Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.09.1918
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1918-09-04
- Erscheinungsdatum
- 04.09.1918
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19180904
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191809049
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19180904
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1918
- Monat1918-09
- Tag1918-09-04
- Monat1918-09
- Jahr1918
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
>vrse»dl«tt s. d. Dtschn. Buchhandel Redaktioneller Teil. 26 206, 4. September 1918. Nein, sie verdienen weit mehr, denn sie allein sind die eigent lichen Bücherfreunde. Da uns in diesem Blatte hauptsächlich nur das Literarisch- Buchhändlerische interessieren kann und soll, so wollen wir aus Zweck- nnd Raumgründen uns weiterer Kritik enthalten und nur Tatsächliches festlegen. Allerdings, — manche Imponderabilien werden als wesen. Haft angesehen werden müssen, denn auch die Gedanken — als Erzeuger der Taten — wirken als lebendige Kraft an den Zie len der Zeit mit. Die Wechselbeziehungen zwischen geistigem und sachlichem Urheber, Autor und Verleger, und wieder zwischen Buchhändler und Leser sind so vielseitig, daß wir in ihrem Rahmen fast alle Bewegungen des literarischen Lebens der Neuzeit wie in einem Spiegel beobachten können. Laßt uns also sehen und betrachten, und suchen wir dann die Nutzanwendung auf uns und unseren Stand zu ziehen. — Eine jede Schaffensperiode bringt eine Aufschwungs, und eine Abstiegskonjunktur. Sie kommt und geht, wird ersaßt, angeregt, bejubelt, ausgenutzt und weggeworsen. In unserem — literarischen — Falle liegt die Führerschaft aber nicht ausschließlich in den Händen des Publikums wie bei den Marktbüchern, sondern in denen jener Geistesgemeinschaft, die, oft genug, sich ihr absolutes Gesetz der gesellschaftlich, geistigen Freiheit erst in der Durchbrechung der landesüblichen Anschauungen als Selbsterlösung schaffen mußte. Die jüngstdcutsche Literatur hat nun aus dem Naturalis- mus, Realismus und Symbolismus heraus ganz im stillen noch manche Gärungsperiode durchgemacht, die sehr erfreuliche und aussichtsreiche Ausblicke auf die geistige Zukunft bestimmter intellektueller Kreise und ein ständiger Anwachsen der Minder- heit eröffnen. Der Verleger, und oft auch der Autor, ist sich darüber durch aus klar, daß literarisch voll zu wertende Montanwerke und Dichtungen, überhaupt alle durchgeistigten Schöpfungen noch Unberühmter, einen viel schwereren Lebensweg zu durchlaufen haben, als die durchschnittliche und leichte Ware. Schon ihrer Geburt — dem Erscheinen — sehen die Be teiligten mit gespanntem Interesse und oft mit gemischten Ge fühlen entgegen. Zwar ist der Erfolg innerhalb der Gemeinde der betreffenden Autoren sicher und unbestritten, aber darüber hinaus erobern sich diejenigen, die noch keinen durchschlagenden Erfolg zu verzeichnen hatten, ihr Feld nur langsam. Sie sind die Minderheit, wenn auch eine geistig schwer- wiegende, und wenden sich an diese, und das zeitigt notwen digerweise in produktiver und kultureller Hinsicht manche Schäden. Der Umstand nämlich, daß die Minderheit auf vielen Ge- bieten von der Mehrheit mit selbstverständlicher Selbstsicherheit allmählich in die Opposition gedrängt wird, hat oft zur Folge, daß diejenigen, die ein feines Gefühl von einem Breittreten sub- tiler Geschmacks- und Kullurfragen abhält, ganz aus der Sffent- lichkeit der sogenannten Geistesgemeinschaft ausscheiden und nur im stillen in passiver Resistenz verharren. Autoren sowohl als Leser. Viele Kräfte gehen dadurch verloren. Die Vornehmen, Innerlichen aber, die des Zieles bewußt ihren Weg gehen, sind keine Herdenmenschen, sie schließen sich nicht aneinander an, sondern bleiben einsam. Sie schaffen aus innerem Bedürfnis, nicht um des lieben Publikums willen, sondern weil das, was sie beschäftigt, ihr innerstes Leben, ihr Schicksal, ihr Problem ist, an dem sie hängen, das sie sich von der Seele schreiben müssen. Und das ist gut so. Wird ein neues Buch eines solchen selbständigen Dichters aufgelegt — ich spreche nicht von den vielgelesenen »berühm ten« Unterhaltungsschiiftstellern —, so meist in kleinerer Auf lage, und der Erfolg ist kein klingender, sondern ein stiller, geistiger. Aber es findet seinen Lohn in sich selbst. Das gute Buch besteht als »Ding an sich« wie eine grüne Insel im weiten Meer: es ist da und wird nicht untergehen. Es wird manchem, der Sinne dafür hat, Erhebung und Er- ! quickung, Ruhe und Rast geben. Aber es wird viele Menschen geben, die nie die Insel er blicken, nie an ihr landen, noch weniger sie betreten werden, ebenso wie es zahlreiche andere Inseln im weiten Ozean mit gleichem Schicksal gibt. Doch sie bestehen und wirken durch ihr Dasein! Rur Ein geweihte finden den Weg zu ihnen. Viele Bücher gleichen diesen Inseln. — Geistvolle, herrliche Bücher haben das gleiche Schicksal? O ja, — viele, viele blühen im verborgenen; denen, die sie kennen, zur Lust, ja oft ncidvoll bewacht, daß nicht die profane Menge ihre Schönheiten genieße; — stille, heimlich-traute Bücher, um ihrer Einsamkeit willen geliebt! Und vom Leser zum Buche, vom Buch zum Autor spinnt sich nnmerklich Faden um Faden. Der Leser eines literarischen Buches steht in ganz anderer innerlicher Beziehung zu seinem Verfasser, als ein Konsument der »Leihbibliothek beliebter Romanschriftsteller«; er ist ge- wissermaßen stiller Teilhaber seiner Ideen und seiner Weltan- schaumig geworden, sein dankbarer Freund und Jünger und eifriger Verfechter seines dichterischen Glaubensbekenntnisses. Seine Persönlichkeit ist ihm nicht Schall und Rauch, sondern er sucht sie und sein Leben sich im Rahmen seiner Werke menschlich nahezubringen und zu erklären, — ganz im Gegensatz zu vielen Lesern der Gegenseite, die sich oft genug nicht einmal den Namen des Autors merken, ja kaum noch den Titel des »schönen« Buches behalten werden. — Wichtig ist es, daß seine Werke immek im gleichen Verlage erscheinen, denn nur so kann die Wirkung auf den Leser durch umfassende Propaganda zu einem äußeren Erfolg ausgewertet werden. Daß dies aber leider so oft nicht der Fall ist, liegt an bei- den Teilen: Der Verleger besitzt entweder nicht das notwendige Ver- trauen des Autors und nicht die Fähigkeit, ihn vertraglich oder außervrrtraglich feslzuhalten, oder er nimmt ihn nicht ernst und wichtig genug, um auch seinen erhöhten Ansprüchen Genüge zu tun. Der Autor aber verkauft sich nach einem Erstlingserfolge entweder an den Meistbietenden, oder er glaubt durch den Ver- lagswechsel auch geistig einen Schritt vorwärts getan zu haben. Beide haben recht und unrecht, letzteres im allgemeinen aber eher der Autor, der den Verleger gern für alles verant wortlich macht. Wie wichtig ist aber auch die Verlegerwahl! — Nun, nicht wichtiger natürlich als die Autorenwahl! Dem Literaturfreund ist oft allein schon der Name der Verlagsfirma eine Gewähr für die Güte des Gebotenen oder ein Fingerzeig für seine Richtung, lind dank der Spezialisierung und Individualität der Verleger kann sich ja auch eine jede dichterische Eigenart nach jeder Seite hin betätigen und ent falten. Ich will hier nicht von den allerneuesten, eigenen, von uns unverstandenen Gruppen sprechen; diese sind stets in Gefahr, für Literaturkomödianten gehalten zu werden, auch wenn sie es vielleicht ernst meinen. Sie gehören nicht in den Kreis unserer Betrachtungen, weil sie keine — oder nur einEunnatürliche Seele besitzen, die zu analysieren ein anderer an berufenerer Stelle Muße finden mag. Nein, wir haben genug an unseren Reichtümern; wenn sie nur richtig ersaßt werden! Genug an den Schöpfungen schaf fender Geister der letzten Jahrzehnte, denen nur auch eine ent sprechend große Zahl geistig genießender und tiefer erfassender Leser zu wünschen wäre! Doch, wie gesagt, die Bücherfreunde — sich selbst genug - sind im Werben von Anhängern zurückhaltend; sie kennen sich und ihren Geschmack und wissen, was sie wollen, drängen ihre Meinung aber nicht dem anderen auf. Gewiß, eine Richtung, eine Anschauung, ein Lebensideal muß selbst erkannt, erlebt, erstritten werden; — viele suchende Seelen, zumal viele junge bildungsfähige Naturen würden es
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder