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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1927
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- 1927-03-01
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- 01.03.1927
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5V, 1. März 1927. Redaktioneller Teil. längst schon in uns der Mythos Beethoven, für den Max Klinger > den erhabensten plastischen Ausdruck gefunden hat. Der Mythos hat alles Biographische an die Peripherie des allgemeinen Interesses verdrängt, und auch dort gelingt es dem Biographischen nur zur Geltung zu kommen, soweit sein Mate rial dem Prozeß der Legendenbildung gleichgültig ist. Das Verhältnis Beethovens zu seinen Verlegern ist eine vom Zentralpunkt allen Interesses an hem Titanen so weit abgelegenes Gebiet, daß die biographischen Tatsachen hier noch ein Recht haben, sich vorzudrängen, zumal da sie sich, wenn man von einem oder dem anderen irgendwo auftauchenden Brief des Meisters an einen Verleger absicht, aus die der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bcrlagsarchive stützen, die, wenn sie einmal herangezogen werden, wegen der sich daraus ergebenden Erweiterung des biographischen Gesichtsfeldes weitesten Interesses sicher sein können. Das zeigt sich ganz besonders in der Veröffentlichung der Briefe Beethovens an seine Verleger S. A. Steiner und Tobias Haslinger in Wien, sowie Ad. Martin Schlesinger in Berlin, die im Aufträge der jetzt vereinigten Verlagshandlungen von vr. Max Unger bearbeitet als Erinnerungsgabe zum 150. Geburtstage des Meisters herausgegeben worden sind*). Es zeigt sich zum Er staunen selbst derer, denen die biographischen Daten des Lebens Beethovens bis ins Einzelne bekannt sind, daß in Archiven der alten Verlagshäuser noch Schätze ruhen, deren Veröffentlichung manches neue Licht auf das Leben des Meisters zu werfen vermag. Es kann sich für uns hier unmöglich darum handeln, das Verhält nis Beethovens zu seinen Verlegern erschöpfend zu untersuchen. Das würde den Rahmen unserer bescheidenen Betrachtung weit überschreiten und erforderte außerdem noch eine Fülle von Vor arbeiten, die erst noch zu leisten sind. lins kann es hier nur darauf ankommen, aus dem — sagen wir: geschäftlichen Verkehr des gro ßen Komponisten Züge zu erlauschen, die geeignet sind, ihn uns menschlich näherzubringen. Was sich so erhalten hat, ist eine ganze Reihe von Briefchen und Mitteilungen, wenn man auch keine eigentlichen Briefe großen Stils, wie sie noch die Romantik kultivierte, erwarten darf, denn ein Mensch, der in einer dem Diesseits abgewandten Welt lebte und alles haßte, was geeignet war, ihn von dieser Welt abzuziehen, konnte unmöglich am Briesschreiben Gefallen finden. Das drück! schon sein« Schrift aus, die mit der lästigen Beschäfti gung des Schreibens gar nicht rasch genug fertig werden kann und deshalb eine außerordentlich beredte Lässigkeit und Flüchtigkeit verrät. Kein Wunder also auch, daß das Geschäftliche in den schriftlichen Äußerungen Beethovens die Hauptrolle spielt. Aber das ist gerade das Interessante dabei, denn es charakterisiert klar und deutlich die ganze Art des Verkehrs zwischen ihm und seinen Verlegern. Da sind zunächst Beethovens Beziehungen zu dem Wiener Verlagshaus Steiner L Co., dessen Inhaber Sigmund Anton Steiner die k. k. priv. chemische Druckerei in Wien besaß. Zweifel los war Steiner als Musikverleger nicht eine zielbewußte, musi kalisch versierte Persönlichkeit; denn sein Verlagsgeschäst nimmt eigentlich erst seinen Aufschwung mit dem Eintritt des jungen Tobias Haslinger, den Steiner bald als Teilhaber in die Firma aufnimmt. Die kaufmännischen und vor allen Dingen die musi kalischen Qualitäten Haslingers machen ihn zur Seele des Ver- lagsgeschästs, das übrigens im Jahre 1826 ganz in seinen Besitz übergegangen ist. Der Verkehr Beethovens mit Steiner und Haslinger war von vornherein durchaus auf einen vertraulichen, ja sogar burschi kosen Ton gestimmt. Es mag eine Folge der kriegerischen Zeiten sein, daß Beethoven dem Verkehr mit seinen Verlegern einen mili tärischen Anstrich gab, indem er sich selbst als Generalissimus (er Unterzeichnete seine Billetts mit: 8—s), Steiner als Generalleut nant (0—II—t) oder Obergeneral und Haslinger als dessen Adjutanten (ä.—t) bezeichnet. Die Gehilfen der Steinerschen Offizin werden als Unteroffiziere angesprochen, der als Korrektor und Bearbeiter tätige Komponist Anton Diabclli dagegen als 'Groß- oder Generalprofoß. Diese militärische Posse, die im gan- *) Max Unger: L. v. Beethoven und seine Verleger S. A. Steiner n. Tobias Haslinger in Wien, Ad. Mart. Schlesinger in Berlin. Ihr Verkehr und Briefwechsel. Berlin: Schlcsinger'sche Buchh. 1921, 112 S. 23« i zen Verkehr Beethovens mit dem Steinerschen Verlag durchgehal ten wird, ergibt äußerst launige Situationen; so z. B. stellt der mit den Leistungen der Offizin zufriedene Komponist Dekrete und Diplome aus, in denen den Beteiligten Beförderungen zuteil werden, für schlechte Arbeit und ihm unliebsame Verzögerungen setzt er Kriegsgerichte mit scherzhaften Exekutionen und Suspen sionen ein. In diesem Sinne läuft der Verkehr Beethovens mit Steiner und Haslinger ungetrübt fort, ja die beiden Verleger wurden dem Komponisten hilfsbereite Freunde. Eine Verstimmung trat erst ein, als Beethoven mit anderen Verlagshäusern, so mit der Firma B. Schott's Söhne in Mainz und A. M. Schlesinger in Berlin, in Verbindung getreten war. Steiner, der Beethoven nicht unbe deutende Vorschüsse gezahlt hatte, war selbstverständlich hierdurch gekränkt, und es wäre zwischen Steiner und Beethoven wegen der Rückzahlung einer Summe von 800 Gulden im Jahre 1823 bei nahe zu einem Prozeß gekommen. Nachdem Beethoven bereits im Jahre 1810 mit Breitkopf 8: Härtel über eine Sammlung seiner Werke verhandelt hatte, er hielt dieser Plan einer Gesamtausgabe neue Gestalt in den Ver handlungen Beethovens mit Fr. A. Hofmeister in Leipzig. Das daraufhin von Steiner dem Komponisten gemachte Angebot kam infolge einer Indiskretion aber ebensowenig zum Abschluß wie das Hofmeistersche. Wenn also der Plan einer Gesamtausgabe von Beethovens Werken, wie sie Haslinger beabsichtigte, unausgeführt blieb, so lag der Grund nicht an dem Verleger, sondern an den Quertreibereien einer mißgünstigen Konkurrenz. In den folgenden Jahren ergibt sich das in der Musikge schichte sich immer wiederholende Bild, daß der Verleger, der sich ursprünglich stark für einen Komponisten eingesetzt hat, Zu sehen muß, wie die weitere Produktion des Komponisten infolge verlockender Anerbietungen an andere Verleger abwandert, und die Erfahrungen, die Steiner in dieser Hinsicht machen mußte, er klären zur Genüge eine gewisse Verbitterung, die ihn schließlich veranlaßte, aus Beethoven, der zur Deckung seiner Bedürfnisse sich hatte Vorschüsse zahlen lassen, einen gewissen Druck auszuüben. Die Abhängigkeit Beethovens von Steiner und Haslinger lastete selbstverständlich aus dem Komponisten, und bezeichnend für den Druck, unter dem er stand, ist es, daß er den Verleger N. Simrock in Bonn, der ihn im Jahre 1816 besuchte und dem er das Manu skript der beiden Sonaten op. 102 bei dieser Gelegenheit einhän digte, ausdrücklich bat, daß er den Herren Steiner und Haslinger gegenüber nichts verlauten lassen möge, daß er ihm Kompositionen zum Verlag gegeben. Trotz dieser Vorkommnisse ist der Verkehr Beethovens mit Haslinger, wie die Briefe an diesen beweisen, bis in die letzten Lebensjahre des Komponisten hinein außerordentlich freundschaftlich gestimmt gewesen. Im Jahre 1819 trat Beethoven in Beziehungen zu Adolf Martin Schlesinger in Berlin und dessen Sohn Moritz Adolf, der die väterliche Firma in Paris vertrat. Die seit 1824 bei Schle singer erscheinende »Berliner Allgemeine Musikalische Zeitung^ hatte sich unter der Leitung von Marx ganz besonders zur Aus gabe gemacht, das Verständnis für Beethoven zu wecken. Schle singer konnte in seinem Verlag 5 der bedeutendsten Werke des Wiener Meisters herausbringen, nämlich die drei letzten Klavier- sonaten und zwei der letzten Quartette (132 in u-moll und 135 in k-ckur). Im Jahre 1822 wandte sich der Leipziger Verleger C. F. Peters an Beethoven, um ebenfalls einige Kompositionen von ihm in Verlag zu nehmen. Darüber kam es zu einem Bruch mit Schle singer, der jedoch im Jahre 1825 wieder behoben wurde. Mit Schlesinger sen. in Berlin sowohl wie auch mit seinem Sohn Moritz in Paris hat Beethoven zweifellos bis ins Jahr 1823 hinein in sehr freundschaftlichem Verkehr gestanden, und auch vom Jahre 1825 ab wiederum. Entscheidend für die Wiederaufnahme der Beziehungen mag die oben erwähnte »Berliner Allgemeine Musikalische Zeitung» gewesen sein, deren für Beethoven begeister ter Herausgeber Marx den Schlesingcrschen Verlag in Beethovens Augen in neues Licht zu rücken verstand. Sowohl Vater wie Sohn Schlesinger haben Beethoven in Wien wiederholt besucht, und die Konversationshefte geben über den freundschaftlichen Verkehr beider mancherlei Auskunft. M. S.
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