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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.04.1914
- Strukturtyp
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- 1914-04-03
- Erscheinungsdatum
- 03.04.1914
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 77, 3. April 1914. auf dem Gebiete der Bekämpfung der Schundliteratur«, wobei borwcgbemcrkt sei, daß der Redner das Thema ziemlich weit fechte und eine ganze Reihe Fragen allgemeiner Natur einbezog. Er teilte seinen Vortrag in eine Aktib feite, worin er die Wege der Bekämpfung untersuchte und eine Passiv seite, worin er die Mittel angab, wie der im Kampf Stehende sich gegen etwaige Angriffe der Interessenten der Schundlite ratur wehren könnte. Im ersten Teil besprach der Redner die Möglichkeit, min derwertige Bearbeitungen zu bekämpfen — eine Bearbei tung an sich ist ja bekanntlich erlaubt. Er kommt zu dem Resul tat, daß auch bei nicht mehr geschützten Werken eine der artige Bearbeitung von den Interessenten, Erben des Verfassers bekänrpft werden kann, also die Theorie des Schutzes der geisti gen Ehre, die Köhler aufgestellt hat und die auch recht shnipa- thisch, nur m. W. nicht Gemeingut der deutschen Rechtspre chung ist. Im zweiten Teil wurde besonders darauf hingewiesen, daß die Zeiten sich insofern geändert hätten, als der Kämpfer gegen die Schundliteratur durchaus nicht mehr immer der Angreifer wäre, sondern sich darauf gefaßt machen müsse, sowohl zivil- als auch strafrechtlich seinerseits in Anspruch genommen zu wer den. Der Redner knüpfte daran die allgemeine Mahnung, in kei nem Fall den Boden der Sachlichkeit zu verlasse», da man sich sonst sehr leicht in Unannehmlichkeiten bringen könnte. Juri stisch kommt für diese Fragen namentlich der bekannte K 193 (Wahrung berechtigter Interessen) in Frage. Redner befürwortet, daß in allen diesen Streitigkeiten soweit Beamte, Lehrer usw. darin verwickelt werden, von seiten ihrer Vorgesetzten Behörde der »Konflikt- erhoben werden solle, d. h. der Streitfall den ordentlichen Gerichten zunächst entzogen und zur prinzipiellen Prüfung, inwieweit der Beamte sich schuldig gemacht hat, den Verwaltungsgerichten übergeben werden soll, ein Vorschlag, gegen den man vom bürgerlichen Standpunkt doch recht schwer wiegende Bedenken hegen muß. Über die weitere Tagung der Zentrale ist leider nichts Er freuliches zu berichten. Sie wurde, genau wie im vorigen Jahr, fast ausschließlich beherrscht von dem Rededuell Brau ne r - B r u n ck h o r st. Nun haben die Differenzen zwischen dem Herausgeber der »Hochwacht«, Professor Brunner, und dem Hamburger Lehrer Brunckhorst, als Vertreter der »Jugendwarte«, im Laufe der Zeit eine Schärfe und einen persönlichen Charakter angenommen, daß die Möglichkeit eines Ausgleichs längst geschwunden ist. Unter diesen Umständen ist es wirklich nicht einzusehcn, wozu jedes Jahr Delegierte aus ganz Deutschland zusammenberufen werden, um sich diese unerquicklichen Zanke reien immer wieder auftischen zu lassen. Ein Ende dieses Strei tes ist vorläufig gar nicht abzusehen, da die Hauptfrage, ob die »Hochwacht« weiterhin an alle Mitglieder offiziell geliefert wer den soll, von der Tagesordnung wegen eines Formfehlers im Antrag vertagt werden mußte. Vivat 1915! Das einzig Interessante an dieser Streiterei ist für mich das Symptomatische; sie zeigt die ganze Schwäche dieser Zentrale, die, aus den verschiedensten Elementen zusammengesetzt, von denen noch jedes für den Begriff »Schund« eine andere Defi nition hat, um keine m zu nahe zu treten, auf jede AktivPo litik verzichtet und, wie von einer Seite spöttisch bemerkt wurde, allenfalls eine »Zentralstelle znm Studium der Schundlitera tur« bilde. In den spärlich bemessenen Duellpauscn wurde näm lich hier und da auch sachlich verhandelt und bei dieser Ge legenheit aus der Mitte der Versammlung, namentlich auch von Herrn Professor Brunner, dem Vorstand zum Vor wurf gemacht, daß er nicht die Gelegenheit benutzt habe, zu dem neuen Gewerbeparagraphcn (dem sog. Jugendschutzparagraphen) offiziell Stellung zu nehmen. Der Vorstand verteidigte sich mit dem Hinweis, daß die verschiedenen Mitgliedergrnppen nicht einig wären, ein Teil, wie die Goethcbünde, wären ge gen das Gesetz. Der Vorsitzende zog nun daraus nicht den Schluß, daß die Zentrale ihre unklare Stellung aufgcben und sich für rechts oder links entscheiden müßte, sondern predigte weiter Neutralität. Schließlich wurde wenigstens der An trag Tcws angenommen, die Zentrale solle die Einzelgrnppen 486 zur Angabe ihrer Stellungnahme auffordern und diese Mittei lungen sammeln. Als Episode möchte ich noch erwähnen, daß ein Vertreter des »Zcntral-Vereins der Buch- und Zeitschriftenhändler« als Gast dagegen protestierte, daß der seßhafte Kolportagebuchhandel dauernd von Prof. Brunner mit Bücherhausierern verwechselt werde. Erfreulich war es, daß der Vertreter des Börsenvereins, Herr Geheimrat Siegismund, zu dieser wenig imponierenden Versammlung nicht erschienen war. »Vuckiatnr et altera pars! Nachdem ich den Kämpfern gegeir den Schund wenigstens die Möglichkeit gegeben hatte, mir mit- zuteilcn, wie sie über den »Jugendschutzparagraphen« dachten, ging ich am 29. März zu den G o e t h c b ü n d e n, um zu hören, was sich gegen den Entwurf sagen ließe. Die von etwa 890—900 Personen besuchte Versammlung wurde von Ludwig Fulda mit einer äußerst packenden und wirkungsvollen Rede eröffnet. Das ganze Problem der »neuen lex Heinze« ist ja auch an dieser Stelle schon mehrfach erörtert worden, so daß ich aus ein näheres Eingehen auf die Rede Wohl verzichten kann; gerade weil Fulda im Grunde, nur mit anderen Worten sagte, was schon hundertmal gedruckt worden ist, muß man die dialektische Geschicklichkeit bewundern, mit der er die Zu hörer von Anfang bis zu Ende hinriß. Die übrigen Redner — eine Liste derselben brachte Nr. 72 des Bbl. — hatten nach dieser rhetorischen Leistung einen schweren Stand. Walter Bloem meinte scherzend, es grenze geradezu an llnkollcgialität, wie Fulda ihnen alles, was zu sagen wäre, vor weggenommen hätte, immerhin gingen sie, nachdem die Einlei- tungsrcde die Grundzüge gegeben hatte, mehr ins Einzelne. Im speziellen Hinweisen möchte ich ans die Rede unseres Kollegen vr. d e G ruh t c r, der für seine Person die Ansicht der anderen etwas insofern modifizierte, als er nicht der Meinung ist, daß die Polizei mit dem neuen Paragraphen eine neue lax Heinze plane; weiterhin gab er offen zu, was auch schon von anderen Rednern erklärt worden war, daß Schmutz und Schund im Buch handel tatsächlich existierten: »Wir wissen, daß trotz aller Bemü hungen unser Haus uud unsere Rebenhäuser von der Wort- und Bildkuppelei noch nicht gesäubert sind«. Er wies aber daraus hin, daß der vorliegende Entwurf keinesfalls geeignet sei, dem Übel abzuhclfcn, Wohl aber auch den anständigen Buchhändler den schlimmsten Schikanicrnngen aussetze. Von anderen Bernfsgcnosscn bemerkte ich auch Herrn I)r. Vollerl und Herrn Prager. Die Versammlung, die sich wegen der unglücklich gewählten Zeit — gerade um die Mittags stunde — im Lauf der Reden leider stark gelichtet hatte, nahm am Schluß einstimmig folgende Resolution an: »Die Versammlung sielst in den geplanten gesetzgeberischen Maß nahmen gegen die Schaustellung von Schriften, Abbildungen n»d Darstellungen kein zuverlässiges Mittel znm Schatz der Jugend, wohl aber eine schwere Gefahr slir Kunst und Wissenschaft, sowie eine Bedrohung des Buchhandels, die mit aller Entschiedenheit abgc- wehrt werde» miissen. Sic verlangt überdies, daß die Behörde jedes Eingreifen schon bei der gegenwärtigen Rechtslage ans diesem Gebiet nicht von den. Ermesse» kunstsrcmder Polizciorgane abhängig macht, sondern von dem Urteil eines Beirats, der aus bernsenen Ver tretern der Kunst, Literatur und Wissenschaft besteht.« Nachdem der Vorsitzende dann auch die Zustimmungserklä rungen einiger hervorragende» Persönlichkeiten verlesen hatte, fand die Kundgebung ihr Ende.*) *> Inzwischen hat sich an die Protestvcrsannnlung eine heftige Preßpolemik geknüpft. In einem »Offenen Brief an Herrn Or. Lud wig Fulda« protestiert Prof. Brunner dagegen, daß er in der Versammlung nicht zu Wort gekommen sei nnd behauptet, daß der frag liche Paragraph den Besucher» der Versammlung absichtlich falsch inter pretiert worden sei. lTägl. Rundschau Nr. 15t). Ludwig Fulda erwidert kürzer, aber nicht weniger scharf in einem Gcgenartikcl <B c r l. Tageblatt Nr. Ulk), worin er besonders eine» Sab Prof. Brunners glossiert: »Sie ldie Bücher) werden einfach aus der Ossentlichkeit, wo hin sie nicht gehören, entfernt und bleiben im übrige» völlig unbehelligt. Betroffen werden ausschließlich gewerbliche Interessen«. Er meint da zu: »Eine merkwürdige Art der Richtbehcllignng von Dingen, die
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