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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.06.1919
- Strukturtyp
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- 1919-06-24
- Erscheinungsdatum
- 24.06.1919
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. X° 129. 24. Juni 1919. Das Lehrbuch, aus freier Konkurrenz einer tüchtigen Lehrerschaft hcrvorgegange», hat aber noch weitere Folgen, die meiiies Erachtens durchaus beachtenswert.sind. Es zeigt sich hier im Vcrlagsbuchhandel ein Kreislauf, auf den ich Hinweisen möchte. Unsere großen Verlagsbuchhandlungen, die sich jetzt mit der Herstellung des Lehr buches beschäftigen, können infolge der gewaltigen Massenauflagen große Verdienste machen. Es sei aber zu ihrer Ehre gesagt, daß dieses Geld gerade in diesen Verlagsbuchhandlungen vielfach für wissen schaftliche Werke freigcmacht wird, die sonst gar nicht so billig her- gestellt werden könnten. Dieser Kreislauf ist von großer Bedeutung; denn auf diese Weise werden viele in die Lage versetzt, sich tüchtige wissenschaftliche Werke mit billigem Gclde anzuschafsen. Dann aber noch ein Zweites! Gerade durch diese freie Konkur renz der Lehrerschaft wird das kritische Interesse der Lehrerschaft in pädagogischer und methodischer Hinsicht gestärkt, es finden immer wieder wissenschaftliche und methodische Ausein andersetzungen mit erschienenen Lehrbüchern statt. Infolgedessen ha ben wir in den Lehrkörpern eine fortlaufende, ernste wissenschaftliche Ausbildung zu verzeichnen. Die Lehrerkollegien müssen sich mit den neucrschienenen Lehrbüchern eingehend beschäftigen und sich, nament lich wenn cs sich um Einführung von neuen Lehrbüchern handelt, wissenschaftlich und methodisch mit diesen auseinandersetzen, und das Streben, an die Stelle des Guten das Bessere zu stellen, führt dazu, daß wir eine Reihe von ganz hervorragende» Lehrbüchern für das höhere sowohl wie für das Volksschulwesen erhalten haben. Eine Vereinheitlichung des Lehrbuches würde natürlich durch ein S t a a t s m o n o p o l erreicht wer den. Aber wir müssen uns doch fragen, auf wessen Kosten? Zweifellos auf Kosten des Inhalts, des Wertes und der Brauchbarkeit des Buches. Wenn ich auch nicht annehme, daß das Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, wenn ein solches Monopol beabsichtigt sein sollte, für ganz Preußen einheitliche Lehrbücher einführen will, z. B. ein ein heitliches Geschichtsbuch für höhere oder für Volksschulen, eine ein heitliche Fibel usw., so mag doch vielleicht der Plan bestehen, für größere Verwaltungsbezirke einheitliche Lehrbücher cinzuführcn. Was ich eben ausgeführt habe, zeigt aber, daß dieser Weg gefährlich ist, und ich gebe zu bedenken, ob die Vereinheitlichung der Lehrbücher nicht auf Kosten einer gründlichen und gediegenen Ausbildung unserer Schüler erfolgt. Nun mag vielleicht, wenn wirklich solche Erwägungen stattgefun- dcu haben, der Gesichtspunkt maßgebend sein, daß man das Buch billiger machen will. Die Verlagsbuchhändlcr erklären, daß der Staat nicht billiger zu arbeiten in der Lage sei als der Unternehmer. Auch der Staat muß Honorare für seine Lehrbücher zahlen, wenn sie geschrieben werden sollen, und auch der Staat muß Wettbewerbe für neue Lehrbücher ausschreiben. lind dann, was wäre die Folge dieses konkurrenzlosen Unter nehmens? Zweifellos die, daß der verstaatlichte Verlagsdirektor, der Ersparnisse erzielen will, um das Buch möglichst billig au die Schu len zu liefern, immer konservativer werden wird. Das Format des Buches, der Buchschmuck werden für Jahrzehnte dieselben sein; Pa pier, Ausstattung, alles das wird schlechter werden. Er hat ja keine Konkurrenz mehr zu fürchten. Da man große Masscnausgaben Her stellen wird und mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit Neuauflagen nach Möglichkeit vermeiden muß, werden auch die wissenschaftlichen und methodischen Fortschritte nicht in dem wünschenswerten Maße heran gezogen werden können. Und da zeigt uns schon die Schweiz, wo das Monopol für Volksschulbüche'r eingeführt ist, daß das Ergebnis doch sehr zweifelhaft ist. In der Schweiz sind die Kantonalerzichungs- direktoren der 35 Kantone befugt, die Lehrbücher herauszugeben, da bei gibt es aber größere Kantone, z. B. Bern, die selbst keine Bücher hcrausgeben, sondern die der anderen Kantone benutzen. Die Er fahrungen in der Schweiz haben nun dazu geführt, daß man von deni weiteren Erpcriment, das Buch der höheren Lehranstalten zu monopo lisieren, Abstand genommen hat. Man läßt nur die Bücher der Volks schule in diesen Anstalten drucken und sie dann an die Schüler ver teilen, aber das Buch der höheren Lehranstalten ungeschoren. Das Ergebnis dieser Verstaatlichung ist nun, daß das Buch in der Schweiz in der Herstellung nicht billiger geworden ist, sondern daß es auf dem selben Stande steht, ja sogar etwas teurer geworden ist als früher, und zweitens, daß es unter keinen Umständen besser geworden ist. In Norwegen hat man ebenfalls im Jahre 1913 den Vorschlag gemacht, das Buch zu monopolisieren. Auch hier ist man nach ein gehender Untersuchung der Frage dahin gekommen, das Monopol der Bücher abzulehnen. Hier hat man ausdrücklich erklärt, daß das staatliche Buch nicht billiaer, sondern nur schlechter werden würde. Wörtlich sagt der Bericht des Ausschusses, der damals eingesetzt wurde: Es wird äußerst schwierig sein, zu erreiche», daß ein monopoli siertes Staatslehrbuch mit der Zeit und der Entwicklung glei- 510 chen Schritt hält. Es wird uuwillkürnch im Laufe der Zeit Zurückbleiben, sowohl was Ausstattung, als was Inhalt und was Methode betrifft. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei ) Und nirgendwo ist das Buch schlechter als in Österreich, wo man das Staalsbuchmonopol hat (sehr richtig!) und der Ruf der österreichischen Lehrerschaft geht immer dahin, endlich dieses Monopol abzuschaffen und die freie Konkurrenz wieder ein- treten zu lassen. Meine Damen und Herren, das sind schwere Bedenken, die wir gegen alle Versuche der Monopolisierung haben. Eine Vereinheitli chung auf gesunder Grundlage läßt sich auch sonst erreichen, und ich weise da auf den Aufsatz von Ziehen hin, den er im »Deutschen Philologenblatt« in diesem Jahre, Nr. 11 bis 13, veröffentlicht hat. Eine gewisse Vereinheitlichung ist zweifellos erstrebenswert. Es läßt sich aber vielleicht auch erreichen, daß das Lehrbuch billiger wird — vor allen Dingen denke ich da an das Lesebuch — und etwa so, daß mau von Staats wegen die Papierfabriken veranlaßt, Papier für Lehrmittel billiger zu liefern. Dieser Versuch ist in Norwegen, und zwar mit Erfolg, gemacht worden. Die Frage ist nur die, wie der Preisunterschied dort zu bezahlen ist. In Norwegen wird der Preis unterschied von sämtlichen Papier- und Zellulosesabrikcn getragen. Diese Sache scheint mir durchaus der Prüfung wert. Nun aber das dritte Bedenken. Das sind die schweren Bedenken, die gegen ein Monopol für Schulbücher im Kreise der Eltern laut geworden sind. Das neue Ministerium Haenisch-Hoffmann hat sicher nicht im November des vergangenen Jahres erwartet, daß ihm alle Herzen der deutschen Eltern zufliegen würden, namentlich nach dem Erlaß über den Neligions- und Geschichtsunterricht, nach den Er lassen über die Schlllerräte, die Aufhebung der geistlichen Ortsschul inspektion und das Gebet in den Schulen. Und als in dieser Zeit die Mitteilung von der Schaffung eines Schulbüchermonopols bekannt wurde, da entstanden doch in den Kreisen der Eltern lebhafte Befürch tungen, daß nun der neue Geist der Revolution im vollsten Umfange in den Schulbüchern seinen Zugang zu unseren Kindern finden sollte, daß nun auch alles in den Büchern unserer Kinder beseitigt werden sollte, was durch liebevolle Pflege der großen Güter aus Deutsch-' lands herrlicher Vergangenheit geeignet sein könnte, dem Einfluten der modernen Ideen einer materialistischen Geschichtsauffassung und einer atheistischen Lebeusanschauung Hemmungen «ntgegcuzustellen, deren Kraft und Bedeutung man doch wohl kennt. Man fürchtete in den Kreisen der Eltern, daß die Erziehung im vaterländischen Geiste, die bisher in liebevoller Vertiefung in Deutschlands und Preußens Geschichte bestand, durch eine schwächliche völkerverbrüdcrnde Er ziehung zum Weltbürger abgelöst werden sollte. Man fürchtete, daß unsere Lesebücher und Geschichtsbücher nach den Lehren der »glor reichen Errungenschaften der Revolution« umgestaltet werden sollten, und man fürchtete, daß die sittlichen und religiösen Grundlagen der Erziehung erschüttert, gar beseitigt werden, und daß alle die Stoffe entfernt werden sollten, die auf der Erkenntnis der Notwendigkeit dieser festen Grundlagen aufbauen, und nun hofft man von der Volks vertretung, daß sie solchen Ideen, falls sie wirklich bestehen sollten, mit Nachdruck und mit Erfolg entgegentreten werde. (Bravo! bei der Deutschnationalen und bei der Deutschen Volkspartei) Vizepräsident Or. v. Kries: Das Wort zur Beantwortung der förmlichen Anfrage hat der Herr Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Harnisch, Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung: Meine Damen und Herren, auf die letzten Bemerkungen des Herrn Vorredners, die sich mit dem Inhalt der gegebenenfalls zu mono polisierenden Schulbücher beschäftigen, möchte ich heute nicht eingehen, um nicht den Anlaß zu einer neuen großzügigen politischen Debatte zu geben. Das scheint mir bei der Geschäftslage des Hauses nicht zweckmäßig, besonders da vorhin der Wunsch geäußert worden ist, heute am Schlüsse der Tagesordnung auch noch die eben zurückgestell- tcn hochwichtigen Lebensmittclfragcn in Angriff zu nehmen. Ich be schränke mich deshalb für jetzt ans eine ganz kurze Bemerkung allge meiner Natur. Meine Herren, der Gedanke, das ganze Schulbiicherwescn zu mo nopolisieren und dadurch den kapitalistischen Privatunternehmern ihre Gewinne zugunsten der Gesamtheit zn nehmen, ist gerade für mich als Sozialisten sehr sympathisch; er ist durchaus gesund und ernster Er wägung wert. Aber ich kann auf der andern Seite leider nicht ver kennen, daß sich zurzeit der Verwirklichung dieses sehr gesunden und guten Gedankens noch eine Reihe ernster Hemmnisse in den Weg stellen. Bei der Organisation des Büchermarktes, vor allen Dingen aber auch bei der augenblicklichen Organisation des Behörden- apparates selbst, einer Organisation, die, so dringend notwen-
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