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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.05.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-05-18
- Erscheinungsdatum
- 18.05.1905
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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^ 114, 18, Mai 1905, Nichtamtlicher Teil. 4721 Mann ist Pfarrer — natürlich nicht in Preußen; in Preußen würde er ja evangelischer Pfarrer nicht sein können, da er freiheitliche Richtung hat und nicht das lehren dürfte, was er meint. Er ist Pfarrer an der Stadtkirche in Zürich, Da wurde ein Flugblatt dieses Mannes, das tief sittlich ist, verbreitet, (Zuruf rechts,) — Jawohl, Sozialdemokrat ist der Pfarrer Pflüger; es gibt auch sozialdemokratische Pfarrer, gewiß! Das ist cs ja eben, was Sie heute so deutlich zeigen; Sic wollen, daß nur Ihre Ansicht als allein berechtigt gelten soll, und be haupten, wenn ein andrer eine andre Ansicht ausspricht, das sei unsittlich, unzüchtig und rufen nach Strafgesetzbuch, Polizei und Verwaltung, (Zurufe; Hu!) Ach, gibt es denn etwas, was deutlicher zeigt, auf wie außerordentlich tönernen Füßen Ihre Weltanschauung steht, als wenn Sie jedesmal nach dem Staatsanwalt rufen, weil der andre seine Weltanschauung, die der Ihrigen direkt ent gegengesetzt ist, darlcgt? Meine Herren, ich danke Ihnen für Ihren Zwischenruf, Sie haben wieder deutlich gezeigt, was Sie wollen — der Herr Abgeordnete Roeren möge sich diese Bundesgenossen ansehen (Heiterkeit) —, Sie haben deutlich gezeigt, daß die Herren weiter nichts wollen, als diejenigen treffen, die andrer Ansicht sind als sie. Dieses Harburger Blatt schreibt also — es ist kein Witzblatt, es ist ein Blatt, das ernst genommen sein will —; Ein Schandbubenstreich, Da erlauben sich die hiesigen Sozialdemokraten (natürlich nur die bezahlten Führer) einen Schandstreich, ein Schurkenstück, wie es auf dem Gebiet der Hcrzensoerrohung und Sinnenruchlosigkeit ein schlimmeres nicht geben kann. Ein Fetzen Papier wird verteilt. Damit die Eltern die Gefährlichkeit des elenden Wisches und des mit Geifer und Gift durchsetzten Zettels nicht erkennen, ist ausdrücklich als Verfasser und Autor ein Pfarrer genannt. Dieser erste Hallunkenschritt genügt aber den sich nun wahrhaft als Luftverpester und Wasserverseucher entpuppenden Genossen nicht, sie gehen weiter zur Begründung der aufgestellten Bosheiten, Die Spitz findigkeit, die Verrohung, die absichtliche Verdrehungs gemeinheit, mit der man den Bringer des neuen Evangeliums zitiert, ist aber bodenlos gemein, selbst ein Sozialdemokrat muß dieses viehische Gebaren der Obergenossen grundsätzlich verwerfen und sich im widerlichen Ekel von solchem Miste verkommener Subjekte abwenden, (Heiterkeit,) Das ist das Sittliche, Herr Kollege Lattmann (Zuruf rechts), es ist ein Blatt Ihrer Richtung, freikonscrvativ, die Sie die sittlichen Ordnungsparteien repräsentieren, insbesondre der Herr Abgeordnete Arendt in tiefchristlichem Gemüt, (Heiterkeit,) Wie das besagte Pamphlet sich moralisch selbst richtet, richtet es auch mit schneidender Schärfe seinen Autor, der ein Betrüger und Lügner, aber kein Pfarrer ist, — Weil er eben Pfarrer ist, sogar bezahlter Pfarrer ist und der »Harburger Zeitung« nicht paßt, — Und was der sozialdemokratische Lügner der Schmäh schrift in 28 Antworten und 28 Fragen zu erläutern sucht, sagt uns Christus in einem Satze; »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!« Das »Nichtwollen« des Auffasseus, das Ignorieren und Verdrehen kenn- Börsenblatt sür den deutschen Buchhandel. 72. Jahrgang. zeichnet die zynisch gemeine Impotenz des Autors und verdient eine lebenslängliche Zuchthauszüchtigung wegen Gotteslästerung, Für den Arbeiter aber, der nicht weiter denkt, als er liest, war es ein probates Mittel der Verhetzung, Verpestung und Verseuchung, Und so geht es weiter. Nun, meine Herren, vergleichen Sie doch mit dem vorhin Vorgetragenen diese Art und Weise, wie ein ernsthaftes politisches Blatt Ihrer Richtung sich untersteht, evangelischen Pastoren gegenüber, die nach ihrer Art ihr Evangelium der Liebe predigen, anzugreifen, von Betrügern zu reden, Verpestern usw. Ach, meine Herren, abgrundtief ist solch Geschreibsel, Aber ich würde den Pfarrer Pflüger bedauert haben, wenn er nun einen Strafrichter gegen diese Sudelei in Anspruch genommen hätte. Nein, meine Herren, die Sozialdemokraten haben es anders gemacht; sie haben das Zeug tiefer gehängt, und ich freue mich, daß Sie nun nächstens Gelegenheit haben werden, zu sagen; ebenso tief, wie hier die »Harburger Zeitung« schreibt, sollen auch außerhalb der »Harburger Zeitung« stehende Leute sitzen, die deswegen mit aller Wut dafür sind, das man strafen soll, wer die Wahrheit verkündet und wer die Wahrheit gar mit derben Worten verkündet, wer Fehler auf andern Seiten mit derben Worten züchtigt. (Zuruf.) Aber, meine Herren, was soll die ganze Anführung des Gedichtes, das Herr Lattmann uns hier vorlas? Es wird darin doch — ob mit Recht oder Unrecht, ist mir ganz gleichgültig; es fällt mir gar nicht ein, als ein besonderes opus das Betreffende hinzustellen, soweit ich es hören konnte — es wird die Ansicht, die man eineni bestimmten Stande gegenüber hat — ob mit Recht oder Unrecht, ist gleichgültig — mit derben, groben Worten dargelegt, (Zuruf aus der Mitte.) — Ach Gott! noch lange nicht so derb und so grob, wie in katholischen Schriften des ganzen Mittelalters und viel fache Denkmale an katholischen Bauwerken, (Zuruf aus der Mitte.) — Herr Abgeordneter Burlage, ist Ihnen denn die katho lische Literatur so wenig bekannt? War Ihnen eine kleine Blumenlesc aus der Zeit der lex Heinze nicht genug? Gehen Sie doch nach solchen Orten, wo sich nicht nur die Darstellung des rein Nackten findet, sondern die Darstellung des rein Nackten zweier Menschen, welche verschiedenen Ge schlechtern angehören, an Kirchen und Baudenkmälern, welche in der damaligen naiven Zeit — und damals mit Recht — nicht für anstößig gehalten ist — ich darf an Hannover erinnern, an Böhmen und andre Gegenden, Ich bin bereit, wenn Sie mir einen Augenblick Pause gestatten, (Heiterkeit), ein paar Dutzend derartige Denkmäler anzuführen. Ich be- daure den, dessen Ansicht so tief steht, daß er diese herrlichen Dinge für gemein, unzüchtig, zur Unzucht anregend erachten kann. Aber was der Herr Abgeordnete Lattmann hier sagte — gut, wenn sich ein einziger dadurch beleidigt fühlt, mag er wegen Beleidigung klagen und es nicht so machen wie wir Sozialdemokraten: es einfach tiefer hängen. Aber deshalb neue Strafgesetze!? Wenn mau all dieses gemeine, dumme Gezeter, was über meine Freunde oder mich in den Zeitungen steht, vors Gericht brächte, man käme nicht davon herunter. Wie tief muß der stehen, der deswegen Klage er hebt! Nein, immer tiefer setzen, tiefer, niedriger hängen, zeigen, wes Geister Kinder die sind, welche Toleranz und Wahrheit nicht kennen und selbst wissen, daß ihre Weltan schauung so tönern ist, daß sie Furcht haben, sie könne stürzen, und deshalb glauben, mit Strafe Vorgehen zu müssen gegen die Wahrheit und ihre Verkünder, Gerade die Aus führungen des Herrn Abgeordneten Lattmann sollten den K24
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