleides willen kaufen. Volksmäßige Selbstbesinnung ohne Überhebung, Vertrauen in eigene Leistung und Würde im Unglück allein nötigen Achtung ab, sind also auch die beste Grund lage, unfern Bücherabsatz im Auslande zu mehren. Zusammenfassend kann ich nur sagen: Freuen wir uns, daß wir eine Schrift haben, die nicht Allerweltslelter, soiidern trotz aller unseren besonderen Bedürfnissen entsprechenden Eigenart eine Spielart der Weltletter ist, für jedermann ohne weiteres les bar, wie ihre ältere lateinische Schwester: die deutsche Schrift für die deutsche Sprache. Solchen Vorzug, der unsere geistige Er zeugung aus dem internationalen Einerlei heraushebt und oben drein ihren Anreiz für die wirklichen Käufer deutscher Bücher im Auslande erhöht, unfern Absatz fördert, hat kern anderes Volk. So wenig ich mir auch als einzelner Verleger ein gutes Werk entgehen lassen kann, nur weil sein Verfasser Lateinschrift wünscht, so sehr freue ich mich, mit gutem Gewissen sagen zu können: unsere deutsche Wissenschaft braucht sich ihres deutschen Kleides auf dem Weltmarkt nicht zu entäußern; im Gegenteil, es ist ihr dort auch heute noch und immerdar am dienlichsten, zumal wir für wissen schaftliche Werke die etwas nüchterneren Formen der »Osfenbacher Schwabacher» Schrift haben. Darum nicht zaghaft im Allerwelts kleide, sondern mit unserer ganzen sonstigen Literatur einheitlich in der deutschen Schrift als ihrem Ehrenkleide, um der Geschlossen heit und Wirksamkeit der deutschen Kultur nach innen und außen willen, für die wir unserm Volke verantwortlich sind. Anmaßen des Aburteilen über unsere Schrift würde selbst heute nicht von Ausländern laut werden, wenn wir uns die Eigenart und Un entbehrlichkeit unserer kürzere und einprägsamere Wortbilder er gebenden deutschen Schrist selbst erst klar gemacht hätten, ehe wir dem Ausländer eigene Zweifel au ihrer Berechtigung bemerkbar werden lassen oder gar absprechende Geschmacksurteile über sie vortragen. Das kann ihm keine Achtung einflötzen, denn er emp findet unsere Schrist mehr vielleicht als wir selbst als deutsch. Und glaubt man denn, wenn er das Deutsche, sei es aus natio nalem Gegensatz oder weil ihm die Sprache zu schwer ist, ablehnt, daß er dann das deutsche Buch im internationalen Kleide um soviel weniger als deutsch und innerlich fremdartig empfände, daß er es in Wirklichkeit gekauft haben -würde, auch wenn er so redet? Nur Ausländer, die wirkliche Achtung vor unserer Gsistcskultur haben, kaufen unsere Bücher, und die haben auch stets vor unserer berechtigten Eigenart Achtung, — wenn wir nur selbst sie ihnen nicht nehmen. Ein Volk gilt nur soviel, wie es, ohne Überhöhung, selbst auf sich hält. Nun zum Schluß noch eine Gewissensfrage. Können wir vor unserm Anslandsdeutschtum, vor unfern deutschen Blutsbrüdern in den uns durch Betrug entrissenen Gebieten und in unfern Grenzmarken die Untergrabung der Herrschaft unserer deutschen Schrift verantworten? In Böhmen ist sie Palladium. Der Höchst- gebildete wie der letzte Köhler schreiben dort ihren Namen deutsch, und die Deutsch-böhmische Akademie mit ihren preisgekrönten Arbeiten würde es verabscheuen, auch nur eine in Lateinschrift zu drucken. Ist unsre Schrift nicht das sichtbare Band, das alle Deutschen in Fremde und Heimat umschließt, das wir heute weniger als je lockern lassen dürfen? Da wird mir erwidert: das ist doch nur eine Äußerlichkeit, wahres Deutschtum ist eine innerliche Sache. Gewiß ist das richtig, aber es ist keine Antwort auf unsre Frage. Gibt es überhaupt »nur» Äußerliches und »nur» Innerliches, muß nicht alles Innerliche auch zur Gestaltung gestattet: man wünsche »nur», daß der Schwebe, wenn er vor ein internationales Publikum trete, »sich nunmehr einer der anerkannten Sprachen bedienen» solle I Gerade von der schwedischen Gesellschaft für Geographie und Anthropologie, welche Herausgeberin der Anna len ist, hätte man am wenigsten diesen Hinauswurf des Deutschen erwarten sollen, nachdem im Frühjahr 1915 die Königliche Geogra phische Gesellschaft in London sich durch die Streichung Sven Hedins aus der Liste ihrer Ehrenmitglieder geschändet hat. Wie lange würde es dauern, bis auch siir Beiträge Deutscher nur noch die Benutzung »einer der anerkannten» Sprachen gestattet werden würde, wenn solche hiernach noch einlaufen würden.
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