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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.05.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1908-05-23
- Erscheinungsdatum
- 23.05.1908
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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5774 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 119, 23. Mai 1908. Wie wir gehört haben, sind die Gaben wieder reichlich geflossen, die bekannte Wohltätigkeit der Kantate-Versamm lung hat sich wieder wie jedes Jahr bewährt. Das zur Verbesserung der Akustik über den ganzen Saal gezogene feine sternenbesäte Gewebe wurde zurückgezogen, die Rednerliste war erschöpft. Wohltuende Frische senkte sich aus der Höhe des Saales herab. Die Raucher sehnten sich nach dem guten, reichlichen Mahle nach ihrer Zigarre oder ihren »Papyrus« und siehe, auch dafür hatte der umsichtige Fest ausschuß gesorgt. Kleine, hübsch ausgestattete Zigarrenkästchen mit je zwei der ersehnten Lieblinge wurden verteilt. Bei den bläulichen Rauchwölkchen belebte sich die Unterhaltung von neuem, ein Kaffee erhöhte noch die behagliche, zufriedene Stimmung. Rückwärts spannen sich die Gedanken der älteren Meßgäste und vielfach wurde die Erinnerung an die vor zwanzig Jahren gefeierte Einweihung des Buch händlerhauses wachgerufen. Viele, ja die meisten der damals an der Spitze des Börsenvereins stehenden ver ehrten Persönlichkeiten weilen nicht mehr unter den Lebenden, die alte bewährte Harmonie im Buchhandel, wie sie stets bei den' Festlichkeiten der Messe zum Ausdruck kommt, ist aber dieselbe geblieben. Sorgsam packte zum Schluß jeder die Erinnerungen an das Kantatemahl, die verteilten Drucksachen, zusammen. Zu dem von O. Schell Horn klar und deutlich entworfenen Programm und den schon erwähnten drei Festliedern hatten sich noch die Tafelkarte, sowie die Speisen- Folge und Wein-Karte zum Kantate-Festmahl gesellt. Beide stammen in Entwurf und Zeichnung von dem Leip ziger Kunstmaler und Bildhauer Reinhold Carl. Hermes der Gort des Handels, die Eule, der »gemeinsame Vogel« der Wissenschaft und des Buchhandels, ein musizierender Pan, saftige Trauben und Rebenranken rc. weisen auf die fröhlichen Stunden des Buchhandels auf dem Kantatemahl hin. Auch das Kantate-Notizbuch der Baumbachschen Dampf- buchbinderei-Leipzig war jedem Teilnehmer wieder überreicht worden. Zum 21. Male erschien es, jeder Buchhändler nahm es mit Freude und vielem Dank entgegen. Bei seiner hocheleganten Ausstattung und praktischen musterhaften Ein richtung mit den Reserveblocks wird es gern in Gebrauch genommen. Das handliche und bequeme Büchlein ist schon längst ein Erkennungszeichen des meßvergnügten Buch händlers geworden. Auch die Großbuchbinderei Gebr Hoffmann in Leipzig hatte dem Gesamtbuchhandel ein sauber ausgestattetes Notizbuch »Das Buchhändler-Jahr 1908/1909« gewidmet, das auch schon im vierten Jahrgang erschienen ist. Viele Firmen des Buchgewerbes hatten zu diesen Festgaben beigetragen, sie sind alle in der heutigen Nummer (siehe »Neue Bücher, Kataloge rc.« auf S- 5776) aufgeführt. » Das Gartenfest am Montag im Palmengarten. Die regnerischen Tage, die noch zu Beginn der Buch händlermesse manche Bedenken für das Gelingen des ge planten Gartenfestes aufkommen ließen, waren prompt zum Montag gewichen. Eine Frühlingsnacht von weicher Schön heit, wie uns noch keine in diesem Jahre beschert gewesen war, wölbte ihren sternenklaren Himmel über den in frischer Lenzespracht prangenden Palmengarten, die vornehmste Er holungsstätte Leipzigs. Das große Gesellschaflshaus und seine Umgebung waren prachtvoll illuminiert, die Promenade vor dem Musiktempel, in dem die Kapelle des Königlich Sächsischen 8. Infanterie-Regiments »Prinz Johann Georg« Nr. 107 unter Direktion des Herrn Stabshoboisten K. Giltsch ihre Weisen in vorzüglicher Ausführung zu Gehör brachte, taghell erleuchtet. Hin und her flutete eine. froh bewegte Menge und freute sich des wonnigen Maien abends, den sie in dem herrlichen Garten verbringen konnte. Die Terrassen, die Sommerhalle, fast jedes Plätzchen war besetzt; eifrig war man bemüht, die vom Festausschuß gestifteten Gut-Scheine ihrer Bestimmung zuzuführen. Auf einen so großen Zuspruch hatte das »Mölkauer künstlerische Theater« unter Leitung seines Direktors Albert Kunze (nberger) freilich nicht gerechnet, sonst hätte es wohl einen größeren Schauplatz als die offene Halle des Herrn Miederer gewählt, die zehnmal so groß hätte sein können, um die gegen 9 Uhr herbeiströmende theaterfrohe Schar fassen zu können. Zur Aufführung kam das große drama tische Lebensschanspiel »Die Räuber«, nach einer Idee des -s Schiller für das Kantatefest mit Gesang, Tanz und bengalischer Beleuchtung bearbeitet vom Direktor. Der große Andrang der schaulustigen Menge machte nicht nur dem Festausschuß Mühe, der durch Herbeischaffung von Stühlen dicht vor die Musik noch Platz schaffte, soviel möglich war, sondern versetzte auch den Direktor und Regisseur, der zugleich auch den Franz Moor darstellte, in Helle Aufregung. Lange vor Beginn hörte man ihn schon hinter dem Vorhang rumoren und mit Stentorstimme, nicht gerade in den gewähltesten Ausdrücken, seine Regie- Anweisungen geben. Die Ehre, vor den Vertretern des deutschen Buchhandels spielen zu dürfen, hat übrigens die Direktion schlecht vergolten, denn groß und deutlich ver kündete ein Plakat, daß im Direktionsbureau Abonnements für die Leihbibliothek August Scherl entgegengenommen würden. Mit Voreingenommenheit wird daher mancher Sortimenter dem Spiele entgegengesehen haben. Die herz- und steinerweichende Musik der kaiserlich marokkanischen Haus kapelle (von Max Krause) bereitete würdig auf den bevorstehenden Genuß vor. Die Regie hatte mit Widerwärtigkeiten aller Art zu kämpfen; vor jedem der sechs Akte erschien die ominöse Theaterfigur vor dem Vorhang und machte dem Publikum eine »betrübende Mitteilung«, sogleich im Anfang, daß der Darsteller »des regierenden Grafen Maximilian von Moor« verhindert sei. Erfreulicherweise war noch eine Dame im »Angstsarnbel« frei, die nun als »Möhre« die Rolle zu aller Zufriedenheit durchführte. Mit dem Leipzigerischen »Und so« schloß der Verkünder all des Unheils stets seine Rede. Zum Inhalt des Stückes, das an drastischen und derben Situa tionen und Witzen nichts zu wünschen übrig ließ, mußten natürlich die buchhändlerischen Ereignisse der letzten Zeit ihr gutes Teil mit beitragen. Die »Bücher des Deutschen Hauses« mit ihren Rabattmarken, August Scherl mit seiner Leih bibliothek, der Revers der »illustren Verleger«, der in Leipzig erscheinende »Deutsche Kampf«, »das schönheitsreichste Brüder; aar, dem alles um 1.80 mar« (wie Herr Georg Merseburger sang), alles das mußte die Parodie mit buch händlerischem Witz ausstaffieren. Die Szenerien auf der Einheitsbühne (ein Wechsel der »neuen Dekorationen« fand nicht statt) wurden in den einzelnen Akten mit verblüffender Einfachheit zur Anschauung gebracht: der Saal im Moorschen Schloß durch einen dreiarmigen Kerzenhalter, die Böhmischen Wälder und die Umgebung des Moorschen Schlosses durch einen nicht zu großen Baum, der »Thüringer Hof« in Leipzig (II. Akt) durch ein halbgeleertes Glas Bier usw usw. An derben Zurechtweisungen des Souffleurs und der Schauspieler auf offener Bühne durch den Regisseur fehlte es nicht; er holte auch die Schauspieler zurück, wenn sie falsch »stolz wie Lehmann durch die Mitte« abgingen. Nachdem die »alte Möhre« von ihrem absonderlichen Sitz in dem wunderlichen Hungerturm befreit war, endete das tolle Stück versöhnlich mit der Heirat von Amalie und Karl, der seinem Bruder die Mahnung zurief: »Aber wehe Dir, Franz, Du Canallie, »Poussierst Du noch 'mol mit Amallie!»
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