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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.09.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-09-16
- Erscheinungsdatum
- 16.09.1905
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- Deutsch
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^ 21S, 16 September 1905. Nichtamtlicher Teil. 8226 tragen, selbst wenn er sie besaß. Freilich — auch hier gibt es Ausnahmen. »Das Vorherrschen der leichten Komödie hat einer ge- läuterteren Klasse die Bühnentore geöffnet, und besser ge bildete Leute strömten dem Berus zu. Die epochemachenden Stücke Oscar Wildes, die Gesellschaftsstücke von Pinero und Jones, die phantastischen Possen Barries, die scharfsinnigen Satiren des »G. B. S.» haben das Begehren wachgerufen, die Mittlern Mittelklassen und die obern Mittelklassen erkannten die ihnen gebotene gute Ge legenheit und ergriffen sie. Sie trotzten dem Borurteil, das gegen den Beruf bestand, klammerten sich an ihn und stiegen allmählich selbst in der Achtung der Konservativsten. Die Gründe für dieses Aufblühen eines Standes, der bis dahin fast verrufen war, sind einleuchtend. Die Bühne bietet ihren Anhängern ein angemessenes Leben, angenehme Gesell schaft und mehr allgemeine Freiheit. Sie verlangt von der Mehrheit ihrer Jünger keine schwere Arbeit, die eigentlichen Dienststunden sind kurz. Außerdem zahlt sie ein kleines Gehalt vom ersten Start an, was in wenig andern Berufen der Fall ist,' der Arzt, der Jurist, der Soldat, der Seemann sind anfangs auf private Mittel angewiesen. Selbst der Autor, wenn er auch Honorar erhält, sobald sein Werk ge druckt ist, hat in der Regel viele Jahre harten Schaffens geopfert, bevor seine Arbeit annehmbar ist. Nur der Schau spieler wird dafür bezahlt, daß er seine Kunst lernt. -Wie ich sagte, sind die Neu-Ankömmlinge mehr oder weniger gebildet; doch den Studierten wird und kann die Bühne nicht anziehen. -Ich will hier meine persönlichen Erfahrungen über das Lesen in diesem Beruf zum besten geben. »Vor einigen acht Jahren gehörte ich einer Truppe an, die unter der Leitung von Sir Augustus Harris ein Drury Laue-Melodrama spielte. Meine Rolle bestand in sechs maligem Kostümwechsel, und die Worte, die ich, gekleidet als ein Hyde-Park-Stuhlwärter, zwei- oder dreimal während des Abends zu wiederholen hatte, waren: »Stuhl gefällig? Stuhl! Stuhl gefällig? einen Penny!« Die Gesellschaft war für die Provinzen außergewöhnlich gut. Sie zählte sechzig Künstler, einschließlich eines weltberühmten Schau spielers und vier Polo-Ponys. Einer in dieser Truppe war ein Leser; er las die bessere Sorte von Prosadichtung und Bio graphie. Ich gebe zu, daß außerdem noch einige andre darunter waren, dis gelegentlich die »k?Lwi>^ Hsralck« - Sorte von Büchern durchblätterten. Später schloß ich mich einer andern Gesellschaft an. Deren Leiter und seine Frau lasen, soweit ich entdecken konnte, — sonst niemand. Der Leiter — warum sollte ich nicht meinem alten und werten Freunde Thomas Sidney meine Hochachtung zollen? — wußte mehr von Dickens' Werken als mancher, der als Literaturiundiger galt. Darauf zog ich mit einer neuen Lustspiel-Truppe im Lande umher. Die jugendliche Hauptdarstellerin war eine begabte Leserin guter Poesie und Prosadichtung Für die übrigen waren Bücher so gut wie nicht vorhanden. So könnte ich durch alle die Gesellschaften gehen, mit denen ich herum reiste. Ich habe einige hundert Schauspieler und Schau spielerinnen getroffen, in London sowohl wie in den Pro vinzen, und, läßt man kurze Novellen aus dem Spiel und fragt: Sind unsre Schauspieler und Schauspielerinnen Leser?, so antworte ich kleinlaut und furchtsam mit — nein. »Nach den Gründen, weshalb der Schauspieler nicht liest, braucht man nicht lange zu forschen. Das Leben ist un geregelt und unstet. Abgesehen von einigen wenigen, die von Bllhnendirektoreu gesucht sind, ist es das fortwährende Ausschauen nach Engagements. Dies läßt dem Geist keine Ruhe, sich gediegener Literatur zu widmen. Bei Schau- truppcu, die jede Woche von einer Stadt zur andern wandern, ist eben dieses ununterbrochene Umherziehen ein andrer Grund dafür. Zu der Zeit, als ich noch herumstreifte, war es übrigens auch nicht ganz leicht, Bücher zum Lesen zu erhalten; es sei denn, man hätte sie im Handkoffer mitgeführt. Aus irgend welchem Grunde schien cs nicht der Mühe zu lohnen, sich den vielen Formalitäten zu unterwerfen, um ein Billett für eine öffent liche Bibliothek vom Montag bis Sonnabend zu bekommen, und die kleinen Woll- und Stickereiwarenhandlungen, die Bücher für zwei Pence pro Band ausliehen, hatten außer den Sachen, die ich schon gelesen hatte, nie etwas Lesbares in ihren Fächern. Heutzutage dagegen sind gute Bücher so billig, daß sie fast für jedermanns Geldbeutel zu erschwingen sind. Daneben gibt es die Leihbibliotheken, die es dem Schauspieler ermöglichen, in der einen Stadt ein Buch zu entleihen und es in einer andern wieder auszutauschen. »Viele Schauspieler behaupten, sie hätten keine Zeit zum Lesen. Das ist absurd. Der Schauspieler hat mehr Muße als jeder andre tätige Mensch. Der Kaufmann arbeitet von 9—6 Uhr; die Geschäftsstunden der Ladeninhaber sind noch weiter ausgedehnt; selbst der Effektenmakler ist während der flauesten Geschäftszeit von 10—4 Uhr auf dem Posten. Der Schauspieler hat zwei oder drei Wochen lang am Tage für einige Stunden die Proben auszusuchen, ist aber dann des Abends in der Regel frei. Sobald das betreffende Stück zur Aufführung gelangt, hat er, mit Ausnahme der Abend stunden von r/,8—11 Uhr, die ganze übrige Zeit zu seiner Verfügung. Natürlich gibt es aber viele Versuchungen, die ihn von Büchern ablenken — angenehme Gesellschaft, die Genüsse langer Spaziergänge (wenn er sich in einer Stadt mit reizvoller Umgebung befindet), Golf, Crtcket, Tennis. »Wenn er überhaupt liest, wählt er leichte Novellen. Zeitungen durchblättert er nur der Sportnachrichten wegen; die Resultate der Pferderennen, Cricket- oder Fußballspiele verfolgt er mit gespanntester Aufmerksamkeit. Politik inter essiert ihn nicht, und seine Unwissenheit in Vorgängen, die sich in fremden Ländern abspielen, ist staunenswert. »Wenn ich also den englischen Schauspieler im Durch schnitt als literarisch ungebildet bezeichne, so muß ich ander seits doch zugeben, daß es gerade heutzutage eine größere Anzahl Bllhnenmitglieder gibt, die eifrige und sehr begabte Leser sind. Viele haben sich außerdem eine entschiedene Stellung als Schriftsteller gesichert. »Miß Harrtet Jay ist eine bekannte Bllhnendichterin und hat unter Mitwirkung ihres berühmten Schwagers Robert Buchanan manchen wohlverdienten Erfolg erzielt. Neuer dings hat Mrs. Langry einen Versuch gemacht, Lorbeern auf demselben Felde zu ernten. Eine hervorragendere literarische Persönlichkeit ist Miß Elizabeth Robins. »Sir Henry Irving und Beerbohm Tree sind Urheber gediegener Broschüren über Gegenstände dramatischen Inter esses. A. E. W. Mason, Jerome K. Jerome, Warren Bell, Leonard Merrick, Ranger Gull und Arthur Applin — um nur einige wenige zu nennen — haben die Bühne verlassen, um sich der Schriftstellerei zu widmen. Wenn aber ein Schauspieler zur Feder greift, so geschieht das gewöhnlich in der Absicht, Bühnenstücke zu schreiben. Für diese Auf gabe ist er durch seine intime Bekanntschaft mit der Bühnen technik gut befähigt; doch stützt er sich häufig dabei gar zu sehr auf die mechanischen Methoden des Ausbaus. Es gibt aber sehr bemerkenswerte Ausnahmen. Stephen Phillips, William Fagan und Charles Legge bilden ein Trio von Dichter-Dramatikern. Über die Werke von Brandon Thomas, Weedon Grossmith, Mostyn Pigott, Charles Hawtrey und Hartley Manners darf mau nicht ohne Erwähnung hinweg gehen. Aus einem andern Gebiete liegen die Werke von Pinero und Grundy. H. V. Esmond mag man vielleicht einen Platz neben dem letzter» einräumen, zufolge des äußerst lM8-
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