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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.08.1878
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1878-08-05
- Erscheinungsdatum
- 05.08.1878
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- Deutsch
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ISO, 5. August. 3051 / Nichtamtlicher Theil. die näheren Freunde, der regste Eifer zur Förderung des Gemein wohls — er wirkte 25 Jahre hindurch als Stadtrath — waren die hervorragendsten Züge seines Charakters, den der Vorsitzende der Leipziger Generalversammlung der deutschen Buchhändler am 9. Mai 1841, Fr. I. Frommann aus Jena, in einem Nachruf an den Verstorbenen, der, da er in der „Geschichte des Börsenvereins" zum Abdruck gelangte, wohl auch in weiteren Kreisen des Buch handels bekannt sein dürfte, sehr richtig also zeichnete: „Gottschalk Diedrich Bädeker in Essen, ein Ehrenmann in jeder Beziehung, in Allem Maß haltend außer im geräuschlosen Fleiße, fromm ohne Sectengeist, offen und gerade ohne Schärfe, wohlwollend ohne Schwäche, von nachhaltiger westphälischer Tüchtigkeit ohne Eigen sinn, im Gegentheil von einer über sein ganzes Wesen verbreiteten Ruhe und Milde, die ihn in der That und Wahrheit zum rechten Vorsitzenden der Vergleichsdeputation machte, in welchem Ehren amte er auch gestorben, betrauert von allen College«, selbst von denen, die nicht das Glück gehabt haben, ihn näher zu kennen." Der Redner schloß mit einem Hoch auf die Buchdruckerkunst und forderte die Festgenossen auf, dem Andenken des Mannes, dem das Fest gelte, ein stilles Glas zu weihen. Darauf hob sich der Vorhang und auf der reich mit Topfpflanzen und Transparenten geschmückten Bühne war im Hintergründe das Bild des Gefeierten, umgeben mit einem Kranze von 100 Gasflammen, aufgestellt, während sich im Vordergrund ein lebendes Bild, Meister Gutenberg darstellend, bei bengalischer Beleuchtung zeigte. Der Samen, welchen Gottschalk Diedrich Bädeker dem buch händlerischen Boden einstens anvertraute, ist im Laufe der Jahre zu einem kräftigen, fruchtreichen Stamm emporgewachsen, der Segen des Schaffens und Wirkens nicht ausgeblieben Der Verlagskatalog konnte am 13. Juli 1878 die stattliche Anzahl von 810 Verlagsartikeln aufweisen, darunter Schul- und Lehrbücher, die in verhältnißmäßig kurzer Zeit zahlreiche Auflagen erfahren, als z. B. „Haesters' Fibel" 800Auflagen — 2^ Millionen Exemplare —, welche selbst in Amerika, Brasilien, Japan und der Türkei zur Einführung gelangte; dann desselben Verfassers ver schiedene Lesebücher, die in 2 Millionen Exemplaren Absatz ge sunden; ferner seien aus dem Verlagskatalog noch hervorgehoben: „Koppe's Lehrbücher", „Spieß's lateinische und griechische Lehr- und Uebungsbücher", „Kellner's Schriften", „Erk u. Greef's Lieder hefte" und „Leeder's Schulwandkarten", die gleichfalls in mehreren und zum Theil sehr großen Auflagen erschienen. Das populäre Prachtwerk: „Die gesammtcn Naturwissenschaften, 3 Bände" liegt bereits in 3. Auflage, und das pädagogische Hauptwerk: „Diester- weg's Wegweiser zur Bildung für deutsche Lehrer, 3 Bände" in 5. Auflage vor. Das schöne Fest dürfte allen Theilnchmern unvergeßlich bleiben. Möge aus ihm reicher Segen für die Zukunft erwachsen und auch den ferneren Unternehmungen der Firma G. D. Bädeker in Essen immer ein glücklicher Erfolg beschicken sein! Das walte Gott! Essen, 24. Juli 1878. Or. Existenzfragen. U. Wenn wir noch nicht gewußt hätten, wozu die Freiexem plare da sind, so wissen wir es nunmehr durch die Aufklärung, welche einer der Herren Großsortimenter kürzlich so freundlich war uns darüber zu geben. Die Freiexemplare, ehedem ein Lohn für be sondere Verwendung, sind bloß noch dazu da, den Ladenpreis noch mehr herabzusetzen, die Concurrenz noch drückender zu machen, sind also so recht für jene Herren geschaffen. Nun weiß ein Jeder, er braucht gar nicht einmal in einem Verlagsgeschäft gearbeitet zu haben, daß nicht die Partiebezüge die Höhe der Auflage machen, sondern die Hunderte von Bestellungen auf 1, 2, 3, 4, 5 Exemplare, die freilich nicht vom Großsortimcnter, der sich mit solchen Lappalien nicht abgibt, sondern vom Provinzial sortimenter kommen. Dieser kann indeß umsoweniger mit jenem concurrircn, als er den ferneren Vortheil gleichfalls nicht genießt, die sämmtlichen Auslieferungslager am Platze zu haben. Wozu ist diese Einrichtung in Leipzig geschaffen? Zum Wohle des Gesammtbuchhandels oder zur rücksichtslosen Ueber- vortheilung durch ein Häuflein College«, deren hinlänglich beleuch tete Geschäftsmanipulationen gleichbedeutend sind mit dem systematischenRuin des solidenSortiments? Ich stehe nicht an, die Herren Großsortimcnter, unbeschadet ihrer sonstigen Gesin nungen, die Socialisten des Buchhandels zu nennen. Hier wie dort Beginn der Bewegung mit Verhätschelung, rcspcctive Gewähren lassen seitens der Großen; hier wie dort die Sucht der Gleich macherei unter den bekannten Prinzipien der Freiheit und Gleich heit, wenn auch nicht viel Brüderlichkeit; hier wie dort das Rütteln an bewährten Institutionen unter dem Mäntelchen, „Reform" ge nannt — und der Verlagshandel läßt mit unbegreiflicher Gleich gültigkeit, gleichsam mit verschränkten Armen, die Consequenzen dieses Treibens sich entwickeln, während ein einziges Aufraffen, ein Collectivbeschluß jenen Herren das Handwerk gründlich zu er schweren vermöchte. Statt dessen können sie noch Prahlen mit dem Wohlwollen bedeutender Verleger, durch welche sie in ihren Maxi men ermuntert würden. Es wäre doch allgemein interessant, die jenigen Verlagsbuchhandlungen kennen zu lernen, welche, mehr mo mentanen Vortheilen folgend, prinzipiell das Großsortiment unter stützen. Daß der Verlagsbuchhandel in auskömmlicher Weise bis vor gar nicht langer Zeit hat existiren können ohne das Groß sortiment, dafür ist der Beweis geliefert; ob er auch ebensogut oder überhaupt würde existiren können ohne das solide Pro vinzialsortiment, der Beweis ist noch nicht geliefert. Kaum irgend eine Verlagshandlung wird den mühsamen Novitätenvertrieb durch den unermüdlichen Sortimenter entbehren können oder wollen. Nun wohl, wenn dies der Fall ist, so schütze man uns schon aus diesem Grunde vor schwer schädigenden Uebergriffen, durch welche noch dazu der Gesammtabsatz schwerlich erhöht wird! Ist jedoch das Gegentheil nachweisbar, ist wirklich vom Großsortiment das Heil zu erwarten, wohlan, biederer Provinziale und Träger der Wissenschaft, der du dich Jahre lang abgemüht hast für den Herrn Verleger, dann Pack' ein und wirf dich mehr und mehr auf Seife und Gummiwaaren, wie jüngst Hr. H. V. so schön sagte, wohl auch auf Staarmatzkästen, Fliegenpapier und ähnliche Galanterie artikel! Es gibt ja noch viele schöne Nebenbranchen und schließlich gehst du ganz in diesen auf, wirfst fröhlich das bischen Buchhandel, das dir noch geblieben, als lästigen Ballast über Bord und denkst: Lieb Vaterland, magst ruhig sein, denn wir haben ja das Groß sortiment! Daß es ähnlich kommen muß, daß das solide Sortiment ver kümmert, die Geschäftswerthe sinken, ein bibliographisch tüchtiger Nachwuchs immer schwerer heranzubilden ist, daß die Lust und Liebe zum Beruf auch dem Unverdrossensten untergraben wird, wenn den Permanenten Ueberschwemmungen des lite rarischen Publicums mit Netto-Offerten, sowie der von jener Seite geflissentlich geförderten Concurrenz jedes Unberufenen (unter obligater Verdächtigung der geschäftlichen Thätigkeit ange sehener Firmen) kein Einhalt von maßgebender Seite ge schieht, — das ist nur noch eine Frage der Zeit, und die Ueberzeu- gnng davon dürfte aus den Publicationen der letzten Monate im Börsenblatt wohl allgemein gewonnen sein. Noch sind die gewichtigen Worte unvergessen, welche eines unserer angesehensten Mitglieder kürzlich an dieser Stelle aussprach. 416*
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