Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-04-07
- Erscheinungsdatum
- 07.04.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19140407
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191404072
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19140407
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-04
- Tag1914-04-07
- Monat1914-04
- Jahr1914
-
3160
-
3161
-
3162
-
3163
-
3164
-
3165
-
3166
-
3167
-
3168
-
503
-
504
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^ PO, 7. April lS14, Redaktioneller Teil. Oh, wie lächerlich wirkt es doch, wenn jemand mit dogmati schem Gesicht an eine Materie kommt, die er nicht versteht! Da dant er sich ans Papiermache und Kitsch eine Theorie auf und flötet hoch oben Rattcnsängerweisen, denn — vielleicht kommt der Berg doch zu Mohammed. Wie herrlich ist es, ein Buch zu kennen, ehe man es kauft; wie köstlich, mit allen Büchern der Vergangenheit und Zukunft im Kopfe geboren zu sein und sie durch Ankauf nur zur kompakten, sicheren Masse zu formen! — Ach nein, so weit sind wir noch nicht, Herr Doktor, vielleicht später einmal, später, später . ., wenn der Homunkulus konstruiert ist. Doch zur Sache! Denn der Artikel bringt noch mehr, ob gleich der Titel mit den ersten dreieinhalb Zeilen eigentlich er schöpft ist, Herr vr. Pudor fährt fort: »Die meisten Bücher sind nicht zum Nutzen der Leser, der Konsumenten, des Volkes und des Vaterlandes, der Familie, des Staates geschrieben, sondern zu Nutzen l, des Verfassers, 2. des Verlegers, 3, der Partei oder Klasse, die Verfasser und Verleger vertreten«, — Herr Doktor, das ist ein starkes Stück, als publizistisches Sprachrohr müssten Sie etwas von — nun, ich nehme das Nächstliegende — Liliencron gehört haben. Wenn nicht, warten Sie noch einige Monate, da wird bei Georg Müller in München ein Kopierbuch des Lilien- cronverlcgcrs Wilhelm Friedrich veröffentlicht werden, aus dem zu ersehen ist, mit welchen ungeheuren Opfern ein Verleger einem grasten Manne die Lebensexistenz gibt. Doch, ich will die Reihen folge halten. Also 1,: Ein Buch wird zum Nutzen des Verfassers geschrieben. Der Begriff dieses »Nutzens« ist nach zwei Seiten dehnbar: ideeller Nutzen (Ruhin) und materieller Nutzen (Geld), Ruhm ist aber immer nur da, wo Beifall ist, und Beifall ist Folge des Gefallens, Ein Buch, das der Volksanschauung zuwiderläuft, wird keinen Beifall haben, also dem Autor keinen ideellen Nutzen bringen, Item beißt sich die Katze in den Schwanz. Der ma terielle Nutzen ist schon eigentlich Folge des ideellen Erfolges, Aber davon abgesehen: nehmen wir mal den materiellen Nutzen als Ding an sich, als etwas, das, aus sich selbst herausgeboren, sich selbst erfüllt. Der Mensch must essen, um zu leben (Genie ist nicht das Privileg des Reichtums), Und Essen kostet Geld; da hilft auch der schönste Altruismus nicht drüber hinweg. Wenn jemand »schreiben« will, must, kann, dann braucht er Zeit. Er könnte die selbe Zeit mit Holzhauen und Agrikultur hinbringen und Tag lohn verdienen. Ein Volk, das sich heute schon brüstet, Bücher zu kaufen, wird dem Stande der Geistesarbeiter niemals eine Freistelle im Leben einrichten, die ihn der Sorge um das Alltäg liche enthebt. Das ginge auch gar nicht an, denn es müßte eine Unmasse von Geld für Dilettantismus hinausgeworfen werden, oder aber, es käme zur Züchtung eines einseitigen Literatentums, weil das Wagnis der Ergänzung zu groß ist. So muß also der Geistesarbeiter für sich selbst sorgen; aber ich glaube, daß diese Sorge in den weitaus meisten Fällen immer noch von dem sokra- tischen Grundsatz erfüllt ist: »Wir leben nicht, um zu essen, son dern wir essen, um zu leben«. Der zweite Punkt heißt: Bücher werden zum Nutzen des Verlegers geschrieben. Als erste Erwiderung gilt auch hier, was ich von dem Stande der Geistesarbeiter sagte. Worauf es mir aber bei Herrn vr, Pudor insbesondere anzukommen scheint, ist die Profanierung der »Arbeit auf Bestellung«. Es wird einem Laien schwer zu sagen sein, wie der Verlagsbuchhandel, und ins besondere der deutsche Verlagsbuchhandel, die geistigen Strö mungen seiner Zeit überwacht, wie die kleinste Vibration inner halb der Kultur im Buchhandel nicderschlägt und durch ihn zur Läuterung kommt. Diese Läuterung erfolgt, sofern sie durchgrei fend ist, in den meisten Fällen durch den Verleger, Er hat durch seine Kenntnisse und Erfahrungen die Geistesarbeiter an der Hand, die im berufenen Augenblick cinspringen müssen, die neuen Quellen in eine geregelte Bahn zu leiten. Fast alle grundlegen den Kompcndienwcrke verdanken ihr Entstehen der raschentschlos- senen Initiative ihres Verlegers, der oft genug alles auf diese eine Karte setzte, — Etwas verschiebt sich das Bild auf dem rein belletristischen Gebiete, wenn man die Schlager im Auge hat. Ganz abgesehen davon, daß man die Kraft eines Elefanten nicht nach der Warze am linken Hinterbein beurteilen sollte, ist das Schlagertum schon heute eine Folge dessen, was Herr vr. Pudor für die Zukunft fordert, wenn er sagt: das Publikum als Konsu ment kann den Dichter und Schriftsteller als Produzenten er ziehen, Wir kämen in ein seichtes Geplätscher, sollte dieser Kurs allgemein eingeschlagen werden. Der dritte Punkt spricht für sich selbst, und es bleibt jedem Leser überlassen, an diesem Satze sestzustellen, wie so gar nichts dazu gehört, als Worte, nettklingende Worte, von irgendwoher ein bißchen Ingrimm dazu, und die Geste des Volksbeglückers, Ich wiederhole ihn deshalb kommentarlos: »Die meisten Bücher sind zum Nutzen der Partei oder Klasse, die Verfasser und Ver leger vertreten, geschrieben«. Nach dem, was wir bisher gesehen haben, nimmt es auch nicht Wunder, daß Herr vr. Pudor sich vor der Niederschrift sei nes Artikels gar nicht die Mühe gemacht hat, eine Literaturge schichte aufzuschlagen. Sonst könnte er wohl nicht behaupten, daß Familie und Staat in der Literatur keinen Spiegel habe», daß unsere Literatur »dieses bedeutungsvollste Gebiet bisher arg vernachlässigt hat«; und ferner, daß anstelle der Volkslieder, Volkscpcn, Märchen und Fabeln eine »trockene Fachliteratur ge treten ist«. Kennen Sie unser» Kulturverleger Eugen Diebe- richs in Jena nicht, Herr Doktor? Er hat alles das verlegt, was nach Ihrer Meinung »verlorcngegangen ist«, — aber der Bil dungshunger, der, wie Sie es wissen, im Volke vorhanden ist, muß in Wirklichkeit doch etwas anders aussehen, denn Eugen Dicdcrichs klagt bitter über die Mißachtung seiner volkstüm lichen Verlagswerke, Wir vom Buchhandel wünschen nichts sehnlicher, als daß sich die Presse ihrer Stiefschwester soweit erinnert, daß sie sich auch um ihr leibliches Wohl und Wehe kümmert; daß sie, über die Buchbesprechungen hinaus, gelegentlich die wirtschaftliche Lage unseres Berufes hcranzieht und das Publikum vor der Verkennung des Buchhändlers und der Verblendung durch die Auch-Buchhändler warnt. Wir wünschen das nicht zuletzt im Interesse des geistigen Kapitals, das nur solange sachgemäß ver waltet werden kann, als das Publikum Ursache findet, einen gebildeten Buchhändlerstand zu unterstützen. Und diese Ur sache mit dem inneren Wesen unseres Berufes erkennen zu lehren, ist eine edle Aufgabe der Presse, Was aber hier in diesem Pudorschen Artikel gesagt ist, geht gegen Ehre und Wahrheit des Buchhandels! Kleine Mitteilungen. Pertriebszeitschriften. — Es wird dem aufmerksamen Leser nicht entgangen sein, daß unser .Hauptaugenmerk neben der Frage, wie Sortimenter und Verleger ihre Absatzmöglichkeiten erweitern können, in erster Linie auf die geschäftliche Organisation und die Orientierung über den Büchermarkt gerichtet ist. Wir brauchen hier nicht aus zuführen, wie sehr diese drei Dinge ineinandergreifen und wie viel insbesondere auf eine zweckmäßige Orientierung über den Bücher markt ankommt, die uns nicht nur die Wesenheit eines Buches, sondern auch das Verhältnis zu den mit ihm konkurrierenden Werken und seine spezielle Eignung für einen bestimmten Käuferkreis erkennen läßt. Aus diesem Grunde werden wir dieser Frage unsere besondere Aufmerksamkeit zuwenden und in einer Reihe von Artikeln über bestimmte Ltteraturgebiete (Anthologien, Kunstgeschichte, Deutsche Literaturgeschichte, Weltliteraturgeschichtc, Deutsche Geschichte, Welt geschichte, Musikgeschichte, Zitatenlexika usw.) versuchen, einen Überblick über die wichtigeren Erscheinungen zu geben unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen Merkmale und speziellen Eignung für be stimmte Zwecke und Käuferkreise. Zunächst möchten wir jedoch diejenigen Zeitschriften einer kritischen Besprechung im Rahmen eines zusammenfassenden Artikels unterziehen, die sich die Aufgabe gestellt haben, ihre Leser über den Büchermarkt oder einzelne Gruppen desselben zu unterrichten. Wir bitten daher, ein Exemplar aller dafür in Betracht kommenden Vertriebszeitschriften, gleich viel, ob für die Hand des Sortimenters oder des Pub likums bestimmt, direkt an die Redaktion des Börsenblattes einsenden zu wollen, und wären besonders den Herren Sortimentern zu Dank verpflichtet, wenn sie uns Mitteilen würden, welche Zeit schriften sic als Vertriebs mittel benutzen, in welchem Um fange dies geschieht und welche Erfahrungen sie damit ge macht haben. 503
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht