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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1927
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- 1927-03-01
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- 01.03.1927
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Sprechsaal. X 50, I. März 1927. ist dynamisch, und das unbewußte Ziel ist, auch den geistigen Lcbens- prozeß anderer nach seinem Bilde zu formen. Wenn also sich dieses Schöpfertum im Ausnehmenden zu eigener Formung forJetzt, entsteht Bildung. Wissen steht im Bildungsprozeß als Ordnungsprinzip erst an zweiter Stelle, denn cS handelt sich bei der Bildung um Weiter wirkung von etwas Dynamischem und nicht um das Sammeln von Kenntnissen. Übrigens unterscheidet auch die Sprache deutlich zwischen »bilden« und »wissen«. 2. Das dynamische geistige Leben verträgt im Grunde keine Regle mentierung, das liegt schon im Begriff »Leben« selbst. Es ist autonom. Zaristische Rechte auf geistige Produkte fallen daher lebensorganisch gedacht unter den Gesichtspunkt der Pflege geistigen Lebens. Also der Verleger ist mehr Treuhänder als Besitzer, er verwaltet die prak tische Seite des Schöpferischen im Interesse der Volksgemeinschaft und des Autors. 3. Ein vcrlegerisches Monopol ist für eine bestimmte Zeit er fahrungsgemäß notwendig, sonst läßt sich keine normale Bücherpro duktion bewerkstelligen. Das hat der überwundene Kampf gegen das Freibeutertum der Nachüruckszeit in dem Zeitalter unserer Klassiker bewiesen. Es ist dies ein notwendiger Kompromiß des Lebens, der aber nicht über eine Generation hinaus verlängert werden darf, um eben die Nachteile der mechanischen Fesselung nicht allzu groß werden zu lassen. 4. Das Leben liefert den Beweis für diese Behauptung. Es ergibt sich, daß erst mit dem Freiwerden eines Autors seine breite Wirkung auf die ganze Volksgemeinschaft beginnt. Man nehme z. B. die Er fahrungen der letzten Jahre bei dem Freiwerden von Theodor Storm, Gottfried Keller und Gustav Freytag. Ihre Verleger Westermann, Cotta und Hirzel waren durchaus keine rück ständigen Firmen, und doch erlebten mit einem Mal diese Schrift steller eine Art Renaissance in der Wirkung aus das geistige Leben unseres Volkes, besonders Gustav Freytag. 5. Die Folgerung aus dieser unleugbaren Tatsache ist: Es ist ein Naturgesetz, daß nach Schutzzoll in absehbarer Zeit auch einmal wieder das freie Spiel der Kräfte einzutreten hat. Das gilt für Landwirtschaft und Industrie, und auch der Verlagsvcrtrag »nacht davon keine Ausnahme. Denn das Leben will nicht eivig gefesselt sein, ebenso wie jeder Strom jährlich im Frühling über die User zu fluten pflegt. 6. Gewiß kann inan an vereinzelten Fällen beweisen, daß die Erben mit 30 Jahren Schutzfrist zu kurz kommen. Aber was ist für die Volksgemeinschaft wichtiger: wenn im freien Spiel der Kräfte ein Lied von Brahms statt 3 Mark nur 30 Pfennige kostet, oder wenn ein paar Menschen eine 20 Jahre längere Rente haben? Gut, stellt sich eine Notlage der Familie ein, soll eben der Staat Ausgleich schaffen. Der Fundus dafür läßt sich mit leichter Mühe aus einer niedrig be messenen Abgabe der jeweiligen Nachdrucksverleger beschaffen. Frei lich um Gottes »Villen keinen neuen bürokratischen Apparat, es ist dieses in die Hände einer bestehenden Organisation zu legen. 7. Ich fasse zusammen: Wenn Jntcressenverbände einseitig ans dem Standpunkt stehen: »Wir nehmen, »vas »vir kriegen«, so stellen sie sich auf den Standpunkt der Lebensinechanisierung. Wenn die Ver leger, die den gewerbsmäßigen Nachdruck von Bücherfabrikanten mi Recht als Bönhascntum empfinden, für Verlängerung eintreten, ver teidigen sie nur ihre materiellen Besitzrechtc, ohne Rücksicht auf ihr moralisches Trcuhäudertum. Ebensowenig ist maßgebend, wenn an dere noch mehr den Lebcnsmechanismus vertretende Länder eine 7,0- jährige Schutzfrist bereits eingeführt haben. Deutschland hat seine eigene Lösung zu finden, auf daß — um mit Lagarde zu r'cden— »die Winde wehen, damit das große Morgen herankomme«. Jena. EugenDiederichs Zum Schund- und Schmutzgesetz. Von Max Koch. Die Leipziger Neuesten Nachrichten brachten vor einigen Tagen einen Artikel aus der Feder des früheren Oberreichsanwalts Univer sitäts-Profcssor De. Ebermayer, Leipzig, über das Gesetz zur Be wahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften. Nach all der lauten und schnellen Kritik, die das Gesetz erlebte, berührt die ruhige, festgegründete Sachlichkeit und reife Abgeklärtheit, mit der der hervor ragende Jurist das Gesetz interpretiert, angenehm ausgleichend. Jedenfalls kommt er zu dem Schluß, daß man bei Berücksichtigung der vielen Kautelcn, die das Gesetz gegen eine leichtfertige Aufnahme in die Liste der beanstandeten Bücher Vorsicht, von einer unzulässigen Unterbindung künstlerischen Schaffens wohl kaum sprechen könne. Um die weichste Stelle des Gesetzes kommt aber auch Professor vr. Eber mayer nicht herum: Der Begriff Schmutz und Schund läßt sich nicht fest umreißen, und doch sind scharf umrissene Begriffsbestimmungen die Voraussetzung für die Anwendung eines Gesetzes, wenn auch der Begriff Schund und Schmutz an sich eine gewisse Übereinstimmung iin voraus in sich schließen dürfte. Immerhin ist Dr. Ebermayer der Meinung, daß Ausfüllung der verwendeten Begriffe erst der Theorie und der Praxis überlassen bleiben müßten. Hier liegt eine gewisse Gefahr für den jetzt schwerringenden Ver lag. Ist es schon an sich heute nicht leicht, den Entschluß zu einer Verlagsproduktion zu fassen, so wird durch das neue Gesetz entschieden eine »veitcre Unsicherheit in die Dispositionen des Verlags getragen, die unter Umständen sehr lähmend »virken kann. Besonders wird es die Verleger betreffen, die dein immer bestehenden Geschmack des Lesers an spannenden Unterhaltungs- und Abenteurerromanen zu ent sprechen suchen. Die Zeiten sind, wie gesagt, wirtschaftlich zu schlecht, die Arbeitslosigkeit zu groß, als daß man bestimmte Gebiete der Ab satzmöglichkeit von Büchern unbeachtet lassen könnte. Dazu kommt noch, daß die billigen Roman- und Abenteuerreihen nur in großen Auflagen und ganzen Serien herausgebracht werden können. Wer soll sich aber an die Investierung der hierzu erforderlichen bedeutenden Mittel »vagen, wenn über den Begriff Schund und Schmutz sich die Gelehrten selbst nicht einig sind und es an einer festumrissenen Be griffsbestimmung fehlt? Dann sollte man schon den nächsten Schritt gehen und wenigstens eine freie Vorzensur schaffen, d. h. eine Stelle, die in den Mitgliedern eine gleiche Zusammenstellung aufweist »vie die behördlichen Prüf stellen, und bei der der Verleger seine Manuskripte vor Drucklegung freiwillig zur Prüfung einreichen kann, vielleicht gegen eine be stimmte Gebühr. Einmal könnte dadurch die eigene Überzeugung des Verlegers von dein einwandfreien Charakter des geplanten Verlags werkes gestärkt, sein guter Wille dokumentiert werden, zum andern dürste ein so zu schaffender Präjudizfall nicht ohne Einfluß aus die Entscheidung der behördlichen Prüfstellen sein, zumal wenn die Vor instanz unter der Leitung des Börsenvereins stehen würde. Man wende hier ja nicht ein, daß der Verleger selbst wissen müsse, »vas Schmutz und Schund ist. Es gehört z. B. bis heute noch zu dem guten Ton bei schmissigseinwollenden Journalisten — und wenn es sich dabei um den Schreiber in einem Winkelblättchen handelt —, einer abfälligen Buchkritik das Courths-Mahler-Klischee cinzufügen. Trotz dieser scheinbaren Einmütigkeit erheben sich doch jetzt hier und da Stim men, auch in der großen ernsthaften Tagespressc, die auch an der Courths-Mahler etwas Gutes zu finden missen. Man sieht eben eilt, daß wir nicht nur Bücher für eine Monarchie von Literaturliebhabcrn zu schaffen haben: Cum srrpiente logueim perpaueis utero verbis — gescheiten Leuten ist gut predigen. Das Volk verlangt nach Vermitt lung von positiven, sinnfälligeren Lebens- und Gemütswerten, in ein facher, lcichteingehender Form dargeboten. Durch artistische Experi mente läßt es sich nicht zum Lesen höherer Literatur hinaufziehcn. Es ist also gar nicht so einfach, mit festgefügt scheinenden Begriffen von Schund und Schinutz zu operieren, »vie cs leider auch innerhalb des Buchhandels oft geschieht. Überhaupt die Kritik, wann war ihr Ge sicht so maßlos von der Parteien Gunst und Haß verzerrt »vie heute? Deshalb könnte die angeregte freie Zensur hier in moralischer und rein rechtlicher Hinsicht sehr gute Arbeit leisten. Schon die Tatsache allein, daß die freiwillige Stellung unter die Zensur der empfohlenen Vorinstanz den guten Willen des Verlegers einwandfrei dokumentiert und gleichzeitig vorschnelle einseitige Verurteilung aus schließt, sollte die Existenz einer solchen Vorbcratungsstclle rechtfer tigen, ganz abgesehen davon, daß die durch diese Stelle gegangenen Bücher gekennzeichnet und damit den Sortimentern bestimmte An haltspunkte für den einwandfreien Charakter des betreffenden Werkes gegeben werden könnten. Denn schließlich kann der Sortimenter nicht jedes Buch aus Herz und Nieren prüfen — und doch können und dürfen Verlag und Sortiment an dem unbedingt bestehenden Bedarf für sinnfällige, leichtcingehendc UnterhaltungSliteratur nicht vorübergehen. Die Zeiten sind zu schlecht, und überdies: Vox populi, vox vei. Jedenfalls würde der gesamte deutsche Buchhandel mit der Errichtung einer freiwilligen Vorzensur bestätigen, daß er sich der Wahrheit des Wortes wohl bewußt ist: »Wenn auch Bücher nicht gut oder schlecht machen, besser oder schlechter machen sic doch«. ZUchtung von Auchbuchhändlern. Es ist bedauerlich, daß selbst große Firmen, die sonst ihr Ver- bundcnsein mit dem regulären Buchhandel so stark betonen, jetzt dazu übergehen, ihre Erzeugnisse mit Hilfe außenstehender Geschäftszweige zu vertreiben, und damit künstlich einen umfangreichen Auchbuchhandel ins Leben rufen. Die Firma Ko-ehler L Aiuelang sandte an ein Münchener Sportgeschäft, offenbar aber gleichzeitig an tausend andere Sportgeschäfte, folgendes gedruckte Rundschreiben, dessen Original der Sklirisvleitung des Börsenblattes übergeben wurde: 24S
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