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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.05.1905
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1905-05-18
- Erscheinungsdatum
- 18.05.1905
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- Deutsch
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^ 114, IS. Mai 1308. Nichtamtlicher Teil. 4713 (Noercns auch heute hier im Plenum wieder geltend gemacht werden. Zunächst ist nach dem Bericht der Kommission in for maler Beziehung geltend gemacht, daß die Petition weder ein Petitum enthalte noch auch eine Begründung, und daß schon mit Rücksicht hierauf der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung begründet sei. Meine Herren, was zunächst den ersten Punkt angeht, daß in der Petition ein Antrag nicht enthalten sei. so schreibt die Geschäftsordnung in dieser Beziehung nichts vor. Man inuß sich also nach dem richten, was bisher hier im Hause als Praxis geübt worden ist. Nun betrachte ich es als selbstverständlich, und es ist auch Praxis dieses Hauses, daß. wenn eine Petition vorliegt, diese auch ein Petitum enthalten muß Aber über die Form des Petitums steht nichts fest. Es kommt nur darauf an. ob die Petition irgend einen Antrag in irgend einer Form enthält, und das, meine Herren, ist hier unzweifelhaft der Fall Wenn der Superintendent Friedrich als Vorstand der Kreissynode II in Berlin einen Beschluß, der von der ge nannten Synode gefaßt worden ist, mit der Bitte über reicht, bezüglich dieses Beschlusses das weitere veranlassen zu wollen, dann bildet der in dem Beschluß enthaltene Antrag auch den Antrag der Petition Und wenn nun der Be schluß der Synode dahin geht: beim Königlichen Staatsministerium und beim Reichs tag eine erneute Prüfung der einschlägigen straf gesetzlichen Bestimmungen dahingehend in Anregung zu bringen, daß den Verwaltungs- und Gerichts behörden schärfere gesetzliche Handhaben zur Unter drückung schlechter Literatur- und Kunsterzeugnisse (wir verweisen besonders auf Witzblätter und der gleichen) gegeben werden, — dann geht eben das Petitum des Petenten dahin, daß die Regierung schärfere gesetzgeberische Maßnahmen ergreife, um ein wirksameres Vorgehen gegen den Schmutz in Literatur lind Bild zu ermöglichen. Dies formale Bedenken ist also unbegründet. Daun ist gerügt worden, daß die Petition der Be gründung ermangle. Auch darüber enthält unsre Geschäfts ordnung keine Vorschrift; ich betrachte es aber ebenso als selbstverständlich, daß, wenn uns eine Petition überreicht wird, dieselbe auch begründet sein muß. Nun ist ja in der Petition eine formelle »Begründung« nicht enthalien; aber ebenso selbstverständlich, wie es ist, daß jeder Antrag be gründet sein muß, für ebenso selbstverständlich halte ich es, daß, wenn sich der Antrag auf allgemein bekannte Tatsachen und Verhältnisse gründet, die Anführung und Darstellung der letztem als überflüssig und den Reichstag nur belästigend unterbleiben kann. (Sehr richtig!) Nun handelt es sich doch unzweifelhaft um allgemein be kannte Verhältnisse: seit Jahren wird nicht allein in den Parlainenten — namentlich in den Einzellandtagen —, sondern auch auf Versammlungen, auf Konferenzen, in der Presse darüber geklagt, daß die Dreistigkeit in der unsittlichen Literatur von Jahr zu Jahr zunehme, und es wird darüber verhandelt, wie dagegen in wirksamerer Weise vorgegangen werden könne. Das sind allgemein bekannte Tatsachen; und wenn nun eine Petition der Kreissynode durch den Super intendenten eingereicht wird, schärfere Maßnahmen zu treffen, dann ist es klar, daß sich diese Petition eben auf die — wahre oder unwahre, das ist hier gleichgültig — Tatsache gründet, daß in letzterer Zeit der Schmutz in Literatur und Bild in erdrückender Weise zugenommen hat. — Also auch in dieser Beziehung wird sich gegen diese Petition nichts er innern lassen. Nun habe ich mich mit einigen Worten der sachlichen Begründung zuzuwenden. Es ist gesagt worden, daß gegen wärtig schärfere Bestimmungen zur Verfolgung der unsittlichen Literaturproduktc nicht notwendig seien, da hierfür das gegenwärtige Gesetz schon genüge. Ich will, ehe ich darauf eingehe, noch den einen Einwand widerlegen, man bewillige mit der Petition eine neue lex Heinzc. Meine Herren, der hier vorliegende Antrag, dem ich übrigens persönlich durch aus fernstehe und von dem ich erst durch den Kommissions bericht Kenntnis erhalten habe, hat mit der lex Heinze nicht das geringste zu tun. Bei der Isx Heinze handelte es sich um einen bestimmt formulierten Gesetzesparagraphen, und damals konnten Einwendungen gegen diesen Paragraphen erhoben werden aus dem Gedanken heraus, daß die Formu lierung vielleicht zu unbestimmt sei, daß sie zu weit gehe, daß davon künstlerische und wissenschaftliche Werke getroffen werden könnten, anderseits wieder, daß sie nicht weit genug gehe und zu enge sei. Alle diese Einwendungen fallen hier weg. Es handelt sich hier lediglich um den Antrag, wirksamere Mittel zur Bckäinpfung des Schmutzes in Schrift und Bild zu gewähren. Welche Mittel gewährt werden, ist eine Frage, die uns jetzt hier gar nicht beschäftigt. Wenn Sie mir, meine Herren, zu geben, daß tatsächlich gegenwärtig der Schmutz zugenommen hat und zunimmt, daß er, wie es Tatsache ist, bis auf das platte Land hinein verbreitet wird (sehr wahr! in der Mitte und rechts), bis in unsere Volksschulen hinein, und wenn Sie mir ferner zugeben, daß dadurch unsre ganze Jugend und unser Volks leben sittlich infiziert, sittlich verseucht wird, dann, meine Herren, müssen Sie konsequenterweise dieser Petition zu stimmen; denn sie will nichts andres, als wirksamern Schutz gegen den wirklichen Schmutz. Alle Bedenken, daß man in der Beurteilung dessen, was als »Schmutz« zu erachten, viel leicht zu weit gehen könnte, find hier deplaziert. Darum handelt es sich bei dieser Petition nicht. Darum würde es sich erst handeln, ivenn eine Vorlage mit einem bestimmten Gesetzesparagraphen käme, der die geforderten schärferen Maßnahmen enthalten soll. :Sehr richtig! in der Mitte.) Nun, meine Herren, können Sie doch nicht bestreiten, daß tatsächlich die Literatur in unangenehmer Weise nach der Richtung des Schmutzes sich bei uns entwickelt hat. und daß sie eine ungeheure Verbreitung gefunden hat. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) — Ja. meine Herren, Sie bestreiten das. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Das wird aber nicht allein von unsrer Seite behauptet, das wird auch von sehr liberaler Seite behauptet (sehr richtig! in der Mitte und rechts), und da will ich nur die eine oder die andre Äußerung aus den sehr zahlreichen Preßartikeln anführen. Meine Herren, die »Münchener Allgemeine Zeitung-, die damals eine heftige Gegnerin der lex Heinze war, schreibt jetzt: Wir können uns kaum mehr retten vor all dem Schmutz, der hier in Deutschland zusammenströmt. Es ist geradezu unheimlich, wie tief und rapid der Stand der öffentlichen Anständigkeit in den letzten zehn Jahren gesunken ist. (Sehr richtig! in der Mitte.) Durch Bücher, Bilder, Tingeltangel, Postkarten, Annoncen, Witzblätter usw. wird eine Art geistiger Syphilis verbreitet, die grauenhaft ist. Der Schmutz türmt sich höher und höher, er stinkt zum Himmel. Kein Stand, kein Lebensalter ist mehr intakt, alle politischen Streitigkeiten müßten verschwinden vor dieser Seuche. Man mag Katholik oder Protestant, S22
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