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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.06.1919
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1919-06-24
- Erscheinungsdatum
- 24.06.1919
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- Deutsch
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129, 24. Juni 1919. Redaktioneller Teil. dig sie natürlich ist, beim besten Willen nicht von heute auf morgen von Grund aus zu ändern ist, liegt tatsächlich die Gefahr vor, das; eine sofortige Monopolisierung des ganzen Schulbücherwesens eine sehr starke Bürokratisierung mit sich bringen würde (Sehr richtig! rechts) auf Kosten des freien geistigen Wettbewerbes. Dadurch könnte unter Umständen der Wert der Schulbücher, wie die Dinge heute liegen, nicht gesteigert, sondern hcrabgcdrückt werden. (Sehr richtig; rechts) Meine Herren, es kommt aber noch ein anderes Moment hinzu. Der Unterrichtsvcrwaltung würden durch eine sofort durchzuführende Monopolisierung der Schulbücher so ernste und mit so schwerer Ver antwortung belastete Aufgaben entstehen, daß sie — ich muß es offen gestehen - in diesem Augenblick, bei der jetzigen Organisation des Behördenapparatcs, noch nicht in der Lage ist — ich betone ausdrück lich: noch nicht in der Lage ist —, diese neue Aufgabe zu übernehmen. In der Unterrichtsvcrwaltung stehen mir für die große, außerordent lich weittragende Aufgabe, das ganze Schulbücherwesen für Preußen im Unterrichtsministerium zu monopolisieren, in diesem Augenblick eine genügende Zahl pädagogischer Fachleute als ständige Mitarbeiter leider nicht zur Verfügung. Denn nach einem kurzen Überschlag, meine Damen und Herren, würde ich für diesen Zweck mindestens ein Dutzend neuer Vortragender Räte brauchen. (Heiterkeit) Ich muß es zu meinem Leidwesen bezweifeln, ob der Herr Finanz minister gewillt und in der Lage wäre, mir jetzt eine so große An zahl neuer Vortragender Nöte zu bewilligen. Für die Kontrolle der Lehrbücher ist bisher schon da durch gesorgt worden, daß vor ihrer Einführung die Genehmigung der Unterrichtsverwaltung eingeholt werden muß. Ich stehe selbstver ständlich dafür ein, daß diese Kontrolle mit besonderem Nach druck weitergeführt werden wird und daß ungeeignete Lehr bücher nicht zur Einführung in die Schulen gelangen dürfen. Auch wird die Unterrichtsverwaltung nach Kräften bestrebt sein, durch Verwaltungsmaßnahmen einem allzu starken Vielerlei auf diesem Gebiete entgegenzuwirken. Im übrigen hat, glaube ich, der Herr Vorredner eben schon er wähnt, daß in meinem Ministerium augenblicklich Vorbereitungen da zu getroffen werden, einen freien Ausschuß hervorra gender Pädagogen und Schulmänner aller Nich ten gen zusammenzuberufen, der eine gründliche Durchprüfung aller bisher in Preußen gebrauchten Schulbücher ins Werk setzen soll. Es find Schulmänner aller pädagogischen Richtungen, aller religiösen und politischen Bekenntnisse fiir diese Arbeit in Aussicht genommen. Augenblicklich werden in meinem Ministerium Richtlinien ausgestellt, nach denen sich diese sehr notwendige Sichtung und Neuordnung un seres ganzen bisherigen Schulbiicherwesens vollziehen soll. Es ist natürlich dringend notwendig, den geänderten Zeitverhältnissen ent sprechend sehr viele Stoffe, die bisher in unseren Schulbüchern einen breiten Raum einnahmcn, ausznmerzen, andere Stoffe einzufiihren, vielfach auch auf einen ganz neuen Gei st hinzuwirken. Ich ver sichere Sie, daß diese außerordentlich wichtige Arbeit m i t größter Beschleunigung ins Werk gesetzt werden soll, und ich erhoffe davon eine wesentliche Bereicherung und Besserung unseres ganzen Schulbiicherwesens. (Zuruf: Im nächsten Jahrhundert!) — Nein, in den nächsten Monaten! (Zuruf: Ter Ausschuß stirbt ja darüber hin!) — Der Ausschuß stirbt nicht darüber hin, er tritt sobald wie möglich zusammen, nnd ich hoffe, meine Damen nnd Herren, daß ich schon im Laufe dieses Sommers Ihnen über die Tätigkeit des Ausschusses von dieser Stelle aus Bericht erstatten kann. Vizepräsident Dr. v. Kries: Der Abgeordnete Adolph Hofftnann beantragt die Besprechung der förmlichen Anfrage. Dieser An trag bedarf der Unterstützung von 15 Mitgliedern. Ich bitte diejeni gen Damen und Herren, welche den Antrag unterstützen wollen, sich von ihren Plätzen zu erheben. (Geschieht) Die Unterstützung reicht aus. Ich eröffne die Besprechung und erteile das Wort dem Abge ordneten Wildermann. Wildcrmann, Abgeordneter (Zentr.): Verehrte Damen und Her ren! Die Antwort, die der Herr Minister auf die förmliche Anfrage gegeben hat, wird unstreitig eine gewisse Beruhigung in das Volk hinein tragen. Diese Anfrage ist übrigens nicht zum erstenmal hier gestellt. Vor 27 Jahren, im Jahre 1892. ist sie auch schon vorgekommen, und der damalige Kultusminister, Herr Graf Zedlitz, hat die Antwort erteilt: Ich kann die Frage ganz einfach dahin beantworten: ein solcher Unsinn ist mir noch niemals in den Sinn gekommen. Aber meine Herren, ich gehe noch weiter: auch mein Vorgänger und meine verehrten Herren Mitarbeiter haben niemals einen Gedanken ge hegt, der das zum Ausdruck bringen könnte. Wenn wir die Antwort des Herrn Ministers anschen, wenn wir namentlich den ersten Satz fcsthalten, daß eine Monopolisierung der ganzen Schulbücher eine starke Bürokratisierung auf Kosten des freien geistigen Wettbewerbes herbciführen könnte, und daß dadurch unter Umständen der Wert der Bücher nicht gesteigert, sondern herab gedrückt würde, so, meine ich, ist damit eigentlich der Gedanke eines Schulbüchcrmonopols für jeden wenigstens, der unsere Schulen nicht als Erwerbsanstalten, sondern als Bildungsanstalten betrachtet, voll ständig zurlickgewiescn. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts) Es kommt nicht darauf an, mit den Schulbüchern Geld zu verdienen; die Schulbücher sollen für den Staat nicht die milchgebendc Kuh sein, sondern sie sollen so sein, wie sie für den Unterricht unserer Jugend am besten sind, fiir die das Beste gerade gut genug ist. (Sehr richtig! im Zentrum und rechts) Und wenn der Herr Minister erklärt, daß ein Schulbüchermonopol die große Gefahr mit sich bringe, daß der geistige, der inhaltliche Wert der Bücher dadurch nicht gesteigert wird, sondern zuriickgeht, dann ist damit doch eigentlich der Gedanke eines Schulbüchermonopols schon vollständig geschlagen. Was spricht denn sonst dafür? Daß man kein Geld damit verdient!' Daß wenigstens das Schulbüchermonopol die Bücher nicht verbilligt, hat der Herr Antragsteller bereits ausgeführt; ich brauche das nicht zu wiederholen. Er hat sich da auf die Erfahrungen in anderen Ländern, wo man das Schnlbüchcrmonopol hat, berufen können. Wenn man nun sagt: aber die Verleger verdienen doch sehr viel Geld damit - ja, meine Damen und Herren, die Aktiengesellschaften verdienen auch sehr viel Geld mit den Kohlenzechen, der Staat aber nicht. (Abgeordneter Adolph Hoffmann: Also sozialisieren!) - - Das Sozialisieren ist eine Sache für sich; ob das für den Staat immer ein Geschäft ist, darüber kann man sehr gegenteiliger- Mei nung sein. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum und rechts) Wenn man sich ansieht, wie man unsere Eisenbahnwagen behandelt hat von seiten der Leute, denen doch die Eisenbahnwagen eigentlich mit gehören, wie man die Polster zerrissen und zerschnitten hat (Abgeordneter Adolph Hofftnann: Wer denn?) — die Leute, die darin fuhren, natürlich —, dann bezweifle ich doch sehr, ob wirklich nachher sozialisierte Schulbücher von den Kindern besser behandelt werden als. die Schulbücher, die ihnen die Eltern kaufen müssen. Das sind doch alles Fragen, die zum mindesten noch vollständig offen sind. Die Erfahrungen in anderen Ländern — das betone ich noch einmal — sprechen nicht für die Sache, und man soll nicht einer fixen Idee zuliebe alle Erfahrungen beiseite setzen und Dinge durchführen wollen, die sich nicht durchführen lassen. (Sehr gut! im Zentrum und rechts) Immer wollen wir doch daran fcsthalten: die Schule ist der Schüler wegen da, und auch die Schulbücher sind der Kinder wegen da; das muß das höchste Ziel bei allem bleiben. Weiter, meine Damen und Herren, muß man doch darauf Hin weisen — es ist ja schon das meiste gesagt —, daß die Schulbücher in den einzelnen Gegenden notwendig verschieden sein müssen; es paßt doch manches offenbar nicht für die eine Gegend, was für die andere sehr geeignet ist. Das, was man in Westfalen z. B. im Lesebuch sucht, wird man vielleicht in Pommern oder Ostpreußen nicht darin suchen. Ich weiß nicht, ob man überall, um eins herauszugreifen, fiir dre Hciöebilder einer Annette v. Droste-Hülshoff ein Verständnis findet, das wir natürlich finden und für eine solche Sache mitbringen. Auch der Dialekt soll im Lesebuch nicht fehlen; wir wollen im Gegenteil den Dialekt im Lesebuch pflegen. Auch dafür ist es notwendig, daß das Lesebuch sich den örtlichen Verhältnissen anpaßt. Alles das be dingt aber den freien Wettbewerb. Wir sehen doch sonst überall, daß der freie-Wettbewerb es ist, der eine Sache hebt und fördert. Ich gebe ja zu, meine Damen und Herren, daß im großen und ganzen manche Verleger mit ihren Lehrbüchern gute Geschäfte machen; das ist ihnen aber, meine ich, auch ruhig zu gönnen. Der Herr Antrag steller hat auch schon hervorgchoben, daß vielfach gerade die Ver leger von Schulbüchern es sind, die andererseits solche Bücher in ihren Verlag nehmen, bei denen sie keine Geschäfte machen, an deren Herausgabe uns aber vom wissenschaftlichen Standpunkt and sehr viel gelegen sein muß. Auch das wolle man wohl berücksichtigen. Ich zweifle sehr, ob der Staat, wenn er tatsächlich an seinem Schulbüchcr- monopol etwas verdient, diesen Verdienst dazu verwenden wird, an dere Bücher herauszugcben, bei denen er zusctzen muß. Es ist mir sehr fraglich, ob wir das von unserem Finanzminister, nachdem wir 611
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