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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1927
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- 1927-03-01
- Erscheinungsdatum
- 01.03.1927
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X: 50, l. März 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Hoven mehrere Male, und cs war höchst interessant, wie er, ein Notenblatt und einen Stummel von Bleistift in der Hand, öfters wie lauschend stehen blieb, auf und nieder sah und dann auf dem Blatt Noten verzcichncte. — Seine Kleidung bestand in einem lichtblauen Frack mit gelben Knöpfen, Weiher Weste und Hals binde, doch war alles bei ihm sehr negligiert. Seine Gesichts farbe war gesund und derb, die Haut etwas pockennarbig, sein Haar hatte die Farbe blauangelauscnen Stahls, da es bereits aus dem Schwarz etwas in Grau überging. Wenn sein Haar sich im Sturm bewegte, so hatte es wirklich etwas Ossianisch-Dämo- nisches«. Von den Zeitgenossen wurde das Kloebersche Bildnis sehr geschätzt. Die Wiener Modenzeitung schrieb: »Herr Kloeber aus Breslau brachte auch die höhere Ähnlichkeit der geistigen Phy siognomie des genialen Mannes wahr und glücklich zur Anschau ung«. Eine bald crschicncncnc Lithographie von Th. Neu ver breitete dieses Bild in großer Zahl. Heute ist wohl die Gravüre aus dem tlorpus Imoginum der Photographischen Gesellschaft die beste Wiedergabe des Bildes. In künstlerischer Hinsicht ist daS Bildnis Beethovens von Stieler bedeutend höher einzuschätzcn, wennschon der Maler damals noch nicht auf der Höhe seiner Kunst stand. Er war der Schöpfer des berühmten Goethe-Bildnisses in der Pinakothek und vieler anmutiger Frauenporträts in der Münchener Residenz. Beethoven erscheint bei Stieler schon reichlich genialisiert. Das Bild liegt gewiß vielen neuzeitlichen zugrunde. Eine zeit genössische Kritik sagt: ». . . Er ist mit einem zierlichen Mund und mit schönen sprechenden Augen begabt, worin sich in jedem Moment seine schnell wechselnden Gedanken und Empfindungen widerspiegeln — graziös, liebevoll, wild, zorndrohend«. An einer anderen Stelle lesen wir: »In Betracht des charakteristischen Ausdrucks ist der Moment gut wiedergegeben und fand Zustim mung, hingegen stieß die vom Künstler beliebte Auffassung des Titanen, am meisten die Neigung des Kopfes, auf Widerspruch, weil der Meister den Mitlebenden nicht anders bekannt war, als seinen Kopf stolz ausrecht tragend, selbst in den Momenten körper lichen Leidens«. Die vielen modernen Wiedergaben nach diesem Bild darf man wohl als bekannt voraussetzen. Der »Deutsche Ehrcntempcl«, bearbeitet von einer Gesellschaft Gelehrter, Gotha 1836, Henningsische Buchhandlung, brachte erstmalig einen Stich von Petersen nach dem Stielerschen Beethoven. Eine Litho graphie von Dürck erschien bei Artaria. Ein Bild des Komponisten aus srühcrcr Zeit hat Wähler 1803 gemalt. Im Geschmack damaliger Zeit zeigt uns der Künst ler Beethoven vor einer Landschaft sitzend. Bis auf den sinnen den Ausdruck der Augen können wir kaum schon das Charakteri stikum am Meister entdecken. Ein späteres Brustbild von der Hand desselben Künstlers, das uns gleichfalls aus dem Lvrpu« Imaginum bekannt ist, dürfte dem Wesen des Meisters schon näher kommen. Jedenfalls soll es eins der ähnlichsten Bilder ge wesen sein. Die ältesten Beethoven-Porträts waren meist in Zeichnung oder Graphik ausgeführt. Die früheste Darstellung dürfte der Schattenriß vom Jahre 1786 fein. Aus 1801 stammt der ovale Stich I o h. Neidls nach einer Zeichnung von Stein häuser. Ein üppiger, schwer zu ordnender Haarwuchs ist hier schon wahrzunehmen. Der Mund dagegen zeigt noch nicht die festgcschlossenen Lippen. Ein Jahr später malte Hornemann den Komponisten in einer Miniatur. Das Bildchen bringt uns trotz seiner Kleinheit den Meister in der Auffassung etwas näher. Einer der schönsten Stiche seiner Zeit ist der von Rcyher nach einer Zeichnung von Gatteaux. Auch dieses Bild ist wie das Stielersche bereits etwas idealisiert, es hat sicher gleichfalls mancher neuen Schöpfung zum Vorbild gedient. Der schöne, in weicher Tönung gehaltene Stich ist auch rein technisch einer der höchststehcnden. Er erschien mit faksimilierter Unterschrift bei E. H. Schroeder in Berlin (jetzt Hollstein L Puppel). In den Antiquariatskatalogen finden wir ihn in verschiedenen Formaten ausgezeichnet. Breitkopf L Härtel gaben einen Stich von Schaffner heraus, der Beethoven in jüngeren Jahren halb en k»cs zeigt. Eine Zeichnung von Gerh. Schumann vervielfältigte Bölling er in einem achteckigen Stich. Beethoven erscheint hier ganz von vorn gesehen. Zu den besten graphischen Bildnissen gehören die Stiche nach Letronne. Der Franzose hatte 1815 eine Bleististzcichnung entworfen (jetzt im Besitz von Professor Siegfried Ochs in Berlin), die zuerst von Riedel gestochen wurde. Dem Stecher Bla sius Höfel genügte der Stich aber noch nicht. Er suchte ihn noch zu verbessern. Aber Beethoven saß ihm nur 5 Minuten. Der Künstler erreichte aber sein Ziel, indem er den Meister, der meist recht lange spielte, beim Phantasieren beobachten konnte. So ge lang es Höfel, eins der besten Bilder des Meisters zu schaffen, wenn auch schon im Geschmack der Zeit idealisiert. 1814 wurde es von Artaria veröffentlicht. Eine Zeichnung, die aber wohl keinem zeitgenössischen Stich zugrunde gelegt ist, fertigte 1807 R. Schnorr von Carolsfeld an. Eine Aufzählung der authentischen Bildnisse des Komponisten ist aber noch nicht erschöpft, wenn wir nicht der reizvollen Zeich nungen des taubstummen Hamburger Lyser gedenken. Der Hauch eines leichten Lächelns, das wir auf dem unbedeckten Profil kopf des Meisters wahrnehmen, macht uns das Bildchen besonders wertvoll. Wir wissen, daß es einmal in einer besonders guten Laune, in einer fröhlichen Stunde geschaffen worden ist. Eine gewiß äußerst naturwahre Darstellung gibt uns Lyser in der Figur des schreitenden Beethoven. Vornübergebeugt, die Hände auf dem Rücken, den hohen Hut schief nach hinten gerückt, erhält der Meister etwas Karikaturenhaftes. Diese saloppe Erscheinung fin den wir auch auf den ähnlichen Zeichnungen des Wiener Hof medailleurs und Steinschneiders Joh. Dan. B o e h m. Die komische Wirkung der gedrungenen Gestalt Beethovens kommt bei der Darstellung des Meisters von hinten gesehen prächtig zum Ausdruck. Lyser hat übrigens den schreitenden Meister noch ein mal in seinem Taschenbuch »Caecilia« 1833 wiederholt und der Figur die äußere Umgebung der Straße bcigegeben. Ein unbe kanntes Beethoven-Porträt kam im vorigen Sommer auf einer Autographen-Auktion bei Henrici, Berlin, an die Öffentlichkeit. Es war eine Federzeichnung von S ch n> i n d , der uns in wenigen flüchtigen Linien einen sehr lebendig wirkenden Kopf mit langem Haar, etwas nach links gerichtet, zeigt. Eine der letzten oder vielleicht die letzte Darstellung Beethovens gibt uns 1826 A. Dietrich, in der wir aber kaum schon das schwere Leiden des Meisters wahrnehmen. Als die getreueste Überlieferung von Beethovens Antlitz muß aber die 1812 vom Bildhauer Klein geformte Maske gelten, die wir unzählig oft reproduziert und auf modernen Bildern wiederholt wiedcrfinden. Die Totenmaske formte Danhauser. Reichlich zerklüftet erscheint uns hier der Kopf als Gehäuse ungeheuren Leidens und konzentrierter Kraft. Alle diese Künstler haben sich ehrlich bemüht, dem Problem Beethovens gerecht zu werden, dessen Werke die tiefstgehendcn Er regungen der Menschenseclc in ungeahnter Weise zu steigern ver mochten. Scholl. Beethoven und seine Verleger. Die gesamte Knlturwclt gedenkt in diesen Tagen durch mehr oder minder imposante Feiern des Tages vor 100 Jahren, an dem Ludwig van Beethoven, sein gewaltiges Erdenwevk abschließend und in die Hände der ganzen Welt legend, von der irdischen Schau bühne abtrat. Das Fortleben einer geistigen Individualität von solchen Ausmaßen, wie sie dieser Titan der Musil darstcllt, ist jeder rationalen Einwirkung entzogen, denn was das Fortwirken eines Geistes über die Dauer seines körperlichen Seins hinaus be dingt, ist ein magischer Prozeß, ist jedem Versuch menschlicher Be einflussung unzugänglich. Ein langsamer Prozeß ist es, in dem der Dahingegangene im Geistigen wieder auferstcht, lebendig wird zu einem ganz neuen Leben, wächst und wächst, über irdisches Maß hinaus, zum Titanen wird, und zwar — das ist das Eigen tümliche — ohne jegliche Beziehung zur quellenmäßigen Über lieferung über seinen Erdenwandel: es entsteht der Mythos. Und sobald dieser Prozeß der Mythifizierung begonnen hat, ist der große Tote aller irdischen Wirklichkeit, im Gegenwärtigen wie im Vergangenen, gefühlsmäßig wie historisch, entzogen. So lebt 235
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