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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.06.1926
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- 1926-06-18
- Erscheinungsdatum
- 18.06.1926
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- Deutsch
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X-138, 17, Juni 1028, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. schüft in einer der Hauptstraßen Noms. Geschäftsführer (und später auch Teilhaber) wurde mein alter Freund Moritz Walther. Einen geeigneteren Mann für diese, anfangs aus politischen Ursachen beson ders schwierige Aufgabe hätte Loescher nicht finden können. Walther, dessen Frau Italienerin war (sie lebt heute noch hochbetagt in Rom), verstand meisterhaft die Kunst, sowohl den nationalistischen als auch den klerikalen Kunden gerecht zu werden, und war allgemein geschätzt wegen seiner Kenntnisse und seines ehrenhaften Charakters. So un gern Loescher nach Florenz kam, ebenso gern ging er nun nach Rom, wo er an der stets zunehmenden Ausdehnung des Geschäftes regen Anteil nahm, besonders seitdem er für die Filiale Florenz einen Teilhaber in Bernhard Seeber gefunden und das Turiner Sortimentsgeschäft im Jahre 1885 an Carl Clausen verkauft hatte. Damals gab er auch dem Antiquariat eine bedeutende Ausdehnung. Loeschers Verdienste um die Hebung des italienischen Lehrmate rials durch gute Bücher des eigenen Verlags und die Einführung der ausgezeichneten Atlanten aus Justus Perthes' geogr. Anstalt mit ita lienischem Text sowie der Teubnerschen Klassikerausgaben wurden all gemein anerkannt. Sein wissenschaftlicher Verlag wurde durch Ehrun gen und Auszeichnungen von offizieller Seite hervorgehoben. Dagegen ist seine oft bekundete Wohltätigkeit infolge seiner Verschwiegenheit nicht so allgemein bekannt geworden, als sie es wohl verdient hätte. Ein Beispiel aus eigener Erfahrung möge mir hier anzuführen gestattet sein: Bereits im ersten Jahre meiner Tätigkeit in Florenz von einem veralteten Knieleiden wieder heimgesucht, war ich volle drei Monate laug arbeitsunfähig. Herr Loescher sandte einen provisorischen Stell vertreter aus Turin, ließ mir das Gehalt unverkürzt zukommen und gewährte mir noch außerdem einen Erholungsurlaub im nächsten Sommer. Das bleibt auch nach so vielen Jahren unvergessen. Im Juni 1872 verließ ich das schöne Florenz und meine zahlreichen Freunde und ging nach England, später nach Frankreich. Beim Ab schied gab mir Herr Loescher seine gelungene, sprechend ähnliche Photo graphie. Sie liegt vor mir. Wie heiter ist der Ausdruck hier und wie traurig ist der auf seiner letzten! Er versprach mir, an meinem Ge schick auch fernerhin lebhaften Anteil zu nehmen, und er hat dies be wiesen, als ich im Jahre 1877 die U. Hoeplische Buchhandlung in Neapel übernahm, die ich bis 1896 behielt. Während Fortuna ihm in den ersten zwei Jahrzehnten stets günstig war und sein Wohlstand dank seiner Intelligenz und unermüdlichen Tätigkeit beständig zunahm, gestalteten sich Loeschers letzte Jahre in wahrhaft tragischer Weise. Es folgte Schlag auf Schlag. Seine zwei erwachsenen Kinder starben früh. Die Tochter, ein reizendes und sehr intelligentes Mädchen, wurde ihm mit 17 Jahren durch ein Lungen- lcidcn in San Nemo entrissen; bald darauf verunglückte sein einziger Sohn Paul bei einer Bergpartie in der Schweiz. Über diese Verluste konnte Loescher sich niemals trösten; er atbeitete, wie er mir sagte, ohne Lust und Liebe, nur um zu vergessen. Und nicht genug: am 4. Oktober 1891 starb Moritz Walther nach qualvollen Leiden im 51. Lebensjahre an einer schweren Nephritis, drei Kinder in jugendlichem Alter hinter- lassenö. Diese kurz aufeinanderfolgenden Schläge des Schicksals*) ver nichteten die letzte Lebenskraft des bedauernswerten, schon lange leiden den Mannes. Am 22. November 1892 wurde Hermann Loescher durch den Tod von einer unheilbaren Herzkrankheit erlöst. Ehre seinem Andenken! *) Möge es dem Autor dieses Aufsatzes gestattet sein, noch einige Zeilen aus Loeschers letzten Briefen an ihn anzuführen. Sie werfen trübe Schlaglichter auf sein letztes dornenvolles Jahr. Am 26. De zember 1891 schrieb er: »Schon lange wollte ich Ihnen schreiben, aber die Plagen, die noch in meinen alten Tagen über mich gekommen sind, haben mir weder Zeit noch Lust dazu gelassen. Meine Rechnung, die ich für Nom gemacht, ist zerstört worden. Ich nahm an, daß mich Walther weit überleben sollte. Nun muß ich wieder daran und neue Einrichtungen treffen . . . das paßt mir gar nicht mehr. Aber was soll ich machen? Und so komme ich nie dazu, mich auf die Bärenhaut zu legen. Pazienza! So lange es geht, will ich es ja treiben«. — Und weiter unten: »Sie haben ganz recht. Je älter man wird, je einsamer wird cs um einen! Die große Mehrzahl meiner Freunde ist weg gestorben ... das Schlimmste bleibt aber der Verlust der Kinder. Das ist ein fortdauernder Schmerz«. — In seinem Briefe vom 7. März 1892 (dem letzten von ihm) dankt er mir freundlichst für die Wid mung meiner eben erschienenen LiblioZrakia cU powpei, Lreolauo 6 Ltabia, in der Separatausgabe von fünfzig numerierten Exemplaren, indem er sagt, daß ich ihm damit eine wirkliche Freude gemacht habe. — Am Ende: »Das römische Geschäft macht mir Sorgen. Fürchte, die Geschichte geht nicht. Ende d. M. muß ich wieder nach Rom reisen. Ich überlege ernstlich, ob ich mir die Plage nicht vom Halse schaffen soll«. 764 Literarischer Ratgeber des Borromäusvereins. Sechste, bedeutend erweiterte und veränderte Auflage (21.—26. Tausend) des Literarischen Ratgebers der Bücherwelt. Heruus- gegeben vom Generalsekretariat des Borromäusvereins. 1926. VIII, 497 Seiten und 30 Seiten Anzeigen. Borromäusvcreins- verlag, Bonn. Geheftet Mk. 6.—, geb. Mk. 7.50. Entstehung und Form dieses literarischen Ratgebers sind in mancher Hinsicht dem Werden und Wachsen des älteren, erst von Ferdinand Avenarius, später von Wolfgang Schumann herausge gebenen Literarischen Ratgebers des Dürerbundes ähnlich. Während dieser aber das religiöse Moment weniger berücksichtigt, ist das dem Ratgeber des Borromäusvereins neben anderen Gesichtspunkten be sonders wichtig. Der Borromäusverein ist 1843 durch August Reichen- sperger u. a. gegründet worden als katholische Vereinigung zur Ver breitung erbauender, belehrender und unterhaltender Schriften; die Volksbüchereien sind dos Hauptgebiet seiner Wirksamkeit und Pflege. Da es nun, wie es im Vorwort zur dritten Auflage des vorliegenden Führers heißt, »unter Katholiken eine ausgemachte Sache ist, daß die Volksbildung und Volkserziehung auf der Religion, für den Katholiken also auf der katholischen Religion sich aufbaue«, so kommen diese Er wägungen in folgenden Leitsätzen für die Aufnahme der einzelnen Bücher zur Geltung: 1. Auf die Konfession der Verfasser ist keine Rücksicht zu nehmen; 2. verlangt wird, daß das aufzunehmende Buch der katholischen Glaubens- und Sittenlehre nicht widerspricht und geeignet ist, einer edlen Unterhaltung sowie einer wahren Volksbildung und Volkserziehung bzw. Jugendbildung zu dienen; 3. vor allem sind die Referenten bemüht, möglichst viele Werke zu registrieren, die mit den genannten Vorzügen hohen künstle rischen Genuß gewähren. Diesen Leitsätzen kann man nur zustimmen, heute vielleicht mehr als zu der Zeit, als sie zuerst veröffentlicht wurden. Die Volks bibliotheken brauchen heute mehr als je Schutz davor, daß nicht über wuchernde, allzu leichte, ungesunde und unheilvolle Literatur, wie sie ja reichlich erscheint, in ihre Räume eindringt. In dieser Hinsicht ist man auf katholischer wie nichtkatholischer Seite aus der Wacht, sucht durch gute referierende Kataloge und Zeitschriften den Bibliotheksleitern Rat und Anhalt zu geben. Der Literarische Ratgeber der Bücherwelt, oder, wie er jetzt heißt, des Borromäusvereins, ist in seiner sechsten, bedeutend erweiterten Auflage zu einem Musterkatalog ausgewachsen, der nicht nur die unterhaltende und belehrende Literatur für Volks bibliotheken umfaßt, sondern in 17 Abteilungen, die wissenschaftliche Fachliteratur ausgenommen, alle für Haus und Familie, für Schul bibliotheken, Selbstbelehrung und Bildung dienlichen Bücher. Die 17 Abteilungen seien hier kurz mit Hinzufügung der Referenten genannt: Literaturgeschichte (Jos. Froberger), Ästhetik, Kritik und literarische Erziehung (derselbe), Schöne Literatur (Herrn. Herz), Deutsche Mund artdichtung (Fr. Wippermann), Literatur des Auslandes in Über setzungen (Jos. Froberger), Jugendschriften (Brechenmacher und Rumpf), Geschichte nebst Kirchengeschichte (Johs. Braun), Erd-, Länder und Völkerkunde, Reisen (derselbe), Naturwissenschaftliche Literatur (Alois Schmitt), Gesellschaftslehre und Gesellschaftsleben (W. Schi r), Bildung und Erziehung (F. I. Peters), Theologische und religiöse Literatur (F. Tillmann und Th. Steinbüchel), Misstonsliteratur (Joh. Rommerskirchen), Kunstphilosophie und Kunstgeschichte (Rem. Boving), Theater (Jgn. Gentges). Jedes einzelne aufgenommene Werk ist mit kirrzer Charakteristik versehen. Während aber in allen übrigen Fächern in der Hauptsache nur solche Bücher aufgcfiihrt sind, die in jeder oder in irgendeiner Hinsicht empfehlend- oder beachtenswert sind, enthält die Abteilung Schöne Literatur mit Rücksicht aus den Bedarf der Volksbibliotheken auch solche Autoren und Bücher, vor denen der Re ferent aus religiösen oder sittlichen Gründen warnen muß oder die er nicht einmal als bessere Unterhaltungsliteratur bewerten kann. Daß in allen Gruppen die katholischen Verfasser überwiegcn, ist im Hin blick auf den im Titel als Herausgeber genannten Verein und auf den Zweck des Katalogs natürlich. Unter starker Berücksichtigung des katholischen Standpunkts werden die Besprechungen jedoch auch guten nichtkatholischcn Verfassern vollauf gerecht, wenn ihre Bücher sonst empfehlenswert sind, künstlerischen und sittlichen Anforderungen ent sprechen und katholische Anschauungen nicht verletzen. Die Referen ten des Katalogs nehmen darin den gleichen Standpunkt ein, den die vornehm ausgestattete und vorzüglich geleitete »Bücherwelt«, die Zeit schrift des Borromäusvereins, vertritt, die auf nichtkatholischer Seite etwa der von Erwin Ackerknecht u a. herausgegebenen Zweimonats- Zeitschrift »Bücherei und Bildungspflege« entspricht.
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