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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.06.1926
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- 1926-06-24
- Erscheinungsdatum
- 24.06.1926
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s>P 144, 24. Juni 1926. Redaktioneller Teil. nicht viel mehr als solche Ausfeilungen, Zuspitzungen und uni Anwendung oder Anpassung des geltenden Rechts auf neue Er findungen, wie Film und Rundfunk, wird es sich in Rom handeln können. Wer sich über diese Bestrebungen schnell und zuverlässig unterrichten will, der lese den Aufsatz des leider jüngst allzufrüh verschiedenen Professors vr. Albert Osterrieth: »Be trachtungen zur Revision der Berner Überein kunft zum Schutze der Werke des Sch risttu in s und der Kunst» in der Zeitschrift »Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht» 1823, Nr. 2 (zur Bequemlichkeit nuferer Leser nachstehend abgedruckt. Red. d. Bbl.). Einen wesentlichen Jnhält von Osterricths Leben bildete die Arbeit um die Ausgestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen aus dem weiten Gebiete des Urheberrechts. Sehr sprachgewandt, hat er ausgedehnte persönliche Beziehungen zu einflußreichen Per sönlichkeiten vieler Kulturländer gepflegt, hat er zu dem Teil- nehmerstamm der meisten Kongresse und Zusammenkünfte gehört, die sich auf seinem Lieblingsselde zu ergehen gewillt gewesen sind. So hatte sich Osterrieth gewöhnt, auf diesem Felde zwischen- oder überstaatlich zu denken. Diese Vielseitigkeit hat ihn folgerichtig zu einer gewissen Einseitigkeit geführt, nämlich zu der, den form- richtigen Ausbau des zwischenstaatlichen Rechts in den Vorder grund zu stellen und dabei die Ungleichheit, mit der das in der Form aus dem Papier gleiche Recht in den einzelnen ihm unterstellten Staaten wirkt, weniger zu beachten. Das soll kein Borwurf sein für den vortrefflichen Mann. Wer etwas kann und will, wird kaum ohne Einseitigkeit auskommen; darin wur zelt seine Kraft. Andere müssen das nur sehen und wissen, um durch Gegenwirkung die Einseitigkeit, wo sie zur Schwäche gegen über Notwendigkeiten des Lebens zu werden droht, einzudämmen. Wie verschieden die Berner Übereinkunft wirtschaftlich und rechtlich auf die beteiligten Länder wirkt, machen wenige Beispiele deutlich. Deutschland ist im Verhältnis zu Frankreich, England, Ita lien und Spanien literarisch, aber auch für Werke der bildenden und der Tonkunst, vorwiegend ein Einfuhrland. Es zahlt für erworbene Übersetzungs-, Nachbildungs- und Aufführungsrechte weit mehr, als es empfängt. Wenn also Deutschland sich nicht nur ohne Zögern dem Berner Verbände angeschlossen, sondern ein Deutscher (vr. Paul Schmidt, Generalsekretär des Börsenvcreins der Deutschen Buchhändler) 1882 in Rom ihn sogar vorgeschlagcn hat, so bewies es damit eine Selbstlosigkeit, die anderen Völkern weniger eignet. Osterrieth, ein guter Kenner der englischen Denk weise, meint: »Da England niemals aus rechtlichen Erwägungen von einer Vorschrift abgehen wird, die es wirtschaftspolitisch für nützlich hält», so müßten andere versuchen, aus der Not eine Tugend zu machen. Ja, so ist es: England hat das Alleinrecht, in Pfunden zu denken und zu empfinden; die anderen, voran die Deutschen, haben tugendhaft zu sein. Wir sind ja auch beim Rechts schütz so tugendhaft. Wenn ein Franzose oder Italiener oder Engländer oder U.-S.-Ameri- kaner einen Deutschen wegen irgendeines Verstoßes belangen will, so kann er sicher sein, unter den deutschen Rechtsanwälten viele und unter diesen die besten zu finden, die es sich zur besonderen Ehre anrechnen, ihn vor Gericht zu vertreten. Und die deutschen Gerichte nehmen sich grundsätzlich des Ausländers mit genau der selben Gewissenhaftigkeit an als seines deutschen Prozeßgegners, also auch, was sehr ins Gewicht fällt, mit einstweiligen Ver fügungen! Der Ausländer kann also in Deutschland unbesorgt auch geldlich geringfügige oder rechtlich schwierige Streitsachen an hängig machen. Kann sich in Frankreich der »Boche« und in Eng land der »Foreigner« der gleichen Unparteilichkeit versehen? Kann ein Deutscher in irgendeinem anderen Verbandsstaate, etwa in den Ländern Haiti, Liberia, Marokko, Polen, Tschechoslowakei, Tunis, oder in einem der großen Länder oder in den Bereinigten Staaten vernünftigerweise eine llrheberrechtsklage wagen? Ich fürchte, allein der jenseitige Rechtsanwalt fordert mehr Vorschuß, als die Klage einbringen kann. Der Deutsche wird also in der Regel leiden lernen, ohne zu klagen, mit Ausnahme vielleicht hie und da ganz schwerer und ganz klarer Rechtsverletzungen. Dann mag 7S8 er vielleicht im Sinne Wilhelm Büschs handeln: »Wenn man cs nur versucht, so geht's; das heißt mitunter, doch nicht stets». Für den Deutschen enthält also die Berner Übereinkunft festes, ihn bindendes Recht. Für die anderen bedeutet sie wenig mehr als den erhobenen Finger, von dem sich nur die Gewissen haften abhaltcn lassen, zu ernten, wo sie nicht gesät haben. Osterrieth hat, nur ohne alle Folgerungen zu ziehen, diese Schwäche zwischenstaatlicher Gesetze sehr wohl erkannt. »Wo die Achtung vor dem Gedanken des Rechts fehlt, wo die Neigung be steht, einseitige Interessen politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Art über die strengen Forderungen der Gerechtigkeit, über die Lehre und die Kunst des Richtens zu stellen, da helfen die besten Gesetze und die schönsten Verträge nichts. — Hier ist die Grenze, wo jede gesetzgeberische und jede Vcrtragsfassung das Ende ihrer Wirksamkeit erreicht». llkur wenn man in Deutschland in klarer Erkenntnis dieser Ungleichheit der Wirkungen der Berner Übereinkunft deren nun bevorstehenden Weiterausbau durchdenkt und entschlos sen ist, in Rom dementsprechend zu handeln, kann man hoffen, dort unsere wahren Belange wirksam zu vertreten. Zuallererst wird es sich um die Dauer der Schutzfrist handeln. Ursprünglich in der Berner Übereinkunft offen gelassen, ist sie 1908 auf SO Jahre nach dem Tode des Urhebers festgesetzt worden. Doch behielten die Verbandsländer die Freiheit, ihre kürzeren Fristen beizubchalten. So stehen sich nun innerhalb des Berner Verbandes (mit Weglassung der minder wichtigen Staaten) gegenüber: mit SOjähriger Schutzfrist Belgien, Dänemark, Frank reich, Großbritannien (aber Zwangslizenz nach 2S Jahren), Ita lien, Niederlande, Norwegen, Ungarn; mit 30jähriger: China, Japan, Deutschland, Österreich, Schweden, Schweiz. Spanien schützt 80 Jahre nach dem Tode. Führend in den Strebungen nach Ausdehnung der Schutzfrist auf SO Jahre in allen Bcrbandsstaaten sind Frankreich und Bel gien schon lange gewesen durch die ttssociatlon linörstrs et artisti- gue (gegründet 1878). Mag diese auch, was ihr nicht bestritten werden soll, ehrlich für gleiches Recht für alle schwärmen, so denkt sie doch zugleich sehr französisch und wirtschaftspolitisch. Denn Frankreich ist für die ganze Erde immer noch, nach dem Kriege mehr denn je, literarisch und künstlerisch vorwiegend ein Ausfuhrland. Die Ausdehnung der gegenseitigen Schutzfrist von 30 auf SO Jahre bedeutet für Frankreich bares Geld, das ihm das Ausland zu zahlen hat. Wenn Deutschland also sich in Rom ver führen läßt, seine Schutzfrist der französischen gleichzumachen, so ist die Wirkung auf beide Länder ungleich, zu Ungunsten Deutsch lands. Diese Folge hat Wohl Osterrieth übersehen, wo er von »schwerer wirtschaftlicher Einbuße« für Länder mit kürzerer als SOjähriger Schutzfrist spricht. In Verbandsländern mit kürzerer Schutzfrist gilt für die in länger schützenden Berbandsländcrn er schienenen Werke keineswegs die längere Frist des Ursprungslandes, sondern nur die kürzere des Nutzungslandes (Art. 7, Abs. 2 der Übereinkunft). Würde also in dem Nutzungslande die Schutzfrist von 30 auf 50 Jahre verlängert, jo träfe diese Verlängerung gleich zeitig sowohl die eigenen als auch die benutzten Werke beider Län der. Dabei wäre im Vorteil dasjenige Land, das vorwiegend ur heberrechtlich Ausfuhrland ist, also Frankreich. Deutschland kann nichts Besseres und Klügeres tun, als an seiner bewährten 30jährigen Schutzfrist festzuhalten, wie ich das des näheren in meinem Aufsatz im Börsenblatt 1926 Nr. 95 dar zutun versucht habe. Gegenüber dieser einen wirklich bedeutungsvollen Frage ist alles, was sonst noch für Schaffung eines einheitlichen, auf dem Papier gleichen Verbands-Urheberrechts gesagt und erstrebt wird, nebensächlich. Ob z. B. Ausnahmen für angewandte Kunst aus Rücksicht auf Großbritannien und die Schweiz weiter bestehen sol len oder nicht; ob das Bühnenbild geschützt werden soll oder nicht; ob der Abdruckvorbehalt bleibt oder fällt; ob Zwangslizenzen oder keine; ob das Verbands-Urheberrecht buntscheckig oder einheitlich ist — das alles, wenn auch im einzelnen vielleicht gut, schön und zweckmäßig, tritt weit, weit zurück gegen die wirtschaftliche Wich tigkeit der Schutzfristfrage und gegen die in absehbarer Zeit gar
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