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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.01.1903
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1903-01-10
- Erscheinungsdatum
- 10.01.1903
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- Deutsch
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^ 7, 10. Januar 1903. Nichtamtlicher Teil. 201 zweig bietet die Gelegenheit, für das Gute, Wahre und Schöne zu wirken, wie der Buchhandel. -Der Gedenktag des fünfzigjährigen Bestehens findet uns einig in dem Wunsch, das; die Buchhändler-Lehranstalt auch weiter blühen und einen immer segensrcichern Einfluß aus den Jungbuchhandel ausübcn möge. -Das walte Gott!« Dic Festrede hielt der Direktor der Lehranstalt, Herr 1)r. Willem Smitt: Hochans ehnliche Festversammlüng! Liebe Schüler! Wenn es möglich wäre, daß der Heimgegangene Gründer der heute jubilierenden Lehranstalt aus himmlischen Gefilden mit seinen Gedanken unter uns weilte und im festlichen Saal diese sein Werk mit Dank und Lob preisende Versammlung sehen könnte, welche Freude und welche Genugtuung müßte der edle Tote empfinden! Sein Werk, unter den mannigfaltigsten Schwierigkeiten begonnen, in den ersten Jahren seines Bestehens mit ebensolchen kämpfend: es hat sich kraft der ihm innewohnenden Idee durchgcrungen und durchgekämpft; es hat Kraft^und Leben gewonnen, es ist zum Segen geworden für eine große Schar von Jünglingen, denen zuliebe der edle Mann cs vor fünfzig Jahren mit treuen und tatkräftigen Freunden voll Umsicht und Begeisterung ins Leben gerufen hat. Das Werk, bestimmt, eine gründlichere und umfassendere Vorbildung denen zu vermitteln, die den Buchhandel zu ihrem Lebensberufe erwählen. Gewiß, eine solche Vorbildung können talentvolle und energische junge Leute auch durch Selbststudium sich aneignen, und manchem ist dies auch gelungen. Der große Buchhändler Friedrich Perthes gehörte zu diesen Autoditakten. Gleichwohl hat er am Abend seines Lebens bekannt, er habe es oft bitter bereut, in seiner Jugend keinen zusammenhängenden Unterricht genossen zu haben. Was Friedrich Perthes schmerzlich in seiner Jugend entbehren mußte, das gab seinen jugendlichen Bcrussgenossen Friedrich Fleischer durch Gründung unsrer Schule. Sie überschätzt keines wegs das Maß ihrer Leistungsfähigkeit; aber sie unterschätzt es auch nicht. Nicht vieles — mults, — will sie ihren Schülern geben. Aber, was sie bietet, sucht sie ganz, voll und, wie es Perthes für sich erwünscht hatte, zusammenhängend zu geben. Es genügt, um dem Schüler den Weg zu bahnen, auf dem er später selbständig und für ihn mit Nutzen das viele betreiben kann.. Einen festen Grund hierzu hat ihm seine Schule gelegt. Nicht um einen fertigen, abgeschlossenen Wissensschatz kann es sich handeln, dessen sichern Besitz ein Jüngling, der unsre Schule drei Jahre lang be sucht hat, sich ungeeignet zu haben rühmen könnte — vermittelt doch selbst die höchste Schule kaum einen solchen —, sondern es kann sich nur darum handeln, ihm diejenige formelle Geistes bildung zu schaffen, die ihn befähigt, das in der Schule Empfangue durch fortgesetzten emsigen Fleiß für seinen Beruf weiter auszu gestalten und zu ergänzen, daneben aber auch seinen Sinn für die Hähern Güter des Lebens zu wecken und zu befestigen. Nicht das Mehr oder Minder auswendig gelernten Stoffes ist es, worauf cs ankommt, sondern auf die durch den Unterricht erlangte Gewandt heit und Kraft des Geistes, das Gelernte frei zu beherrschen, weiterzubilden und für den Beruf nutzbar zu machen. Nicht aus geschlossen aber für alle Zukunft sollte das Bestreben sein, unsre Schule doch noch Hähern Aufgaben zuzuführen, sie nach Lehrplan und Stundenzahl zu erweitern. Es ist dies wiederholt versucht, aber auch immer wieder aufgegeben worden. Hoffentlich wird es aber doch einmal gelingen, dieses höhere Ziel zu erreichen, denn es wäre sehr zu bedauern, wenn cs für immer außer Augen ge lassen werden müßte. Der Beruf des Buchhändlers ist ein sehr verantwortungsvoller. Der Buchhändler ist zwar in erster Linie ein Kaufmann, der mit einer Ware handelt; aber diese Ware sind Bücher, d. h. Erzeugnisse des menschlichen Geistes und menschlichen Gemüts. Sie können reichen Segen stiften, aber auch unsägliches Unheil anrichten, sittliches und intellektuelles, zumal für das Heranwachsende Geschlecht und für eine nur mangelhaft oder gar schlecht unterrichtete Gesell schaft. Der Beruf des Buchhändlers verlangt, daß diejenigen, die ihm sich widmen, auch der moralischen Verpflichtung gegen ihre Mitmenschen sich bewußt werden, daß sie deshalb ihren Beruf nicht ausschließlich von der geschäftlichen, sondern auch von der idealen Seite auffassen. Dieser Verpflichtung kommen sie aber nur dann nach, wenn sie in ihrem Beruf die große geistige Macht erkennen, die auf das Wohl und Wehe, den intellektuellen, sittlichen und religiösen Fortschritt der Menschheit tief und bestimmend ein- wirkt. So wird es für den Buchhändler unbedingt nötig, daß er seine Ware, mit der er handelt, genau kennt und den Weizen von der Spreu zu unterscheiden lernt. Hierbei will unsre Lehranstalt in ihrer Weise Mitwirken. Sie will ihre Schüler Hinweisen, welche Börsenblatt silr den deutschen Buchhandel. 70. Jahrgang. geistigen Faktoren in der Welt tätig sind, um den Menschen wahrhaft zu bilden, nicht bloß äußerlich zu einem zivilisierten, sondern innerlich zu einem kultivierten. Gelingt es dem Lehrer, durch Inhalt und Form, Methode und Vortrag seines Unter richts in dieser Weise auf Geist und Herz des Schülers einzüwirken und Einfluß zu gewinnen, dann wird er ihm einen dauernden Schatz für sein ganzes Leben mitgegeben haben, mit dem der Schüler weiter wuchern kann. Also schon durch die Schule, frühzeitig, soll der angehende, junge Buchhändler an den ihn verpflichtenden Gedanken gewöhnt werden, daß auch er viel leicht einst berufen werden wird, mitzuratcn und mitzutaten in einem Stand, der gleich nach dem Gelehrtenstand am unmittel barsten einzuwirken hat auf die wichtigsten und heiligsten Inter essen seines Volks, in unserm Fall des deutschen Volks. Und diese Erwägung führt mich zu einer weitern Betrachtung über das, was unsre Schule ihren Zöglingen nicht als etwas Vor übergehendes, dem Gedächtnis leicht wieder Entschwindendes, son dern als etwas Bleibendes fürs spätere Leben mitgeben soll. Unsre Schule soll wie alle Schulen, wie selbst die höchsten Schulen unsers Vaterlandes, die Universitäten, nicht bloß eine Lern- und Lehrschule, sondern auch eine Erziehungsanstalt sein, die das Individuum in eine Gesamtheit cinordnet unter allen ge meinsame Gesetze. Nun hört man wohl zuweilen sagen, ja selbst klagen, daß in der Schule so manche Dinge getrieben werden, die man doch im praktischen Leben am Ende nienials brauche. Vielleicht denkt der oder der andre unsrer Schüler von diesem oder jenem bei uns gelehrten Untcrrichtsgegenstano dasselbe. Dem ist aber entgegenzuhalten, was schon gesagt worden ist: eine ernste Aufgabe jeder Schule besteht auch darin, auf die Charakterbildung ihrer Zöglinge einzuwirken, lind hier will ich eine gelegentliche Anmerkung mir erlauben. Aus die Charakterbildung wirkte vor Eintritt unsrer Schüler in unsre Schule namentlich der in der Volksschule genossene Reli- ionsunterricht ein. Cr sucht die ganze Persönlichkeit zu packen, ei ihrem Gemüt zu fassen und in die richtige Stellung zu Gott und zur Menschheit zu bringen. Und ich für mein Teil bedaure denn auch, daß wir aus Mangel an Zeit auf diese religiöse Ein wirkung verzichten müssen, damit auf eine Einwirkung, die namentlich für die Jugend unsrer Tage nicht hoch genug in ihrem Wert anzuschlagen wäre, für unsre Jugend, die von Gefahren allerlei Art bedroht, von blasser Zweifelsucht vielfach schon ange kränkelt, dem entnervenden Sinnesgenusse gar leicht preisgegeben ist, umgeben und umgürtet von Versuchungen und Verführungen schlimmster Art, und doch noch zu unfertig, um widerstandsfähig solchen sittlichen Gefahren gegenüberzustehen. Ich meine also, selbst eine Stunde, die mit religiösen Dingen sich beschäftigte, wäre auch an einer Fachschule noch keineswegs überflüssig, da die Fachschule ja ebenfalls auf die Erziehung ihrer Zöglinge einwirken will; folglich nicht nur das oui dovo, was nützt diese oder jene Stunde in der Praxis des Berufs als allein in Betracht kommenden Gesichtspunkt bei Feststellung des llnter- richtsplans berücksichtigt. Ich stimme einem Wort zu, das einmal der erste Direktor unsrer Schule, Or. Paul Möbius, ausgesprochen hat, und das also lautet: Die Schule soll vor allem bei einem jungen Menschen die Kanäle öffnen und gangbar machen, durch die später der Strom des Lebens, seiner Erfahrungen und der ver schiedensten Kenntnisse den rechten Weg zum Ziele aller wahrhaften Bildung^ findet, zur Veredlung des Herzens, seines Gemüts und seines Willens. Ich will eine uns näherliegende Betrachtung an meine nur gelegentliche, vorangegangene Bemerkung hier anknüpfen. Sie be trifft die Stunde, in welcher den Schülern eine Übersicht über die verschiedenen Wissensgebiete gegeben wird. Ich nehme an, daß ich bei dem Lehrer, der diesen encyklopädischen Unterricht erteilt, hospitiere. Er steht bei dem Kapitel Psychologie, oder Welt geschichte, oder Archäologie, oder Geologie, gleichviel. In seinem Vorbercitungshcft sind die genauen Begriffserklärungcn dieser Wissenschaften angegeben, die er seinen Schülern diktiert und er läutert. Zur Vervollständigung gibt er auch Hauptwerke an, die über diese Wissenschaften erschienen sind. Aber er tut noch mehr; er beruhigt sich nicht dabei, trockene Definitionen und Büchertitel mit dem, ivas dazu gehört, gegeben zu haben. Er hält es weder für Zeitverlust noch für Überschreitung des Klassenziels und Lehrplans, wenn er z. B. bei dem Kapitel Psychologie auf die Gefahren einer materialistischen Welt- und Lebensanschauung hinweist, die keine Seele im Menschen, keinen Gott im Himmel kennt, und nun die Herzen seiner jungen Zöglinge erwärmt und mit begeisterndem Wort auch sie begeistert für die ewigen, höchsten, im Wechsel des Irdischen allein feststehenden Pole: Gott, Seele, Ewigkeit; wenn er, ausgehend von dem Begriff Weltgeschichte, hinweist auf Gottes weise Weltregierung; wenn er, angelangt bei dem Kapitel Archäologie, warmes Interesse weckt für herrliche, von Menschenhand und menschlicher Phantasie hervorgezauberte Kunst werke; wenn er bei der Besprechung der Geologie den Nacknveis 36
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