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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1926
- Strukturtyp
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- 1926-07-03
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1926
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- Deutsch
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^ 152, 3. Juli 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. die europäische Modenentwicklung mit immer neuen Verände rungen wickder aufnahm. Das bedeutet für die nur katalogisierende Kostümkundc «ine sehr beachtenswerte methodologische und syste matische Bereicherung ihrer oft nicht hinreichend ethnologisch orien tierten Forschungswedfe. Es liegt ja nahe, daß auch in der Kultur historie, mag sie es nun mit der geistigen Struktur des sozialen Körpers zu tun haben wollen oder sich irgendwelchen Realien zu zuwenden wünschen, eine gewisse Schlagwortstarre kulturhistorischer Begriffe und Bezeichnungen auch für eine komplizierte Phäno menologie unvermeidlich wird. So wird mit der Vorstellung der »Inquisition- gemeinhin die des Autodafe verbunden und der Vergleich mit den Hexenverbrennungen gezogen, während doch diese geistliche Behörde, die noch im 18. Jahrhundert ihr Amt übte, nicht lediglich des Feucrtod-Vollstreckungsvcrfahrens wegen ihre Gewalt wirken ließ, sondern die politische Konstruktion einer moralisch-religiösen Idee war, die uns auch sonst begegnet: Anders- meinendc, Ketzer, aus dem Wege, auch aus der Welt zu schaffen war ihre Aufgabe, die sie überall und mit allen Mitteln ihrer Zeit zu lösen suchte. Auch darum und nicht lediglich ihrer literarischen Vorzüge oder ihres Stoffgehaltes wegen ist Emil Luckas Torquemada und die spanische Inquisition (Wien, Karl König, 1 926) ein ebenso interessantes wie nachdenkliches Buch. Das abschreckende Autodasö mit seinem Schaugepränge, die Bühne als ästhetische und ethische Anstalt, Zirkus und Variete mit ihren kaleidoskopisch unvermuteten über- naschungskünsten, der Film mit seinen -unbegrenzten, nur leider meist ungenutzten Möglichkeiten, sie sind Äußerungen und Befrie digungen eines elementaren Bedürfnisses, des Bedürfnisses eines anschaulichen, nicht vorerst begrifflichen, sondern zunächst bild haften Erlebens. Wir haben uns so sehr daran gewöhnt, nur an die hohe Kunstübuug auf der Schaubühne zu denken, daß wir von einem literarhistorischen Standpunkte aus die ganze universale »Thcaier-geschichte in ihr zusainmenfasscn möchten: eine Ansicht, die auch dann noch zu eng bleibt, wenn die äußere Geschichte des »Kunst-theaters, die Theatertechnik usw. Berücksichtigung findet. Jir diesem engeren Sinne hat HansCalm hübsche Kultur- bilder aus der deutschen Th ea t e r ge sch i ch t e ent worfen (Leipzig, Koehler L Amelan g). Das Buch ist nicht nur als eine bisher fehlende gemeinverständliche Verarbei tung der bisweilen recht abstrakten theatergeschichtlichen For schungen wohlgelungen, sondern auch dadurch ausgezeichnet, daß es, von einem Schauspieler geschrieben, überall sein Urteil und Verständnis aus einer/langen praktischen Bühnenkenntnis ge winnt. Die nicht wenigen Stellen des Werkes, an denen sie sich geltend macht, gehören zu den lehrreichsten des Werkes. A. 'Jericke, Kösters Mitarbeiter, hat dem Bande einen aus-gewählten »Bildcr- atlas zur deutschen Dheatergeschichte« hinzugefügt, ein ikonogra- phisches Komplement, wie man wohl sagen muß, da es die strengere Auffassung der Bühnengeschichte umgrenzt. Ihre »Bühnen-ge- schichie haben auch Zirkus und Variete. Freilich haben sie, seitdem sich in ihnen die gröberen Kunstfertigkeiten der Leibesausbildung von den seelischen Verfeinerungen des Theaters trennten, ihrer Bunischeckigkeit und oft auch Richiungslosigkeit wegen sich nicht einigen hauptsächlichen Leitgedanken unterordnen lassen. Daher fohlt auch eine einigermaßen brauchbare, dieses Gebiet umfassende Gesamigeschichte. Um so reichhaltiger ist ihre Spezialliteratur, sehr viel reichhaltiger, als der »Laie- ahnt, den es nie lockte, auch hier einmal hinter die Kulissen zu sehen. Als neueste wertvolle" Bereicherungen der Zirkus- und Varietö-Litcratur (der auch die bibliographischen Jimelien nicht fehlen, und die schon dadurch interessant ist, daß ihr Gegenstand nicht nur ein aliterarischer, sondern sogar ein antiliterarischer ist) seien genannt: Joseph Halperson, Das Buch vom Zirkus. Beiträge zur Geschichte der W a n d e r k ü n st lerwe l t (Düsseldorf, Ed. Li» tz, 1 926), die von einem genauen Kenner des alten Zirkus geschriebene Geschichte seines romantischen Werdens bis zu seinem Aufgehcn in dem modernen Zirkusgeschäf! amerikanischen Stils, und Das Leben dreier Clowns. Aufzeich nungen nachErinncrun gen derFratellini (Ber lin, Erich Reiß, 1926). Das aus dem Französischen über setzte, unterhaltsame Werk, -das die »Memoiren- der berühmten Pariser Clvwnfamilie enthält, ist eine schon literarisch stilisierte, keinx ganz ungetrübte Wiedergabe der Gedanken und Gefühle von Zivkusleuten. Die lustigen Holzschnittbilder nach Zeichnungen von Edouard Elzin gre und der plakatartige Umschlag geben dem Buch eine nicht anspruchsvolle, freie und leichte, künstlerisch sichere und weltgewandte Art, eine »elegante Note-, die man gern häufiger auch bei deutschen Büchern finden würde. Es ist nicht cinzusehen, weshalb unsere leichteren Buchgailungcn nicht wie die französischen, die englischen, die amerikanischen Bücher auch diese Form der Jllustrationstechnik, die sehr gehaltvoll sein kann, mehr pflegen, weshalb uns, nicht immer an der richtigen Stelle, der Zuruf begrüßen muß: Tritt ein in den Bnchkimsttempel, hier hat ein Buchkünstler geschaffen, origmalgraphisch. Wenn ein Buch bildmeister wie Bruno Goldschmitt aus dem Holzstockc die kraftvollen Schwarz-Weißtönr erklingen läßt, ertönen sie gewiß in einem Abzüge erster Hand, in einem Künstlerdruck am stärk sten. Aber seine Zeichnungsart ist so, daß auch das einfache Klischee sie nicht vernichtet. Und die Geschichte von der schönen Melusine. Nach der ältesten deutschen Ausgabe von 1474 neu heraus gegeben von Fcdor von Zobsltitz (Hamburg, Alster-Verlag, 1 925), die Goldschmitt mit einer 'Bilderreihe zierte, ist jedenfalls einer Bor- -ugsvusgabc vorzuzichen, deren ersten gezählten hundert Stücken ein vom Künstler unterschriebener Einzclholzsehnitt angcsügt wurde. Es gibt auch schlechte Buchmoden. Diese Melusine-Ncuausgabc, die ein Volksbuch für Jung und Alt sein soll, ist eine sehr an sehnliche Arbeit, deren Gründlichkeit die »Anmerkungen- und der »Literaturnachweis- bezeugen, in welch letzterem inan nicht ohne weiteres eine sehr 'vollständige »M e lu s i n e - B i b l i o gr a- p h i e- vermuten wird, sodaß auf diesen wissenschaftlichen Schluß- tell ausdrücklich hingewiesen werden muß. Geschichtliches und Technisches vom Papier. Wer heutzutage eiue Zeitung oder Zeitschrift zur Hand nimmt, ahnt wohl kaum, daß die gewaltige Entwicklung, welche das Zci- tungs- und Zeitschriftenweseq in den lebten 60 Jahren aufznweisen hat, unmöglich gewesen wäre, wenn nicht Gottlob Keller vor 87 Jahren das Holzpapier erfunden hätte. Vor 50—60 Jahren herrschte große Knappheit an Rohmaterial zur Herstellung von Papier, sodaß zeit weise die Ausfuhr von Hadern in einzelnen Ländern gesetzlich ver boten werden mußte. Gleich Friedrich Koenig, dem Erfinder der Schnellpresse, hat der Webermeister Gottlob Keller nicht weniger Anteil an dem Aufschwung, den insbesondere das Zeitnngs- und Zeit- schriftengewerDe nehmen konnte. Meister Keller wohnte vor etwa 85 Jahren in Kühnheide in Sachsen. Er hatte bei der genauen Bcabach- tnng eines Wespennestes festgcstellt, daß diese Tiere die papierdünnen Wände ihres Nestes ans Holzfasern bauen, die sic an Kiefern abnagen und dann znsammenkleben. Da zur Zeit dieser Beobachtung gerade die Notwendigkeit der Beschaffung eines Ersatzes für die teuren Haidern bestand, die zur Papierherstellung verwendet wurden, so beschloß cv auf Grund dieser Beobachtung, die Sache weiter zu verfolgen. Das Kochen von Sägespänen, das er zuerst versuchte, brachte ihm nicht den gewünschten Erfolg, da die einfache Siedehitze nicht genügte, um die Holzfasern bloßzulegcn. Keller unternahm es deshalb, die Fasern durch Schleifen des Holzes mit einem harten körnigen Stein zu ge winnen, und begann seine Versuche mit einem Schleifstein, der im Wasser laufen mußte. Mit der einen Hand drehte er den Stein, und mit der anderen Hand preßte er das Holz dagegen: ans diese Weise erzeugte er den ersten Holzschliff. Das im Schleistrog befindliche Wasser nahm bald das Aussehen einer dicken breiigen Masse an, und auf dem Boden des Schleiftrogs sammelte sich der so entstandene Holz schliff, der auch nach dom Abgießen des Wassers dort haften blieb. Keller quirlte nun nach einigen Stunden seiner Tätigkeit den Stoff kräftig durcheinander, und dabei spritzte er eine kleine Menge ans ein neben ihm liegendes Tuch, wo sie sich flach ausbreitete. Das Tuch zog schnell den übriggebliebenen Wassergehalt auf, und die zurück bleibende Masse nahm das Aussehen von feuchtem Papier an. Nach dem Keller diese kleine Menge kräftig ansgepreßt und getrocknet hatte, war es geschehen: das erste kleine Stück Holzschliffpapier befand sich in seinen Händen. Gottlob Keller baute nun sein ans ganz eigenartige Weise ge schaffenes Werk weiter aus, verbesserte seine Werkzeuge und ließ den Schleifstein, von einer Drehbank getrieben, in einem Wasscrtroge 839
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