Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.12.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-12-01
- Erscheinungsdatum
- 01.12.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19141201
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191412014
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19141201
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1914
- Monat1914-12
- Tag1914-12-01
- Monat1914-12
- Jahr1914
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
sMblllüMdMmllWVMmdei .^rr Die ganze Seite umfaßt 360 viergefpalt. 1)etitzcilen. die Seite A ! ZS M-. tt , ..... . lar 30^Mark bez. 8 des Dölzs^»eseins die visrgejpoltc'ne-poUIzsile oder deren-t ^t3S Mnrv jnhrUch. ^Ä^^er» Duslanb ^r^Igl^LIefernng rraum 13-pf^'/, S. I3.30M..<S.26M .'/> S^30M : jur Nicht- 8 iem Nr. 278. Leipzig, Dienstag den I. Dezember 1014. 81. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Von den Grenzen des Reichs. x. «IX siehe Rr. 270.) An einem Ausfalltor des Krieges. Gegen Ende Juli reiste ich zur Erholung in das kleine ruhige holländische Seebad Bergen an Zee, um mir von den Wellen der Nordsee den Biicherstaub eines Jahres abspülen zn lassen, wozu diese Wassermasse gerade ausreichte. Bei einem Besuche in dem nahegelegenen reizvollen Städtchen Alkmaar las ich am Fenster eines Berufsgenossen die Drahtnachricht von dem Ultimatum Deutschlands an Rußland, und schon am anderen Tage rief mich eine Depesche nach Hause. Noch einen Blick auf das ewige Meer nach England hinüber, auf die friedlichen Häuser des Dörfchens, dann eilte ich mit dem nächsten Zuge der holländischen Grenze zu, die bis zn drei Kilometer an Aachen heranreicht. Diesmal war die Landstraße, die man sonst auf Spaziergängen an der Grenzschcide achtlos überschreitet, mit quergestellten Wagen, Säcken usw. versperrt, und nur mit Mühe gelang es mir mit einer Postausweiskarle, den heimatlichen Boden wieder zu betreten. Das war das erste ernste Zeichen des Krieges. In der nächsten Nacht gegen 12 Uhr wurde die Hausglocke heftig geläutet. Ich lag gerade im süßen Schlummer, da meldeten sich zwei Kriminalschutzleute, um die gesamten Kartcnvorräte zu beschlagnahmen, deren Aufnahme bei dem großen Lager etwa zwei Stunden in Anspruch nahm. Von dem bereits erhofften Absatz von Karlen war also nicht die Rede. Der in den nächsten Wochen einsetzenden Nachfrage nach zu urteilen, hätte der Aachener Buchhandel ein glänzendes Geschäft damit erzielen können. Eine Erklärung für die Be schlagnahme ist für den Laien nicht zu finden, da der Verkauf amtlicher Karten an jeden In- und Ausländer ohne jeden Nach weis in Friedenszciten bekanntlich freigegeben war. Daß Aachen nahe an der belgischen Grenze liegt, machte sich schon unerwarte ter Weise in den nächsten Tagen bemerkbar. Unaufhörlich trafen auf unseren Bahnhöfen endlose Truppenzüge ein, und in drei mächtigen Heeressäulen marschierten unsere herrlichen, begeisterten Truppen der belgischen Grenze zu. Wenige Tage später hörte man von Lüttich her den Donner der Geschütze, bei dessen Fall Aachen mit dem ganzen Rheinlande aufatmete. Die Post — Briefe wie Pakete — blieb in den ersten zehn Tagen fast ganz aus, der Geschäftsverkehr stockte gänzlich, und Kriegs karten waren trotz Drahtaufträgen nicht zu bekommen. Als sie dann endlich eintrafen, zeigte sich natürlich auch hier, daß jeder Ladcninhaber, mag er nun Papier-, Seiden- oder Radfahrhändler sein, sobald sich auf buchhändlerischem Gebiete ein Brotartikcl bietet, das Talent zum Buchhändler in sich entdeckt. Leider muß ich gestehen, daß meines Erachtens die Schuld daran, wenn auch nicht gerade in diesem Falle, teilweise der Sortimenter trägt. Habe ich doch selbst in der letzten Zeit auf dem Gebiete wieder dke traurige Erfahrung machen müssen, daß dem größten Teil der Sortimenter das Verständnis und der Mut des Zugreifens bei Neuerscheinungen mangeln, wenn der Erfolg nicht allzu Hand- gretflich vorauszusehen ist. Ich brachte einen kleinen deutsch- sranzösischen Sprachführer für Soldaten heraus, also einen augen blicklichen Bedarfsartikel für Millionen. Bei einem Verkaufs preise von 20 et wurden angebotcn 5V Prozent und portofreie Zusendung, so daß der Verkäufer ebensoviel daran verdient, als wenn er sonst eine Broschüre von 3V und 40 absetzt. Auf mehrere auffallende Inserate im Börsenblatt hin erhielt ich etwa 8 Bestellungen auf ungefähr 60 Stück. Meinem Reisen den hatte ich den Auftrag gegeben, überall in den Städten zu nächst die Buchhandlungen zu besuchen. Ader der schrieb mir bald, es sei nichts zu erreichen, so daß ich ihm die Papierhand lungen überlassen mußte. Ebenso war ich natürlich gezwungen, unmittelbare Wege zum Absatz zu betreten, wodurch ich bisher eine Auflage von 50 000 erreicht habe. Immerhin war im hiesigen Buchhandel der Absatz von Karlen bedeutend, in Büchern, abgesehen von Sprach führern, jedoch außerordentlich flau. Bald brachten auch lange Züge unsere tapferen Verwundeten, von denen die schwerleidenden hier blieben. So ist Aachen zu einer Lazarettstadt geworden. In 35 Krankenhäusern, Klöstern und öffentlichen Gebäuden liegen Tausende von Märtyrern des Va terlandes und werden von den Damen der Stadt gepflegt. An Lesestoff ist hier kein Mangel, denn auf eine Aufforderung des Roten Kreuzes hin wurden solche Mengen, wenn auch nicht aus den Buchhandlungen, so doch aus Schränken und Speichern des Publikums herangeschafft, daß schon nach einigen Tagen öffent lich erklärt werden mußte, Lesestoff könne nicht mehr angenom men werden. Ähnlich wird es Wohl in den meisten inländischen Lazaretten sein, während in den ausländischen und denen im Felde empfindlicher Mangel ist. Man sollte daher bei der Sam melstelle hieraus besonderes Gewicht legen, wenn auch die Überführung dahin recht große Schwierigkeiten bietet. Daß unsere Verwundeten in vielen Lazaretten auf kahle Wände sehen, hat mich auf den Gedanken gebracht, nachdem ich aus dem eigenen Lager meiner Firma eine Anzahl Blätter hcraus- gesucht hatte, mich an Kunstverleger zu wenden und um weitere Zuwendungen zu bitten. So ist es mir gelungen, eine ansehnliche Anzahl Bilder zusammenzubringen, die jetzt (wenn auch ohne Glas), mit einem schmalen Holzleistchen an der Wand festgchalten, den Helden auf ihrem Schmerzenslager einen freundlichen Aus blick bieten. Ich möchte dies auch für andere Plätze zur Nach ahmung empfehlen. Was die Aussichten aus das Weihnachtsgeschäft anbelangt, so sind diese meines Erachtens für Aachen, wo wir fortgesetzt die Zeichen und Boten des Krieges vor uns sehen, besonders schlecht. Wenn auch die Tuchindustrie glänzend beschäftigt ist, so beschränkt sich doch bekanntlich die Mehrzahl der Herren auf das Lesen von Zeitungen, während die Damen, die sonst Wohl gern lesen, zum größten Teil als Pfleger- und Helferinnen in Lazaretten oder im Dienste des Roten Kreuzes beschäftigt sind. Unser Orts verein hat einige Inserate in den hiesigen Blättern erlassen, den Liebesgaben auch Bücher beizufügen. Der Erfolg wird vor aussichtlich nicht groß sein. Infolgedessen wird der Absatz zu Weihnachten hauptsächlich in Jugendschriftcn bestehen und auch hierin bescheiden sein, da die männliche Jugend in dem lese freudigsten Alter in freien Stunden sich in Jugendwehrkompagntcn ausbilden und auf den Dienst für das Vaterland vorbcrciten muß. Schwer liegt die Not des Krieges auf unserem Stande, aber wir wollen uns durchkämpfcn und die Augen offen halten! Sind wir so mutig wie unsere braven Tnchpcn im Felde, so werden auch wir Sieger sein. Aachen. Georg Schumacher.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder