Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.04.1914
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- 1914-04-02
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- 02.04.1914
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^ 76, 2. April 1914, Redaktioneller Teil, zogen werde, die ein cxlra großes Wasserquautum mit sich führte. Er war in Amerika gewesen, wo die Wafscraufnahmc während der Fahrt aus seitliche» schmalen Kanälen stattfand. Eine der Damen mischte sich auch ein, sie hatte das in einem Kino gesehen; sehr interessant! So wurde das Gespräch allgemeiner; und es dauerte nicht lange, so wurde von Berliner Theatern gesprochen, und der Name Hauptmann fiel. Der Jüngling mir gegenüber wurde warm. Für Literatur schien er sich zu interessieren und er ging sich über ein paar Bücher, an denen er nicht viel Gutes ließ. Aber das war ihm nicht die Hauptsache, sondern er fing an von der Person des Verfassers zu sprechen. Manches stimmte, ande res wieder war offenbar einfach ein momentaner Einfall, Rach der ersten Minute wußte ich, daß ich hier eine weitver breitete Spezies unserer lieben Mitmenschen vor mir hatte, die nicht nein sagen können, die nie zngcben werden, daß sie etwas nicht kennen. Frag ihn, ob er ein B u ch gelesen hat, und er antwortet j a!, gibt auch rasch ein Urteil darüber ab, das nichts besagt, nie aus den Inhalt eingehl, sondern nur allgemeine Redensarten pro duziert. Es sind Leute, auf die man hineiufällt, weil sie ein paar Re zensionen gelesen haben, und das nun als Eigcngcwächz produ zieren, keck sich auf ihr Gedächtnis verlassen und frech drauflos reden. Alles kennen sie, allez haben sic gesehen, alles wissen sie besser als die andern. Nie werden sic zugebcn, daß sie irgend wann und wo nicht mit dabei waren. Da nun von Literatur die Rede war, fielen allerhand Namen, Den einen Schriftsteller hatte er in Gesellschaft getroffen, mit jenem im Cafe zusammengcsessen, mit einem dritten war er auf der Reise zusammcngctroffcn, und so blieb es nicht aus, daß schließlich auch mein Name fiel. Die jüngere Dame fragte, ob er dem Verfasser von »Fallobst« und »Frühlingssturm« mal be gegnet sei. Freilich!, er hatte mich so oft im Cafe getroffen, — Ich gehe natürlich kaum jemals in ein Cafe, alle Jahr drei-, viermal mag cs Vorkommen, nachmittags niemals, Herr Klugschnabel wußte das besser. Ja, da war ein Stammtisch, an dem alle möglichen Leute verkehrten und wo er auch oft hinkam. Er nannte Namen in einem Atem zusammen, deren Träger sich nie ansahcn, von denen jeder das Lokal auf der Stelle verlassen hätte, wenn sich der andere nur im fernsten Winkel blicken ließ. Was Tovote nun für ein Mensch sei, fragte ein Herr, der, wie er sagte, mein: »Nicht doch!« erst vor wenigen Tagen gelesen hatte. Mein Gegenüber gab genaueste Auskunft, Er kannte mich ganz genau. Also ich sei sehr groß und habe hellblondes Haar, (Das ist nun beides übertrieben,) Und ganz glattra siert ginge ich. Die junge Dame widersprach, sic hätte neulich ein Postkarten- bild von einer Freundin erhalten. Darauf trüge ich einen kurzen Spitzbart, Ja, früher!, belehrte der Jüngling, während ich unwill kürlich meinen Bart durch die Finger gleiten ließ. Jetzt ginge ich der Mode gemäß ganz glatt; da sei mein Gesicht viel inter essanter, Sudermann habe sich ja auch seinen Asshrerbart kurz schneiden lassen. Und dann fragte jemand, ob ich verheiratet sei, Gott bewahre!, wie konnte einer das bloß denken. Das wäre ja stilwidrig ohnegleichen. Wer solche Sachen schrieb wie Tovote, konnte sich doch nicht an eine Fra» für alle Zeit bin den, Ich sei mal kurze Zeit verheiratet gewesen, das mochte sein, aber längst wieder geschieden. Das sei ich meinen Büchern schul- dig. — Wenn das meine Frau mitangehört hätte, die hätte ihre Freude gehabt. Ich erlebte ja alles am eigenen Leibe, er könne Geschichten davon erzählen, alles was ich schriebe. Ich lebte aber auch darnach, nicht zu sagen. — Gott nein, dachte ich, mein armer Leib, Als ob man dazu nicht seine Freunde und Bekannte hätte, die einem diese Mühe abnehmen, zu erleben. Zurzeit hätte ich ein Verhältnis mit , , ., und nun kam ein Name, dessen Trägerin ich noch nie gesprochen Halle, Das sollte ein ganzer Roman sein, diese Liebe, von der man gewiß später einmal in einem meiner Bücher zu lesen bekam, ein neuer »Li e b c s r a u s ch«. Ob er wisse, wo ich wohne? Ja! — Früher am Tiergarten, jetzt baute ich mir eine Villa im Grunewald, Die sollte ganz entzückend werden: Alle Schrift steller siedelten sich jetzt im Grunewald an, Presber, Fulda, Su- dcrmann, Hauptmann, eine ganze Dichtcrkolonie. — Lieber Gott, wenn doch das wenigstens wahr gewesen wäre, wünschte ich im stillen. Wenn der Unglückliche doch wenig stens in dem einen Punkt ohne Einschränkung recht hätte! Da müßte erst ein Mären kommen, um das wahr zu machen. Noch stimmte es nicht. Und die Summe, die er nun nannte, und die mir für meinen letzten Roman »Durchs Ziel« gezahlt sein sollte, war so märchenhaft, daß ich ihn zu gern um die Adresse eines sol chen Verlegers gefragt hätte , , , Er wäre gewiß um eine Ant wort nicht verlegen gewesen, — Er wußte eben alles. Wie alt ich sei, meine Lieblings speisen, meinen Sommeranfenthalt, daß ich mir im vorigen Jahr den rechten Arm gebrochen an der Jungfrau, was leider stimmte. Aber daß mir das nichts machte, denn ich diktierte alles in die Schreibmaschine, — die ich natürlich gar nicht besitze, sondern ich schreibe alles höchst eigenhändig ohne Hilfe selber. Kurz: er kannte mich ganz genau, behauptete noch vor acht Tagen einen Brief von mir bekommen zu haben, und schil derte mich und mein Dasein mit so leuchtenden Farben, daß ich ganz neidisch auf dieses mein so viel besser gestelltes Ich wurde, dem alle Schätze der Erde und alle Frauen und Fräulein be dingungslos zur Verfügung zu stehen schienen. Getreulich hörten die andern mit mir gemeinsam zu, ganz Ohr und voller Staunen über die Wissenschaft dieses Jünglings, der nie versagte, — Wir fuhren in den Bahnhof von Hannover ein. Ich nahm mein Handtäschchen, erhob mich und kämpfte mit mir, ob ich ein Wort sagen sollte, — aber ich grüßte nur, bekam einen höchst flüch tigen Gegengrnß, weil ich ja so mäuschenstill in meiner Ecke ge sessen und mich an dem Gespräch über mich selbst nicht beteiligt hatte. Als ich das Abteil verließ, griff ich doch rasch in die Brusttasche und gab dem guten Bekannten von mir freundlich lächelnd meine Karte mit den Worten: — Bitte, damit Sie mit Recht sagen können, mich zu ken nen! , , , Er nahm die Visitenkarte mit meinem Namcnszug, starrte darauf, und dann sah ich, wie mein Nachbar, der dicke Herr, ihm über die Schulter blickte und plötzlich höchst vergnügt loslachte, während der Kenntnisreiche langsam in sich zusammensank, als müßte er endlich einen festen Stützpunkt unter sich fühlen. Ich aber verschwand mit meinem Täschchen in der .Hand rasch im Strom der die Treppen hinadflntendcn Reisenden, ehe mein »guter Freund« zur Besinnung kommen konnte, mit welch einem schmeichlerischen Nimbus er sein schweigsames Gegenüber so wild phantastisch umkleidet hatte, daß ich ihm bei all seiner Flunkerei nicht einmal böse sein konnte. Kleine Mitteilungen. Aon der preußischen Akademie der Wissenschaften. — Zu wissen- jchastlichen Unternehmungen hat die preußische Akademie der Wissen schaften 13 460 .-// bewilligt. Es erhielten: der Professor fiir Elektro chemie an der Technischen Hochschule in Hannover Or. Max Boden- stein zu photochemischen Versuchen 3000 .L; der Professor flir Geo däsie Dr. Otto Eggert in Danzig zur Herausgabe einer Tafel der numerischen Werte der trigonometrischen Funktionen 1000 vr. Erwin Finlap Freundlich, Assistent an der Universitäts- sternwarte in Berlin-Neubabelsberg, zur instrumentalen Ausrüstung einer astronomischen Expedition nach der Krim 2000 vr. Robert Hart meyer, Kustos am Zoologischen Museum in Berlin, zu Stu- 483
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