Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.10.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-10-05
- Erscheinungsdatum
- 05.10.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19141005
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191410054
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19141005
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-10
- Tag1914-10-05
- Monat1914-10
- Jahr1914
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. 231, 5. Oktober 1914. Ein junger Mann — ich weis; nicht, wie Starb einst an der Hypochondrie Und ward dann auch begraben. Da kam ein schöner Geist herbei, Der hatte seinen Stuhlgang frei, Wie ihn so Leute haben usw. Diese Hemmungen, denen der Geschlechtstrieb bei uns unterliegt, sind, glaube ich, zu jeder Zeit die Quelle, und durchaus nicht immer eine un lautere, ans der ein großer Teil der erotischen Literatur hervorbricht; die erotische Literatur ist Ausweg und Korrelat des allgewaltigen Triebes. Ein nicht minder großer Teil dankt in vergangenen Jahr hunderten, als diese Hemmungen nicht so stark waren, der Freude am Derben, dem kräftig-gesunden Behagen an natürlichen Dingen seine Entstehung. Blättern wir aufs Geratewohl in den vorliegenden Bänden. Der fünfte Band (N—O) bringt an größeren Abschnitten »Moden«, »Mönch« und »Nonne«, »Lola Montez«, »Montignoso« (hier soll cs wohl Seite 162 statt 1895 1893 heißen), »München« und »Nürnberg«, die Stätten kräftig-frohen Bürgertums im späteren Mittelalter; von Personen in erster Linie »Napoleon und Napoleoniden«, die eine Flut erotischer Literatur hinter sich hergezogen haben. Des Franzosen Ner- ciat laszive Schriften liegen in einer Reihe von privaten kostbaren Neudrucken vor, wie sie den Werken seines Vordermanns im Katalog, des derben Ncidhart von Renenthal, und den Dichtungen, deren Held dieser Schöpfer der höfischen Dorfpoesie ist, wohl leider nie beschieden sein wird. Ovid, der Dichter der srs amancli, beschließt mit stattlicher Titelzahl den Band. Zahlreich sind die Titel aus und über »Öster reich«; »Ostindien« hattneben dem Ka' ma8u kram, der indischen m-8 nmatoria, eine Fülle erotischer Literatur in alter und neuer Zeit er zeugt. Nicht zu vergessen die »Nacht«, wo die Liebe erwacht, die Licbespflegeriu, wie sie Shakespeare nennt, sei es nun »eine« oder »Tausend und Eine«. Die »Novelle« ist seit Boccaccio die klassische Form der Liebeserzählung. Im sechsten Band (?—R) seien von längeren Abschnitten erwähnt die Namen Pallavicino, Panormita, der durch Friedrich Carl Forbergs kritische Ausgabe mit dem berühmten Nachtrag der Apophoreta be kannt wurde; der treffliche elsässische Schwankdichter Pauli (Schimpf, d. h. Scherz und Ernst, 1519) und Prävost d'Exiles mit seiner unver gänglichen klanon I^68eaut. »Papsttum«, »Nom« und »Preußen«, dieses mit vielen interessanten Denkschriften aus der Zeit von 1803 bis 1809, nehmen einen breiten Raum ein. Daß unter »Paris« Edmond Abouts UariaA68 äs kari8, jene sechs entzückenden Novellen, eines seiner besten und keineswegs ein erotisches Werk, aufgeführt sind, ver schuldet wohl der Titel »Pariser Heiraten«, den die deutsche Übertra gung trägt. Und daß ihm dereinst »Amor auf der Pariser Weltaus stellung« (190*) zugeschrieben würde, hätte den 1885 verstorbenen Franzosen noch ärger in den Harnisch gebracht, der ohnehin schon 1872 aus Deutschland auf seinem Gute bei Zabern ausgewiesen worden war. Polignac, Polygamie, Pompadour, die Namen genügen. Einige Ab schnitte wie »Rätsel«, »Reise und Reisen« sind zur besseren Übersicht chronologisch angeordnet. Netif de la Bretonnes Werke, besonders die kulturhistorisch hochinteressante Sara haben schon Schiller, W. von Hum boldt und Tieck gelobt. Auf »Rinaldo« folgen »Ritter und Ritterge schichten«, wie sie auch in der Literatur zusammengehören. Unter »Ro binson« ist eine vollständige Nobiusoubibliographie vereinigt. »Roman« und »Romane«! Unser Freund, der Russe, beschließt den Band. Zu Beginn des siebenten Bandes (8—1) findet sich der biedere, derbe Hans Sachs in etwas seltsamer Gesellschaft, zwischen Sacher- Masoch (dessen Don Juan von Kolomea, auch abgedruckt in Heyse und Kurz' Novellenschah, viel zu wenig bekannt ist — das Wort Masochis mus mag ernstere Leser von seinen Werken abschrecken) und dem Marquis de Sade, dem Begründer des anderen —ismus. Wieviel Übertragungen hat Salomos Hohes Lied, das Hohelied der Liebe, erfahren! Vom »Schäfer« und der »Schäfferey« ist der Weg zum »Tanz« und zur Erotik nicht weit. Wo Theokrit singt, darf Tibull nicht fehlen. Tannhäuser und Tristan! Daß die Schweiz mit etlichen saftigen Titeln aufwartet, wundert uns einigermaßen; selbstverständ lich ist's bei der Türkei und dem Sultan, der in Saus und Braus lebt, wenigstens ehedem. Unter der chronologisch ungeordneten Stu- deuteuliteratur würde ich Bierbaums »Studentenbeichten« mit ihrem ausgesprochen erotischen Charakter eingereiht haben; sein »Irrgarten der Liebe« und sein »Prinz Kuckuk« sind im ersten Band der Biblio graphie ja nicht vergessen. Friedrich Schlegels Lucinöe ist doch eine recht kraft- und formlose Empfehlung der freien Liebe; wir können kaum noch verstehen, wie sie solchen Beifall zur Zeit ihres Entstehens und später beim »Jungen Deutschland« finden konnte. Unter den »Trinksprüchen«, im 18. Jahrhundert »Gesundheiten« genannt, findet sich mehr als ein Sprüchlein, das jetzt kaum noch bei einer Hochzeit ausgebracht werden dürfte. Die »Tugend« muß sich — begreiflicher weise — in dieser Umgebung mit zwei dürftigen Seiten begnügen. Im achten Bande endlich (V—2.) geht strahlend das Gestirn der »Venus« auf; »Weib« und »Weiber« folgen ihr. Wien, die Stadt der schönen Frauen, zählt mehr als 100 Seiten von Titeln. Wickram hat in seinem Nollwagenbüchleiu (1555) ein für seine Zeit erträgliches Maß von Derbheit bei der Erzählung seiner lustigen Schwänke einge halten und zahlreiche Auflagen, Bearbeitungen und Nachahmungen er lebt. Der seichte Vielschreiber Julius von Voß ist zum Glück fast ganz vergessen, als ein Symptom Preußens vor der Schlacht von Jena für den Kulturhistoriker aber immer noch interessant. Wieviel »Versuche« rings um die Liebe sind geschrieben worden! »Volksliedersammluugen« und »Volksliedereinzcldrucke« mit zahlreichen Textproben füllen 120 Seiten. Sollte der Anonymus, der sich Vocativus nannte und sich als großer Fraueukenner aufspielte, bei dem noch heute im Volksmund ge bräuchlichen Vocativus Pate gestanden haben? Die ältesten »Zei tungen« meldeten bekanntlich von »erschröcklichen, unglaubhaffteu« Dingen; die kulturhistorische Abteilung der Bugra (Obergeschoß) gibt eine hübsche Zusammenstellung solcher, meist farbiger Blätter, deren die Bibliographie eine ganze Folge aufzählt. »Zeitvertreib« und »Zeitvertreiben«, meist »angenehm und lustig«, finden unerschöpf lichen Stoff in der Liebe. Daß in diesem letzten Band auch das »Wirts haus au der Lahn« nicht fehlt, sei gewissenhaft verzeichnet. Doch ge nug der Namen und Titel, so reizvoll es ist, in diesen kultur- und sitten geschichtlich so beredten Seiten zu blättern. Die Herausgeber der Bibliographie wie der rührige Verlag ver dienen für die gewissenhafte, tüchtige Bearbeitung und die schnelle Förderung des großen Unternehmens aufrichtigen Dank. Ihr Werk hat sich einen Ehrenplatz in jeder Bibliothek wie in den Büchereien der Sammler und Antiquare erobert. Im. Kleine Mitteilungen. Zur Aufklärung des neutralen Auslandes (vgl. Nr. 211). — Im weiteren Verfolg seiner Bestrebungen, das neutrale Ausland über Ursachen und Entstehung des gegenwärtigen Kriegs aufzuklärcn, hat der Vorstand des Börsenvereins am 3. Oktbr. allen erreichbaren Buch handlungen des Auslandes das erste Kriegsheft der Internationalen Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst nnd Technik übermittelt. Er hat daran das Ersuchen geknüpft, seinen Inhalt der Tagespresse mitzu teilen und sie zu bitten, die in der Internationalen Monatsschrift ent haltenen Artikel ganz oder teilweise zum Abdruck zu bringen. Damit wird nicht nur der Sache des Deutschtums, sondern auch der Wahrheit gedient und der Weg zu einem besseren Verständnis der gegenwärtigen Verhältnisse bereitet. Auslandsfirmen, die in diesem Sinne weiter wirken wollen, bitten wir, sich mit der Geschäftsstelle des Börscn- vereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Leipzig, Buchhändler- Haus, in Verbindung zu setzen. Vorträge unter Zensur. — Für das Gebiet der Stadt Berlin und der Provinz Brandenburg hat der Oberbefehlshaber in den Marken folgendes angcordnet: Öffentliche Vorträge, in denen Angelegenheiten des Heeres oder der Flotte erörtert oder erwähnt werden, bedürfen der Genehmigung, die wenigstens 48 Stunden vor Beginn des Vortrages bei der Polizei behörde nachzusuchen ist. Die Vorträge sind vor Nachsuchuug der polizeilichen Genehmigung der zuständigen Militärbehörde oder dem Neichsmarineamt zur Zen sur vorzulegen. Post. — Der Postanweisungsverkehr mit Argentinien und der Post- anwcisungs- und Nachnahmevcrkehr mit der Türkei (türkische Post- austalten) ist wieder ausgenommen worden. Personalnachrlchte». Adalbert v. Mülverstedt -f. — In Magdeburg ist am 29. Scpt. der Geh. Archivrat Staatsarchivar a. D. George Adalbert v. Mülverstedt im Alter von 90 Jahren gestorben. Seine Forschungen galten haupt sächlich der Geschichte der deutschen Adelsgeschlechter. Max Loßnitzer -f. — Sicheren Nachrichten aus Dresden zufolge ist der Dircktorialassistent am Dresdner Kgl. Kupferstichkabinett Or. Max Loßnitzer vor dem Feinde gefallen. Die deutsche Kunstwissenschaft verliert in dem Gefallenen eine ihrer hoffnungsvollsten Begabungen, weiteren Kreisen bekannt geworden ist Loßnitzer durch seine Publi kationen der Werke des Monogrammisten H. L. (Hans Leinberger?) und durch sein grundlegendes Buch über Veit Stoß. «erantnwrtlicher Redakteur: E m i l T h o m a s. — «erlag: Der « v r s e nn e r e 1 „ der Deutschen Buchhändler zu Letpztg. Deutsche« vuchhändlerhau«. Druck: Ramm L Seemann. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 2« sBnchhLndlerhau«). 1488
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder