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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.05.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-05-18
- Erscheinungsdatum
- 18.05.1905
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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/I/ 114, 18, Mai 1905. Nichtamtlicher Teil. 4723 (Lenzmanni Zentrums Hand in Hand geht. Wir können demzufolge auch hoffen, daß wir überhaupt einmal zu einem Frieden auf konfessionellem Gebiete kommen. (Sehr richtig! in der Mitte.) Aber, meine Herren, diese Allianz zwischen den vthodoxen evangelischen Geistlichen und dem Zentrum, auch wenn das Weltkind in der Mitte steht, will mir noch nicht besonders behagen. (Aha! rechts.) Auch ich wittere etwas ganz andres dahinter. Die lex Heinze ist durch den Spruch des Reichstags abgetan bis aus einen gewissen Rest, der ja dem Strafgesetzbuch ein verleibt ist. Man sieht, daß man nicht weiter den Reichstag und die verbündeten Regierungen bringen kann. Nun möchte man diese Gott sei Dank für uns abgetane Materie, die sehr geeignet war, Frieden zu stören und Unfrieden zu stiften, wieder in Fluß bringen, und deshalb wählt man den Weg der Petition durch die evangelische Kreissynode. Aber, meine Herren, wer diesen Weg beschreitet, wer eine Gesctzgebungsmaterie in Fluß bringen will im Wege einer Petition, der muß sich wenigstens so viel Mühe geben, daß er der Petition Hand und Fuß gibt, daß er ihr einen Inhalt gibt. Beides fehlt ihr. Die Kreissynode hat sich begnügt, uns ihre Verhandlungen zu überreichen, ohne ein Wort der Begründung, ohne ein Wort des Antrags, und die Petenten muten uns zu, das der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Was soll denn die Regierung berücksichtigen? Was die Petition will, sagt sie nicht; weshalb sie etwas Bestimmtes will, sagt sie auch nicht. Wir stellen also an die Regierung die Zumutung, etwas rein Inhaltloses zu berücksichtigen. Meine Herren, ich bin in derartigen formellen Dingen auch nicht so ganz prüde und würde gern darüber hin weggehen, wenn ein Antrag in einer Petition einmal nicht genau stilisiert ist, oder wenn die Begründung eine mangelhafte ist, herauslesen, was der Petent eigentlich will. Wenn es mir aber beim besten Willen nicht möglich ist, das herauszulesen, was der Petent will (Lachen rechts und in der Mitte), dann kann ich unmöglich das den verbündeten Regierungen zur Berücksichtigung überweisen. Und, meine Herren, daß das nicht herauszulesen ist, beweist schon der Dissensns zwischen der Interpretation des Herrn Kollegen Roeren und der des Herrn Kollegen Lattmann, beweist schon der verschiedene Standpunkt, der seitens der Vertreter der sozial demokratischen Partei eingenommen ist gegenüber diesen beiden Interpretationen der Petition. Herr Kollege Roeren sagt: wir wollen ja gar nichts als nur etwas schärfere Maßregeln, um ein vorhandenes Übel zu bekämpfen Herr Kollege Lattmann weist aber schon auf bestimmte Auswüchse hin, die er bekämpfen will, und bei denen man sehr darüber streiten kann, ob sie mit gesetzlichen Bestimmungen zu bekämpfen sind und bekämpft zu werden verdienen. Wir sind sicherlich auch der Meinung, daß wir uns bemühen sollen, die Sittlichkeit zu bekämpfen (große Heiterkeit und Zurufe) -— daß wir uns bemühen sollen, ans Mittel und Wege z» sinnen, wie dieser Übelstand, vor dem wir die Augen nicht verschließen, gemildert oder beseitigt werden kann Es fragt sich aber— und das ist der springende Punkt —; ist es richtig, dafür die Strafgesetzgebung anzuspornen, ivic die lex Heinze es wollte, wie der Herr Kollege Roeren es will, und wie die Petition es auch zu wollen scheint? Wir sind der Ansicht, daß es jedesmal vom Übel ist, auf diesem Gebiete die Strafgesetzgebung anzuspornen, daß es vielmehr besser ist, hier die Pädagogen, die Kirche (sehr richtig!), die Schule, die Familie (sehr richtig! links) wirken zu lassen. Auf den materiellen Inhalt der lox Heinze will ich nicht eingehen, weil ich sonst befürchten müßte, es würde die ganze Debatte aufs neue wieder vorgeführt, die wir nun Gott sei Dank abgetan haben. Daß die Gefahr nahc- liegt, beweist ja die durchaus gehaltvolle Rede des Kollegen Heine und die temperamentvolle Rede des Herrn Kollegen Stadthagen. (Heiterkeit.) Ich mag in diesen Fehler nicht verfallen, und ich kann um so weniger auf den Inhalt der Petition eingehen, als die Petition gar keinen Inhalt hat. Aber, meine Herren, wenn wir doch nral so priwa vist» über bestimmte Mittel Nachdenken, wie wir denn — um mich nicht noch einmal zu versprechen — die Un- sittlichkeit bekämpfen sollen, so ist zwar das von Herrn Kollegen Heine angegebene Mittel der Erziehung zur natür lichen Keuschheit gewiß ein sehr probates; ich glaube aber, ein viel probateres Mittel wäre es noch, wenn von oben herab vielleicht bessere Beispiele gegeben würden, (sehr gut! links), daß man beispielsweise auf dem Gebiete des Ballets am Ende etwas keuscher sein könnte, wohin auch recht junge Burschen und recht junge Mädchen geführt werden. Aber man hütet sich wohl, dort einzusetzen. Wenn Herr Kollege Lattmann sagt, diese Schundblätter wie der »Simplizissimus» und die -Jugend, müssen be kämpft werden mit allen Waffen der starken und strammen Strafgesetzgebung, so übersieht der verehrte Herr, wie es Leixner und die Synode auch getan haben, daß weder die »Jugend« noch der »Simplizissimus« Zehnpfennigblätter sind, welche der breiten Masse des Volkes in die Hände ge spielt werden. Diese beiden Blätter, die Sie speziell ins Auge gefaßt haben nach der Erklärung des Herrn Leixner, sind sogar recht teure Blätter. Der »Simplizissimus« kostet, soviel ich weiß, 30 Pfennig — also 20 — und die »Jugend- 25 oder 30. lind wenn Sie Nachfragen, in welchen Kreisen diese beiden Blätter ihre meisten Leser finden, so werden Sie vielleicht erfahren, daß man gerade in den bessern Kreisen die Leser dieser sogenannten Schundblätter findet, daß sic an den Bahnhofsbuchhandlungen vorzugsweise von den Reisenden erster und zweiter Klasse gekauft werden, nicht aber von den Reisenden dritter und vierter Klasse. Diese Blätter sind also so ganz gefährlich nicht. Aber, ineine Herren, diese Blätter sollen ganz sicherlich auch nach der Auffassung des Herrn Kollegen Roeren nicht so gefähr lich sein. Von dem recht geschmacklosen Gedicht über den Pfarrer Weber, dessen Geschmacklosigkeit ich anerkenne, hat noch niemand geglaubt, auch Herr Roeren nicht, daß es zu einem Kunstwerk gestempelt sei. Nein, es ist kein Kunst werk, sondern es ist ein Schlag gegen eine angebliche Heuchelei, eingekleidet in eine allerdings recht häßliche Sprache, will ich zugeben, in die Sprache des Witzes und der Satire. Daß dieses Gedicht ein Kunstwerk sein sollte, hat niemand behauptet. Aber, meine Herren, wenn wir wirklich die Petition den verbündeten Regierungen zur Berücksichtigung über wiesen, und wenn die verbündeten Regierungen auf den ihnen gezeigten Weg eingingen, so könnten die verbündeten Regierungen doch wahrscheinlich mal den Hauptiktus ans das Wort »schlechte Literatur» legen, und da würde das neue Gesetz vielleicht interpretiert werden nicht so, wie Herr Kollege Roeren es will, sondern wie Herr Kollege Lattmann es will; dann würde man nicht so sehr auf die Unsittlichkeit sehen, sondern auf dasjenige, was man überhaupt in jenen 624»
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